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Das Interview mit [[Ernesto Molinari]], geführt und transkribiert von Heinrich Mätzener, fand am 28. Novemeber 2014 an der HKB in Bern statt.  
Das Interview mit [[Ernesto Molinari]], geführt und transkribiert von Heinrich Mätzener, fand am 28. Novemeber 2014 an der HKB in Bern statt.  

Version vom 26. Januar 2015, 00:12 Uhr

Interview mit Ernesto Molinari

Das Interview mit Ernesto Molinari, geführt und transkribiert von Heinrich Mätzener, fand am 28. Novemeber 2014 an der HKB in Bern statt.

Didaktischer Kanon

Heinrich Mätzener (HM): Empfiehlst Du deinen Studierenden für den Aufbau ihrer Grundtechnik ein bestimmtes Einspielprogramm, das die verschiedenen Parameter der Klarinettentechnik schult und trainiert?

Ernesto Molinari (EM): Die Arbeit mit meinen Studierenden erfolgt sehr individuell, nicht nach vorgegebenem, starrem Programm. Ich arbeite ihrem technischen Stand entsprechend immer an Stücken, die sie ohne Blockaden bewältigen, und in denen sie hohes emotionales Engagement in ihr Spiel einbringen können. Ich habe beobachtet, dass traditionelle Tonübungen zu Verkrampfungen führen können und einen Studierenden unter Umständen gar nicht weiterbringen. Die passende Literaturauswahl soll jeweils Ausgangspunkt zu vertiefter musikalischer und instrumentaltechnischer Arbeit sein.

Bei dieser Arbeit versuche ich, in einem ersten Schritt ohne analytisches Vorgehen eine körpergerechte Instrumentaltechnik zu vermitteln. Es bieten sich viele Möglichkeiten an, ohne komplizierte Beschreibungen von Bewegungsabläufen und Muskelspannungen den Studierenden die optimalen Musizierbewegungen aufzuzeigen. Nun ja, z.B. den Hinweis, ohne Druck im Kehlkopf zu spielen, gebe ich schon auch im Unterricht. Das ist einfach nachvollziehbar. Ich versuche aber immer, den Studenten durch einen möglichst praktischen und musikalisch-instrumental einfach umsetzbaren Einstieg zu einer technischen Fertigkeit zu führen, um dann darauf das „schwieriger zu Realisierende“ aufzubauen. Es ist essentiell, dass sich der Studierende z.B. bei der Tonbildung immer ganz genau beobachtet und diese Beobachtungen mit dem Gehörten verbinden kann. Alle Konstellationen, sei es im Ansatz-, im Atmungs- oder Rachenbereich sind bei jedem geglückten Resultat genau zu registrieren, um diese im nötigen Moment wieder reproduzieren zu können.

HM: Kommen wir zum Thema geeigneter Literatur: könnte ein solches Stück die Klarinettensonate von Camille Saint-Saëns sein?

EM: Ja, der erste Satz.

Vermittlung grundtechnischer Parameter:

Ansprache im oberen Klarin-Register, in piano Dynamik

HM: Dieser Satz bietet einige Herausforderungen im Bereich der Tonbildung: nehmen wir an, beim letzten Einsatz hat der Student Probleme bei der Ansprache des c’’’, das obere Klarinregister spricht im piano nicht zuverlässig an. Welchen Tip oder welche Übung zur Beherrschung dieser Schwierigkeit kannst du ihm geben?

EM: Da gib es sehr viele Ansatzpunkte. Als erstes versuche ich, die zu bewältigende Herausforderung zu vereinfachen. Der Student muss zu einem Ausgangspunkt geführt werden, der es ihm erlaubt, auf gut beherrschter Basis seine Spieltechnik für schwierigere Aufgaben aufbauen zu können.

Genegenüberstellen von forte und piano

Oft ist schon nur das Lesen der Spielanweisung piano Anlass dazu, sich zu verspannen. Die Luftführung unterscheidet sich eigentlich kaum zwischen f und p. Wenn wir p sehen, meinen wir, zu viel mit dem Ansatz arbeiten zu müssen und vergessen, dass wir ja ein Blasinstrument spielen: hier lässt sich Klang nur mit Luft produzieren! Deshalb lasse ich Töne zuerst in einem runden, frei schwingenden und nicht forcierten forte spielen. Es ist auch angebracht, in tieferen, einfacheren Lagen zu beginnen und sich an die höheren Töne heranzutasten. Der Student hat die Aufgabe, die Resonanzen und die Art der Luftführung genau zu beobachten. Entspricht der hervorgebrachte Ton der musikalischen Vorstellung, muss man sich das Zusammenwirken von Luftführung, Ansatz- und Vokalformung als Musizierbewegung genau einprägen und mit dem klanglichen Resultat verbinden. Erst wenn im forte befriedigende Resultate erreicht werden, ist ein Einsatz im piano möglich.

