Northland – Verrechnungspreis im Fokus

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Northland, ein mittelgrosses, vertikal integriertes Unternehmen aus der Bekleidungs-Branche, vertreibt qualitativ hochwertige Outdoor-Bekleidung und Accessoires. Der Hauptsitz bzw. die Zentrale in Deutschland betreut dabei die verschiedenen europäischen Ländergesellschaften, die ihrerseits den lokalen Fachhandel beliefern. Abbildung 1 visualisiert die Strukturen des Konzerns, dem zusätzlich ein Hersteller von Stoffen, eine Färberei und ein Textilwarenproduzent angehören.

Ausgangslage

Abb. 1: Strukturen des Northland-Konzerns

Wie der gesamte europäische Outdoor-Markt sieht sich Northland neben dem Nachfragerückgang mit einer zunehmenden Individualisierung konfrontiert. Zudem haben alternative Sourcing- und Logistikkonzepte, neue Absatzkanäle und starke multinationale Mitbewerber das Unternehmen in den letzten Jahren stark gefordert.

Im Gegensatz zu traditionellen Bekleidungsunternehmen und vielen Konkurrenten kann sich Northland durch seine zahlreichen Kollektionen, schnelle Durchlaufzeiten und eigene Innovationen differenzieren. Die Konzernleitung hat sich im Rahmen von mehreren strategischen Initiativen zuletzt stark auf die Flexibilität in der gesamten Lieferkette und den Online-Handel fokussiert. Dadurch konnten Verkäufe, die nicht den vollen Preis erzielen, auf ein unterdurchschnittliches Niveau gesenkt werden.

Nachdem vor knapp zwei Jahren ein neues Management-Team die Führung übernommen hatte, wurden den einzelnen Geschäftseinheiten weitreichende Kompetenzen übertragen. Diese Entscheidung resultierte aus der Überlegung, dass das lokale Management eine sehr enge Beziehung zu ihren Kunden pflegt und damit die Marktbedürfnisse besser beurteilen kann. Die Steuerung der Geschäftseinheiten erfolgt seither aufgrund des Return on Capital Employed (ROCE). In der Regel können die Geschäftsbereiche ihre Sourcing-Strategie selbstständig bestimmen. Einzig die unternehmensweiten Fragestellungen werden weiterhin am Hauptsitz analysiert. Diese Reorganisation zeigte bereits erste Erfolge und das Top-Management ist überzeugt, dass damit ein nachhaltiger Ausbau der Markstellung bei gleichzeitiger Steigerung der Profitabilität erreicht wird.

Problemstellung

Aufgrund der autonomen Entscheidungspolitik und der teilweise vertikal integrierten Unternehmensstruktur traten in letzter Zeit vermehrt Fragen nach der innerbetrieblichen Verrechnung von Leistungen auf. Nach intensiver Diskussion beschloss die Konzernleitung, dass sämtliche innerbetrieblichen Verkäufe wenn möglich zu marktbasierten Preisen abgewickelt werden. Bewilligte Ausnahmen bestanden lediglich bei Dienstleistungen wie bspw. in Form von Entwicklungsprojekten.

Ein solches Projekt betraf die Northland Schweiz AG und die ClimaCool (Sverige) AB. Dabei wurde eine spezifische auf den Schweizer Markt ausgerichtete Kollektion entwickelt. Wie vorab vertraglich festgehalten, erhielt der Textilwarenproduzent eine kostendeckende Entschädigung für Design- und Entwicklungsarbeiten von CHF 17‘300. Auf einen Gewinnzuschlag wurde aber verzichtet, da ClimaCool davon ausging, den Fertigungsauftrag von der Ländergesellschaft zu erhalten. Northland Schweiz allerdings holte danach verschiedene Offerten für die Produktion der Kollektion ein. Die unten stehende Tabelle zeigt die beste externe Offerte sowie die interne Offerte des Textilwarenproduzenten (umgerechnet in CHF):

Offerte Preis
Bagatta SA CHF 3200 pro 1000 Stück ab Werk
ClimaCool AB CHF 365 pro 100 Stück ab Werk

ClimaCool fügte seiner Offerte die nachfolgende Erklärung hinzu, dass die gefärbten, speziell auf Feuchtigkeitstransport konzipierten Stoffe konzernintern von ColdColor bezogen werden.

„In Anbetracht der zielgerichteten Zusammenarbeit für die Kollektion bieten wir Ihnen 100 Stück des Modells Jack für CHF 365 an. Fracht und Versicherung gehen zu Ihren Lasten. Nach Prüfung verschiedener Offerten würde bei Annahme unserer Offerte das Konzernunternehmen ColdColor GmbH die gefärbten Stoffe liefern.“

Weitere Abklärungen bei der Zentrale in Deutschland ergaben, dass ColdColor die Stoffe bei internen Aufträgen wiederum von der Konzerngesellschaft TearProof SA bezieht. Zusätzlich bringen Kostenanalysen aus vergangenen Jahren die folgenden Relationen (pro 100 Stück) zum Vorschein:

  • TearProof würde für die Stoffwaren einen Deckungsbeitrag von CHF 20 generieren
  • ColdColor berechnet üblicherweise eine Bruttogewinnmarge von 25% auf die Waren
  • ClimaCool gibt ca. 80% der variablen Produktionskosten von insgesamt CHF 300 für die Stoffe aus

Die branchenüblichen Mindestbestellmengen pro Kollektion würden beim vorliegenden Auftrag weit übertroffen werden. Ebenso bewegt sich die Höhe der Transportkosten bei beiden Aufträgen im selben Rahmen. Letztlich erfüllen alle genannten Hersteller hohe internationale Ethik-Standards.

Auseinandersetzung

Aufgrund der beachtlichen Preisdifferenz zwischen den beiden Offerten, kontaktierte der CFO der Ländergesellschaft Schweiz die Zentrale. Denn bereits in der Vergangenheit gab es mehrmals interne Diskussionen um im Vergleich zum Markt zu hohe interne Preise. Der CFO begründete diese Nachfrage mit dem Argument, dass sich Northland Schweiz in einem Markt mit harter Konkurrenz behaupten muss, wo höhere Kosten nicht weitergegeben werden können. Es sei mit derart hohen Einstandspreisen nicht möglich, eine angemessene Rendite zu erwirtschaften.

Die Zentrale beauftragt daraufhin das Konzerncontrolling, die Kostenstrukturen zu untersuchen und Handlungsempfehlungen abzuleiten. Darüber hinaus gilt es für das Controlling, eine transparente und einfach nachvollziehbare Lösung zu finden.

Fragestellungen

  1. Welche Offerte ist aus Sicht der renditeorientierten Ländergesellschaft Schweiz anzunehmen?
  2. Welche Offerte ist aus Sicht des Konzerns zu bevorzugen? Eine übersichtliche rechnerische Herleitung wird erwartet.
  3. Sollte die Zentrale im vorliegenden Fall einschreiten? Falls ja, wieso und wie?

Northland – Lösung