Spielhaltung, allgemeine Körperhaltung: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Beiträge der Interviewpartner'''
== Geschichte ==  
* [[Interview mit Prof. Francois Benda, Universität der Künste Berlin, Musik-Akademie der Stadt Basel#Allgemeine Körperhaltung| Francois Benda]]
[[Amand Vanderhagen]], der Vefrasser der ersten umfangreicheren Klarinettenschule, unterstreicht die Bedeutung einer guten, aufrechten Spielhaltung für die Qualität des Klarinettenspiels und postuliert gleich in seinem „1° aticle“ der „Méthode nouvelle et raisonnée (1885) „une tenue droite“. Diese Lehrmeinung findet ihre Fortsetzung in den Werken von [[Jean-Xavier Lefèvre#Article II Haltearbeit, Position der Finger ("Manière de tenir la Clarinette")|Jean-Xavier Lefèvre]] (1802), [[Johann Georg Heinrich Backofen#Von der Haltung der Klarinette und der Stellung des Klarinettisten selbst|Heinrich Backofen]] (1803), [[Joseph Fröhlich#Allgemeine Körperhlatung|Joseph Fröhlich]] (1811) [[Frédéric Berr#Allgemeine Körperhaltung|Frédéric Berr]] (1836) und [[Carl Baermann]] (1861). Im 20. Jh. und in neuerer Zeit präsentieren viele Unterrichtswerken photographische Abbildungen, welche eine aufrechte Spielhaltung darstellen (Gustav Langenus 1915 <ref>Gustav Langenus: ''Complete method for the clarinet : in three parts.''Carl Fischer,  New York :  1915-1923</ref>, Eugène Gay 1932 <ref>Egène Gay: ''Méthode progressive et complète (théorique et pratique) pour l'étude de la clarinette du début à la virtuosité''.  G. Billaudot, Paris 1932</ref>, Ewald Koch <ref>Ewald Koch: ''Schule für Klarinette in B (deutsches und französisches System).'' Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1968</ref>, Rudolf Mauz 1996<ref>Rudolf Mauz: ''Die fröhliche Klarinette : Klarinettenschule für den frühen Anfang''. Schott, Mainz [u.a.] 1996</ref>, Reiner Wehle 2007<ref>Reiner Wehle: ''Clarinet fundamentals. Basisübungen für Klarinette. Schott, Mainz 2007</ref>.
* [[Alain Billard#La tenue générale|Alain Billard]]
* [[Interview mit Prof. Heinrich Mätzener, Hochschule Luzern - Musik#Allgemeine Körperhaltung und Luftführung|Heinrich Mätzener]]
* [[Pascal Moraguès#La posture|Pascal Moraguès]]
* [[John Moses# General posture - neck and shoulder|John Moses]]
* [[Interview mit BMus (musicology) Robert Pickup, Soloklarinettist Philhamronia Zürich#Allgemeine Körperhaltung|Robert Pickup]]
* [[Frédéric Rapin#La tenue générale|Frédéric Rapin]]
* [[Interview mit MgA. Milan Rericha, Conservatorio della Svizzera italiana, Lugano#Haltung|Milan Rericha]]
* [[Interview mit Prof. Dr. phil. Ernst Schlader, Staatliche Musikhochschule Trossingen#Allgemeine Körperhaltung|Ernst Schlader]]
* [[Michel Westphal#La base de la sonorité : une bonne posture|Michel Westphal]]
== Historische Quellen ==  
[[Amand Vanderhagen]], der Verfasser der ersten umfangreicheren Klarinettenschule, unterstreicht die Bedeutung einer guten, aufrechten Spielhaltung für die Qualität des Klarinettenspiels und postuliert gleich in seinem „1° aticle“ der „Méthode nouvelle et raisonnée (1885) „une tenue droite“. Diese Lehrmeinung findet ihre Fortsetzung in den Werken von [[Jean-Xavier Lefèvre#Article II Haltearbeit, Position der Finger ("Manière de tenir la Clarinette")|Jean-Xavier Lefèvre]] (1802), [[Johann Georg Heinrich Backofen#Von der Haltung der Klarinette und der Stellung des Klarinettisten selbst|Heinrich Backofen]] (1803), [[Joseph Fröhlich#Allgemeine Körperhlatung|Joseph Fröhlich]] (1811) [[Frédéric Berr#Allgemeine Körperhaltung|Frédéric Berr]] (1836) und [[Carl Baermann]] (1861). Im 20. Jh. und in neuerer Zeit präsentieren viele Unterrichtswerken photographische Abbildungen, welche eine aufrechte Spielhaltung darstellen (Gustav Langenus 1915 <ref>Gustav Langenus: ''Complete method for the clarinet : in three parts.''Carl Fischer,  New York :  1915-1923</ref>, Eugène Gay 1932 <ref>Egène Gay: ''Méthode progressive et complète (théorique et pratique) pour l'étude de la clarinette du début à la virtuosité''.  G. Billaudot, Paris 1932</ref>, Ewald Koch <ref>Ewald Koch: ''Schule für Klarinette in B (deutsches und französisches System).'' Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1968</ref>, Rudolf Mauz 1996<ref>Rudolf Mauz: ''Die fröhliche Klarinette : Klarinettenschule für den frühen Anfang''. Schott, Mainz [u.a.] 1996</ref>, Reiner Wehle 2007<ref>Reiner Wehle: ''Clarinet fundamentals. Basisübungen für Klarinette. Schott, Mainz 2007</ref>.
 
