Umweltcontrolling

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Geprüft: Positiv beurteilt

Der Begriff Umweltcontrolling (auch Green-Controlling oder Ökocontrolling) umschreibt die Nutzung von Controlling-Ansätzen zur Unterstützung einer nachhaltigen Unternehmensführung (Schäffer & Jais, 2005, S. 373-374). Die Umweltorientierung erfolgt jedoch nicht zum Selbstzweck, sondern muss in die Zielsetzungen des Unternehmens integriert werden. Betrachtet man die drei Dimensionen ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit in ihren Zusammenhängen, wird deutlich, dass es für Unternehmen gilt, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen diesen Zielen zu erreichen (Horváth, Isensee & Michel, 2012, S. 48). Das Umweltcontrolling fokussiert sich dabei primär auf die ökologischen Aspekte, ohne jedoch die anderen Dimensionen auszublenden (Tschandl, 2012, S. 11-43; Gould, 2011, S. 25). Das Umweltcontrolling kann als Management-Funktion neben den funktionalen Controllingaufgaben Finanz-, Beteiligungs- und Risikocontrolling betrachtet werden.

Ziel

Das Umweltcontrolling soll anhand geeigneter Methoden problembezogene Auswertungen erarbeiten, um die Umweltzielerreichung zu unterstützen (Holze, 2004, S. 267). In der Praxis spielt ökologisch nachhaltiges Unternehmertum und somit auch das Umweltcontrolling vermehrt eine zentrale Rolle. Die ökologische Umwelt kann aus Sicht einer Unternehmung sowohl als Chance, aber auch als Risiko betrachtet werden (Holze, 2004, S. 265-269; Gould, 2011, S. 25-27).

Unternehmerische Motive für Umweltcontrolling

In Abbildung 1 sind die fünf Haupttreiber bzw. Hauptmotive für den Einsatz von Umweltcontrolling ersichtlich (Tschandl, 2012, S. 21-43).

Abb. 1: Unternehmerische Motive für Umweltcontrolling (in Anlehnung an Tschandl, 2012, S. 23)

Werteorientierung Stakeholder

Der Druck der Stakeholder auf eine sozial-ökologische Ausrichtung der Unternehmen nimmt laufend zu. Durch die Implementierung des Umweltcontrollings können sich Unternehmen diesen Interessen besser annehmen (Tschandl, 2012, S. 21-43). Würden Unternehmen nicht auf die Stakeholder eingehen, könnten möglicherweise Akzeptanzbarrieren entstehen. Auch rechtliche oder technologische Aspekte sind zu beachten (Günther, 2008, S. 140).

Effizienzgewinn

Mithilfe des Umweltcontrollings kann die Kostenrechnung ergänzt und verbessert werden. Somit können z. B. Ressourcenkosten optimiert und Effizienzgewinne eingefahren werden (Tschandl, 2012, S. 21-43; Gould, 2011, S. 25-27). Dabei spielen besonders die Aspekte der Informationsversorgung und der Informationsprozesse eine wichtige Rolle (von Ahsen, 2006, S. 34-37).

Wettbewerbsvorteile

Zusätzlich zu den Effizienzgewinnen können sich Unternehmen einen Vorteil durch Differenzierung verschaffen. Es ergeben sich durch das Umweltcontrolling auch Chancen in weiteren Bereichen wie z. B. der Forschung und Entwicklung durch Innovationen oder Weiterentwicklungen (Tschandl, 2012, S. 21-43). Ausserdem können durch besser automatisierte Informationssysteme Kosten eingespart werden (Holze, 2004, S. 265-269).

Reputationsgewinn und Akzeptanz

Generell kann ökologische Nachhaltigkeit zu erhöhter Akzeptanz in der Gesellschaft, bei Stakeholder oder bei anderen Institutionen führen. Zusätzlich könnte dies weitere positive Auswirkungen haben, wie z. B. auf die Motivation der Arbeitnehmenden (Tschandl, 2012, S. 21-43).

Risikomanagement

Durch Umweltcontrolling und die verbesserte Planung können vermehrt Risiken erkannt und verhindert werden. Geringere Schadensfälle haben nicht zuletzt positive finanzielle Auswirkungen auf die Unternehmung (Tschandl, 2012, S. 21-43; Holze, 2004, S. 265-269).

