ABC-Analyse: Unterschied zwischen den Versionen
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Die ABC-Analyse ist ein betriebswirtschaftliches Analyseinstrument (Weigel & Ruecker, 2017). Aufgrund ihrer einfachen Logik wird das Analyseverfahren vielseitig und in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen und Branchen angewendet (Schawel & Billing 2012, S. 13). Mit der ABC-Analyse werden Objekte, wie zum Beispiel Materialien, an ihrem Wert- und Mengenanteil am Gesamtwert gemessen und in die drei Klassen A, B und C eingeordnet. A-Objekte werden dabei als sehr wichtig, B-Objekte als weniger wichtig und C-Objekte als eher unwichtig beurteilt. Die Praxis zeigt, dass im Vergleich eine kleine Menge einer Gesamtmasse einen relativ grossen Wert erzielt (Erichsen, 2011, S. 10). Mit Hilfe dieser Methode ist es möglich, Objekte hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Unternehmung zu klassifizieren, zu strukturieren und geeignete Massnahmen abzuleiten (Schneider & Hennig, 2008, S. 1; Oeldorf & Olfert, 2008, S. 107). Die Analyse ermöglicht die Bildung von Schwerpunkten und Festlegung von Prioritäten im operativen sowie strategischen Bereich (Baier, 2008, S. 321). | |||
== Ziel und Zweck == | |||
Ziel der ABC-Analyse ist es, aus einer grossen Grundgesamtheit die richtigen Schwerpunkte zu erkennen, die Prioritäten korrekt zu setzen und schnell eine grosse Ergebniswirkung zu erzielen (Erichsen, 2011, S. 11). Mit Hilfe dieser Methode ist es möglich, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Schwerpunkte in der Rationalisierungsarbeit können mit der ABC-Analyse gezielt festgesetzt werden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 103). Die Priorisierung hilft dem Management, die Aufgaben und Prozesse zu optimieren, die wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen (Hirt, 2014, S. 83). | |||
Die ABC-Analyse unterstützt bei der richtigen Klassifizierung grosser und komplexer Datensätze, um eine einfache Priorisierung des Ressourceneinsatzes vorzunehmen (Schawel & Billing, 2018, S. 15). Wertanteile und Mengenanteile stehen erfahrungsgemäss in einem bestimmten Verhältnis zueinander (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Gemäss Abbildung 1 sind diese wie folgt verteilt: [[Datei:ABC-Analyse_Erichsen.png|miniatur|350px|Abb. 1: Darstellung wertmässige und mengenmässige Verteilung bei der ABC-Analyse (Erichsen, 2011, S. 11)]] | |||
* 5 - 10 % der Güter haben etwa 70 - 80 % Anteil am Gesamtwert '''(A-Güter)''', | |||
* 20 - 30 % der Güter haben etwa 20 - 30 % Anteil am Gesamtwert '''(B-Güter)''', | |||
* 70 - 80 % der Güter haben etwa 5 - 10 % Anteil am Gesamtwert '''(C-Güter)'''. | |||
Die Werte- und Mengenanteile können je nach Branche variieren (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Güter der Kategorie A werden als Objekte mit einer grossen Bedeutung für die Unternehmung eingestuft. Bei C-Objekten hingegen handelt es sich um solche mit einer geringeren Bedeutung. B-Güter werden situativ behandelt, wie bei den Massnahmen und Optimierungsmöglichkeiten (interne Verlinkung nach Massnahmen aufgrund der Klassifizierung) zu entnehmen ist (Erichsen, 2011, S. 11-17). | |||
== Anwendung und Durchführung == | |||
=== Anwendungsbereiche === | |||
Die ABC-Analyse findet ihren Ursprung in der Materialwirtschaft (Buchholz, 2013, S. 147; Erichsen, 2011, S. 10). Aufgrund ihrer einfachen Logik und der Unabhängigkeit von spezifischen Untersuchungsgegenständen lässt sich die ABC-Analyse jedoch universal im Unternehmen einsetzen (Schawel & Billing, 2018, S. 15). Die ABC-Analyse wird unter anderem in folgenden Bereichen angewendet (Buchholz, 2013, S. 144-145; Erichsen, 2011, S. 10-11; Vollmuth, 2008, S. 16-17, Wannenwetsch, 2014, S. 31): | |||
