Silodenken: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff „Silodenken“ wird in der Literatur zur betriebswirtschaftlichen Organisationslehre dazu benutzt, nach innen orientierte Organisationsbereiche zu beschreiben, die externen Beziehungen zu wenig Beachtung schenken (Fenwick, Seville & Brunsdon, 2009, S. 4). Kommunikationsprobleme als auch die fehlende oder ungenügende Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bereichen und weiteren Anspruchsgruppen sowie die Entwicklung einer eigenen [[Kultur]] gehören zu den typischen Merkmalen solcher Organisationseinheiten. Daraus können Rivalitäten resultieren, welche es bspw. innerhalb einer Business Unit oder innerhalb eines Konzerns verunmöglichen, die übergeordneten Zielsetzungen zu erreichen (Stone, 2004, S. 11). Synonym für diese in [[Dezentralisierung|dezentralen Organisationsstrukturen]] verbreitete Dysfunktionalität lassen sich auch die Begriffe „Ressortdenken“, „Bereichsegoismen“ oder „Gärtchendenken“ benutzen (Vahs, 2012, S. 225-226).
Der Begriff „Silodenken“ wird in der Literatur zur betriebswirtschaftlichen Organisationslehre dazu benutzt, nach innen orientierte Organisationsbereiche zu beschreiben, die externen Beziehungen zu wenig Beachtung schenken (Fenwick, Seville & Brunsdon, 2009, S. 4). Kommunikationsprobleme als auch die fehlende oder ungenügende Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bereichen und weiteren Anspruchsgruppen sowie die Entwicklung einer eigenen [[Kultur]] gehören zu den typischen Merkmalen solcher Organisationseinheiten. Daraus können Rivalitäten resultieren, welche es bspw. innerhalb einer Business Unit oder innerhalb eines Konzerns verunmöglichen, die übergeordneten Zielsetzungen zu erreichen (Stone, 2004, S. 11). Synonym für diese in [[Dezentralisierung|dezentralen Organisationsstrukturen]] verbreitete Dysfunktionalität lassen sich auch die Begriffe „Ressortdenken“, „Bereichsegoismen“ oder „Gärtchendenken“ benutzen (Vahs, 2012, S. 225-226).


== Ursachen von Silodenken ==
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Version vom 20. Oktober 2014, 08:37 Uhr

Geprüft: Positiv beurteilt

Der Begriff „Silodenken“ wird in der Literatur zur betriebswirtschaftlichen Organisationslehre dazu benutzt, nach innen orientierte Organisationsbereiche zu beschreiben, die externen Beziehungen zu wenig Beachtung schenken (Fenwick, Seville & Brunsdon, 2009, S. 4). Kommunikationsprobleme als auch die fehlende oder ungenügende Zusammenarbeit zwischen einzelnen Bereichen und weiteren Anspruchsgruppen sowie die Entwicklung einer eigenen Kultur gehören zu den typischen Merkmalen solcher Organisationseinheiten. Daraus können Rivalitäten resultieren, welche es bspw. innerhalb einer Business Unit oder innerhalb eines Konzerns verunmöglichen, die übergeordneten Zielsetzungen zu erreichen (Stone, 2004, S. 11). Synonym für diese in dezentralen Organisationsstrukturen verbreitete Dysfunktionalität lassen sich auch die Begriffe „Ressortdenken“, „Bereichsegoismen“ oder „Gärtchendenken“ benutzen (Vahs, 2012, S. 225-226).

Ursachen von Silodenken

Strategie Struktur Kultur
Datei:Mitarbeitendensicht Silodenken.jpg
Mitarbeitenden-Sicht innerhalb von Silos (AME Study Group, 1988, S. 6)

Neben Missverständnissen existieren weitere Faktoren, welche innerhalb einer Organisation die Produktivität beeinträchtigen und Wachstum verhindern. Dazu gehören konkurrierende Interessen, persönliche Konflikte und unklare Erwartungen. Weiter gilt es, administrative und prozessuale Differenzen, die unklare Definition von Verantwortlichkeiten, Differenzen hinsichtlich Ressourcenallokation sowie die vage Zuteilung von Aufgaben aufzuführen (Stone, 2004, S. 14-15). Diese Faktoren, welche auf die Existenz von Silodenken hindeuten können, finden Ihren Ursprung in den strategischen, strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen eines Unternehmens:

