Toneinsatz, Ansprache und Artikulation, Übungen

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Toneinsatz mit Zungenartikulation

Der Bewegungsablauf beim Toneinsatz mit Zungenartikulation bildet die Grundlage für das Artikulierten mehrerer Noten und für den Wechsel von Legato und Artikulierte Noten.

Frédéric Berr, Paris 1836

Frédéric Berr beschreibt in seiner Méthode[1] die Zungenartikulation, die er für jeden Toneinsatz empfiehlt, wie folgt:

„Pour exprimer le bruit produit par le coup de langue, on a dit à tort, que celui qui l'exécute fait entendre les syllabes TU TU. On pourrait peindre l'action de la langue en disant qu'elle semble rejeter de la bouche un petit bout de file lorsqu'elle dirige l'air dans l'instrument.“

„Das Geräusch [die Silbe], welches der Zungenschlag [die Zungenbewegung bei der Artikulation eines Tones] ausführt, hat man fälschlicherweise mit der Silbe TÜ TÜ beschrieben. Man könnte die Zungenbewegung wie folgt umschreiben: die Zunge bewegt sich so, wie wenn sie ein kleines Stück Faden aus dem Mund entfernen [spicken] wollte, und zwar in dem Moment, wo sie die Luft ins Instrument leitet.“

Frédéric Berr: Méthode complète S. 3[1]

Kommentar und Übung ohne Instrument

Die Beschreibung von Frédéric Berr nimmt Bezug auf die Méthode von Jean-Xavier Lefèvre, wo jeder Toneinsatz mit der Silbe TÜ artikuliert werden soll. Um einen klaren Toneinsatz produzieren zu können, war dies bei Lefèvres Ansatzform notwendig; die Zunge kam kaum mit dem Blatt in Berührung, sondern konnte lediglich den Zwischenraum zwischen Blatt und Mundstück verschliessen und wieder öffnen.

Berr's bildliche Darstellung ist bestens geeignet, sich den Bewegungsablauf beim Toneinsatz ohne Instrument zu vergegenwärtigen. Vier vorbereitende Schritte sind zu befolgen, um an fünfter Stelle die Aktion – wahrgenommen als Toneinsatz - abzuschliessen:

1. Sensibilisierung der Zunge

Durch die Aufmerksamkeit auf ein kleines Stück Faden - ein sehr dünner Gegenstand, den es mit viel "Fingerspitzengefühl" mit der Zunge abzutasten und zu lokalisieren gilt - lenkt Berr in der Wahrnehmung auf die Zungenspitze. Ist der kleine Fremdkörper auf der Zunge lokalisiert, wird er mit der Zungenspitze, vorbereitend für die kleine Expulsion, an den Innenrand der Oberlippe gebracht. Dieser Vorgang beeinflusst Zungenform und -Position.

2. Sensibilisierung der Oberlippe

Eine Stelle an der Oberlippe eignet sich viel besser für die Expulsion wie eine Stelle an der Unterlippe, was durch Probieren sofort klar wird. Dadurch entsteht eine Verbindung zur Tradition des Doppellippenansatzes, der zur Zeit Berr's üblich war: Die Oberlippe wird heruntergezogen und bedeckt zumindest die Frontseite der vorderen Zähne. Zungenspitze und Oberlippe nähern sich gegenseitig an. Diese Aktivierung der Oberlippe wird gewinnbringend auch beim einfachen Ansatz eingesetzt.

3. Einheit von Zunge und Ansatz

Damit das "Herausspicken" des kleinen Stückes Faden gelingt, müssen die Lippen eine kleine Öffnung des Mundes formen. Die Zungenspitze bringt den kleinen Gegenstand genau vor die Mundöffnung.

4. Einheit von Zungenbewegung und Luftführung

Ist das kleine Stück Faden am richtigen Ort vor der Mundöffnung platziert, wird es durch zwei genau zu koordinierende Bewegungen aus dem Mund gespickt: die Zunge zieht sich ein wenig zurück, genau im selben Moment muss der Luftstrom einsetzten, um den Faden weg von der Zunge, hinaus zu tragen. Die Kraft des Luftstromes kann dabei von sehr unterschiedlich dosiert werden.

5. Aktion

Um die Aktion erfolgreich zu beenden - der kleine Faden soll sicher aus dem Mund entfernt werden - ist der Luftdruck vor dem Zurückziehen der Zunge herzustellen. Dies gelingt dadurch, dass die Zunge die Mundöffnung noch verschliesst, während die Luftführung bereits eingesetzt hat. Das Zurückziehen der Zunge ermöglicht das Austreten der Luft, welche den kleinen Faden aus dem Mund schleudern wird.

Übung mit Instrument

Aus dem Querschnitt der didaktischen Konzepte ergeben sich folgende Regeln:

  1. Die Zungenbewegung erfolgt ohne dass sie Ansatzpostition (Stellung des Unterkiefers) und Vokalformung verändern würde.
  2. Wichtig ist das Bewusstsein, dass die Zunge vor dem Toneinsatz das Blatt mit sensiblem Durck berührt.
  3. Die Ansprache erfolgt durch Zurückziehen der Zunge nach dem Aktiveren des Luftsromes durch vom Blatt (Luft vor Zunge). Die Zunge schlägt demnach nicht ans Blatt, wie es der Begriff „Zungeschlag“ nahelegen könnte. (Siehe auch Daniel Bonade [2]).
  4. Während die Zungenspitze den Blattrand berührt und verhindert, dass das Blatt schwingen kann setzt die Luftführung ein. Die Technik der Atemstütze verhindert, dass die Ausatmung nicht mit voller Kraft auf Blatt und Mundstück einwirkt. Die Balance von Luftführung, Zungendruck gegen das Blatt und Ansatzformung kann nun so ausbalanciert werden, dass die Luft bereits vor dem Erklingen des Tones durch das Instrumnet strömt. Erst das Wegziehen der Zunge gibt die Schwingung des Blattes frei.
  1. 1,0 1,1  Frédéric Berr: Méthode complète de clarinette adoptée au conservatoire de Musique de Paris. Messonier, Paris 1863.
  2. Daniel Bonade: Calrinettists Compendium, including method of staccato and art of adjusting reeds, S.2. Leblanc Publications, 1962. [1]