{| class="wikitable" style="text-align:left" | |||
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! style="width:15em" | Anwendungsbereich !! style="width:35em" style="text-align:centre" | Anwendungsgebiet | |||
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| [[Beschaffungscontrolling|Beschaffungscontrolling]] || | |||
* Lieferantenanalyse | |||
* Bestellfrequenzen / Bestellverfahren | |||
* Lagerbestände | |||
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| [[Absatzcontrolling|Absatzcontrolling]] || | |||
* Anzahl und Wert von Reklamationen | |||
* Kundenanalyse | |||
* Umsatzanalyse | |||
* Produktgruppen- und Artikelanalyse | |||
* Verkaufsgebietsanalyse | |||
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| Kostenbereiche || | |||
* Kostenartenanalyse | |||
* Kostenstellenanalyse | |||
* Kostenträgeranalyse | |||
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| Zeitmanagement || | |||
* Arbeitszeitenanalyse | |||
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Die ABC-Analyse kann zudem in Kombination mit der XYZ-Analyse (Neue Seite erstellen) durchgeführt werden. Durch die Erweiterung mit der XYZ-Analyse können unterschiedliche Beschaffungsstrategien für AX-Objekte und CZ-Objekte festgelegt werden (Schön, 2018, S. 176-177). Durch die Kombination können vor allem im Bereich der Materialwirtschaft wertvolle Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente erworben werden (Vollmuth, 2008, S. 226-227). | |||
=== Voraussetzungen === | |||
Damit die ABC-Analyse erfolgreich angewendet werden kann, benötigt es vergleichbare Daten der Unternehmensbereiche, welche analysiert werden sollen (Schawel & Billing, 2018, S. 16). Die notwendigen Prozess- oder Produktdaten inklusiv Werte-, Mengen und Verbrauchsangaben müssen demnach vorhanden sein, um die Mengen und Werte miteinander vergleichen zu können (Hirt, 2014, S. 80; Vollmuth, 2008, S. 16). Idealerweise sind Daten über verschiedene Perioden verfügbar. Diese können anschliessend analysiert und bewertet werden, um daraus Massnahmen abzuleiten (Schawel & Billing, 2018, S. 16). | |||
=== Ablauf der ABC-Analyse === | |||
[[Datei:Ablauf ABC-Analyse2.png|miniatur|350px|Abb. 2: Teilschritte zur Durchführung der ABC-Analyse (Eigene Darstellung in Anlehnung an Oeldorf & Olfert, 2008, S. 104)]] | |||
Grundsätzlich erfolgt die Durchführung der ABC-Analyse in den vier Schritten gemäss Abbildung 2. Je nach Bedarf kann die ABC-Analyse wöchentlich, monatlich, quartalweise oder jährlich durchgeführt werden (Wannenwetsch, 2014, S. 32). Anhand eines einfachen Beispiels aus der Kundenanalyse werden nachfolgend die Details der Arbeitsabläufe aufgezeigt: | |||
'''Daten erfassen:''' Zunächst muss eine Liste sämtlicher Kunden und deren Umsätze pro Jahr erstellt und in Tabellenform dargestellt werden (Vollmuth, 2008, S. 18, Schawel & Billing, 2014, S. 16). Damit Zufallsschwankungen vermieden werden können, ist es sinnvoll mit Jahres- und nicht mit Monatswerten zu arbeiten (Erichsen, 2011, S. 12). | |||
'''Daten sortieren:''' Die Kunden werden anschliessend nach ihrem Umsatzanteil sortiert, wobei das Merkmal mit dem höchsten Wert (vgl. Abb. 3 Umsatz) zuoberst in der Liste aufgeführt wird. Die restlichen Werte werden absteigend sortiert aufgelistet. Danach werden die Prozentanteile der Werte am Gesamtwert berechnet und kumuliert (vgl. Abb. 3 Kumulierter Umsatz) (Erichsen, 2011, S. 12). | |||
[[Datei:Kundenanalyse.png|miniatur|350px|Abb. 3: Kundenanalyse nach Umsatz sortiert und kumuliert (Schawel & Billing, 2018, S. 16)]] | |||
