Frédéric Berr

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Frédéric Berr[1][1], 1794 in Mannheim geboren, erhielt im Alter von sechs Jahren seinen ersten Unterricht auf der Violine von seinem Vater Jacob Berr. Später lernte er auch Flöte und Fagott, das über längere Zeit Berrs bevorzugtes Instrument bleiben sollte. Schon mit 16 Jahren wurde er von seinem Vater in die Dienste des 39. französischen Infanterieregimentes in Landau geschickt. Bald sah er sich dort in leitender Funktion, so musste er sich auch dem Studium der Klarinette widmen, denn von der Klarinette aus wurden die Militärkapellen dirigiert. Nach vielen Dienstjahren in der Militärmusik Napoleons gelang es ihm, in Paris Fuss zu fassen, wo er 1831 bis 1838 als Nachfolger von Jean-Xavier Lefèvre im Conservatoire de Paris unterrichte. 1836 veröffentlichte er zwei grosse pädagogische Werke für Klarinette: die "Méthode" [2] und das sehr umfrangreiche "Traité"[2]. Mit seinen Erfahrungen als Violinist, die er auf die Klarinette zu übertragen wusste, gelangte er durch sein vielgerühmtes Spiel als Soloklarinettist im Théatre Italien zu hohem Ansehen. Als Komponist bildete er sich vorerst autodidaktisch aus, später erhielt er Unterricht von François-Joseph Fétis und Anton Reicha. Sein kompositorisches Schaffen umfasst ca. 500 Werke, vorwiegend Musik für grössere Harmoniebesetzungen und Kammermusik mit Bläsern.

Frédéric Berr führte das „Untersichblasen“ als neue Ansatz-Methode am Pariser Konservatorium ein. Seine „Méthode“ enthält neben differnziert erläuterten Themen der Klarintettendidaktik i den zahlreiche Duetten wertvolles stilistisches Übungsmaterial.

Musikalisch-ästhetische Grundsätze

Während sich Jean-Xavier Lefèvre, Berrs Vorgänger am Conservatoire de Paris, bei seinen musikalisch-ästhetischen Grundsätzen mit Begeisterung und viel Idealismus an der griechischen Antike orientierte, schien sich die Realität - was die Klangästhetik betrifft - nicht immer nach seinen Wunschvorstellungen zu entwickeln. Anlässlich eines Konzertes am Conservtoire de Musique de Paris kritisiert Mendelssohn Lefèvres Schüler I. F. Dacosta. Er schreibt 1832 in einem Brief an Zelter:

„[...]die erste Clarinette, die schreit und einen steifen, nicht angenehmen Vortrag und Ton hat[[...]“

Felix Mendelssohn: Brief an Zelter, 15. Februar 1832[3]


Frédéric Berr dürfte das französische Klarinettenspiel ähnlich kritisch beurteilt haben. Er stand den verschiedenen nationalen Entwicklungen und Traditionen wohl offener wie manch in Paris ausgebildeter Klarinettist gegenüber. Auf der ersten Seite seiner "Méthode" beschreibt er die Vorzüge von Heinrich Baermanns Klarinettenspiel, das in Paris 1818 mit Begeisterung aufgenommen wurde. Berr führte die erstaunlichen klanglichen und dynamischen Möglichkeiten, welche damals viele deutsche Klarinettisten auszeichnete, auf seine Ansatztechnik zurück. Er stellte die Verbindung zu Baermanns Lehrer, Joseph Beer her. Im Gegensatz zu dem im Conservatoire de Paris vorgeschriebenem "Übersichblasen" pflegte dessen Schule mit grossem Erfolg das "Untersichblasen" die nun Frédéric Berr auch in Paris einführte. Er warnte aber gleichzeitig davor, wenn nun mit dem Blatt nach unten gespielt würde, nicht auf das Mundstück zu beissen und zu leichte Blätter zu spielen, wie es viele deutsche Klarinettisten tun würden (Méthode S.3)

Iwan Müllers Erfindungen, die zu einer "Clarinette omnitonique" führten, haten die tonartliche Beweglichkeit zum Ziel. Zusätzliche Klappen ersetzten die komplizierten Gabelgriffe durch einfachere Fingersätze, viele Figuren liessen sich nun einfacher spielen. Die neuen Griffe waren auch klanglich kräftiger und stabiler wie die Gabelgriffe, insbesondere f’ und fis’, unvergleichlich besser wurde die Intonation von h. Diese Neuerungen kamen Frédéric Berrs Vorstellungen einer klanglich ausgeglichenen Skala - so wie er es von der Violine her kannte – entgegen.

