Nutzwertanalyse: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Ermittlung des Nutzwertes ===
=== Ermittlung des Nutzwertes ===


[[Datei:Nutzwertanalyse.png|miniatur|400px|Abb. 2: Nutzwertanalyse (Ott, 2011 S. 151).]]
Die gewichteten Kriterien und die Bewertungen werden nun multipliziert und die Teilresultate der Handlungsoptionen aufsummiert. Das Resultat wird als Nutzwert bezeichnet (Kühnapfel, 2014).
Die gewichteten Kriterien und die Bewertungen werden nun multipliziert und die Teilresultate der Handlungsoptionen aufsummiert. Das Resultat wird als Nutzwert bezeichnet (Kühnapfel, 2014).
Die Beurteilung soll nur auf dem Nutzwert und der daraus resultierenden Rangfolge erfolgen. Die Abstände der Nutzwerte sind nicht aussagekräftig und dienen nicht der Bewertung der Handlungsoptionen (Kühnapfel, 2014).
Die Beurteilung soll nur auf dem Nutzwert und der daraus resultierenden Rangfolge erfolgen. Die Abstände der Nutzwerte sind nicht aussagekräftig und dienen nicht der Bewertung der Handlungsoptionen (Kühnapfel, 2014).

Version vom 15. Dezember 2018, 14:58 Uhr


Die Nutzwertanalyse ist ein Entscheidungsinstrument , welches mit Hilfe der Kombination von quantitativen und qualitativen Elementen ein nützliches und erfolgreiches Bewertungsinstrument für verschiedene Alternativen darstellt. Sie wird besonders dort eingesetzt, wo nicht oder nur schwer monetär quantifizierbare Zielbeiträge zu bewerten sind. Insbesondere im Bereich strategischer Investitionsprüfung und Projektprüfung ist das Verfahren ein beliebtes Instrument (Baier, 2008, S. 235-237). Gleichzeitig unterstützt die Nutzwertanalyse Unternehmen, komplexe Entscheidungen zu treffen (Kühnapfel, 2014, S. 1). Dabei drücken die Nutzwerte aus, wie gut eine Alternative ein Ziel des Bewertenden erfüllt (Wannenwetsch, 2014, S. 139). Zunächst werden qualitative und quantitative Kriterien festgelegt und gewichtet. Anschliessend erfolgt die Bewertung der Kriterien auf einer definierten Skala. Die Bewertung wird mit der Gewichtung multipliziert sowie analysiert. Die Summe der gewichteten Punkte ergibt den Nutzwert. Je höher der Nutzwert, umso attraktiver und optimaler gilt die Handlungsalternative (Fiedler, 2016, S. 34-38; Gadatsch & Mayer, 2010, S. 292).

Begriffsdefinition und Abgrenzung

Die Methode der Nutzwertanalyse ist ein Verfahren zur Nutzenerfassung. Die Analyse unterstützt den Vergleich verschiedener Alternativen mit Hilfe einer Bewertung verschiedener Faktoren (Müller, Lang & Hess, 2003, S. 62). Um eine Gesamtbeurteilung aller relevanten Kriterien zu ermöglichen, werden in der Bewertung qualitative und quantitative Einflussgrössen berücksichtigt. Die Nutzwertanalyse ermöglicht Prioritäten einzelner Projekte nachvollziehbar zu gestalten und gleichzeitig die Akzeptanz für die Entscheidungsfindung zu erhöhen (Fiedler, 2016 S. 34). Dabei hilft die Nutzwertanalyse, die Komplexität der qualitativen Kriterien mit Hilfe einer Rangfolge zu reduzieren und gleichzeitig die Unterschiede offenzulegen (Busse von Colbe & Witte, 2018, S. 313). Das Verfahren unterscheidet sich gegenüber der Kosten-Nutzen-Analyse insofern, dass die Nutzwertanalyse auf die monetären Bewertungen nicht-monetärer Grössen verzichtet (Baier, 2008, S. 236).

Ziel und Zweck

Die Nutzwertanalyse, ein sogenanntes mehrdimensionales Zielsystem, dient dazu, komplexe Fragestellungen offenzulegen. Hierbei bietet die Nutzwertanalyse Unterstützung, komplexe Situationen vereinfacht und teilstrukturiert darzustellen. Qualitative und nicht monetäre Aspekte von Entscheidungsprozesse werden in einer Rangfolge dargestellt. Dabei werden Präferenzen nach verschiedenen nicht monetäre Zielkriterien geordnet. Des Weiteren wird der Sachinhalt durch die Teilstrukturierung entemotionalisiert. Dies bedeutet, dass verschiedene Personen ihr Wissen in den Entscheidungsprozess einbringen können. Aus der Ordnung ergibt sich der Nutzwert einer Entscheidung und deren Handlungsalternativen (Busse von Colbe, Lassmann, & Witte, 2018, S. 313; Kühnapfel, 2014, S. 1-10).