'''Auswertung und Klassifizierung:''' Aufgrund der kumulierten Umsätze lassen sich als nächstes die Klassifizierungen der Kunden bilden. Dafür muss die Liste mit Hilfe der Werte- und Mengenanteilen mit zwei gedanklichen Linien versehen werden. Wo sich die jeweiligen Linien befinden, variiert je nach Branche (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102) und muss je nachdem selbst definiert werden. Alle Merkmale oberhalb der ersten Linie werden der A-Klasse zugeordnet. Alle Merkmale unterhalb der zweiten Linie werden in die C-Klasse eingeteilt. Die restlichen Merkmale zwischen den beiden Linien sind der Klasse B zuzuordnen (Erichsen, 2011, S. 12). Das Ergebnis wird anschliessend durch die Zusammenfassung der Wertgruppen dargestellt und graphisch aufbereitet (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 106; Schawel & Billing, 2018, S. 16). | |||
Die Abbildung 4 zeigt die visualisierte Klassifizierung der verschiedenen Kunden auf, wobei der erste Schnitt zwischen der A- und B-Klasse bei circa 75 Prozent gemacht wird. Der zweite Schnitt erfolgt zwischen der Klasse B und C bei circa 95 Prozent. | |||
[[Datei:Klassifizierung ABC-Analyse.png|miniatur|350px|Abb. 4: Grafische Darstellung der Klassifizierung der einzelnen Kunden (Schawel & Billing, 2018, S. 17)]] | |||
'''Massnahmen:''' Der wichtigste Schritt folgt nach der ABC-Analyse. Die gewonnenen Erkenntnisse aufgrund der Klassifizierung sollen als Grundlage dienen, um Massnahmen zu ergreifen oder bisherige Massnahmen neu zu evaluieren (Erichsen, 2011, S. 15). Bei Objekten der Kategorie A wird empfohlen, sich intensiv um die Optimierung zu kümmern. Bereits kleine Erfolge tragen überproportional zur Ergebnisverbesserung bei. Erfolge bei C-Objekten sind hingegen für die Unternehmung kaum spürbar. Eine Konzentration auf die A-Objekte bedeutet jedoch nicht, dass B- und C-Objekte vernachlässigt werden sollen (Vollmuth, 2008, S. 22). Sich eindringlich mit Massnahmen bezüglich der C-Objekte auseinanderzusetzen, lohnt sich jedoch nur, wenn freie Kapazitäten vorhanden sind (Erichsen, 2011, S. 15). | |||
Je nach Anwendungsbereich können sich die Massnahmen unterscheiden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 107; Wannenwetsch, 2014, S. 37; Erichsen, 2011, S. 16-17): | |||
{| class="wikitable" style="text-align:left" | |||
|- | |||
! style="width:15em" | Kategorie !! style="width:35em" style="text-align:centre" | Massnahmen | |||
|- | |||
| Umgang mit A-Objekten || | |||
* Intensive Markt- & Preisanalyse | |||
* Systematische und sorgfältige Prüfung der Preise und Konditionen sowie allfällige Neuverhandlungen | |||
* Wahl zuverlässiger und leistungsfähiger Lieferanten | |||
* Produktionssynchrone Anlieferung von Materialien | |||
* Detaillierte und regelmässige Bestandeskontrollen und sorgfältige Analyse von Mehrverbräuchen | |||
* Intensive Personalauswahl bei Führungs- und Schlüsselkräften | |||
* Forcierung des Verkaufs von umsatzstarken oder margenträchtigen Artikeln mittels Werbung | |||
* Beschleunigung des Lagerumschlages | |||
* Einführung Key-Account Management | |||
|- | |||
| Umgang mit C-Objekten || | |||
* Einfache Bestellabwicklung | |||
* Sammelbestellungen | |||
* Sammelbuchungen | |||
* Keine intensiven Verhandlungen mit Lieferanten und Kunden | |||
* Massenwerbung | |||
* Kostensenkung für Bestellung und Lagerhaltung | |||
|- | |||
| Umgang mit B-Objekten || | |||
B-Objekte sind zwischen A- und C-Objekten einzugliedern. Die Massnahmen hängen davon ab, in welche Richtung die Objekte tendieren. Massnahmen sind analog der A- und C-Objekte einzuleiten. | |||
|} | |||
