Finanzcontrolling

Aus Controlling-Wiki
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisieren Sie Ihre Browser-Lesezeichen und verwenden Sie stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Geprüft: Positiv beurteilt

Das Finanzcontrolling ist eine Managementfunktion des funktionalen Controllings und hat zur Aufgabe, die Unternehmensführung bei der Wahrnehmung der Liquiditätssicherung zu unterstützen (Horváth, Gleich & Seiter, 2015, S. 411). Dabei gilt es, die liquiditätsorientierte Finanzplanung mit den Planungen der verschiedenen Leistungsbereiche abzustimmen. Das Finanzcontrolling ist dafür verantwortlich, dem Management geeignete finanzorientierte Managementmodelle zur Verfügung zu stellen und das Management laufend mit zielgerichteten Informationen über den Finanzbedarf des Unternehmens zu versorgen (Ossadnik, 2009, S. 508-509). Dies mit dem Ziel, ein finanzielles Gleichgewicht sowie eine zielorientierte Gestaltung von Zahlungsströmen zu erhalten (Gillenkirch, 2008, S. 19).

Begriffliche Abgrenzung

Abb. 1: Abgrenzung von Finanzmanagement und Finanzcontrolling (Horváth, 2011, S. 22)

In der Literatur und Praxis erfolgt oftmals eine ungenügende Differenzierung der funktionalen Führung (Management) und der Führungsunterstützung (Controlling). Aus organisatorischer Sicht gilt es, zwischen zwei verschiedenen Verantwortungsbereichen zu unterscheiden. Das Management hat eine inhaltliche Verantwortung seiner Entscheidungen wahrzunehmen. Das Controlling dagegen ist verantwortlich für eine optimale und transparente Informationsversorgung des Managements. In Bezug auf Finanzmanagement und Finanzcontrolling bedeutet dies, dass das Finanzmanagement für die Liquiditätssicherung verantwortlich ist, während das Finanzcontrolling die Verantwortung für die instrumentelle und informationelle Unterstützung der Liquiditätssicherung trägt (vgl. Abbildung 1) (Horváth et al., 2015, S. 411). Müller (2008) bezeichnet das Finanzcontrolling als Rationalitätssicherung der finanziellen Führung. Finanzmanager können bei ihrer Aufgabenerfüllung von Eigeninteressen und beschränkter Einsicht beeinflusst werden. Das Finanzcontrolling hat demzufolge die Aufgabe, Entscheidungen der Finanzmanager zu hinterfragen und kritisch zu beurteilen sowie Rationalitätsdefizite aufzudecken bzw. bereits frühzeitig zu erkennen (S. 225).

Aufgaben des Finanzcontrollings

Das Finanzcontrolling nimmt die nachfolgenden vier Hauptaufgaben wahr, um das Finanzmanagement zielgerichtet zu unterstützen:

  • Koordinative Unterstützung bei der finanziellen Planung und Kontrolle: Das Finanzcontrolling unterstützt die Unternehmensführung bei der operativen und der strategischen Planung und Kontrolle (Horváth et al., 2015, S.411-412). Dabei gilt es, die verschiedenen Finanzierungs- und Finanzteilpläne zu koordinieren sowie die Finanzplanung mit anderen betrieblichen Teilplanungen (bspw. Investitionsplanung) abzustimmen (Ossadnik, 2009, S. 508).
  • Sicherstellung der finanziellen Informationsversorgung: Das Finanzmanagement und die Unternehmensführung werden durch das Finanzcontrolling mit Informationen versorgt, welche die Sicherung der Liquidität sowie die Abstimmung der Ziele bezüglich Liquidität und Finanzergebnis betreffen. Weiter wird die Unternehmensführung über die finanzielle Bewertung von Unternehmensprozessen informiert (Horváth et al., 2015, S. 412).
  • Aufbau und Weiterentwicklung des Finanzcontrolling-Systems: Das Finanzcontrolling ist verantwortlich für die Implementierung eines Informationssystems, welches steuerungsrelevante Finanzinformationen laufend bereitstellt (Ossadnik, 2009, S. 509). Ebenfalls ist ein geeignetes Anreizsystem zu entwickeln, welches für ein effizientes Finanzmanagement sorgt (S. 508). Im Zusammenhang mit dem Aufbau und der Weiterentwicklung des Finanzcontrolling-Systems gilt es, alle Themen abzudecken, welche Aufgaben, Prozesse, Organisation, Instrumente und IT-Unterstützung betreffen (Horváth et al., 2015, S. 412).
  • Finanzielle Beratung bei Sonderfragen: Die Unternehmensführung wird bei finanziellen Sonderfragen situativ durch das Finanzcontrolling unterstützt. Als solche können beispielsweise Akquisitionen von Unternehmen bezeichnet werden (Horváth et al., 2015, S. 412).