fp - Übung ohne Zungeneinsatz

Da sich beim Anblasen eines Tones mit Zungenartikulation oft gleich zu Beginn ein Schliessen im Ansatzbereich einstellt, lasse ich Töne, die schwierig in der Ansprache sind, als fp und ohne Zungenartikulation anblasen. Der Student hat darauf zu achten, dass forte und piano dieselbe gute Klangqualität haben, und dass das Piano in derselben Konstellation im Ansatzbereich und grundsätzlich mit derselben Luftführung wie das Forte gehalten wird. Erst wenn die Ansprache im fp ohne Zungenartikulation beherrscht wird, ist auch an einen Einsatz im piano zu versuchen. Es empfiehlt sich, in der tiefen Lage zu beginnen, um sich dann progressiv durch alle Registerlagen zu arbeiten.

Spiel auf historischen Klarinetten

Eine gute Methode, von zu viel Ansatzdruck wegzukommen, ist das Spiel auf historischen Klarinetten. Hier funktioniert nichts mit zu viel Ansatzdruck: diese Instrumente müssen mit leichten Blättern gespielt werden und verlangen eine bewusste Resonanzformung. Das Spiel auf historischen Instrumenten fördert die Entwicklung der Klangvorstellung und sensibilisiert gleichzeitig die Empfindung des Kraftaufwandes im Ansatzbereich. Formanten Ein einfach nachvollziehbarer Hinweis auf eine wichtige physiologische Grundlage der Klangerzeugung ist die Arbeit und das Experimentieren mit Formanten. Die Verständigung darüber ist einfach und ersetzt ein kompliziertes Beschreiben der Konstellationen im Mundinnenraum. Das Formen der Vokale kennt jeder, ist also einfach umzusetzen und hat direkten Einfluss auf die Klangfarbe. Je nach Zungenform und –Position von A, E, I, O, U, Ä, Ö, oder Ü verändert sich die Klangfarbe. Je nach Registerlage führt der eine oder andere Vokal zu einem besseren Ergebnis. Viele Klarinettisten formen „o“ oder „u“, als ob sie die Hände wärmen möchten. Um das c’’’ zuverlässig anzuspielen, kann der Zungenrücken etwas angehoben werden [wie beim Vokal „i“], so dass er fast die oberen Stockzähne berührt. Formanten kann man von aussen nicht sehen, sie sind jedoch für die Tonbildung essentiell.

Luft vor Zunge

Ein wichtiger Grundsatz bei allen Aufgaben im Zusammenhang mit Ansprache heisst: LvZ, Luft vor Zunge! Dies soll sowohl im zeitlichen Ablauf beim Realisieren eines Toneinsatzes, wie auch in der Kräfteverteilung auf die Bereiche Luft und Zunge oberste Maxime sein: die Luftführung ist schon vor dem Wegziehen der Zunge vom Blatt aktiv; die Zungenbewegung muss mit grosser Sensibilität und Raffinesse ausgeführt, die Luftführung darf herzhaft und grosszügig sein.

HM: Wendest du die „high tongue“ Technik an?

EM: Das kenne ich nicht – die Veränderung der Zungenform stellt sich bei mir eher unbewusst ein. Ich forme mit der Zunge so etwas wie eine Wellenbewegung: Die Spitze ist etwas höher, die Mitte der Zunge liegt tiefer, und der hintere Teil der Zunge kann sich je nach Situation wieder etwas mehr anheben. Durch das Anhaben der hinteren Zunge verändern sich die Druckverhältnisse in der Mundhöhle, was je nach Tonhöhe notwendig ist.

