Fingertechnik
Fingertechnik ist eine zentrale instrumentaltechnische Fertigkeit und beschäftigt sich mit der Kontrolle über die Bewegungsabläufe der Finger und Hände. Die Fingertechnik ermöglicht die Kontrolle über rhythmische Regelmässigkeit beim Spiel musikalischer Figuren. Sie befähigt zu virtuosem Instrumentalspiel, ist aber auch entscheidender Faktor für die Qualität des Legatospiels in langsamen Sätzen.
Während die Zielsetzungen auf musikalischer Ebene einfacher formulier- und kontrollierbar sind, stellt die Beschreibung körpergerechter und somit effizienter Haltungs- und Bewegungsmuster grössere Herausforderungen an Lehrer und Lernende. Die Auseinandersetzung mit den Bewegungsabläufen als spezifische Körperbeherrschung muss Gegenstand des Studiums sein, und die unterschiedliche individuelle Ausgestaltung von Händen und Fingern muss dabei Beachtung finden.
Erlangen der Geläufigkeit
Cheklist
Beim Üben von Fingertechnik enpfielht es sich, folgendes zu beachten:
- Die Finger machen immer die kleinstmöglichen Bewegungen
- Die Finger bleiben immer auf oder direkt über den Klappen / Tonlöchern
- Alle Gelenke sind leicht gebogen, keine druchgestreckten Finger zulassen!
- Den Daumen der rechten Hand nach Möglihckeit leicht biegen
Üben als Bewegungsanalyse und -Kontrolle
Bei den unzähligen Übungen, die in den Lehrwerken zur Verfügung stehen, ist darauf zu achten, dass die Bewegungsabläufe in körpergerechter Weise ausgeführt und wiederholt werden. Gemäss Gerhard Mantel [1] bedarf ein Korrigieren von fehlerhaften Bewegungsabläufen bis zu 30'000 Wiederholungen bis die neuen, optimierten Bewegungs- und Haltungsmuster wieder automatisiert sind!
Jedes Bewegungslernen beginnt mit gröberen Ausführungen und oft mit etwas übermässigen Spannungen der beteiligten Muskeln. Es lohnt sich, von Anbeginn eine optimale Finger- und Handhaltung zu suchen und diese immer wieder zu verfeinern, um die Bewegungen nicht durch unnötige Spannungen gestreckter Finger zu hemmen.
Stabilisierte Grundposition als Voraussetzung des Bewegungsablaufes
Damit die Fingerbewegungen die Tonlöcher und Klappen schnell und präzise öffnen und decken können, braucht es eine Stabilisierung der beteiligten Gelenke. Diese Stabilisierung wird durch gleichzeitig aktivierte Muskelspannungen der "Bieger" und "Strecker" gewährliestet. Diese Spannungen sollen jedoch dynamisch sein und dürfen die Bewegung an sich nicht hemmen. In Christoph Wagners Studie Hand und Instrument [2] Kapitel 5.2, Bewegung braucht Haltung S. 85, finden sich folgende Hinweise:
- Es empfielt sich, die Finger mit leicht gebogenen Gelenken aller Glieder zu stabilisieren und die Bewegung vom Fingergrundgelenk aus zu steuern.
- Durchgestreckte Gelenke weisen auf mangelnde Kraft hin.
Ulrich Dannemann [3] stellt in seiner Buch isometrische Übugnen für Geiger auch für Holzbläser bestens geeignete Übungen zur Kräftigung der Hand und Finger zusammen.