 
 
 


== Physiologie ==
== Physiologie ==
Aus physiologischer Sicht gewinnt die Spielhaltung ihre Bedeutung für die Klangqualität durch die Doppelfunktion bestimmter Anteile der Bauch- und Rückenmuskulatur, die sowohl bei der Aufrichtung des Skeletts wie auch als Hilfsmuskulatur bei der Ein- oder Ausatmung eingesetzt werden. Die Studie „Physiologische Grundlagen der des Klarinettenklanges“ (Heinrich Mätzener 2012)<ref>Heinrich Mätzener, Johanna Gutzwiller, Beate Sick, Hans-Christoph Maier, Laura Tomatis: ''Klarinettenklang, Versuch einer physiologischen Analyse, Forschungsbericht der Hochschule Luzern–Musik. Luzern 2012, S.33 [http://edoc.zhbluzern.ch/hslu/m/fb/2012_4_Maetzener.pdf]</ref> et al. vrifiziert die These, dass die besten klanglichen Resultate erreicht werden, wenn sich die Klangproduktion als „körperaufrichtende Aktion“ definiert.
Aus physiologischer Sicht gewinnt die Spielhaltung ihre Bedeutung für die Klangqualität durch die Doppelfunktion bestimmter Anteile der Bauch- und Rückenmuskulatur, die sowohl bei der Aufrichtung des Skeletts wie auch als Hilfsmuskulatur bei der Ein- oder Ausatmung eingesetzt werden. Die Studie „Physiologische Grundlagen der des Klarinettenklanges“ (Heinrich Mätzener et al. 2012)<ref>Heinrich Mätzener, Johanna Gutzwiller, Beate Sick, Hans-Christoph Maier, Laura Tomatis: ''Klarinettenklang, Versuch einer physiologischen Analyse, Forschungsbericht der Hochschule Luzern–Musik. Luzern 2012, S.33 [http://edoc.zhbluzern.ch/hslu/m/fb/2012_4_Maetzener.pdf]</ref> verifiziert die These, dass die besten klanglichen Resultate erreicht werden, wenn sich die Klangproduktion als „körperaufrichtende Aktion“ definiert.