Funktionen des Umweltcontrollings

Umweltcontrolling als Führungsunterstützungs- und Koordinationssystem eines betrieblichen Umweltmanagementsystems kann folgendermassen definiert werden: „Umweltcontrolling ist ein Subsystem des Controlling, das durch systembildende und systemkoppelnde Koordination die Planungs-, Steuerungs-, Kontroll- und Informationsversorgungsfunktion des Controlling um ökologische Komponenten erweitert und auf diese Weise die Adaptions- und Koordinationsfähigkeit des Gesamtsystems unterstützt“ (Fassbender-Wynands, Seuring & Nissen, 2009, S. 103-104). Wichtig ist, dass ein Umweltcontrollingsystem nicht als singuläre Lösung konzipiert wird, sondern als integraler Bestandteil des gesamten betrieblichen Informations- und Kommunikationssystems verstanden wird. Wie in Abbildung 2 dargestellt, lassen sich vier grundsätzliche Funktionen des Umweltcontrollings unterscheiden: Informations-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktion (Bundesumweltministerium & Umweltbundesamt, 2001, S. 21-22).

Abb. 2: Die Funktionen des Umweltcontrollings (Bundesumweltministerium & Umweltbundesamt, 2001, S. 22)

Informationsfunktion

Um eine erfolgreiche Umsetzung von ökologischen Zielsetzungen garantieren zu können, bedarf es in der Unternehmung an mehr Transparenz im Bereich der Umweltleistung (Horváth et al., 2012, S. 42). Fehlt es jedoch an Transparenz, resultieren Unsicherheiten und Fehler im Umgang mit ökologischen Aspekten. Dies, weil wichtige Entscheidungsträger über unzureichende Informationen im Bereich der ökologischen Relevanz von betrieblichen Aktivitäten verfügen und mangels diesen Informationen keine entscheidungsreife Beurteilungen der ökologischen Wirkungen vornehmen können. Aus diesen Gründen lassen sich im Rahmen des Umweltcontrollings folgende vier Informationsaufgaben charakterisieren (Bundesumweltministerium & Umweltbundesamt, 2001, S. 22-23; Tschandl, 2012, S. 26):

  • Die Erfassung von Informationen über die unternehmensinternen Stoff- und Energieströme.
  • Die Bereitstellung von Daten über die Stoff- und Energieströme innerhalb des Produktlebenszyklus.
  • Die Beschaffung von Informationen zur ökologischen Beurteilung der Stoff- und Energieströme.
  • Die Bereitstellung von Daten und Fakten zur Analyse der ökonomisch-ökologischen Restriktionen.

Planungsfunktion

Im Bereich der Planung übernimmt das Umweltcontrolling die Aufgabe, ausgehend vom aus der Analyse ermittelten Ist-Zustand, die nötigen Handlungsbedarfe und Verbesserungspotenziale abzuleiten. Folgende Aufgaben können charakterisiert werden (Bundesumweltministerium & Umweltbundesamt, 2001, S. 27; Tschandl, 2012, S. 26):

  • Die derzeitigen und zukünftigen gesellschaftlichen Ansprüche aufzeigen.
  • Aufgrund dieser Umfeld-Informationen den Soll-Zustand bestimmten.
  • Die ökologische Situation des Unternehmens gemäss den bekannten Wirkungen abschätzen (Ist-Analyse) und mit dem Soll-Zustand vergleichen.
  • Die sich hieraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten und -spielräume (Käuferverhalten, Marktveränderungen, Gesetze, Auflagen) erfassen.
  • Die ökologisch relevanten Vorhaben in einem Zielkatalog zusammenfassen sowie die Ziele nach Umfang und Zeitaufwand definieren.

Steuerungsfunktion

Mit der Steuerungsfunktion soll das Umweltcontrolling dafür sorgen, dass ökologische Fragen in alltäglichen Entscheidungen und Abläufe einfliessen. Des Weiteren soll der Handelnde durch systematische und funktionsorientierte Kontrollinformationen unterstützt und gefördert werden. Hierfür werden Instrumente des Umweltcontrollings verwendet. (Bundesumweltministerium & Umweltbundesamt, 2001, S. 28; Tschandl, 2012, S. 26).

Kontrollfunktion

Um den Erfolg der geplanten Verbesserungsmassnahmen messen zu können, benötigt ein Unternehmen ein Kontrollsystem. So kontrolliert das Umweltcontrolling das Umweltprogramm des Unternehmens auf seine Umsetzung hin und identifiziert Möglichkeiten für Verbesserungen. Um vorausschauend agieren zu können, benötigt ein Unternehmen umfassende Ist-Darstellungen, welche aus den spezifischen Umweltcontrolling-Instrumenten gewonnen werden (Bundesumweltministerium & Umweltbundesamt, 2001, S. 28-29; Tschandl, 2012, S. 26).

