Lebenszykluskostenrechnung

Aus Controlling-Wiki

Die Lebenszykluskostenrechnung dient der Unterstützung von strategischen Portfolio-Entscheidungen. Wie bei so vielen Controlling- und BWL-Instrumenten, findet man den Ursprung der Lebenszykluskostenrechnung in den USA (Erichsen, 2011, S. 272). Die Lebenszykluskostenrechnung, auch Life Cycle Costing (LCC) genannt, kann die Profitabilität von Produkten während ihrer Lebensdauer (Lebenszyklus) schnell und effektiv im Voraus ermitteln. Das LCC bestimmt, ob sich die Einführung eines neuen Produktes lohnt. Das Life Cycle Costing kann sowohl für neue, sowie auch für bestehende Produkte verwendet werden (Becher, 2016, S. 58-61). Während die klassische Kostenrechnung alle Produkte über eine einzelne Periode der Unternehmung betrachtet, konzentriert sich das Life Cycle Costing auf die Kosten eines Produktes über den ganzen Lebenszyklus, wie dies in der Abbildung 1 ersichtlich ist (Joos, 2014, S. 227).

Ziele

Abb. 1: Vergleich einer klassischen Kostenrechnung mit einem Life Cycle Costing (Joos, 2014, S. 227)

Die Anwendung der Lebenszykluskostenrechnung verfolgt im Grunde zwei Ziele. Erstens erfasst sie alle Kosten und Erlöse, welche während des Lebenszyklus eines Produktes entstehen, um so die Wirtschaftlichkeit eines Produktes abbilden zu können (Erichsen, 2011, S. 272). Die Messung des Erfolges erleichtert dem Management die Entscheidungsfindung in Bezug auf die Frage, ob mit dem neuen Produkt, während dem gesamten Lebenszyklus genügend Liquidität generiert wird, um die verschiedenen Investitionen, Entstehungskosten und sämtliche Folgekosten zu decken. Im Weiteren verfolgt das LCC das Ziel, die gesamten Kosten eines Produktes über seiner Lebensdauer kostenminimierend zu beeinflussen (Becher, 2013, S. 61). Die Hochrechnung der gesamten Kosten und Erlöse über den gesamten Lebenszyklus ermöglicht es schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt Einfluss auf die Struktur und Höhe der zu erwartenden Gesamtkosten und -erlöse zu nehmen (Erichsen, 2011, S. 273).



Anwendungsbereich

Der Arbeitsaufwand für die Durchführung der Lebenszykluskostenrechnung ist erheblich. Aus diesem Grund lohnt sich die Anwendung nur für langlebige Wirtschaftsgüter. Oft wird sie auch bei Projekten und kapitalintensiven Investitionsvorhaben, wie im Pharmasektor oder beim Bau von Grossimmobilien, verwendet (Erichsen, 2011, S. 272). Im Weiteren sind Produktlebenszyklen nur dort vorzufinden, wo gewisse Regelmässigkeiten herrschen. Aus diesem Grund ist dieses Prognoseinstrument nur für Bereiche, die bestimmte Gesetzmässigkeiten aufweisen, einsetzbar. In Bereichen, wo unsystematische, diskontinuierliche Veränderungen vorkommen, verliert dieses Konzept seine Aussagekraft (Baier, 2008, S. 207).

Herleitung

Die Lebenszykluskostenrechnung erfasst sämtliche anfallende Kosten und Erlöse während des Produktlebenszyklus. In der Abbildung 2 ist ersichtlich, welche Kosten in den verschiedenen Phasen anfallen. In der Entstehungsphase fallen primär Kosten für Investitionen in das Produkt an. Die einzig möglichen Erlöse, die in dieser Phase fliessen, sind sogenannte «Vorlauferlöse», wie Subventionen, Fördergelder oder Steuernachlässe (Erichsen, 2011, S. 274). Erhöhte Investitionen vor dem Markteintritt führen zu reduzierten Folgekosten in der Rückzugsphase des Produktes. Beispielsweise führen Mehrkosten für umweltfreundlicheren Materialien zu einer grösseren Investition, sind jedoch in der Entsorgung günstiger und können so eventuell die Gesamtkosten senken. In der Marktphase ist die Kostenstruktur ziemlich eindeutig. Es fallen Kosten für verkaufte Waren, Marketing und Werbung an. Nachdem das Produkt aus dem Markt ausgeschieden ist, fallen in der Rückzugsphase sogenannte Rückzugskosten an. Mögliche Kosten und Erlöse, die in dieser Phase realisiert werden, sind der Abbildung 2 zu entnehmen (Becher, 2013, S. 58).

Abb. 2: Beispiel einer Life Cycle Costing-Übersicht (Becher, 2016, S. 61)

Um nun herauszufinden, ob sich die Einführung eines neuen Produktes aus betriebswirtschaftlicher Sicht rentiert, müssen die Cashflows auf den heutigen Zeitpunkt abdiskontiert werden. Diese Tatsache macht aus dem Life Cycle Costing eine Investitionsrechnung, was der Grund dafür ist, dass man zur Beurteilung häufig den Kapitalwert oder den internen Zinssatz (IRR) verwendet (Reepmeyer, 2006, S. 17). Im obigen Beispiel in Abbildung 2 liegt der IRR bei 18 Prozent. Falls dieser nun über dem Diskontsatz liegt, wird mit dem entsprechenden Produkt Wert geschaffen (Becher, 2016, S. 61).

Vor- und Nachteile

Die Kostenreduktion hat in den letzten Jahren in der Betriebswirtschaft enorm an Bedeutung gewonnen. In Bezug auf die Lebenszykluskostenrechnung leiten sich daraus die folgenden Vor- und Nachteile ab (Erichsen, 2011, S. 281; Baier, 2008, S. 207):

Vorteile Nachteile
  • Ermöglichung einer ganzheitlichen, dynamischen Sichtweise über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes.
  • Zusätzliche Investitionen in der Entwicklungsphase werden nur hinsichtlich ihrer Kosten, nicht aber hinsichtlich des zukünftigen Nutzens bewertet.
  • Frühzeitiger Überblick über die zukünftig anfallenden Kosten.
  • Dem Model liegen Annahmen und Prognosen zugrunde, die mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind.
  • Verdeutlichung von Entscheidungs-interdependenzen.
  • Die Herleitung der einzelnen Zahlungsströme ist sehr aufwändig und zeitintensiv.
  • Einfache Berechnung der Wirtschaftlichkeit eines Produktes.


Lern- und Praxismaterial

Aufgaben

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Reepmeyer, J. (2006). Produktlebenszyklusrechnung: Effizientes Kostenmanagement durch die Erfassung von Vor- und Nachlaufkosten. VDM Verlag Dr. Müller.

Weiterführende Literatur

Autoren

Lucas Casillo, Robin Buri, Mathias Duss, Belmina Dzaferi