  • Unternehmensstrategien, die von den Mitarbeitenden und den einzelnen Unternehmensbereichen unterschiedlich interpretiert werden können. Dadurch fehlt ein gemeinsames Ziel, das es zu erreichen gilt. Zudem führen fehlende oder undurchschaubare Grundsätze und Regeln zu falschem Verhalten.
  • Organisationsstrukturen, welche sich rigide an funktionalen Aufgabenbereichen orientieren und damit die bereichsübergreifende Zusammenarbeit verhindern. Insbesondere bei interdisziplinären Projekten können durch das fehlende Bewusstsein Probleme entstehen (siehe Ebenen des Silodenkens).
  • Unternehmenskulturen, die sich stärker am Wettbewerb anstatt an der Zusammenarbeit zwischen Bereichen orientieren (Côté, 2002). Externe Einflüsse wie eine schlechte Konjunkturlage oder Marktveränderungen akzentuieren diese problematische Einstellung.
    • Schulung und Entwicklung, die in einem ungenügenden Ausmass Kommunikations- und Teambildungskompetenzen fördert, führt zu einem ungenügenden Verständnis unter den Mitarbeitenden.
    • Führungsstil, der häufig Konflikte verursacht oder nur widerwillig auf Ideen und Bedürfnisse von anderen Mitarbeitenden eingeht.

Silos existieren grundsätzlich entlang eines Kontinuums, weshalb in den meisten Organisationen bis zu einem bestimmten Grad ein Bereichsdenken existiert. Daher kann das Silodenken auch nur in einzelnen Bereichen auftreten, unterschiedlich ausgeprägt sein oder im sich im Zeitverlauf verändern. Problematisch wird Silodenken, wenn durch die starke Fokussierung auf Bereichsziele die Leistung des Gesamtunternehmens darunter leidet (Fenwick et al., 2009, S. 4). Entgegengesetzt kann durch fehlende Bereichsegoismen die Motivation der Bereichsmanager leiden oder gar unklare Ziele daraus entstehen (Likierman, 2010, S. 7). Deshalb besteht die Herausforderung darin, frühzeitig gefährliche Entwicklungen auf den jeweiligen Ebenen der Organisation zu identifizieren und Schritte dagegen einzuleiten.

Ebenen von Silodenken

Die funktionale Organisation erhöht aufgrund ihrer Verrichtungsspezialisierung die Gefahr von ausgeprägtem Bereichsdenken, wodurch Bereichsziele ohne Berücksichtigung der Unternehmensziele oder Ziele anderer Bereiche verfolgt werden (Scherm & Pietsch, 2007, S. 174-176). Darüber hinaus kann die mangelhafte Weitergabe von Bereichsinformationen zur gegenseitigen Abschottung der involvierten Bereiche führen (Vahs, 2012, S. 226-227). Im Rahmen der Transformationsprozesse entstehen zudem vielfältige Schnittstellen, Doppelarbeiten und Redundanzen, die einen erheblichen Koordinations- und Regelungsbedarf nach sich ziehen (Gaitanides & Ackermann, 2004, S. 10).

Bei Grossunternehmen findet sich die reine Form der funktionalen Organisation selten, da eine zunehmende Orientierung an sehr differierenden Kundenbedürfnissen erfolgt (Scherm & Pietsch, 2007, S. 174-176). Deshalb lässt sich bei ausreichender Unternehmensgrösse und heterogenem Leistungsprogramm oft die divisionale Organisation nach Geschäftsbereichen resp. Sparten erkennen (Bühner, 2004, S. 141-144). Damit einher geht in der Regel die Delegation von Entscheidungskompetenzen an dezentrale Einheiten.

McManus, Seville, Brunsdon & Vargo (2007) konstatieren, dass Silodenken jedoch gerade in dezentralisierten Strukturen auftritt, weil individuelle Zielvorgaben und ein mangelndes Verständnis für die Ziele der gesamten Organisation dieses begünstigen (S. 30-31). Aufgrund der zahlreichen negativen Auswirkungen hat gemäss Côté (2002) bspw. eine Business Unit nur durch ihre Interaktion und den entsprechenden Erfolg durch Zusammenarbeit eine Daseinsberechtigung. Es gilt jedoch zu erwähnen, dass Silodenken ein Hindernis zwischen Bereichen resp. Unternehmen in einer Supply-Chain als auch innerhalb von Abteilungen darstellt (Diamond, Allcorn & Stein, 2004, S. 31-53).