Didaktischer Kanon

Vorbild Gesang

Folgendes Zitat weist daruf hin, dass sich Berr und Lefèvre in den Idealvorstellungen eines guten Klarinettnunterrichtes sehr nahe standen. (vgl. Jean-Xavier Lefèvre, didaktischer Kanon)

„Le plus beau timbre est celui qui réunit la douceur à l’éclat[...]On se formera l’oreille par l’habitude d’entendre avec étude les belles voix ou les instruments, qui sont parvenus à les imiter, car la voix humaine est le plus beau de tous les instruments. »“

„Am schönsten ist dasjenige Timbre, das Sanftheit mit Leuchten vereint...Man wird sich das Gehör dadurch schulen, [mit analytischen Geist] schönen Stimmen, oder Instrumenten, welche die Stimmen gut imitieren zu können, zuzuhören. Denn die menschliche Stimme ist das schönste aller Isntrumente.“

Frédéric Berr: Traité[4] </ref>

Luftfühurng und Klangqualität

Frédéric Berr ist der erste Klarinettenpädagoge, der in seiner "Méthode" die Thematik der Luftfühung näher beleuchtet.

„Après avoir aspiré d’air il ne faut pas le dépenser inutilement, on doit au contraire le conserver à sa disposition et rester toujours maître de sa direction et du degré de force que le son exige...Au lieu de conduire l'aire en collone droite comme on le ferait avec un piston, la pluspart des artistes qui joueat des instruments à vent, dépensent tout de suite, en l'expirant en gerbe, et ils ne peuvent former des sons Egeaux et de longue durée; des sons droits.“

„Nachdem man eingeatmet hat, darf man die Luft nicht unnütz verschwenden, man muss sie im Gegenteil in sich zurückbehalten und immer die Kontrolle über ihre Richtung und über das Mass der Luftführung, das der Ton fordert, haben...Anstatt die Luft in einer aufrechten Luftsäule, wie in einem Druckkolben zu zu führen, verschwenden die meisten Künstler, die ein Blasinstrument spielen, die Luft zu schnell und in zu grosser Menge. Auf diese Weise können sie keinen lange ausgehltenen und stabil geführten Ton formen.“

Frédéric Berr: Méthode S. 4[5]

Frühere, aber auch spätere Unterrichtswerke legen das Hauptgewicht der Tonbildung in die Ansatzformung (siehe Carl Baermann, Clarinettschule: "Der Ansatz ist für die Tonbildung das wichtigste, ja er ist eigentlich die Tonbildung selbst").

Neben der absoluten Kontrolle über die Menge der verwendeten Luft erwähnt Berr den Hinweis der Richtung, in der die luft geführt werden muss. Er stellt dadurch eine enge Verbidung zwischen Fingerbewegungen und Luftführung her:

„...Mais on an remarqué que l'air lancé dan sl'instrument en suivant la ligne perpendiculaire inferieure ne procurait point une qualité de sonaussi bonne que lorsqu'il suivait la ligne superieure, c'est-à-dire lorsque la colonne d'aire passe sous les doits.“

Frédéric Berr: Méthode S. 4[6]

Einzelnachweise

  1. François-Joseph Fétis: Biographie universelle des musiciens et bibliographie générale de la musique ; Tome 2ème Bruxelles 1835
  2. 2,0 2,1 Frédéric Berr: Méthode complète de Clarinette adoptée au Conservatoire de Musique de Paris. Paris 1836. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Berr“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  3. Felix Mendelssohn, Brief an Zelter, 15. Februar 1832, in: David Charlton, Classical Clarinet Technique: Documentary Approaches. Early Music, Vol. 16, No. 3, Aug., 1988
  4. Frédéric Berr: Traité complet de la clarinette A quatorze clés, Manuel indispensable aux personnes qui professent cet instrumente e celles qui l’étudient, S. 27 Duverger, Paris 1836
  5. Frédéric Berr: Méthode complète de Clarinette adoptée au Conservatoire de Musique de Paris. Paris 1836.
  6. Frédéric Berr: Méthode complète de Clarinette adoptée au Conservatoire de Musique de Paris. Paris 1836.