Grundstellung der Hände und der Finger
In seinem Lehrwerk Methodische Schule der klarinettistischen Grifftechnik [4] geht Jost Michaels von einer Grundstellung der Finger aus und nennt auf S. 16 zwei Prinzipien, die dem Studium der Fingertechnik zugrundeliegen müsssen:
„Sie [die ausschliesslich auf die Grundstellung der Finger bezogenen Studien] sollen nicht nur die Arbeit an deren möglichst gleichmässigen und unaufwendigen Bewegungen dienen, sondern zugleich der dafür wichtigsten Voraussetzung - nämlich dazu, dass sie auch wenn sie nicht aufliegen, dennoch ihre Positionen über den für sie bestimmten Tonlöchern in einheitlich nicht zu weiten und vor allem nicht verschobenen Abständen beibehalten.“
Zur Vertiefung der Materie lässt sich der Vergleich zum Spiel auf der klassischen Klarinette (bis ca. 1810) herstellen. Durch die geringe Anzahl von Klappen mussten nur die beiden kleinen Finger und der Zeigefinger der rechten Hand verschiedene Positionen einnehmen. Betreffend der Grundkonstellationen der Fingerbewegungen und -Positionen deckden sich Amand Vanderhagens Anweisungen aus dem Jahr 1785 mit denjenigen Jost Michaels:
„Le pouce de la main gauche doit toujours être prêt à prendre la clef, ou à boucher le trou, il ne doit en conséquence faire que des très petits mouvements: il en est de même du doigté en général; il ne faut lever les doits qu'à très peu de distance de l'instrument, et toujours perpendiculairement le s deux mains doivent toujours pencher vers la palle de la Clarinette. Aucun des doits ne doigts ne doivent se toucher afin de pouvoir cadencer librement; il faut que lorsqu’un doit et levé ou même plusieurs, qu' ils restent perpendiculairement au dessus des trous qu'ils doivent reboucher, car en les retirant comme font beaucoup d'écoliers, on à toujours de la peine é retrouver les trous et cela empêche l'exécution.“
„Der Daumen der linken Hand soll immer bereit sein, die [Überblas‐]Klappe zu öffnen oder wieder zu schliessen. Er soll zu diesem Zweck nur sehr kleine Bewegungen ausführen. Dies gilt gleichermassen bei allen Fingersätzen: man soll die Finger nur in sehr kleinen Bewegungen von der Klarinette, rechtwinklig über den Tonlöchern, anheben. Die beiden Hände sollen sich etwas in Richtung des Fusses [Schalltrichters] der Klarinette neigen. Die Finger dürfen sich nicht berühren, damit sie ungehindert und frei trillern können. Beim Heben eines oder mehrerer Finger ist darauf zu achten, dass sie immer senkrecht über den Tonlöchern die sie wieder schliessen müssen, befinden. Denn wenn die Finger in gehobener Position zurückgebogen werden, was bei vielen Schülern zu beobachten ist, hat man immer Mühe, die Tonlöcher präzise zu decken. Dies erschwert das Spiel.“
Moderne Klarinette, neue Positionen
Mit der Entwicklung von der Fünf-Klappenklarinette zum modernen Instrument mit 17 und mehr Klappen hat sich auch die Fingertechnik verändert. Neben der Beweglichkeit des linken Daumens, der zwischen drei verschiedene Grundpositionenen wechselt, müssen auch die kleinen Finger und die Zeigefinger Hände unterschiedliche Positionen zum Bedienen verschieder Klappen „kennen“. Für eine geläufige Fingertechnik spielen eine spezifische haptischen Wahrnehmung und die Fähigkeit, zwischen unterschiedlichen Griffkonstellationen wechseln zu können, eine wichtige Rolle.
Lerngesetze
Eines der wichtigsten allgemeinen Lerngesetze zur Erlangung spieltechnischer Fähigkeiten, die den professionellen Anforderungen standhalten können, ist die Anzahl Stunden, die ein angehender Berufsmusiker bis zu seinem 20. Lebensjahr als „üben“ abbuchen kann. (Siehe dazu die Studie von Malcom Gladwel [6]: 10'000 Stunden bis zum 20. Lebensjahr gelten als unumstössliche Voraussetzung für eine Spitzenkarriere als Musiker. Wer nur 4000 Stunden mit Üben verbracht hat, muss auf eine Überfliegerkarriere verzichten. Natürlich spielt nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Übens - das beinhaltet auch eine körpergerechte Fingertechnik - eine wichtige Rolle.
Halterabeit versus Beweglichkeit
Doppelfunktionenen einzlener Finger
== Siehe auch == Christoph Wagner: Hand und Instrument, [2], [[Interview mit Prof. Francois Benda, Universität der Künste Berlin, Musik-Akademie der Stadt Basel#Segment 4: Fingertechnik|François Benda), Ernst Schlader
Einzelnachweise
<references>
- ↑ Gerhard Mantel: Einfach üben. 185 unübliche Überezepte für Instrumentalisten. Schott Music, Mainz 2013
- ↑ 2,0 2,1 Christoph Wagner, Ulrike Wohlwender: Hand und Instrument. Musikphysiologische Grundlagen. Praktische Konsequenzen. Breitkopf und Härtel, Wiesbaden 2005. ISBN: 978-3-7651-0376-6
- ↑ Ulrich Dannemann: Isometrische Übungen für Geiger. Braun, Duisburg 1982
- ↑ 4,0 4,1 Jost Michaels: Methodische Schule der klarinettistischen Grifftechnik. Zimmermann, Frankfurt am Main, 2001.
- ↑ Amand Vanderhagen: Methode nouvelle et raisonnée pour la clarinette. Paris 1785
- ↑ Malcom Gladwel: Outliers: The Story of Success. Little, Brown and Co., New York 2009.