Auswirkungen von Silodenken

Durch Silodenken entsteht eine Kultur, in welcher das persönliche wie auch das Bereichs- oder Abteilungsinteresse höher gewichtet wird als dasjenige der gesamten Organisation. Sobald ein Bereich seine eigenen Interessen über die des Unternehmens stellt, können bedrohliche Rivalitäten entstehen (Côté, 2002). Gegliedert nach strategischen, strukturellen und kulturellen Aspekten lassen sich je nach Ausprägung des Silodenkens folgende Auswirkungen zusammenfassend festhalten.

Ausprägung Hoch Gering
Strategische Aspekte
  • Sektorale Gewinnmaximierung
  • Kostenverschiebungen
  • Konfliktbeladene Ressourcenzuteilung
  • Gewinnmaximierung im Sinne der gesamten Organisation
  • Ganzheitlicher Kostenansatz
  • Regelmässige Thematisierung der Ressourcenverteilung
Strukturelle Aspekte
  • Ungenügende Abstimmung zwischen Bereichen
  • Behinderung resp. Filterung des Informationsflusses
  • Statische Gebilde
  • Bereichswissen
  • Institutionalisierte Koordinations- und Abstimmungsprozesse
  • Ganzheitlicher Informationsfluss
  • Dynamische netzwerkartige Gebilde, kontinuierliche Verbesserungsprozesse und Kooperationen
  • Aktives Wissensmanagement
Kulturelle Aspekte
  • Bereichsrivalitäten und -egoismen
  • Strenge Hierarchien
  • Bereichs- bzw. Abteilungsorientierung
  • Gemeinsamer Problemlösungsprozess
  • Teamorientierung
  • Kompetenzorientierung

Anhand der Allokation knapper Budgetmittel lässt sich aufzeigen, welche weitreichenden Auswirkungen Ressortdenken verursachen kann. Wenn Bereichsinteressen die Organisationsziele überwiegen und Zielvorgaben nicht realistisch, sondern nur politisch motiviert sind, um Reserven aufzubauen, leiden gegebenenfalls Bereiche mit profitablen Investitionsprojekten darunter (Budgetary Slack). Ebenso verkommen Budgetierungsprozesse zu einer rein politischen Verhandlung, wenn aufgrund von Bereichsegoismen die geplanten Zielgrössen immer relativ zu anderen Bereichen betrachtet werden (Horngren, Datar & Rajan, 2012, S. 223-225). Zuletzt tragen auch fehlende Budgets für bereichsübergreifende Projekte und Prozesse dazu bei, den gesamtunternehmerischen Blickwinkel zu verlieren (Likierman, 2010, S. 8). Entsprechend der Ressourcenallokation haben die erwähnten Rahmenbedingungen allesamt einen Einfluss auf die Steuerungsinstrumente Performance Measurement, Anreizsystem und Verrechnungspreise.

Zusammenhang mit Performance Measurement

Performance Measurement in dezentralen Unternehmensstrukturen wird oft selbst als eine der Hauptursachen für Silodenken betrachtet. Durch die Delegation von Verantwortung akzentuieren definierte Zielgrössen die Leistung basierend auf dem jeweiligen Center-Typ. Wird z.B. in einer Filialorganisation mit eigenständigen Profit-Centern ein internes Benchmarking angewandt, führt dies im positiven Fall zu besseren Ergebnissen. Im negativen Szenario hingegen existieren derart starke Rivalitäten, dass sich die Filialen gegenseitig kannibalisieren. Nachfolgend werden drei Ansätze aufgezeigt, um Zielgrössen zu definieren, welche entsprechende Bereichsegoismen verringern können (Likierman, 2010, S. 8-9).

