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| == Gemeinkostenwertanalyse ==
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| Die Gemeinkostenwertanalyse (GWA) ist ein Verfahren der Planung und Budgetierung, bei welchem die Gemeinkosten signifikant und kurzfristig reduziert werden können (Schawel & Billing, 2018, S.149). Sie stellt eine den europäischen Gegebenheiten angepasste und weiterentwickelte Form der Overhead-Value-Analysis (OVA) dar, welche von der Unternehmensberatung McKinsey in den USA entwickelt wurde (Horváth et al., 2019, S.151). Die GWA gehört zusammen mit dem Zero-Based Budgeting (ZBB) zu den Budgetierungsverfahren, welche im Gegensatz zur traditionellen Budgetierung auf eine aperiodische Beeinflussung der Gemeinkosten ausgerichtet sind (Coenenberg, Fischer & Günther, 2016, S. 926). Das Einsparungspotenzial soll bei den Gemeinkostenbudgets realisiert werden, welche nicht unmittelbar auf einen Kostenträger zugerechnet werden können (Friedl et al., 2017, S.528). Dazu werden sämtliche erbrachte Leistungen und deren Kosten der betroffenen Abteilungen erfasst, das Kosten- /Nutzen-Verhältnis abgeschätzt und auf dieser Grundlage Einsparungsvorschläge erbracht (Stelling, 2009, S.249).
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| '''Definition'''
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| Die GWA ist eine Budgetierungsmethode, welche für eine kurzfristige und signifikante Reduktion der Gemeinkosten eingesetzt werden kann (Schawel & Billing, 2017, S. 149). Sie verfolgt das Ziel, die Leistungserstellung zu niedrigen Kosten ohne Qualitätseinbussen und Verluste der Marktfähigkeit zu halten (Wunderer & Jaritz, 2007, S. 313–314). Die GWA dient dem Zweck, Einsparungsmöglichkeiten zu identifizieren, diese umzusetzen und so die Wettbewerbsfähigkeit einer Unternehmung dauerhaft sicherzustellen (Friedl et al., 2013, S. 524). Obwohl die GWA viele Gemeinsamkeiten mit dem ZBB aufweist, ist sie weniger umfangreich und fokussiert sich allein auf die Kostensenkung durch Verbesserung der technischen und administrativen Effizienz. Weiter fokussiert sich die GWA oftmals nur auf Teilbereiche der Verwaltung, wohingegen das ZBB den gesamten Verwaltungsbereich in die Analyse miteinbezieht (Jehle, 1982, S. 59–65).
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| '''Relevanz'''
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| Die GWA, ein von McKinsey entwickeltes Verfahren, wird seit den 1970er-Jahren in grösseren Unternehmungen angewendet (Coenenberg et al., 2016, S. 926). Sie wird vor allem bei Restrukturierungen im Rahmen einer Schwachstellenanalyse über den Zeitraum von mehreren Jahren durchgeführt (Friedl et al., 2013, S. 525; Wunderer & Jaritz, 2007, S. 314). Die Durchführung der GWA führt zu Kosteneinsparungen von mindestens 10 Prozent, im Einzelfall von bis zu 20 Prozent. Laut McKinsey sind sogar Ersparnisse von bis zu 40 Prozent möglich (Coenenberg et al., 2016, S. 929; Gerlach, 2020, S. 166).
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| '''Ziele'''
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| Ziel der GWA ist es die Gemeinkosten in den nicht an der Leistungserstellung und Leistungsverwertung beteiligten indirekten Bereichen unter Beachtung des Nutzens zu optimieren. Damit kann die GWA in sämtlichen so genannten Overheadfunktionen (z. B. Personalabrechnung, Immobilienverwaltung, IT-Anwenderservice, Finanzen und Administration) eingesetzt werden (Schawel & Billing, 2018, S.149). Anders als beim ZBB, bei dem durch Ressourcenumverteilungen eine Effizienzsteigerung des Gesamtunternehmens erreicht werden soll, liegt der Fokus bei der GWA in der Kostensenkung (Stelling, 2009, S.249). Rieg (2015) beschreibt das Ziel wie folgt: «Ziel ist also primär die Kosteneinsparung, die über ehrgeizige Vorgaben erreicht werden soll.» (S.47). Dabei liegt das Augenmerk im Allgemeinen auf der Beseitigung nicht notwendiger Leistungen (Burger, 2014, S.285).
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| == Ablauf der Gemeinkostenanalyse ==
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| Durch die GWA lassen sich Einsparpotenziale bei den Gemeinkosten realisieren. Da die GWA mit hohem Aufwand verbunden ist, wird sie in der Regel nur in grösseren Abständen von mehreren Jahren durchgeführt. Ihre Anwendung macht nur Sinn, wenn die realisierbaren Einsparungen den damit verbundenen Aufwand rechtfertigen (Friedl et al., 2017, S.529). Der Ablauf der GWA gliedert sich in drei Phasen wie in Abbildung 1 zu sehen ist.