Anwendungsbereich

Im Investitionsbereich sowie im Bereich von Um- und Restrukturierungen wird die Nutzwertanalyse häufig angewandt (Baier, 2008, S. 237). Ein weiterer Anwendungsbereich der Nutzwertanalyse ist die Bewertung der Attraktivität von Projekten (Fiedler, 2016, S 34). Die Nutzwertanalyse kann zudem im Prozess der Lieferantenbeurteilung eingesetzt werden (Wannenwetsch, 2014, S. 137-139). Ferner ist der Einsatz der Nutzwertanalyse immer dann sinnvoll, wenn mindestens einer der folgenden Umstände anzutreffen ist (Kühnapfel, 2014, S. 2-3):

  • Hohe Anzahl der Bewertungskriterien
  • Unterschiedliche Bewertungskriterien (quantitativ und qualitativ)
  • Keine eindeutige Rangfolge der Bewertungskriterien möglich
  • Mehrere Personen nehmen am Entscheidungsprozess teil
  • Dokumentation der Entscheidungsfindung notwendig

In der Praxis wird die Nutzwertanalyse zur Bewertung strategischer Investitionen eingesetzt. Dabei kann die Nutzwertanalyse innerhalb von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, Investitionen in den Aufbau neuer Märkte sowie in neue Fertigungs- und Informationstechnologien zum Einsatz kommen (Baier, 2008, S. 237). Aufgrund ihrer geringen Komplexität in der Anwendung und Umsetzung ist der Einsatz der Nutzwertanalyse im Vergleich zu anderen Wirtschaftlichkeitsanalysen in der Praxis sehr häufig anzutreffen (Müller et. al., 2003, S. 60).

Vorgehensweise, Durchführung und Voraussetzung

Eine Nutzwertanalyse muss immer für eine spezifische Fragestellung fallbezogen je nach Unternehmen angepasst werden. Der Einsatz eines Moderators kann sich als nützlich erweisen. Dieser muss das Fachwissen und die nötige Erfahrung besitzen, um eine Nutzwertanalyse erfolgreich zu leiten. Demnach muss der Moderator sicherstellen, dass die Analyse korrekt ausgeführt wird, sich alle Teilnehmer im Prozess einbringen und die vorab definierten Regeln eingehalten werden (Kühnapfel, 2014, S. 21). Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass innerhalb der Unternehmung genügend Know-How im Bereich der Entscheidungssicherheit vorliegt. Mit der Nutzwertanalyse werden Erkenntnisse im Rahmen der Entscheidungsfindung transparenter gestaltet und nicht neue Informationen gewonnen (S. 39).

Bestimmung der Zielkriterien

Zu Beginn werden die Zielkriterien festgelegt. Dabei ist darauf zu achten, dass die gewählten Kriterien nicht schon in einem anderen Analysesystem bezüglich dieser Fragestellung verwendet werden. Ebenfalls ist von deckungsgleichen Kriterien möglichst abzusehen (Busse von Colbe et. al., 2015, S. 313). Weiter sollen die Zielkriterien relevant und operational formuliert werden. Kriterien sollten nicht nur deckungsungleich sein, sondern auch nutzenunabhängig (Titgemeyer, 2001, S. 52-53). Ebenfalls sind Kriterien objektiv zu bestimmen. Denn eine subjektive Bestimmung und Auswertung haben Einfluss auf den schließlichen Nutzwert (Merhof, Michl, Mainka, & Franke, 2012, S. 22).

Gewichtung der Zielkriterien

Nach der Bestimmung der Zielkriterien werden diese gewichtet. Die Gewichtung soll die relative Bedeutung der einzelnen Kriterien für die entsprechende Fragestellung aufzeigen. Insbesondere bei mehr als zehn Kriterien nimmt die Komplexität zu, so dass es nicht mehr möglich ist, Prozentzahlen objektiv auf die Kriterien zu vergeben (Kühnapfel, 2014, S.10). Um die Objektivität zu gewährleisten, gibt es verschiedene Methoden, die angewendet werden können: (Busse von Colbe et. al., 2015, S. 9-10).