  • Ein direkter Ansatz besteht darin, bereichsübergreifende Kennzahlen zu definieren und damit die Interessen der Bereichsmanager zu integrieren (bspw. EVA oder EVA-Treiber). Im Erfolgsfall werden gemeinsame Zielsetzungen angestrebt und es erfolgt eine enge Koordination zwischen den beteiligten Bereichen. Bei diesem Ansatz, der gewisse Kontaktpunkte zwischen den Bereichen voraussetzt, wird in der Regel kein organisatorischer Wandel nötig sein.
  • End-to-end-Messgrössen fokussieren die gesamte Zeit der Leistungserstellung von der Bestellung bis zur Auslieferung (z.B. Time to market). Durch herausfordernde Zielvorgaben wird damit eine integrierte Betrachtung zwischen den beteiligten Bereichen vorausgesetzt, was eine intensive Absprache erfordert. Indem man die gesamte Supply-Chain bis zum Kunden betrachtet, kann dieser Ansatz gar positive Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit externen Unternehmen haben.
  • Kennzahlensysteme, die sich an strategischen Vorgaben orientieren und diese auf Bereiche, Regionen und Funktionen herunterbrechen, können dazu dienen, die oben erläuterte Allokation von Ressourcen zu verstehen (Gladen, 2014, S. 260). Zudem ermöglicht der Einbezug von persönlichen und unternehmensweiten Zielen, Siloeffekte zu vermindern. Als Beispiel lässt sich die Balanced Scorecard aufführen, die mithilfe von Strategy Maps gemeinsames Denken und Handeln ausgehend von strategischen Zielsetzungen fördert (Kaplan & Norton, 2004, S. 4).

Zusammenhang mit Verrechnungspreisen

Dezentrale Organisationsstrukturen mit Verantwortlichkeiten der Bereichsmanager für eine Beurteilungsgrösse (z.B. Bereichsgewinne oder Bereichskosten) bedingen Verrechnungspreise und Kostenallokationen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 567). Auf der einen Seite verstärken Verrechnungspreise damit das Silodenken durch abgegrenzte Profit-Center. Auf der anderen Seite helfen Sie dabei, Transparenz über die interne Leistungserstellung zu schaffen und die Eigenverantwortung zu fördern (Likierman, 2010, S. 7). Die folgenden Problemstellungen illustrieren in einer nicht abschliessenden Aufzählung den Zusammenhang zwischen Verrechnungspreisen und dem vorab erläuterten Bereichsdenken.

  • Im Rahmen von verhandlungsbasierten Verrechnungspreisen verliert die Zentrale einen Teil ihrer Steuerungsgewalt über die Bereiche. Somit wird es schwieriger, die Bereichsentscheidungen zum Wohle des Gesamtunternehmens aufeinander abzustimmen (Pfaff & Pfeiffer, 2004, S. 307). Besteht zudem in einem Unternehmen ein ausgeprägtes Silodenken, können Verhandlungsmacht und -geschick wie auch Rivalitäten der involvierten Parteien zu suboptimalen Entscheidungen führen. Andererseits profitiert das Gesamtunternehmen vom Informationsvorsprung und der Motivationswirkung der dezentralen Entscheidungsträger (Martini, 2006, S. 17-18). In diesem Spannungsfeld muss sich jede Entscheidung zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung bewähren.
  • Verrechnungspreise auf der Basis von Vollkosten können nach Ewert und Wagenhofer (2014) „in Entscheidungssituationen, die auf Basis der variablen Kosten zu treffen sind, zu Fehlentscheidungen führen“ (S. 593). Es gehört zu den Aufgaben einer Konzernkostenrechnung, in solchen Situationen die tatsächliche Kostenstruktur aufzuzeigen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 593). Sind jedoch erhebliche Bereichsrivalitäten vorhanden, ist es denkbar, dass dezentrale Entscheidungsträger bspw. aus Widerwille, trotz negativen Auswirkungen für das Gesamtunternehmen, auf Vollkosten beharren. Ebenso erhöht die fehlende oder ungenügende Kommunikation zwischen den Bereichen die Gefahr, relevante Make-or-buy-Entscheidungen nicht zu erkennen.
  • In Zusammenhang mit kostenorientierten Verrechnungspreisen wird zwischen Istkosten und Standardkosten unterschieden. Während bei der Anwendung von Istkosten der beziehende Bereich das Risiko von Kostenschwankungen trägt, wird bei Verrechnungspreisen auf Basis von Standardkosten das Risiko vom leistenden Bereich getragen. Obschon dadurch Effizienzanreize entstehen, vernachlässigt der beziehende Bereich mögliche Kostenänderungen bei operativen Bezugsentscheidungen (Investitionsproblematik). Zudem könnte der leistende Bereich seine besseren Informationen bei der Festlegung der Standardkosten ausnutzen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 583-584). Ungenügende Zusammenarbeit wie auch eine mangelhafte Informationspolitik infolge von starkem Bereichsdenken verschärfen hierbei die genannten potenziellen Fehlanreize.
  • Zu den Funktionen von Verrechnungspreisen zählt unter anderem die Steuer-Minimierung, welche zum Ziel hat, konzerninterne Transaktionen möglichst effektiv abzuwickeln. Steuerexperten sind diesbezüglich auf die Unterstützung von regionalen und globalen Controllern, Shared Service Center, IT-Experten und die Rechtsabteilung angewiesen. Selten besteht dabei eine Übersicht über den gesamten Wertschöpfungsprozess, so dass die verschiedenen Tätigkeiten in der Regel nicht in eindeutig definierten Prozessschritten zusammengefasst werden. Gerade die Isolation von unterstützenden Tätigkeiten kann Silodenken begünstigen und in Bezug auf den Steueraspekt im schlimmsten Fall zu wesentlichen Beurteilungsfehlern oder falschen Angaben führen (BNA, 2012, S. 1).