== Wechselwirkungen von Körperhaltung und Tonbildung ==
=== Wechselwirkungen von Körperhaltung und Tonbildung ===
Siehe auch [[Atemtechnik]]  
Siehe auch [[Atemtechnik]] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Atemmuskulatur Atemmuskulatur].
Die Atem-Hilfsmuskulatur in Rücken und Bauch bewirken in ihrer Doppelfunktion als Haltungsmuskulatur gleichzeitig Haltungs- bzw. Atmungsaktivitäten.  
Exemplarisch können der breiteste Rückenmuskel, [http://de.wikipedia.org/wiki/Musculus_latissimus_dorsi Musculus Latissimus] und die gerade Bauchmuskulatur, [http://de.wikipedia.org/wiki/Musculus_rectus_abdominis Musculus Rectus Abdominis] genannt werden: Die Aktivierung des Latissimus spielt bei der verstärkten Ausatmung eine zentrale Rolle und ist uns allen vertraut: sie tritt bei starkem Husten in Kraft. Als Haltungsmuskulatur unterstützt der Latissimus die Aufrichtung des Rumpfes und zieht gleichzeitig die Schultern hinunter. Dadurch öffnet sich der Brustkorb und die Wirbelsäule ist aufgerichtet. Übernimmt der Latissimus und nicht der Rectus Abdominis die Hauptaufgabe der verstärkten Ausatmung, kann die Wirbelsäule während der Tonproduktion aufgerichtet bleiben. Dies erleichtert im Sinne einer dynamischen Luftführung ein flexibles Zusammenspiel der inspiratorischen und expiratorischen Muskeln. Siehe auch [http://de.wikipedia.org/wiki/Atemmuskulatur Atemmuskulatur] und [[Atemstütze#H.-J. Schultz-Coulon|Atemstütze]].  
Aufgrund ihrer Doppelfunktion erfüllt die Atem-Hilfsmuskulatur gleichzeitig Haltungs- bzw. Atmungsaktivitäten.  
Als Atmungs-Hilfsmuskulatur für die Ausatmung können der breiteste Rückenmuskel, [http://de.wikipedia.org/wiki/Musculus_latissimus_dorsi Musculus Latissimus] und die gerade Bauchmuskulatur, [http://de.wikipedia.org/wiki/Musculus_rectus_abdominis Musculus Rectus Abdominis] genannt werden: Die Aktivierung des Latissimus spielt bei der verstärkten Ausatmung eine zentrale Rolle und ist uns allen vertraut: sie tritt bei starkem Husten in Kraft. Als Haltungsmuskulatur unterstützt der Latissimus die Aufrichtung des Rumpfes und zieht gleichzeitig die Schultern hinunter. Dadurch öffnet sich der Brustkorb und die Wirbelsäule ist aufgerichtet. Übernimmt der Latissimus die Hauptaufgabe der verstärkten Ausatmung, kann die Wirbelsäule während der Tonproduktion aufgerichtet bleiben. Dies erleichtert im Sinne einer dynamischen Luftführung ein flexibles Zusammenspiel der inspiratorischen und expiratorischen Muskeln.  


Bleibt der Latissimus bei der Ausatmung entspannt und übernimmt die Bauchmuskulatur die Funktion, den Luftstrom für die Tonbildung zu verstärken, tritt auch ihre Haltungs-bestimmende Funktion in Kraft: der Oberkörper neigt sich nach vorne, Das Brustbein wird nach unten gezogen, der Brustkorb neigt zu starker Verengung. Der ausgeatmete Luftstrom wird zu kräftig und belastet den Ansatz übermässig.
Bleibt der Latissimus bei der Ausatmung entspannt und übernimmt die Bauchmuskulatur die Funktion, den Luftstrom für die Tonbildung zu verstärken, tritt auch ihre Haltungs-bestimmende Funktion in Kraft: der Oberkörper neigt sich nach vorne, Das Brustbein wird nach unten gezogen, der Brustkorb neigt zu starker Verengung. Der ausgeatmete Luftstrom wird zu kräftig und belastet den Ansatz übermässig.


