EVA: Shareholder Conversions

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Geprüft: Negativ beurteilt

Zur Ermittlung eines realitätsnahen Economic Value Added (EVA) werden buchhalterische Anpassungen, sogenannte Conversions (auch Adjustments oder Adjustierungen), vorgenommen. Grundsätzlich wird zwischen Operating Conversions, Funding Conversions, Shareholder Conversions und Tax Conversions unterschieden, die in der aufgeführten Reihenfolge zeitlich gestaffelt vorgenommen werden (Gundel, 2012, S. 43-44). Durch solche Conversions wird versucht, die durch das Rechnungswesen bereitgestellten Zahlen in aussagekräftigere periodische Grössen zu überführen (Volkart, 2011, S. 322; Keller & Plack, 2001, S. 350). Die Sichtweise der Gläubiger wird also verlassen und jene des risikofreudigen Eigenkapitalgebers eingenommen (Gundel, 2012, S. 75).

Wirkungsweise der Shareholder Conversions

Abb. 1: Aufrechnungen der Shareholder Conversions (Hostettler, 2002, S. 131)

Durch die Shareholder Conversions werden nicht bilanzierfähige Vermögensgegenstände in die EVA-Betrachtung einbezogen. Alle vorgenommenen Anpassungen müssen sowohl in der Gewinngrösse als auch in der Vermögensgrösse vorgenommen werden (Keller & Plack, 2001, S. 348). Demzufolge betreffen Shareholder Conversions sowohl die Bilanz als auch die Erfolgsrechnung. Dabei werden jegliche eigenkapitalähnliche Posten, die in der handelsrechtlichen Bilanz nicht aktiviert bzw. passiviert werden, bei der Ermittlung des EVA aufgerechnet (Gladen, 2014, S. 143). Konkret bedeutet dies, dass im ersten adjustierten Jahr die Bilanz vergrössert und gleichzeitig die Erfolgsrechnung entlastet wird. Dies wirkt sich positiv auf den EVA aus, weil der Gewinn dadurch meist höher ist als ohne die Conversions. In den Folgejahren muss eine Parallelrechnung geführt werden, in welcher nur noch die Veränderungen der Conversions nachgetragen werden müssen. Die nebenstehende Grafik zeigt diese Aufrechnungen grafisch auf. Die verwendeten Zahlen dienen als Anschauungsbeispiel.

Aufwendungen mit Investitionscharakter

Aufwendungen mit Investitionscharakter sind immaterielle Werte, welche entweder erworben oder selbst erarbeitet wurden, wobei die Bewertung der erworbenen Werte meist keine Schwierigkeiten darstellt, da diese nach dem Anschaffungskostenprinzip aktiviert und dann abgeschrieben werden dürfen (Hostettler, 2002, S. 139).

Selbst erarbeitete Werte wie Forschung und Entwicklung werden je nach Rechnungslegungsstandard unterschiedlich behandelt: Nach US-GAAP sollen diese als Aufwand direkt die Erfolgsrechnung belasten, während die International Financial Reporting Standards (IFRS) zwischen der Forschungs- und Entwicklungsphase unterscheiden. Während Aufwendungen für Forschung nicht aktiviert werden dürfen (Aktivierungsverbot), werden Entwicklungskosten aktiviert (Aktivierungsgebot), sofern die sechs Ansatzbedingungen erfüllt sind (Gundel, 2012, S. 96).

Für den EVA hingegen sollen alle Ausgaben für Forschung und Entwicklung analog zu den herkömmlichen Investitionen behandelt werden. Demnach werden alle Forschungs- und Entwicklungskosten für die Berechnung des EVA aktiviert und über ihre Nutzungsdauer abgeschrieben. Die Nutzungsdauer orientiert sich an der Zeitdauer, in welcher Zahlungsströme für die entwickelten Produkte und Dienstleistungen erwartet werden (Gundel, 2012, S. 97). Die Aufwendungen werden also nicht in denjenigen Jahren der Erfolgsrechnung belastet, in denen sie anfallen, sondern mittels Abschreibungen und Zinskosten über die entsprechende Nutzungsdauer verteilt (Gundel, 2012, S. 97; Volkart, 2011, S. 323).

Hostettler (2002) rät auch, weitere Ausgaben mit Investitionscharakter wie Marketing und Restrukturierung zu aktivieren (S. 142-143).

Bewertung Sachanlagen

Abb. 2: Vergleich EVA für lineare und degressive Abschreibung (Gundel, 2012, S. 91)

IFRS lässt zwei verschiedene Methoden zur Bewertung von Sachanlagen zu: Das Anschaffungskostenmodell oder das Neubewertungsmodell (Gundel, 2012, S. 82).

  • Das Anschaffungskostenmodell ist auch das in der Schweiz am häufigsten gebrauchte Modell, bei dem die Anschaffungskosten im Erwerbszeitpunkt aktiviert und dann jährlich planmässig abgeschrieben werden, respektive eventuelle Wertminderungen angesetzt werden (Gundel, 2012, S. 83; Hostettler, 2002, S. 133).
  • „Bei der Neubewertungsmethode ist der Zeitwert zum Zeitpunkt der Neubewertung abzüglich aller nach der Neubewertung anfallenden plan- und ausserplanmässigen Abschreibungen anzusetzen“. Ziel dieser Methode ist es, den Buchwert möglichst dem Marktwert anzunähern (Gundel, 2012, S. 83).