Ergänzend zu den obigen vier Hauptaufgaben erwähnt Gillenkirch (2008) den Aufgabenbereich „Controlling Financial Communication“ (S. 20). Im Gegensatz zu den beschriebenen, nach innen gerichteten Aufgaben, ist dieser Aufgabenbereich nach aussen gerichtet. Das Finanzcontrolling ist für die Steuerung der Kapitalmarktkommunikation zuständig. Konkret geht es darum, diejenigen Unternehmensaktivitäten zu koordinieren, die für die Kapitalbeschaffung relevant sind (bspw. Finanzberichterstattung und Investorengespräche) (Gillenkirch, 2008, S. 20). Aus einer Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2008 geht hervor, dass diese externe Funktion des Finanzcontrollings stark an Bedeutung dazu gewonnen hat.

In der Literatur finden sich weitere Möglichkeiten, wie die Aufgabenbereiche des Finanzcontrollings gegliedert werden können: Gemäss Müller (2008) werden die Aufgabenbereiche des Finanzcontrollings in die vier Bereiche Anlagen-, Beschaffungs-, Intermediationsmanagement und finanzielles Risikomanagement unterteilt. Mit dieser Unterteilung lässt sich nicht eindeutig bestimmen, welche Aufgabenbereiche dem Finanzcontrolling untergeordnet werden. Ganz klar im Vordergrund stehen jedoch das Kontrollieren des Finanzmanagements sowie die Gewährleistung der Rationalitätssicherung (S. 228).

Instrumente des Finanzcontrollings

Um die beschriebenen Aufgaben wahrzunehmen und die Unternehmensführung mit finanzbezogener Informationsversorgung, Planung, Kontrolle und Koordination zu unterstützen, stehen dem Finanzcontrolling verschiedene Instrumente zur Verfügung (Götze, 2011, S. 53). Dabei gilt es, die Instrumente integriert und nicht getrennt voneinander einzusetzen, „da zwischen ihnen zahlreiche inhaltliche und zeitliche Abhängigkeiten und Wechselwirkungen bestehen“ (Prätsch, Schikorra & Ludwig, 2012, S. 249).