Diese Beispiele veranschaulichen, dass Verrechnungspreise speziell auch in Zusammenhang mit dem strukturellen Umfeld des Unternehmens betrachtet werden müssen. Unter Berücksichtigung der später ausgeführten Lösungsansätze, bietet die prozessorientierte Organisationsstruktur mit prozessorientierten Verrechnungspreisen eine Möglichkeit, das Bereichsdenken und die oben erwähnten Konsequenzen daraus zu reduzieren.

Zusammenhang mit Anreizsystemen

In den meisten Unternehmen sind Anreizsysteme auf die Leistung des einzelnen Mitarbeitenden und die Leistung in der jeweiligen Organisationseinheit bezogen. In bestimmten Branchen fokussiert man sich auch auf die Performance und den Vergleich von explizit abgegrenzten Teams. Wenig oder keine Beachtung erhalten Zielsetzungen, die sich auf die interne Zusammenarbeit und unternehmensweite Leistungsgrössen beziehen. Die anschliessenden Praxisbeispiele von Likierman (2010) stellen Massnahmen dar, um vermehrt Anreize zur Kommunikation und Kooperation zwischen Organisationseinheiten zu schaffen (S. 9).

  • Naheliegend ist die Verknüpfung von bereichsübergreifender Zusammenarbeit mit dem Erfolg des gesamten Unternehmens durch aktienbasierte Vergütungen. Dieser Ansatz eignet sich aufgrund der schwierigen Zurechenbarkeit nur für die oberste Leitungsebene des Unternehmens. Im Grundsatz geht es auch darum, Aktionärs- und Managementinteressen zusammenzuführen und nicht direkt um Anreize, die helfen, Silodenken zu verringern.
  • Eine weitere Massnahme besteht darin, die Zielsetzungen auf verschiedenen hierarchischen Ebenen anzusiedeln. Neben individuellen Mitarbeitendenzielen fliessen z.B. Ziele der Abteilung, der Division und des Konzerns in einen solchen Bonusplan ein. Die Auswahl der jeweiligen Messgrössen sollte wiederum die Kriterien Objektivität, Umfang und Beeinflussbarkeit berücksichtigen und eine konsequente Ausrichtung auf strategische Zielsetzungen verfolgen.
  • Ein relativ direkter Ansatz im Sinne des Gesamtunternehmens, besteht darin, Leistungen mit den Erfolgen der Zusammenarbeit zu verknüpfen. Bspw. kann eine webbasierte Umfrage zur Kundenzufriedenheit als Bonusgrundlage verwendet werden. Bei einem Dienstleistungsunternehmen wäre es denkbar, Entlohnungskomponenten auf die von Kunden bewertete Servicequalität zu beziehen.
  • Anreize zur Zusammenarbeit lassen sich auch mit klaren Botschaften der Unternehmensleitung bekräftigen. In den Zielvereinbarungen der einzelnen Mitarbeitenden können die Prinzipien der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit festgehalten werden. Mit der gezielten Ausgestaltung der Arbeitstätigkeiten lässt sich darüber hinaus eine Kultur schaffen, in der Mitarbeitende flexibel über funktionale Bereiche zusammenarbeiten.