Dadurch schliesst sich der Kreis der Wechselwirkungen zwischen Haltearbeit, allgemeiner Körperhaltung, Atem- und Ansatztechnik: es ist wichtig, das Instrumnet zum Ansatz hinzuführen und nicht den Kopf nach vorne zu neigen. Ssiehe auch [[Haltearbeit#Amand Vanderhagen|Amand Vanderhagen, Méthode]].
Dadurch schliesst sich der Kreis der Wechselwirkungen zwischen Haltearbeit, allgemeiner Körperhaltung, Atem- und Ansatztechnik: es ist wichtig, das Instrument zum Ansatz hinzuführen und nicht den Kopf nach vorne zu neigen. Siehe auch [[Haltearbeit#Amand Vanderhagen|Amand Vanderhagen, Méthode]].
 
 
 
 


== Verkettungen von Muskelaktivierungen ==
== Verkettungen von Muskelaktivierungen ==
Eine Verkettung von Spannungen der Haltungsmuskulatur stabilisiert in einem ausbalancierten Zusammenspiel die Gelenke und richtet unser Skelett auf.
Eine Verkettung von Spannungen der Haltungsmuskulatur stabilisiert in einem ausbalancierten Zusammenspiel die Gelenke und richtet unser Skelett auf.
Die Verkettung dieser Muskelspannungen hat ihren Ursprung im Fussgewölbe, setzt sich über Unter- und Oberschenkel, Beckenboden und Rückenmuskulatur bis in die Halswirbelsäule fort.  
Die Verkettung dieser Muskelspannungen hat ihren Ursprung im Fussgewölbe, setzt sich über Unter- und Oberschenkel, Beckenboden und Rückenmuskulatur bis in die Halswirbelsäule fort.  
Es ist von Vorteil, diese Körperaufrichtung bewusst aufbauen und kontrollieren zu können. Die damit verbundenen Spannungen wirken den Bauchmuskeln, welche die Ausatmung forcieren können, entgegen und werden dadurch zur mitgestaltenden Kraft der Luftführung. So wird dieser Vorgang bei der Tonbildung - das Zusammenwirken von Ausatmung und Körperaufrichtung - Teil der [[Atemstütze]].
Es ist von Vorteil, diese Körperaufrichtung bewusst aufbauen und kontrollieren zu können. Die damit verbundenen Spannungen wirken den Bauchmuskeln, welche die Ausatmung forcieren können, entgegen und werden dadurch zur mitgestaltenden Kraft der Luftführung. So wird dieser Vorgang bei der Tonbildung - das Zusammenwirken von Ausatmung und Körperaufrichtung - Teil der [[Atemtechnik#Atemstütze|Atemstütze]] (siehe auch H. Mätzener, "Klarinettenklang" (2012)<ref>Heinirch Mätzener, Johanna Gutzwiller, Beate Sick, Hans-Christoph Maier, Laura Tomatis: Klarinettenklang, Versuch einer physiologischen Analyse'', S. 33. [https://zenodo.org/record/31338#.X7a62i9XYl4], 2012</ref>.)
 
=== Dynamik der Spielhaltung ===
Der Begriff „Haltung“ suggeriert einen statischen Zustand. Dies ist was für das Musizieren nicht geeignet. Grundsätzlich empfiehlt sich ein steter Wechsel von Spannung und Entspannung, der sich mit dem Wechsel von Ein- und Ausatmung verbindet.
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Klangproduktion = Muskelaktivierungen der Atemstütze und Luftführung, Körperaufrichtung und relative Spannung. Während der Ausatmung verbinden sich kleinere oder grössere Bewegungen der Körperspannung in natürlicher Weise mit dem musikalisch-dynamischen Verlauf der Musik.
Musikalische Pausen, Phrasenende = Momente der physiologischen Entspannung, sie bieten den Raum für die Einatmung.
 


== Dynamik der Spielhaltung ==
Der Begriff „Haltung“ impliziert einen statischen Zustand, was für das Musizieren nicht geeignet ist. Grundsätzlich empfiehlt sich ein steter Wechsel von Spannung und Entspannung, der sich mit dem Wechsel von Ein- und Ausatmung verbindet.