Instrumente

Instrumente des Umweltcontrollings sind sehr vielfältig und je nach Branche oder Unternehmen verschieden. Nachfolgend werden die relevantesten Instrumente erläutert.

Instrument Beschreibung primäre Funktion
Ökobilanzierung Bei diesem Instrument werden die Inputs und Outputs eines Objekts dargestellt und über einen definierten Zeitraum gemessen. Als Input wird der Materialeinsatz und als Output die Produkte sowie energetische und stoffliche Emissionen gemessen. Die Phasen, die nach ISO 14040 durchlaufen werden müssen, sind Definition von Ziel und Umfang, Sachbilanzerstellung, Wirkungsbilanzerstellung und Auswertung und Interpretation der Ergebnisse. Der Begriff Bilanz ist dabei aber eher problematisch. Es zeigt keine Aufstellung von Soll- und Ist-Vergleichen auf, sondern ist eher als Flussrechnung anzusehen (Seuring, Pick & Fassbender-Wynands, 2009, S. 115-118). Information
Ressourcenkostenrechnung Ziel der Ressourcenkostenrechnung ist eine ressourcenorientierte Erweiterung der Kostenrechnung. Primär werden die Umwelt- und Ressourcenkosten in den Betriebsabrechnungsbogen (BAB) integriert. Somit werden prozess- und umweltbezogene Grössen in die Grundrechnung miteinbezogen. Durch die Kombination von Mengen- und Wertinformationen können neue betriebswirtschaftliche und technische Aspekte erkannt werden (Günther, 2008, S. 276-281; Stürznickel, Letmathe & Kunsleben, 2012, S. 164). Die Verrechnung beruht auf den Unternehmensprozessen und deren Kostenstellen. Dafür braucht es eindeutige Arbeitsprozesse mit klar definierten Arbeitsschritten und Teilprozessen. Input (Vorprodukte, Energie) sowie Output (Halbfertigfabrikate, Kuppelprodukte) werden dann gemäss dem Verursacherprinzip an die jeweiligen Prozesse verteilt. So wird ersichtlich welche Kostenstelle welchen Ausschuss produziert und wo Einsparungspotential besteht (Stürznickel et al., 2012, S. 165). Möglicherweise könnte man Kostenarten für spezifische Emissionen schaffen. Information und Planung
Flusskostenrechnung Mithilfe der Flusskostenrechnung soll die Kostentransparenz von Materialflüssen gesteigert werden. Dies indem alle innerbetrieblichen Materialflüsse (vom Lieferanten bis zum Entsorger) bezüglich der Flussstruktur transparent gemacht werden. Des Weiteren sollen betroffene Entscheidungsträger im Unternehmen Informationen über die Flussmengen und Flusskosten erhalten damit wirtschaftliche Massnahmen zur Reduzierung der Materialflüsse eingeleitet werden können (Strobel & Müller, 2012, S. 146-147). Information, Planung und Steuerung
Umweltorientierte Kennzahlen Für eine optimale Unterstützung des betrieblichen Umweltmanagements durch das Umweltcontrolling sollten Umweltaspekte eines Unternehmens regelmässig durch geeignete Kennzahlen analysiert werden. Hierfür sollten ökologische Aspekte in das Kennzahlensystem des Unternehmens eingeführt werden (Czenskowsky & Kettenring, 2016, S. 27-28). Diese Kennzahlen sollen die ökologische Effizienz und Effektivität der betrieblichen Prozesse wiedergeben (Prammer, 2010, S. 15). Die Auswahl der Kennzahlen soll daher auf jede Unternehmung angepasst sein und sich auf entscheidungsorientierte Daten fokussieren (Loew & Kottmann, 1996, S. 10). Kontrolle und Steuerung

Integration

Bei der Integration des Umweltcontrollings soll in erster Linie darauf Wert gelegt werden, dass das Umweltcontrolling zu keinem isolierten Subsystem wird. Das Umweltcontrolling soll mit den erfolgskritischen Entscheidungsprozesse des Unternehmens verbunden sein (Tschandl, 2012, S. 20-21). Folglich besteht die Möglichkeit, das Umweltcontrolling an das zentrale Controlling anzubinden oder als eine Linienstelle mit Querschnittsfunktion einzurichten. Nichtsdestotrotz ist eine enge organisatorische und instrumentelle Verzahnung mit den für die Gesamtsteuerung verantwortlichen Einheiten sicherzustellen, damit eine Isolation des Umweltcontrollings verhindert werden kann (Schäffer & Jais, 2005, S. 385).

Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

Autoren

Florian Aregger, Maxime Boson, Michael Bünter, Matthias Furrer