Flageoletts

Sehr gut sind auch Übungen mit Flageolettönen. Ich lasse ein h’ greifen. Auf diesem Griff lassen sich h’, g’’ und c’’’ [etwas höher, + ca. 30 Cent] dann e’’’, als ein C-Quartsextakkord, mit entsprechender Ansatz- und Resonanzformung spielen. Wird vom normal gegriffenen c’’’ in den Flageolett mit Griff auf h’ gewechselt, lässt sich sehr gut erleben, was sich in der Mundhöhle, in der Atemstütze und in der Luftführung abspielt, wenn das c’’’ erklingt. Dies erübrigt komplizierte sprachliche Beschreibungen, wie die korrekte Ansatzformung dann auch beim normal gegriffenen c’’’ zu bewerkstelligen ist. Merkt sich der Student die Konstellation im Ansatz und Rachenbereich - h greifen und c’’ spielen – kann er den Ton auch auf dem regulären Griff hervorbringen, denn hier spricht er ja besser an! Dies erspart das umständliche Beschreiben von „anblasen mit schnellerer Luft durch entsprechend geformten Mundinnenraum“. Wenn die Flageolets angespielt werden können, wir dies alles direkt erlebt. Dieses Erlebnis ist wichtig, das Produzieren von „schneller Luft“ ist dann keine Unbekannte mehr.

Staccato

HM: Wie vermittelst du eine gute Staccatotechnik?

EM: Das Staccatospiel habe ich in Wien gelernt. Man geht vom Klang aus, nicht von der Zungenbewegung. Eine häufige Anweisung, die ich den Studenten gebe, lautet: „Stell dir vor, wie ein Horn zu klingen! [imitiert einen Hornisten, wie er eine Rehe von Achtelnoten artikuliert]“ Das Staccato soll breit klingen, die Töne müssen zuerst dicht beieinander liegen, man nennt dies portato. Bevor die Artikulation im portato nicht gut klingt, ist es verboten, kurz zu spielen. Die Stütze und die Luftführung müssen selbstverständlich etabliert sein, erst wenn diese Basis ausgebaut ist, dürfen auch kürzere Töne gespielt werden.

Stütze und Luftführung

HM: Hier möchte ich gerne einhaken: du erwähnst Stütze und Luftführung als Voraussetzung für ein gutes, klangvolles Artikulieren. Wie vermittelst du die richtige Stütztechnik? Könnte man Stütze als ausbalanciertes Zusammenspiel von Ein- und Ausatmungskräften beschreiben? (siehe Fritz Winckel ). Mit welchen Übungen führst du die Studierenden zu einer guten Stütztechnik? Stütze

EM: Von Stütze und Ansatz versuche ich so wenig wie zu sprechen. Niemand kann ja wirklich so genau sagen, was Stütze ist. Ich finde das italienische Wort am schönsten: „appogiare“, es bedeutet „sich anlehnen“. Ich empfinde das als Wohlgefühl. Im Gegensatz dazu sind beim Wort "stützen“ [artikuliert den Ausdruck sehr spitz] Verkrampfungen schon fast eingeplant. Ich habe das Gefühl, dass das Stützen das Resultat vom Anblasen des Instrumentes ist. In der zeitlichen Abfolge muss das so sein; also nicht zuerst Stützen und dann den Ton anblasen. Durch ein freies Anblasen ergibt sich die Stütze ganz automatisch. Man soll sich etwas suchen, dass sich beim Spielen körperlich ein gutes Gefühl einstellt. Voraussetzung dazu ist, dass das Material in Ordnung ist. Der Lehrer muss sich die Mühe nehmen, Mundstück und Blätter der Schüler auszuprobieren. Wenn das Material und der Widerstand im Instrument stimmt, ergibt sich die Stütze durch das Anblasen des Instrumentes. Du musst die Stütze nicht „machen“, die Klarinette gibt genügend Widerstand, an den man sich „anlehnen“ kann.

Übung für die Atemstütze ''Strohhalm''

Nimm einen Strohhalm und imitiere darauf das Spielen eines langen Tones. Es darf nicht zu viel Luft gegeben werden, sonst geht das Röhrchen kaputt. Um das richtige Mass und die Konstanz der Luftführung zu finden, kann ein Blatt Papier mit dem Luftsrtom durch das Röhrchen an der Wand gehalten werden.

HM: Wir haben nun verschiedene Bereiche angesprochen: Ansatzdruck, Blatt und Mundstück, Luftführung, Stütze. Ich habe den Eindruck, dass sich einzelne Aspekte der Spieltechnik immer im Zusammenhang mit anderen Faktoren betrachtet werden müssen. So ist z.B der optimale Ansatzdruck immer abhängig von einer guten Stütztechnik und von einer passenden Blatt- und Mundstückkombination.