Für den EVA sind folgende Anpassungen in Betracht zu ziehen (Gundel, 2012, S. 83):

  • Inflationierung des Sachanlagevermögens: Die Auswirkung der Teuerung soll berücksichtigt werden. Allerdings ist diese Anpassung umstritten, da die für die Berechnung benötigten Parameter schwierig bestimmbar sind und oft von subjektiven Einflüssen abhängen (Hostettler, 2002, S. 134; Gundel, 2012, S. 83).
  • Schätzung von Markwerten für das Sachanlagevermögen: Gundel (2012) empfiehlt, nur bei offensichtlicher Unterbewertung der Buchwerte eine Anpassung vorzunehmen (S. 87). Gundel (2012) und Hostettler (2002) sind sich einig, dass dies für die Mehrheit der bilanzierten Vermögenswerte nicht zutrifft und deshalb von einer Neuschätzung abgesehen werden soll (S. 136; S. 87).
  • Abschreibung auf das Sachanlagevermögen: In Abbildung 2 wird gezeigt, welchen Einfluss die beiden Abschreibungsarten (linear und degressiv) auf den EVA bei gleichbleibenden Cashflows von 16'000 jährlich hat. Zum einen ist ersichtlich, dass die beiden Abschreibungsarten sehr unterschiedlichen Einfluss auf den EVA haben. Zum anderen zeigt die Abbildung auf, dass sich der EVA stets verbessert, obwohl die Leistung des Investitionsgutes konstant bleibt. Dies kann zu Fehlentscheidungen des Managements führen (Gundel, 2012, S. 89-90).

Es ist also wichtig, dass eine Abschreibungsmethode gefunden wird, welche diese falschen Anreize vermeidet. Gundel (2012) schlägt dafür das Annuitätenverfahren vor, bei welchem die Abschreibungen so gestaltet werden, dass die Summe der Abschreibungen und der Zinsen auf dem verbleibenden Kapital im Zeitverlauf konstant bleiben (S. 91). Hostettler (2002) schlägt als Alternative zu den eher schwierigen Anpassungen in Bezug auf das Sachanlagevermögen vor, für den EVA die Bewertungsdifferenzen auf Basis der Brandversicherungswerte zu berücksichtigen (S. 137).

Vorräte

Vorräte wie beispielsweise Rohstoffe oder Hilfsstoffe werden unter IFRS oder US-GAAP nach dem Niederstwertprinzip bewertet (Gundel, 2012, S. 79). Für den EVA sollen diese zum Nettoveräusserungswert bewertet werden. Damit werden die Vorräte so bewertet, also würden sie per Ende Jahr verkauft (Stewart, 1991, S. 113).

Rückstellung für Forderungsausfälle

Forderungen werden auf der Aktivseite bilanziert. Grundsätzlich können Forderungen gegenüber Lieferanten oder sonstigen Dritten als eine Art Kreditgewährung betrachtet werden. Bei einer Zahlungsfrist von bspw. 30 Tagen wird dem Schuldner für diesen Zahlungsaufschub ein Kredit gewährt, da er die Forderung nicht sofort zu begleichen hat. Aus solchen Kreditgewährungen ergeben sich für das Unternehmen Risiken. Damit diese Risiken korrekt in der Bilanz abgebildet werden, kann mittels einer Conversion eine Rückstellung für voraussichtliche Forderungsausfälle gebildet werden. Aufgrund dessen, dass Ausfälle von Forderungen zur ökonomischen Realität eines jeden Unternehmens gehören, sollen sie anhand dieser Adjustierung auf der Aktivseite mit einem negativen Vorzeichen (bspw. unterhalb der Position „Forderungen aus Lieferung und Leistung“) erfasst werden (Gundel, 2012, S. 77).

Goodwill

Ein Goodwill kann beim Kauf eines Unternehmens entstehen und entspricht dem Unterschiedsbeitrag dem Kaufpreis und dem Bilanzwert des gekauften Unternehmens (Hostettler & Stern, 2004, S. 42). Der Goodwill wird je nach Rechnungslegungsstandard im Erwerbszeitpunkt entweder in der Bilanz als Vermögenswert aktiviert und in der Folge über mehrere Jahre erfolgswirksam abgeschrieben, in der Bilanz als Vermögenswert aktiviert und in der Folge einem jährlichen Impairment Test unterzogen (Gundel, 2012, S. 102) oder im Erwerbszeitpunkt direkt erfolgsneutral mit dem Eigenkapital verrechnet (Hostettler, 2002, S. 144). Nach IFRS und auch US-GAAP ist seit 2004 ein jährlicher Impairment Test vorgeschrieben, bei dem der aktuelle Wert des Goodwills ermittelt wird und bei einer allfälligen Wertminderung ausserordentlich abgeschrieben werden muss (Gundel, 2012, S. 102).

Hostettler (2002) kritisiert die Verrechnung mit dem Eigenkapital, weil sie die Bilanz verkürzt und zu Renditeverzerrungen führt (S. 144). Deshalb wird die Bilanz für den EVA mittels einer entsprechenden Conversion angepasst. Bei der Aktivierung des Goodwills für den EVA muss entschieden werden, ob er auch abgeschrieben werden soll oder in der Bilanz bestehen bleibt. Ist der Goodwill ein immaterieller Wert, der identifizierbar ist, so soll abgeschrieben werden. Ist der Goodwill jedoch nicht identifizierbar, so ist eine Abschreibung nicht zwingend (Hostettler, 2002, S. 147).

Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

  • Hostettler, S. (2003). Economic Value Added – Lektionen aus der Praxis. Der Schweizer Treuhänder, Nr. 3, S. 117-122.
  • Schmeisser, W., Rönsch, M. & Zilch, I. (2009). Shareholder Value Approach versus Corporate Social Responsibility. Eine unternehmensethische Einführung in zwei konträre Ansätze. Mering: Rainer Hampp.

Autoren

Anouk Hosch, Eliane Hürzeler, Nina Isenschmid, Beat Koller