Ausatmung = Klangproduktion, Körperaufrichtung und Spannung. Während der Ausatmung verbinden sich kleinere oder grössere Bewegungen der Körperspannung in natürlicher Weise mit dem musikalisch-dynamischen Verlauf der Musik. Die musikalischen Pausen sind die Momente der physiologischen Entspannung, sie bieten den Raum der Einatmung.


== Übungen ==


== Literatur ==  
== Literatur ==  
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== Einzelnachweise==
== Einzelnachweise==
<references />
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[[Kategorie:Grundtechnik|Spielhaltung, allgemeine Körperhaltung]]
[[Kategorie:Grundtechnik Deutsch]]
[[Kategorie:Körperarbeit|Spielhaltung, allgemeine Körperhaltung]]
[[Kategorie:Tonbildung|Spielhaltung, allgemeine Körperhaltung]]

Aktuelle Version vom 6. April 2021, 15:06 Uhr

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Beiträge der Interviewpartner

Historische Quellen

Amand Vanderhagen, der Verfasser der ersten umfangreicheren Klarinettenschule, unterstreicht die Bedeutung einer guten, aufrechten Spielhaltung für die Qualität des Klarinettenspiels und postuliert gleich in seinem „1° aticle“ der „Méthode nouvelle et raisonnée (1885) „une tenue droite“. Diese Lehrmeinung findet ihre Fortsetzung in den Werken von Jean-Xavier Lefèvre (1802), Heinrich Backofen (1803), Joseph Fröhlich (1811) Frédéric Berr (1836) und Carl Baermann (1861). Im 20. Jh. und in neuerer Zeit präsentieren viele Unterrichtswerken photographische Abbildungen, welche eine aufrechte Spielhaltung darstellen (Gustav Langenus 1915 [1], Eugène Gay 1932 [2], Ewald Koch [3], Rudolf Mauz 1996[4], Reiner Wehle 2007[5].



Physiologie

Aus physiologischer Sicht gewinnt die Spielhaltung ihre Bedeutung für die Klangqualität durch die Doppelfunktion bestimmter Anteile der Bauch- und Rückenmuskulatur, die sowohl bei der Aufrichtung des Skeletts wie auch als Hilfsmuskulatur bei der Ein- oder Ausatmung eingesetzt werden. Die Studie „Physiologische Grundlagen der des Klarinettenklanges“ (Heinrich Mätzener et al. 2012)[6] verifiziert die These, dass die besten klanglichen Resultate erreicht werden, wenn sich die Klangproduktion als „körperaufrichtende Aktion“ definiert.

Wechselwirkungen von Körperhaltung und Tonbildung

Siehe auch Atemtechnik und Atemmuskulatur.

Aufgrund ihrer Doppelfunktion erfüllt die Atem-Hilfsmuskulatur gleichzeitig Haltungs- bzw. Atmungsaktivitäten. Als Atmungs-Hilfsmuskulatur für die Ausatmung können der breiteste Rückenmuskel, Musculus Latissimus und die gerade Bauchmuskulatur, Musculus Rectus Abdominis genannt werden: Die Aktivierung des Latissimus spielt bei der verstärkten Ausatmung eine zentrale Rolle und ist uns allen vertraut: sie tritt bei starkem Husten in Kraft. Als Haltungsmuskulatur unterstützt der Latissimus die Aufrichtung des Rumpfes und zieht gleichzeitig die Schultern hinunter. Dadurch öffnet sich der Brustkorb und die Wirbelsäule ist aufgerichtet. Übernimmt der Latissimus die Hauptaufgabe der verstärkten Ausatmung, kann die Wirbelsäule während der Tonproduktion aufgerichtet bleiben. Dies erleichtert im Sinne einer dynamischen Luftführung ein flexibles Zusammenspiel der inspiratorischen und expiratorischen Muskeln.