Übung für die Atemstütze: ''Registerklappe''

Der Student spielt mit geschlossenen Augen einen Ton im Chalumeau an, ich drücke dann auf seinem Instrument die Registerklappe. Der Ton im Klarin-Register erklingt als Überraschung und bewirkt unwillkürlich eine Veränderung im Komplex „Luftsäule im Instrument - Luftführung – Atemstütze“. Im Moment des Registerwechsels verursachen die Veränderungen in der schwingenden Luftsäule auch eine Veränderung in der Luftführung, die sich körperlich als „Stütze“ erleben lässt. Es geht nun darum, dieses Phänomen körperlich wahrzunehmen und im Gedächtnis abzuspeichern, um es dann auch willkürlich hervorzurufen zu können. Wenn ich die Registerklappe wieder loslasse - der Spieler ist nicht darauf vorbereitet - wird der untere Ton wieder ansprechen. Dieser Wechsel zum Tiefen Ton darf sich nur durch eine kleine Veränderung der Luftführung und ganz ohne Veränderung im Ansatzdruck einstellen. So wird durch die Aktivität der Luftführung der Stützvorgang ganz natürlich erlebt. [Stützen ist also ein dynamischer Prozess.]

HM: Wir haben nun verschiedene Bereiche angesprochen: Ansatzdruck, Blatt und Mundstück, Luftführung, Stütze. Ich habe den Eindruck, dass sich einzelne Aspekte der Spieltechnik immer im Zusammenhang mit anderen Faktoren betrachtete werden müssen. So ist z.B der optimale Ansatzdruck immer abhängig von einer guten Stütztechnik und von einer passenden Blatt- und Mundstückkombination.

Drei wichtige Faktoren: Mensch, Instrument, und Blatt/Mundstück

EM: Es ist wirklich sehr komplex. Ich halte drei Hauptbereiche, die das Spiel beeinflussen für sehr wichtig: der Mensch, das Instrument und die Blatt-Mundstückkombination. Was bist du für ein Mensch: hast du geringen Tonus, oder bist du sehr angespannt? Ist das Instrument in Ordnung, decken alle Polster, stimmt es gut? Mundstück und Blatt. Diese drei Sachen müssen in einer Balance sein: Ist der Mensch fit, das Instrument in Ordnung, jedoch kein gutes Blatt vorhanden, dann funktioniert es nicht. Die drei Sachen müssen zusammenpassen, sonst funktioniert es nicht. Wenn sie zusammenpassen, ergibt sich ganz natürlich eine gute Atemstütze.

Ansatzformung und Tonbildung

HM: Welche Tips gibst du hinsichtlich der Ansatzformung? Ringmuskulatur der Lippen aktivieren EM: Am liebsten ist es mir, wenn ich mit einem Studenten nicht über die Ansatzformung sprechen muss. Durch die sprachliche Beschreibung erscheint die Thematik der Ansatzformung kompliziert. Ein wichtiger Punkt ist die Frage, wie viel Anteil der Unterlippe die Zähne bedeckt. Zentral ist auch die Stabilisierung des Ansatzes: sie darf nicht von unten nach oben, vom Unterkiefer her erfolgen. Das Bewusstsein der Lernenden für die Wichtigkeit des seitlichen Haltes im Ansatz ist essentiell. Dazu empfehle ich folgende Übung: Übung ohne Instrument: Die Lippen können auch mit Daumen und Mittelfinger einer Hand gespreizt werden, als isometrisches Training versucht man dann, die Mundwinkel nach Innen zu zentrieren. Übungen mit Instrument: Als Ergänzung zu diesem Muskeltraining kann man auch ganze Passagen mit zwei Zahnstochern [oder Zündhölzern], die vor dem Ansetzen des Mundstückes in den beiden Mundwinkeln platziert werden, spielen. Dies trainiert die Muskeln, die das Mundstück seitlich halten. Wird zu wenig Halt gegeben, entweicht Luft aus beiden Mundwinkeln. Auch das Spielen mit Doppellippenansatz kann für die Ansatzformung und für die Luftführung sehr hilfreich sein. Ich empfehle, dann nur wenig Mundstück in den Mund zu nehmen, das ist vergleichbar mit dem Anblasen eines Strohhalmes. Auch Zahntöne spielen ist eine gute Schulung für die Sensibiltät im Ansatzbereich, besonders was den Einsatz der Kiefermuskulatur betrifft. Mit Beissen geht das nicht. Es ist gar nicht einfach, Zahntöne kontrolliert und in stabiler Tonhöhe zu spielen!