Mögliche Massnahmen aufgrund der vorherigen Kundenanalyse sind (Wannnwetsch, 2014, S. 37; Erichsen, 2011, S. 16): | |||
* '''A-Objekte:''' Intensive Kundenbetreuung, Key-Account-Management | |||
* '''C-Objekte:''' Weiterbelastung bestimmter Kosten an Kunde, keine spezifischen Kundenansprachen, minimale Kundenbetreuung | |||
* '''B-Objekte:''' Situativ zu bewerten gemäss obenstehender Tabelle. | |||
Bei der Durchführung der ABC-Analyse sollen nicht nur betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Strategische Überlegungen sind ebenfalls mit einzubeziehen. Bevor jedoch drastische Massnahmen getroffen werden, sollte zuerst vorsichtig geprüft werden, ob allenfalls strategische Aspekte zu berücksichtigen sind (Erichsen, 2011, S. 17). | |||
== Vor- und Nachteile == | |||
Die ABC-Analyse bringt eine Vielzahl von Vorteilen, birgt aber auch gewisse Nachteile wie in der folgenden Tabelle zu entnehmen ist (Erichsen, 2011, S. 11-12; Schawel & Billing, 2014, S. 12 ff.): | |||
{| class="wikitable" style="text-align:left" | |||
|- | |||
! style="width:15em" | !! style="width:35em" style="text-align:centre" | Beschreibung | |||
|- | |||
| Vorteile || | |||
* Geringer Arbeitsaufwand | |||
* Analyse kann schnell unabhängig von spezifischen Inhalten der Analyseelemente durchgeführt werden | |||
* Komplexitätsreduktion bei grossen Datenmengen | |||
* Schnelle und einfache Prioritätensetzung | |||
* Effiziente Zuteilung der Ressourcen | |||
* Übersichtliche Darstellung der Analyse | |||
|- | |||
| Nachteile || | |||
* Nur Ist-Analyse möglich | |||
* Klassen sind grob eingeteilt, dass trotzdem individuell nach Einzelfällen entschieden werden muss | |||
* Qualitative Faktoren und unternehmenspolitische Aspekte werden nicht berücksichtigt | |||
|} | |||
== Lern- und Praxismaterial == | == Lern- und Praxismaterial == | ||
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|} | |} | ||
== Quellen == | |||
=== Literaturverzeichnis === | |||
Baier, P. (2008). Praxishandbuch Controlling. Grundlagen, Instrumente und Reporting (2. Aufl.). München: FinanzBuch Verlag GmbH. | |||
Buchholz, L. (2013). Strategisches Controlling. Grundlagen - Instrumente - Konzepte (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler Verlag. | |||
Erichsen, J. (2011). Controlling-Instrumente von A-Z. Die wichtigsten Instrumente zur Steuerung (8. Aufl.). Freiburg: Haufe Gruppe. | |||
Hirt, M. (Hrsg.) (2014). Die wichtigsten Strategietools für Manager. Mehr Orientierung für den Unternehmenserfolg (1. Aufl.). München: Verlag Franz Vahlen. | |||
Oeldorf, G. (Hrsg.) & Olfert, K. (2008). Materialwirtschaft (12. Aufl.). Ludwigshafen: Friedrich Kiehl Verlag GmbH. | |||
Schneider, W. & Hennig, A. (2008). Lexikon Kennzahlen für Marketing und Vertrieb. Das Marketing-Cockpit von A-Z (2. Aufl.). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. | |||
Schawel, C. & Billing, F. (2018). Top 100 Management Tools. Das wichtigste Buch eines Managers. Von ACB-Analyse bis Zielvereinbarung (6. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler Verlag. | |||
Schön, D. (2018). Planung und Reporting im BI gestützen Controlling. Grundlagen, Business Intelligence, Mobile BI und Big-Data-Analytics. Weisbaden: Springer Gabler. | |||
Vollmuth, H. (2008). Controlling-Instrumente von A-Z. Die wichtigsten Werkzeuge zur Unternehmenssteuerung (7. Aufl.). München: Haufe Mediengruppe. | |||
Wannenwetsch, H. (2014). Integrierte Materialwirtschaft, Logistik und Beschaffung (5. Aufl.). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. | |||
Weigel, U., & Ruecker, M. (2017). Methods and Tools for Everyday Purchasing. The Strategic Procurement Practice Guide. Management for Professionals. Cham: Springer International Publishing | |||
