Renditeorientierte Messgrössen

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Um die Leistung verschiedener Investment-Center vergleichen zu können, werden oft Kennzahlen der Kapitalrentabilität verwendet. Diese ermöglichen einen leichteren Vergleich als absolute Grössen wie beispielsweise der Reingewinn, der EBIT oder der EBITDA und nehmen Bezug auf das eingesetzte Kapital. In der Praxis werden verschiedene Varianten zur Messung der Kapitalrentabilität verwendet (Gladen, 2011, S. 73).

Rentabilitätskennzahlen

Weder die Fachliteratur noch die Praxis verwendet eine einheitliche Definition der verschiedenen Kennzahlen. In den nachfolgenden Abschnitten werden deshalb die gängigsten Rentabilitätskennzahlen anhand der einzelnen Bestandteile gruppiert und im Detail erläutert.

ROE

Abb. 1: Return on Equity (Gladen, 2011, S. 75)

Mit dem Return on Equity (ROE) – auch Eigenkapitalrendite genannt – kann berechnet werden, wie sich das ins Investment-Center investierte Eigenkapital verzinst hat. Die Kernaussage dieser Kennzahl ist somit, wie effizient der Mitteleinsatz aus Sicht der Inhaber ist (Hail, 2002, S. 56). Der ROE kann für den Reingewinn vor Steuern (Bruttorendite) oder nach Steuern (Nettorendite) berechnet werden. Da Investment-Center in der Regel keinen Einfluss auf die Steuern nehmen können, empfiehlt sich oft die Bruttorendite (Gladen, 2011, S. 73). Insbesondere, wenn die Leistung von Investment-Centern in verschiedenen Ländern verglichen werden soll, ist es sinnvoll, die Bruttorendite zu verwenden. Auf diese Weise kann der Einfluss steuerlicher Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern ausgeschlossen werden (Brühl, 2012, S. 420).

Bei dieser Kennzahl gilt es zu beachten, dass sie von der Finanzierungsstruktur abhängig ist. Der Verschuldungsgrad beeinflusst einerseits die Eigenkapitalrendite (ertragsbezogener finanzieller Leverage-Effekt), andererseits aber auch die Volatilität der Eigenkapitalrendite (risikobezogener finanzieller Leverage-Effekt) (Gladen, 2011, S.73).

ROI / ROA

Abb. 2: Return on Investment (Gladen, 2011, S. 75)

Der Return on Investment (ROI) wird in der Fachliteratur unterschiedlich berechnet. Während Brühl (2012) den Reingewinn vor Zinsaufwand und Steueraufwand verwendet (S. 420), nimmt Gladen (2011) den Reingewinn vor Zinsaufwand, jedoch nach Steueraufwand (S. 74). Letzterer entspricht häufig auch dem Return on Assets (ROA) (Ewert & Wagenhofer, 2007, S. 519). Bei der Berechnung des ROI von Investment-Centern ist es zweckmässig, den Erfolg im Verhältnis zum gesamten Vermögen zu messen. Auf diese Weise ist es möglich, die Ertragskraft eines Investment-Centers, unabhängig von der Finanzierungsstruktur, zu ermitteln. Die Vernachlässigung der Finanzierungsstruktur ist für Investment-Center insofern richtig, da sie in der Regel keine Finanzierungsentscheidungen treffen dürfen (Gladen, 2011, S. 73-74).

Der ROI ermöglicht zwei Interpretationen (Hail, 2002, S. 56):

  • Er ermittelt die Fähigkeit der Unternehmensführung zur optimalen Nutzung des investierten Vermögens (Aktivseite der Bilanz).
  • Er zeigt unabhängig von der Finanzierungsform die gesamten Rückflüsse an die Kapitalgeber (Passivseite der Bilanz).

Der ROI eignet sich, um die Unternehmenszentrale nicht mit Detailinformationen zu überfluten. Aufgrund dessen ist der ROI als finaler Indikator sowohl für die operative Effizienz als auch für den daraus resultierenden finanziellen Erfolg einer Geschäftseinheit weit verbreitet. Folglich wird der ROI in vielen Unternehmen als eine der zentralen Spitzenkennzahlen zur finanziellen Führung von Investment-Centern verwendet (Schedler, 2005, S. 88). Mittels des DuPont-Kennzahlensystems lässt sich die Berechnung des ROI übersichtlich darstellen, wobei für die Steuerung von Investment-Centern lediglich Kennzahlen für das Erfolgsziel berücksichtigt werden. Dies wird damit begründet, dass die Verantwortung für Finanzierung, Liquidität, Steuerpolitik und die Unternehmensstrategie der obersten Konzernleitung vorbehalten bleibt (Gladen, 2011, S. 83-85).

