Business Intelligence in der Deutschschweizer Praxis – Empirische Studie

Aus Controlling-Wiki
Version vom 29. Januar 2020, 14:17 Uhr von Salis.Matteo (Diskussion | Beiträge) (→‎Quelle)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Christ, Leikert-Böhm und Schüle (2015, S. 8) untersuchten in einer empirischen Studie die Nutzung und die Perspektiven von Business Intelligence (BI) in der Deutschschweizer Wirtschaftspraxis. Durch qualitative Interviews bei 50 Deutschschweizer Unternehmen konnten die Autoren folgende Haupterkenntnisse gewinnen.

Praktische Umsetzung von BI in Schweizer Unternehmen

Abb. 1: Einsatzbereiche für BI (Christ et al., 2015, S. 17)

Grössere Unternehmen nutzten BI sehr viel häufiger als kleine und konnten mehr Kapazitäten dafür freigeben (Christ et al., 2015, S. 13). Die Einsatzbereiche für BI in den befragten Unternehmen waren sehr unterschiedlich. Einige Unternehmen arbeiteten bereits mit «hoch integrierten globalen BI-Lösungen» während andere «noch keinen richtigen BI-Auftrag» definiert hatten. Wie in Abbildung 1 ersichtlich ist, setzten die Unternehmen BI am häufigsten in den Bereichen Finanzen und Controlling (FI/CO) sowie Kundenbeziehungsmanagement (CRM) ein. Seltener kam BI im Supply Chain Management (SCM) oder der Produktionsplanung (PP) zum Einsatz (Christ et al., 2015, S. 16–17)

Die befragten Unternehmen zeigten ein deutliches Bewusstsein, dass weitere Veränderungen in der BI notwendig sind. In vielen Unternehmen bestanden bereits klare Vorstellungen und Pläne, in welchen Bereichen sie BI ausbauen wollen (Christ et al., 2015, S. 17). Die meisten Unternehmen erachteten das Thema Business Intelligence als sehr relevant und erwarteten in Zukunft eine noch weiter wachsende Relevanz (Christ et al., 2015, S. 25). Eine klare BI-Strategie hatten jedoch weniger als ein Drittel der Unternehmen (Christ et al., 2015, S. 23).

Abb. 2: Quellsysteme für BI und BI-Tooleinsatz (Christ et al., 2015, S. 19)

Die gemäss Abbildung 2 mit Abstand wichtigste Quelle von Daten waren ERP-Systeme. Rund drei Viertel der befragten Unternehmen deckten ihren BI-Bedarf mit mehreren BI-Tools ab. Ein Grund dafür waren vergangene Umstrukturierungen und Akquisitionen, die heterogene Systemlandschaften erzeugt hatten. Ein anderer Grund war die bewusste Wahl einer Mehr-Tool-Umgebung, um einzelne Stärken der Tools zu kombinieren (Christ et al., 2015, S. 19).

Ein heterogenes Bild zeigte sich auch bei der organisatorischen Einbettung von BI. Während in rund der Hälfte der befragten Unternehmungen BI-Entscheide im Finanzbereich gefällt wurden, war BI in anderen Unternehmen innerhalb der IT angesiedelt oder gar direkt dem CFO oder CIO unterstellt. Da es sich bei BI um eine Querschnittsfunktion mit Berührungspunkten zu etlichen Organisationseinheiten handelt, erachteten die Unternehmen eine gute Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen und eine gemeinsame Sprache als essentiell (Christ et al., 2015, S. 21).

Einige Unternehmen schätzten die Maturität ihrer BI-Lösung in gewissen Bereichen als sehr hoch ein. Allerdings herrschte bei den meisten Unternehmen Einigkeit darüber, dass nach organisatorischen oder technologischen Veränderungen die Maturität der BI-Systeme jeweils drastisch sinkt. Dann müssen die BI-Lösungen wieder kontinuierlich verbessert werden (Christ et al., 2015, S. 25).

Die Benutzerfreundlichkeit und der Zugriff auf die BI-Systeme wurden als meist positiv bewertet. Trotzdem konnte es aufgrund mangelnd integrierter Daten dazu kommen, dass sich Controllerinnen und Controller in Eigenregie Datenbanken bauten, um Lücken zu schliessen. Diese Vorgehensweise führte dazu, dass das Data Warehouse nicht mehr als Single Point of Truth gesehen wurde. Ausserdem konnte eine aufgrund von Self-Service Business Intelligence rasch wachsende Anzahl von Portalen das Vertrauen der Nutzenden in die Daten schwächen (Christ et al., 2015, S. 25).

Neu auftretende BI-Technologien waren für die meisten befragten Unternehmen wichtig, viele beschäftigten sich ausführlich mit den aktuellen Entwicklungen im BI-Markt. Man war sich jedoch einig, dass man immer genau prüfen müsse, ob neue Technologien wirklich einen Mehrnutzen generieren können (Christ et al., 2015, S. 26).

Herausforderungen von BI in der Praxis

76 % der in der Studie befragten Unternehmen erachteten die organisatorischen Herausforderungen im BI-Bereich als grösser als die technischen Herausforderungen.

Im organisatorischen Umfeld zeigte sich oft eine Schwierigkeit darin, Anwendungsfälle für BI-Themen klar zu definieren. Oft mussten noch sinnvolle Anwendungsfelder für BI erschlossen werden. Dabei erachteten es viele Unternehmen als grosse Herausforderung, die notwendigen Veränderungen abteilungsübergreifend einzuleiten und umzusetzen. Ein effektives Change-Management und veränderungsbereite, technik-affine Mitarbeitende sind dafür essentiell. Eine weitere organisatorische Herausforderung im BI-Bereich war die mangelnde Kommunikation zwischen Tochter- und Muttergesellschaften aber auch zwischen der IT und den Fachabteilungen. Ausserdem bestand in vielen Unternehmen ein Generationen-Gap zwischen dem meist etwas älteren Management und den jüngeren BI-Spezialisten.

Doch auch im technischen Umfeld nannten die befragten Unternehmen Herausforderungen. Ein grosses Thema war die Integration von Daten und die Verbesserung von Schnittstellen. Ausserdem stellten die wachsende Anzahl abteilungsübergreifender Auswertungen die BI-Spezialisten vor Autorisierungs- und Verknüpfungsprobleme. Zuletzt waren die rasch wachsenden und zunehmend heterogenen Datenmengen eine stetige Herausforderung für die BI-Architekturen (Christ et al., 2015, S. 30–31).

Fazit

Die Bedeutung von BI ist in allen Management-Stufen zunehmend vorhanden. Doch obwohl BI immer populärer wird, ist sie kein Selbstläufer. Unternehmen können BI nicht einfach einkaufen, sie müssen ihr BI-System aktiv gestalten. Dabei ist eine funktionsübergreifende Zusammenarbeit sehr wichtig. Bei der Umsetzung von BI-Projekten müssen Unternehmen sich mit zahlreichen technischen und vor allem organisatorischen Herausforderungen auseinandersetzen. Essentiell scheint dabei die Bereitschaft des Managements etwas auszuprobieren und Neuerungen nicht abzulehnen (Christ et al., 2015, S. 55).

Quelle

Christ, O., Leikert-Böhm, N., & Schüle, H. (2015). Business Intelligence 2015. Potenziale und Herausforderungen in der deutschsprachigen Schweiz. Zürich: ZHAW School of Management and Law.