„Die Luftführung sitzt in der Oberlippe“

Es ist wichtig, die Oberlippe stark in die Klangproduktion einzubeziehen. Die Vorstellung, dass der die Luftführung bewusst die Oberlippe passiert, kann dabei helfen. Um die Oberlippe zu sensibilisieren, ist es hilfreich, diese mit dem Zeigefinger in Richtung Nase hinauf zu schieben. Lässt man diesen Druck wieder los, und massiert die Oberlippe in einer Abwärtsbewegung, hat man ein ganz anderes Bewusstsein für die Oberlippe.

Intonation

HM: Machst du Intonationsübungen mit den Studierenden?

EM: Ja, Intonationsübungen finde ich wichtiger wie Tonübungen!

HM: Empfiehlst du, die Töne in der richtigen Intonation voraus zu hören?

EM: Wir spielen oft Dreiklänge. Das Stimmgerät wird als Hilfsmittel beigezogen, jedoch nicht optisch, sondern akustisch: auf dem Stimmgerät lasse ich als Referenzton immer die Quinte klingen. Die Dreiklangstöne werden dazu gespielt, es ergeben sich im Zusammenklang Quinten, Terzen, Primen. Dabei ist eine reine, nicht die gleichschwebende Intonation anzustreben. Es ist wichtig, zu weite oder zu enge Intervalle als Phänomen zu erkennen zu können. Deshalb lasse ich ein allfällig falsch intoniertes Intervall auch bewusst länger klingen, um sich der Intonationstrübung auch wirklich bewusst werden zu können. Erst dann soll die Korrektur erfolgen. Ist schon vor dem Toneinsatz eine Unsicherheit und Angst vor falsch intonierten Intervallen vorhanden, führt dies zu Verspannungen. Dies ist eine schlechte Voraussetzung. Das freie Spielen erleichtert das Finden der richtigen Intonation. Als Übungen für die Intonation verwende ich auch gerne den 3. Band von Reiner Wehle’s Clarinet Fundamental, Schott, Mainz 2008.

Slaptongue

HM: Wie instruierst du die „Slap Tongue“?

EM: Ich stelle mit dem vorderen Teil der Zunge ein Vakuum am Blatt her. Das plötzliche Wegziehen der Zunge vom Blatt [mit oder ohne Luft-Anteil] ergibt den Effekt des Slaps. Das soll zuerst nur mit einem Blatt, ohne Mundstück und ohne Instrument geübt werden. Am besten ist der Einstieg mit einem Bassklarinettenblatt. Dazu sind Kunststoffblätter zu empfehlen, allzu schnell sind die teuren Natur-Blätter „kapputt geslapt“! Wichtigster Punkt, nachdem der Effekt an sich beherrscht wird: Halte eine Ton aus, und gehe vom ausgehaltenen Ton ohne Veränderung der Ansatzposition und ohne Unterbruch der Luftführung in den Slap. Dies sind die Voraussetzungen, um schwierige Stellen mit grossen Sprüngen schnellen Tempo meistern zu können. Luftführung, Kiefer- und Ansatzposition müssen auch bei den Slaps stabil bleiben!

Glissandi als Übung für die Stütze!

HM: Wie instruierst Glissandi?

EM: Glissandi entstehen durch Herunterziehen des Kiefers, dadurch wird der Ansatzdruck verkleinert, die Luft strömt freier durch das Instrument. Damit der Ton nun nicht abbricht sondern tiefer wird, ist eine gut funktionierende Stütze Voraussetzung.

Eine gute Übung für die Stütze ist folgender, im Klezmer beheimateter Effekt: ich lasse eine Tonleiter in Zigeunermoll abwärts spielen. Jede Note (Viertelnoten, ca. tempo 72)‚ endet mit einem kleinen Glissando abwärts und bricht danach ab. Dies lässt sich nur mit einer guten Stütztechnik realisieren. Jede Note muss gut gestützt angeblasen werden, es folgt das Glissando abwärts und danach das Entspannen der Stütze (das Entspannen der Stütze lässt den Ton abbrechen). Dieser Vorgang wiederholt sich auf jeder Note.

Fingertechnik

HM Bist du auch der Meinung, dass alle Gelenke der Finger leicht gebogen sein müssen, und dass die Bewegung der Finger aus dem Fingergrundgelenk gesteuert werden muss? EM Ja, die natürlichen Positionen der Fingergelenke lassen sich am besten beobachten, wenn die Arme entspannt neben dem Körper hängen: so sind alle Finger leicht gebogen, und so sollten sie auch die Klarinette berühren.

Man kann sich selber auch ganz locker z.B. mit der linken Hand um das rechte Handgelenk greifen. Ganz ohne Druck; so lässt sich auch eine runde Form der Hand beobachten.