Abbau von Silodenken

Aufgrund der erwähnten Kosten, die ausgeprägtes Silodenken verursacht, gilt es, dagegen Massnahmen einzuleiten. In einem ersten Schritt müssen Tiefe und der Umfang dieser Bereichsegoismen überhaupt erkannt werden. Aufgrund der Vielschichtigkeit der damit verbundenen Probleme reicht es jedoch nicht, einzelne Auswirkungen zu vermindern. In einem umfassenden Ansatz muss darauf basierend eine Vision einer radikal anderen Zukunft entwickelt, kommuniziert und mit gezielten Massnahmen institutionalisiert werden (AME Study Group, 1988, S. 8-9).

Als Folge einer fehlenden Ausrichtung der funktionalen Aufbauorganisation auf bereichsübergreifende Prozesse verweist bspw. Vahs (2012) auf die prozessorientierte Organisationsgestaltung. Durch die Ausrichtung auf relevante Unternehmensprozesse und die Integration von betrieblichen Funktionen werden Abhängigkeiten einzelner Tätigkeiten wie auch die Schnittstellenproblematik verringert. In den Vordergrund rückt damit die ganzheitliche Prozessverantwortung, welche die Hierarchie überlagert. Die interne und externe Kundenorientierung fördert zudem das überbetriebliche Denken und erlaubt die Konzentration auf wertschöpfende Aktivitäten (S. 225-229).

Neben einer Organisationsstruktur, die auf die Unternehmensgrösse und das Leistungsprogramm abgestimmt ist, nennt Stone (2004) sieben allgemeine Ansätze (S. 17), die unter anderem auch die Erkenntnisse in Zusammenhang mit den Steuerungsinstrumenten stützen.

  • Belohnung von kooperativem Verhalten

Obschon in vielen Organisationen über Zusammenarbeit gesprochen wird, basieren Anreiz- und Vergütungssysteme in der Regel auf individuellen Leistungszielen. Deshalb gilt es, dasjenige Verhalten zu belohnen, welches mit den übergeordneten Unternehmenszielen übereinstimmt (Gulati, 2007, S. 93).

  • Förderung von Innovation

Durch Prozessroutine können Fehler minimiert und durch Skaleneffekte Kosten eingespart werden, wobei gleichzeitig das Bewusstsein für kontinuierliche Verbesserungen und neue Prozessabläufe schwindet. Indem die Suche nach innovativen Ideen unterstützt wird, können höhere Effizienzpotenziale ausgeschöpft und effektivere Resultate erzielt werden.

  • Etablierung einer Kultur der Zusammenarbeit

In einem ersten Schritt kann die offene Kommunikation – zwischen Personen, auf Papier und Online – zur gemeinsamen Information beitragen und damit Bereichs- oder Silodenken vermindern. Dazu muss das Management dieses kooperative Verhalten vorleben und damit das gegenseitige Vertrauen im Unternehmen aufbauen.

  • Definition von Verantwortlichkeiten

Alle Mitarbeitenden sollen ihre Rolle innerhalb der Organisation kennen. Ebenso wird das gegenseitige Verständnis gefördert, wenn die Rollen von anderen Mitarbeitenden bekannt sind. Schliesslich liegt die gemeinsame Verantwortung im Unternehmen darin, die Kunden zu überzeugen und Marktanteile zu gewinnen.

  • Suche nach bereichsübergreifenden Projekten

Starkes Silodenken im Unternehmen kann dazu führen, dass das einzige Ziel eines Bereiches darin liegt, andere Teams oder Bereiche zu übertreffen. In diesem Szenario spielt es für die sich bekämpfenden Bereiche auch keine Rolle, wenn sich dieses Verhalten negativ auf das Gesamtunternehmen auswirkt. Um diese Bereichsrivalitäten zu vermindern, können bereichsübergreifende Projekte beitragen, die eine starke Zusammenarbeit von verschiedenen Funktionen erfordern (Gulati, 2007, S. 93).

  • Gemeinsamer Aufbau neuer Geschäftsfelder

Bei neuen Geschäftsmöglichkeiten sollten jeweils die übrigen Bereiche nicht im Vorhinein ausgeschlossen werden. Durch den Einbezug aller Anspruchsgruppen wird es möglich, das gemeinsame Netzwerk auszuschöpfen und die Wirkung z.B. eines Markteintritts zu verstärken (Gulati, 2007, S. 93).