  • Direkte Intervallskalierung: Dabei werden Präferenzen mit einem Gewichtungsfaktor bestimmt.
  • Indirekte Intervallskalierung: Dabei werden die Präferenzen ebenfalls mit einem Gewichtungsfaktor bestimmt. Jedoch wird vorab eine Rangreihe der Zielkriterien erstellt.
  • Verhältnisskalierung: Im Unterschied zu den ersten Methoden werden bei Verhältnisskalierung die Gewichtungsfaktoren vergeben, die während der Gewichtungsphase verschiedene Prüfschritte absolvieren und so zu der schliesslichen Gewichtung kommen (Busse von Colbe et. al., 2015).
  • Paarvergleich: Ist in der Handhabung eine einfache Methode. Dabei werden die verschiedenen Kriterien paarweise verglichen Abbildung xx. Das wichtigere eingestufte Kriterium bekommt einen Punkt. Je mehr Punkte ein Kriterium hat, desto höher fällt die Gewichtung aus. Die Abbildung xx zeigt einen Paarvergleich und der damit verbundenen Gewichtung auf. Gemäss Abbildung xx ist die Kundenzufriedenheit im Vergleich zum Wettbewerbsvorteil wichtiger. Die Wirtschaftlichkeit hat hingegen eine höhere Priorität als die Kundenzufriedenheit.

Ermittlung der Teilnutzung

Die Kriterien werden nach der Gewichtung mit einer definierten Skala, zum Beispiel einer 10er-Skala bewertet oder wie in Abb xx aufgezeigte Bewertung nach Schulnoten. Die Skala soll möglichst einfach und ohne Interpretationsmöglichkeit gewählt werden (Kühnapfel, 2014). Danach werden zu allen Handlungsalternativen sämtliche Zielkriterien bewertet. Eine hohe Bewertung bedeutet einen dementsprechend hohen Grad der Kriterien-Erfüllung.

Ermittlung des Nutzwertes

Abb. 2: Nutzwertanalyse (Ott, 2011 S. 151).

Die gewichteten Kriterien und die Bewertungen werden nun multipliziert und die Teilresultate der Handlungsoptionen aufsummiert. Das Resultat wird als Nutzwert bezeichnet (Kühnapfel, 2014). Die Beurteilung soll nur auf dem Nutzwert und der daraus resultierenden Rangfolge erfolgen. Die Abstände der Nutzwerte sind nicht aussagekräftig und dienen nicht der Bewertung der Handlungsoptionen (Kühnapfel, 2014). Damit die Nutzwertanalyse im Rahmen einer Entscheidungsfindung genutzt werden kann, sollten die Resultate in einer Sensitivitätsanalyse geprüft werden. Hierbei werden die drei Zielkriterien mit der stärksten Gewichtung gleichzeitig verschiedenen Szenarien unterzogen und stufenweise von - 50 % bis + 50 % verändert. Hält die präferierende Handlungsoption mit dem höchsten Nutzwert der Analyse stand, so kann die Handlungsoption positiv weiterverfolgt werden.

Vor- und Nachteile der Nutzwertanalyse

Die Nutzwertanalyse weist folgende Vor- und Nachteile auf (Busse von Colbe et. al., 2015, S. 311; Kühnapfel, 2014, S. 21; Müller, Lang & Hess, 2003, S. 61; Ott, 2011, S. 153):

Beschreibung
Vorteile
  • Verfahren ist einfach und verständlich
  • Komplexe Entscheidungen werden überschaubarer mit Hilfe von Teilaspekten
  • Entscheidungsfindung ist belegbar, transparent und diskussionsfähig
  • Einbezug verschiedener Personen mit unterschiedlichem Fachwissen
  • Qualitative und nicht monetäre Grössen werden beachtet und berücksichtigt
  • Alle zielrelevanten Kriterien können in den Entscheidungsprozess einbezogen werden
  • Systematische Darstellung des Entscheidungsablaufs
  • Direkte Vergleichbarkeit der einzelnen Alternativen
  • Bewertung kann von mehreren Personen vorgenommen werden
  • Bewertungsgrundlage kann individuell gestaltet werden
  • Hohe Einsetzbarkeit und flexible Anpassungsfähigkeit
Nachteile
  • Zielkriterien müssen vollständig unabhängig voneinander sein, um keine Doppelgewichtung vorzunehmen
  • Entscheidungsprozess kann langwierig sein
  • Auswahl der Kriterien sowie der Gewichtung der Ziele und Zielerfüllungen sind subjektiv
  • Übereinstimmungsprobleme bei Entscheidungsträgern mit verschiedenen Präferenzen
  • Analyse ist zeit- und arbeitsintensiv
  • Abgekürztes Verfahren nicht möglich
  • Fachwissen wird vorausgesetzt

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Müller, A., Lang, J. & Hess, T. (2003). Wirtschaftlichkeit von Controlling-Anwendungssystemen: Konzeption und Erprobung eines Multiperspektiven-Ansatzes. Controlling und Management, (47), 58-66.

Weiterführende Literatur

Autoren

Anja Closuit, Oliver Faria, Céline Fischer, Simon Haldemann