Bleibt der Latissimus bei der Ausatmung entspannt und übernimmt die Bauchmuskulatur die Funktion, den Luftstrom für die Tonbildung zu verstärken, tritt auch ihre Haltungs-bestimmende Funktion in Kraft: der Oberkörper neigt sich nach vorne, Das Brustbein wird nach unten gezogen, der Brustkorb neigt zu starker Verengung. Der ausgeatmete Luftstrom wird zu kräftig und belastet den Ansatz übermässig.

Dadurch schliesst sich der Kreis der Wechselwirkungen zwischen Haltearbeit, allgemeiner Körperhaltung, Atem- und Ansatztechnik: es ist wichtig, das Instrument zum Ansatz hinzuführen und nicht den Kopf nach vorne zu neigen. Siehe auch Amand Vanderhagen, Méthode.



Verkettungen von Muskelaktivierungen

Eine Verkettung von Spannungen der Haltungsmuskulatur stabilisiert in einem ausbalancierten Zusammenspiel die Gelenke und richtet unser Skelett auf. Die Verkettung dieser Muskelspannungen hat ihren Ursprung im Fussgewölbe, setzt sich über Unter- und Oberschenkel, Beckenboden und Rückenmuskulatur bis in die Halswirbelsäule fort. Es ist von Vorteil, diese Körperaufrichtung bewusst aufbauen und kontrollieren zu können. Die damit verbundenen Spannungen wirken den Bauchmuskeln, welche die Ausatmung forcieren können, entgegen und werden dadurch zur mitgestaltenden Kraft der Luftführung. So wird dieser Vorgang bei der Tonbildung - das Zusammenwirken von Ausatmung und Körperaufrichtung - Teil der Atemstütze (siehe auch H. Mätzener, "Klarinettenklang" (2012)[7].)

Dynamik der Spielhaltung

Der Begriff „Haltung“ suggeriert einen statischen Zustand. Dies ist was für das Musizieren nicht geeignet. Grundsätzlich empfiehlt sich ein steter Wechsel von Spannung und Entspannung, der sich mit dem Wechsel von Ein- und Ausatmung verbindet.
Klangproduktion = Muskelaktivierungen der Atemstütze und Luftführung, Körperaufrichtung und relative Spannung. Während der Ausatmung verbinden sich kleinere oder grössere Bewegungen der Körperspannung in natürlicher Weise mit dem musikalisch-dynamischen Verlauf der Musik. Musikalische Pausen, Phrasenende = Momente der physiologischen Entspannung, sie bieten den Raum für die Einatmung.



Literatur

Karin Albrecht: Körperhaltung: gesunder Rücken durch richtiges Training. Georg Thieme Verlag, 2006. scholar

Einzelnachweise

  1. Gustav Langenus: Complete method for the clarinet : in three parts.Carl Fischer, New York : 1915-1923
  2. Egène Gay: Méthode progressive et complète (théorique et pratique) pour l'étude de la clarinette du début à la virtuosité. G. Billaudot, Paris 1932
  3. Ewald Koch: Schule für Klarinette in B (deutsches und französisches System). Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1968
  4. Rudolf Mauz: Die fröhliche Klarinette : Klarinettenschule für den frühen Anfang. Schott, Mainz [u.a.] 1996
  5. Reiner Wehle: Clarinet fundamentals. Basisübungen für Klarinette. Schott, Mainz 2007
  6. Heinrich Mätzener, Johanna Gutzwiller, Beate Sick, Hans-Christoph Maier, Laura Tomatis: Klarinettenklang, Versuch einer physiologischen Analyse, Forschungsbericht der Hochschule Luzern–Musik. Luzern 2012, S.33 [1]
  7. Heinirch Mätzener, Johanna Gutzwiller, Beate Sick, Hans-Christoph Maier, Laura Tomatis: Klarinettenklang, Versuch einer physiologischen Analyse, S. 33. [2], 2012