  • Aufbau von Rückzugsmöglichkeiten

Indem das Management sowie die Mitarbeitenden von einzelnen Bereichen bei Eskalationen entweder zusammen oder mithilfe einer Ansprechperson einen Prozess zur Konfliktlösung angehen, kann das Bewusstsein für übergreifende Ziele akzentuiert werden. Dabei lassen sich die Kosten veranschaulichen, welche durch zu starkes Silodenken entstehen. Zudem gestatten spezifische Workshops einerseits für Silodenken zu sensibilisieren und andererseits soziale Kompetenzen aufzubauen, welche die künftige Zusammenarbeit und ein kundenorientiertes Verhalten fördern (Gulati, 2007, S. 93).

Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

  • AME Study Group on Functional Organization. (1988). Organizational Renewal – Tearing Down the Functional Silos. AME Target, S. 10-19.
  • Bühner, R. (2004). Betriebswirtschaftliche Organisationslehre (10. Aufl.). München: Oldenbourg Verlag.
  • Bureau of National Affairs (BNA). (2012). Beyond the tax department: Transfer pricing end to end. Tax Management Transfer Pricing Report, Vol. 21, No. 12.
  • Côté, M. (2002). A matter of trust and respect. CA Magazine, March.
  • Diamond, M.A., Allcorn, S. & Stein H.F. (2004). The surface of organizational boundaries: A view from psychoanalytic object relations theory. Human Relations, 57, S. 31-53.
  • Ewert, R. & Wagenhofer, A. (2014). Interne Unternehmensrechnung (8. Aufl.). Berlin: Springer.
  • Fenwick, T., Seville, E. & Brunsdon, D. (2009). Reducing the impact of organisational silos on resilience. New Zealand: Resilient Organisations Research Programme.
  • Gaitanides, M. & Ackermann, I. (2004). Die Geschäftsprozessperspektive als Schlüssel zu betriebswirtschaftlichem Denken und Handeln. In: F. Gramlinger, S. Steinemann & T. Tramm (Hrsg.). Lernfelder gestalten - miteinander lernen - Innovationen vernetzen (S. 4-28). Paderborn: Beiträge der 1. CULIK Fachtagung.
  • Gladen, W. (2014). Performance Measurement. Controlling mit Kennzahlen (6. Aufl.). Wiesbaden: Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH.
  • Gulati, R. (2007). Abschied vom Silodenken. Harvard Business Manager, Dezember, S. 90-106.
  • Horngren, C.T., Datar, S.M. & Rajan, M.V. (2010). Cost Accounting. A Managerial Emphasis. Harlow: Pearson Education Limited.
  • Kaplan, R.S. & Norton, D.P. (2004). Measuring the Strategic Readiness of Intangible Assets. Harvard Business Review, February, S. 1-14.
  • Likierman, A. (2010). Beating Silos Into Shape. Finance & Management, July/August, S. 6-9.
  • Martini, J.T. (2006). Verrechnungspreise zur Koordination und Erfolgsermittlung. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
  • McManus, S., Seville, E., Brunsdon, D. & Vargo, J. (2007). Resilience Management. A Framework for Assessing and Improving the Resilience of Organisations. New Zealand: Resilient Organisations Research Programme.
  • Pfaff, D. & Pfeiffer, T. (2004). Verrechnungspreise und ihre formaltheoretische Analyse: Zum State of the Art. DBW, 64, 3, S. 296-319.
  • Scherm, E. & Pietsch, G. (2007). Organisation. Theorie, Gestaltung, Wandel. München: Oldenbourg.
  • Stone, F. (2004). Deconstructing Silos and Supporting Collaboration. Employment Relations Today (Wiley), 31(1), S. 11-18.
  • Vahs, D. (2012). Organisation. Ein Lehr- und Managementbuch (8. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Weiterführende Literatur

  • Kaplan, R.S., Weiss, D. & Desheh, E. (1997). Transfer Pricing with ABC. Management Accounting, May, S. 20-28.
  • Löffler, C., Pfeiffer, T., Schiller, U. & Wagner, J. (2011). Zentralisierung, Transferpreise und spezifische Investitionen. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, Sonderheft 63/11, S. 1-33.

Autor

Marcel Fallegger