ROC / RONA / ROIC

Abb. 3: Return on Capital (Gladen, 2011, S. 75)

Die folgend beschriebene Kennzahl hat in der Literatur unterschiedliche Bezeichnungen. Diese lauten: Return on Capital (ROC), Return on Net Assets (RONA) oder Return on Invested Capital (ROIC) (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 520-521; Gladen, 2011, S. 74-75). Bei diversen nichtverzinslichen Verbindlichkeiten, wie beispielsweise Anzahlungen von Kunden oder Lieferantenkreditoren, wird ein implizierter Zins einberechnet, welcher dementsprechend den Reingewinn mindert. Falls diese Verbindlichkeiten bei der Renditeberechnung in der Gesamtkapitalgrösse verbleiben, erfolgt eine Doppelverrechnung dieser Kapitalkosten (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 520).

Um dies zu vermeiden, wird bei dieser Kennzahl der Reingewinn um den Zinsaufwand korrigiert und ins Verhältnis zum Kapital abzüglich der nicht verzinslichen Verbindlichkeiten (Abzugskapital) gesetzt (Gladen, 2011, S. 74-75). Diese Methode hat den Vorteil, dass keine Doppelberechnung der Kapitalkosten erfolgt. Im Zähler wurde der implizite Zins bereits berücksichtigt, beispielsweise in Form von Verzichten auf Skontoabzügen bei den Lieferantenrechnungen (Gladen, 2011, S.74). Anstelle des Reingewinns, der um den Zinsaufwand korrigiert wird, kann auch der EBIT verwendet werden (Prätsch, Schikorra & Ludwig, 2007, S. 276).

ROCE / RONOA

Abb. 4: Return on Capital Employed (Gladen, 2011, S. 75)

Der Return on Capital Employed (ROCE) wird in der Fachliteratur auch als Return on Net Operating Assets (RONOA) bezeichnet (Sutton, 2004, S. 613). Bei der Berechnung des ROCE wird der Fokus auf den Betrieb gelegt. Deshalb werden in der Bilanz und Erfolgsrechnung die nichtbetrieblichen Bilanz- und Erfolgsrechnungspositionen abgezogen. Zudem werden die kurzfristigen zinslosen Verbindlichkeiten von den betrieblichen Aktiven abgezogen. Dies wiederum, um eine Doppelverrechnung zu vermeiden (wie beim ROC). Auf diese Weise wird das Betriebsergebnis vor Zinsen im Verhältnis zu den betrieblichen Aktiven abzüglich der kurzfristigen zinslosen Verbindlichkeiten gemessen (Gladen, 2011, S. 74-75). Analog wie beim ROC kann auch der ROCE anstatt mit dem Reingewinn vor Zinsaufwand mit dem EBIT berechnet werden (Prätsch, Schikorra & Ludwig, 2007, S. 276).

Vorteile Renditekennzahlen

Die Leistungsmessung mittels Renditekennzahlen wird unter anderem aus folgenden Gründen angewandt:

  • Die Messung von Investment-Centern mit Renditegrössen ermöglicht einen Quervergleich zwischen Unternehmungen unterschiedlicher Grösse (Hail, 2002, S. 53).
  • Da die Kennzahlen jeweils das Kapital im Nenner haben, gibt es den Anreiz, das Kapital möglichst tief zu halten. Der Gewinn im Zähler ist zu steigern.
  • Der Einfluss des Verschuldungsgrades auf die Eigenkapitalrendite bewirkt, dass das Eigenkapital möglichst tief gehalten werden soll (ertragsbezogener finanzieller Leverage-Effekt), sofern die Kapitalstruktur überhaupt im Einflussbereich des Managements im Investment-Center liegt (Gladen, 2011, S. 73).

Nachteile Renditekennzahlen

Neben den genannten Vorteilen sind folgende Nachteile der renditeorientierten Messgrössen zu beachten:

  • Projekte mit einem positiven Kapitalwert, aber einem ROI unter dem bestehenden ROI, werden nicht durchgeführt (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 520).
  • Die Optimierung von kurzfristigen Gewinnen zur Verbesserung von Renditekennzahlen kann dazu führen, dass die Konzentration auf langfristige Gewinne vernachlässigt wird (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 515).
  • Die Chancen und die Risiken werden bei den Renditekennzahlen nicht berücksichtigt (Eller, 2002, S. 111).
  • Rentabilitätskennzahlen sind abhängig vom verwendeten Rechnungslegungssystem (Winter, 2004, S. 37).

Anwendung in der Praxis

Renditekennzahlen werden in der Praxis als die wichtigsten Anhaltspunkte für die Beurteilung der operativen Leistungskraft eines Unternehmens benutzt (Hail, 2002, S. 54). Um den Bezug vom eingesetzten Kapital zu messen, werden Renditegrössen in Betracht gezogen. Renditegrössen werden in Unternehmen oft als Anreizsystem für Manager verwendet und geben Auskunft über deren Leistung (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 514-516).

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

Autoren

Ivan Abu Ghannam, Simon Bachmann, Lukas Bucher, Stefan Eggimann