=== Weiterführende Literatur === | |||
Bartels, H., Büren, A. & Hribar, C. (2008). Mehr Marketingeffizienz mit Kundendaten - das Beispiel Migros. Marketing Review St. Gallen (2), 18-23. | |||
Mengen, A. (2011). Mit Kundenwert-Controlling zu mehr Erfolg in Marketing und Vertrieb. Controlling, 23 (11), 55-63. doi: 10.15358/0935-0381-2011-1-55 | |||
Krafft, M. & Albers, S. (2000). Ansätze zur Segmentierung von Kunden - Wie geeignet sind herkömmliche Konzepte. Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (52), 515-536. | |||
Schmitz, F. & Pappenhoff, M. (2012). Grundprinzipien und Analysemethoden. Der Werkzeugkoffer der Ökonomen. Der Pneumologe, 9 (3), 211-214. | |||
== Autoren == | == Autoren == |
Version vom 12. Dezember 2018, 23:26 Uhr
Die ABC-Analyse ist ein betriebswirtschaftliches Analyseinstrument (Weigel & Ruecker, 2017). Aufgrund ihrer einfachen Logik wird das Analyseverfahren vielseitig und in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen und Branchen angewendet (Schawel & Billing 2012, S. 13). Mit der ABC-Analyse werden Objekte, wie zum Beispiel Materialien, an ihrem Wert- und Mengenanteil am Gesamtwert gemessen und in die drei Klassen A, B und C eingeordnet. A-Objekte werden dabei als sehr wichtig, B-Objekte als weniger wichtig und C-Objekte als eher unwichtig beurteilt. Die Praxis zeigt, dass im Vergleich eine kleine Menge einer Gesamtmasse einen relativ grossen Wert erzielt (Erichsen, 2011, S. 10). Mit Hilfe dieser Methode ist es möglich, Objekte hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Unternehmung zu klassifizieren, zu strukturieren und geeignete Massnahmen abzuleiten (Schneider & Hennig, 2008, S. 1; Oeldorf & Olfert, 2008, S. 107). Die Analyse ermöglicht die Bildung von Schwerpunkten und Festlegung von Prioritäten im operativen sowie strategischen Bereich (Baier, 2008, S. 321).
Ziel und Zweck
Ziel der ABC-Analyse ist es, aus einer grossen Grundgesamtheit die richtigen Schwerpunkte zu erkennen, die Prioritäten korrekt zu setzen und schnell eine grosse Ergebniswirkung zu erzielen (Erichsen, 2011, S. 11). Mit Hilfe dieser Methode ist es möglich, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Schwerpunkte in der Rationalisierungsarbeit können mit der ABC-Analyse gezielt festgesetzt werden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 103). Die Priorisierung hilft dem Management, die Aufgaben und Prozesse zu optimieren, die wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen (Hirt, 2014, S. 83).
Die ABC-Analyse unterstützt bei der richtigen Klassifizierung grosser und komplexer Datensätze, um eine einfache Priorisierung des Ressourceneinsatzes vorzunehmen (Schawel & Billing, 2018, S. 15). Wertanteile und Mengenanteile stehen erfahrungsgemäss in einem bestimmten Verhältnis zueinander (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Gemäss Abbildung 1 sind diese wie folgt verteilt:
- 5 - 10 % der Güter haben etwa 70 - 80 % Anteil am Gesamtwert (A-Güter),
- 20 - 30 % der Güter haben etwa 20 - 30 % Anteil am Gesamtwert (B-Güter),
- 70 - 80 % der Güter haben etwa 5 - 10 % Anteil am Gesamtwert (C-Güter).
Die Werte- und Mengenanteile können je nach Branche variieren (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Güter der Kategorie A werden als Objekte mit einer grossen Bedeutung für die Unternehmung eingestuft. Bei C-Objekten hingegen handelt es sich um solche mit einer geringeren Bedeutung. B-Güter werden situativ behandelt, wie bei den Massnahmen und Optimierungsmöglichkeiten (interne Verlinkung nach Massnahmen aufgrund der Klassifizierung) zu entnehmen ist (Erichsen, 2011, S. 11-17).