Instrument Beschreibung
Kapitalbedarfsplanung Zwischen Ein- und Auszahlungen in einem Unternehmen bestehen zeitliche Differenzen, wodurch der Kapitalbedarf bestimmt wird. Eine zahlungsstrombedingte Ermittlung des Kapitalbedarfs ist beispielsweise notwendig bei Erweiterungen des Produktionsprogrammes, bei Abwicklungen von Sonderanfertigungen sowie bei der Errichtung neuer Betriebsstätten (Prätsch et al., 2012, S. 249).
Kurzfristige Finanzplanung (Cash-Management) Im Zentrum steht die Überwachung des Liquiditätsbestandes unter Berücksichtigung der prognostizierten betrieblichen Ein- und Auszahlungsströme. Zudem sollen finanzielle Massnahmen gestaltet werden, die zur Bildung eines Liquiditätsreservepotenzials und Vermeidung von Liquiditätsengpässen führen. Der Planungshorizont der Liquiditätsplanung kann in Monate, Wochen oder Tage unterteilt werden (Prätsch et al., 2012 S. 251-252).
Langfristige Finanzplanung Mit der langfristigen Finanzplanung soll die künftige Finanz- und Kapitalstruktur optimal gestaltet werden. Dafür ist die jährliche Erstellung einer Planbilanz und -erfolgsrechnung sowie die Ermittlung von Plankennzahlen notwendig (Prätsch et al., 2012, S. 262).
Finanzbudgetierung Unter einem Budget wird ein formalzielorientierter Plan verstanden. Dieser Plan beinhaltet wertmässige Grössen und überträgt einer organisatorischen Einheit für einen definierten Zeitraum Aufgaben mit einem bestimmten Verbindlichkeitsgrad. Die Budgetierung entspricht dem Erstellungsprozess des Budgets (Horváth, 2006, S. 213, in Prätsch et al., 2012, S. 262).
Kapitalflussrechnung Anhand der langfristigen Finanzplanung bzw. der daraus folgenden Planbilanz und Planerfolgsrechnung kann eine Plankapitalflussrechnung erstellt werden. Diese dient der zielgerichteten Planung und Steuerung der Finanzströme (Prätsch et al., 2012, S. 267).
Finanzanalyse und Finanzsteuerung Die Finanzanalyse und -steuerung mittels Kennzahlen und Kennzahlensysteme nimmt eine zentrale Bedeutung im Finanzcontrolling ein (Götze, 2011, S. 53). Sie dienen dem Analyse-, Planungs- und Steuerungsprozess (Prätsch et al. 2012, S. 272) und beinhalten eine Informations- und eine Koordinationsfunktion (Friedl 2003, S. 400, in Prätsch et al., 2012, S. 273). Die rechnerische Verknüpfung von Kennzahlen zu Kennzahlensystemen ermöglicht es, Ursache-Wirkung-Zusammenhänge besser zu verstehen. Viele Kennzahlen sind ausschliesslich monetär und eindimensional ausgerichtet (Prätsch et al., 2012, S. 282). Demgegenüber steht der Shareholder Value Ansatz der wertorientierten Kennzahlen (S. 295).
Balanced Scorecard Die Balanced Scorecard stellt ein mehrdimensionales Konzept der Zielmessung dar. Auf Grundlage der Unternehmensvision werden die Zielvorstellungen von vier verschiedenen Betrachtungsebenen abgeleitet und in Beziehung zueinander gesetzt. Das Ziel der Balanced Scorecard ist es, finanzielle und nicht-finanzielle Sachverhalte des Unternehmenserfolges zu messen (Prätsch et al., 2012, S. 305).
Wertschöpfungsrechnung Wertschöpfung ist der Wertzuwachs eines Unternehmens während einer Periode. Eine Wertschöpfungsrechnung besteht aus einer Entstehungsrechnung (Erfolgsrechnung) und einer Verwendungsrechnung (Verteilung der Wertschöpfung auf die verschiedenen Anspruchsgruppen) (Prätsch et al., 2012, S. 311).
Risikocontrolling Entscheidungen des Managements können positive und negative Folgen auf Vermögens,- Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens haben. Mit dem Risikomanagement und -controlling sollen Risiken erkannt und vermieden werden (Prätsch et al., 2012, S. 312-313).
Unternehmensberichterstattung Bei der Unternehmensberichterstattung kann zwischen Financial Reporting und Value Reporting unterschieden werden. Financial Reporting ist eine Pflichtberichterstattung, u. a. aufgrund gesetzlicher Vorlagen, wobei hauptsächlich mit monetären Grössen gearbeitet wird. Beim Value Reporting handelt es sich um eine Berichtspflichterstattung. Die Zielsetzung ist eine Verringerung der Informationsasymmetrie zwischen dem Management und den Investoren (Prätsch et al., 2012, S. 319).

Darüber hinaus gibt es verschiedenste weitere Instrumente des Finanzcontrollings, wie beispielsweise Standard-, Abweichungs- und Bedarfsberichte oder diverse Analysemethoden für eine fundierte Informationsversorgung der Unternehmensführung. Um seine Planungs- und Kontrollaufgaben auszuführen, verwendet das Finanzcontrolling Prognosemethoden, Entscheidungsmodelle oder Prozesskostenrechnungen, die wiederum stark mit der Analyse von Kennzahlen verbunden sind (Götze, 2011, S. 58-62).

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

Autoren

Arian Contessotto, Christian Dubach, Tobias Grädel, Erika Huser