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| === 1. Vorbereitungsphase ===
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| Als Vorbereitung auf die GWA wird eine Projektorganisation gebildet, die zu untersuchenden Bereiche sowie ein Zeitplan festgelegt. Zusätzlich werden die Projektziele in Form von Budgeteinsparungen festgelegt, welche angestrebt werden (Friedl et al., 2017, S.528). Die Projektorganisation, welche im Rahmen der GWA gebildet wird, tritt als sekundäre Organisation auf. Beispielsweise durch Doppelbesetzungen ist diese in vielfältiger Weise mit der primären Struktur verbunden (Burger, 2014, S.292).
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| Da eine GWA oft indirekte Unternehmensbereiche neugestaltet, führt dies zu potenziellen Konflikten und daraus resultierendem Widerstand (Burger, 2014, S.289). Nicht nur die Ursachen und Wirkungen von Widerständen müssen betrachtet werden, sondern auch Überlegungen in welcher Weise Widerstände überwunden werden können. Widerstände können grundsätzlich in folgenden Formen überwunden werden:
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| * Beseitigung der Gründe des Widerstandes
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| * Verringerung des Widerstandes auf ein Mass, welches den Projekterfolg nicht gefährdet
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| * Ausübung von Zwang, um den Widerstand zu brechen
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| (Burger, 2014, S.290)
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| === 2. Analysephase ===
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| In der Analysephase wird das exakte Kosteneinsparungspotenzial der jeweiligen Untersuchungseinheit ermittelt (Horváth et al., 2019, S.151).
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| Um eine Übersicht zu erlangen, wird in der Analysephase zunächst ein Katalog aller Leistungen aufgestellt. Gehört beispielsweise die Controlling-Abteilung zu den untersuchten Einheiten, besitzt diese Abteilung die Leistungen Moderation des Planungsprozesses, Erstellung monatlicher Berichte und Durchführung von Abweichungsanalysen. In einem zweiten Schritt werden für jede dieser Leistungen die Kosten geschätzt, bevor sie dem Nutzen der jeweiligen Leistungen gegenübergestellt werden. Auf dieser Grundlage werden anschliessend Einsparungsideen entwickelt. Im oben genannten Beispiel können diese darin bestehen, die Daten für die monatlichen Berichte künftig über eine Softwarelösung (Digital Controlling) automatisch aus den Buchhaltungssystemen zu übernehmen. Abschliessend werden in dieser Phase die Einsparungsideen im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit geprüft und gegebenenfalls in einem Massnahmenpaket verabschiedet (Friedl et al., 2017, S.529). Die Analysephase lässt sich in folgende Schritte unterteilen:
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| * Analyse von Leistungen und Kosten
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| * Generierung von Reorganisationsmassnahmen auf der Grundlage einer Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten der Leistungen (Nutzwertanalyse)
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| * Prüfung der Realisierbarkeit der Reorganisationsmassnahmen anhand des Verbesserungspotentials und des Realisationsrisikos
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| * Entscheidung über Reorganisationsmassnahmen und Zusammenfassung der realisierbaren Massnahmen zu Aktionsprogrammen
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| (Burger, 2014, S.298 - 299)
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| ==== 2.1 Analyse von Leistungen und Kosten ====
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| Für jede der abgegrenzten Untersuchungseinheiten werden zum einen die erbrachten Leistungen, zum anderen die hierfür anfallenden Kosten erfasst. Die Analyseteams und die Leiter:innen der Untersuchungseinheiten führen diese Untersuchung gemeinsam durch (Burger, 2014, S.299). Die Leistungen können auf folgende Art und Weise erfasst werden:
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| * Die Mitarbeiter:innen nehmen über einen bestimmten Zeitraum hinweg eine begleitende Zeitaufschreibung vor
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| * Die Leistungen werden durch die Stellenleiter:innen enumeriert
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| * Befragung der Mitarbeiter:innen (Verlässlichkeit der Ergebnisse fragwürdig)
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| Nachdem die Leistungen erfasst sind, gilt es diesen Kosten zuzurechnen. Dies wird in der Regel über eine Zeitanalyse vorgenommen (Burger, 2014, S.299).
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| Die Personalkosten dominieren im indirekten Unternehmensbereich und bestehen aus Zeitlöhnen, die als kalenderzeitbezogene Kosten berechnet werden können. Als prozentualen Zuschlag werden noch die Sachkosten auf die Personalkosten verrechnet. Ausgehend vom Zeitaufwand der einzelnen Leistungen kann nun unmittelbar auf die Kosten geschlossen werden (Burger, 2014, S.299- 300).
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