Anwendung und Durchführung
Anwendungsbereiche
Die ABC-Analyse findet ihren Ursprung in der Materialwirtschaft (Buchholz, 2013, S. 147; Erichsen, 2011, S. 10). Aufgrund ihrer einfachen Logik und der Unabhängigkeit von spezifischen Untersuchungsgegenständen lässt sich die ABC-Analyse jedoch universal im Unternehmen einsetzen (Schawel & Billing, 2018, S. 15). Die ABC-Analyse wird unter anderem in folgenden Bereichen angewendet (Buchholz, 2013, S. 144-145; Erichsen, 2011, S. 10-11; Vollmuth, 2008, S. 16-17, Wannenwetsch, 2014, S. 31):
Anwendungsbereich | Anwendungsgebiet |
---|---|
Beschaffungscontrolling |
|
Absatzcontrolling |
|
Kostenbereiche |
|
Zeitmanagement |
|
Die ABC-Analyse kann zudem in Kombination mit der XYZ-Analyse (Neue Seite erstellen) durchgeführt werden. Durch die Erweiterung mit der XYZ-Analyse können unterschiedliche Beschaffungsstrategien für AX-Objekte und CZ-Objekte festgelegt werden (Schön, 2018, S. 176-177). Durch die Kombination können vor allem im Bereich der Materialwirtschaft wertvolle Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente erworben werden (Vollmuth, 2008, S. 226-227).
Voraussetzungen
Damit die ABC-Analyse erfolgreich angewendet werden kann, benötigt es vergleichbare Daten der Unternehmensbereiche, welche analysiert werden sollen (Schawel & Billing, 2018, S. 16). Die notwendigen Prozess- oder Produktdaten inklusiv Werte-, Mengen und Verbrauchsangaben müssen demnach vorhanden sein, um die Mengen und Werte miteinander vergleichen zu können (Hirt, 2014, S. 80; Vollmuth, 2008, S. 16). Idealerweise sind Daten über verschiedene Perioden verfügbar. Diese können anschliessend analysiert und bewertet werden, um daraus Massnahmen abzuleiten (Schawel & Billing, 2018, S. 16).
Ablauf der ABC-Analyse
Grundsätzlich erfolgt die Durchführung der ABC-Analyse in den vier Schritten gemäss Abbildung 2. Je nach Bedarf kann die ABC-Analyse wöchentlich, monatlich, quartalweise oder jährlich durchgeführt werden (Wannenwetsch, 2014, S. 32). Anhand eines einfachen Beispiels aus der Kundenanalyse werden nachfolgend die Details der Arbeitsabläufe aufgezeigt:
Daten erfassen: Zunächst muss eine Liste sämtlicher Kunden und deren Umsätze pro Jahr erstellt und in Tabellenform dargestellt werden (Vollmuth, 2008, S. 18, Schawel & Billing, 2014, S. 16). Damit Zufallsschwankungen vermieden werden können, ist es sinnvoll mit Jahres- und nicht mit Monatswerten zu arbeiten (Erichsen, 2011, S. 12).
Daten sortieren: Die Kunden werden anschliessend nach ihrem Umsatzanteil sortiert, wobei das Merkmal mit dem höchsten Wert (vgl. Abb. 3 Umsatz) zuoberst in der Liste aufgeführt wird. Die restlichen Werte werden absteigend sortiert aufgelistet. Danach werden die Prozentanteile der Werte am Gesamtwert berechnet und kumuliert (vgl. Abb. 3 Kumulierter Umsatz) (Erichsen, 2011, S. 12).
Auswertung und Klassifizierung: Aufgrund der kumulierten Umsätze lassen sich als nächstes die Klassifizierungen der Kunden bilden. Dafür muss die Liste mit Hilfe der Werte- und Mengenanteilen mit zwei gedanklichen Linien versehen werden. Wo sich die jeweiligen Linien befinden, variiert je nach Branche (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102) und muss je nachdem selbst definiert werden. Alle Merkmale oberhalb der ersten Linie werden der A-Klasse zugeordnet. Alle Merkmale unterhalb der zweiten Linie werden in die C-Klasse eingeteilt. Die restlichen Merkmale zwischen den beiden Linien sind der Klasse B zuzuordnen (Erichsen, 2011, S. 12). Das Ergebnis wird anschliessend durch die Zusammenfassung der Wertgruppen dargestellt und graphisch aufbereitet (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 106; Schawel & Billing, 2018, S. 16).
Die Abbildung 4 zeigt die visualisierte Klassifizierung der verschiedenen Kunden auf, wobei der erste Schnitt zwischen der A- und B-Klasse bei circa 75 Prozent gemacht wird. Der zweite Schnitt erfolgt zwischen der Klasse B und C bei circa 95 Prozent.
Massnahmen: Der wichtigste Schritt folgt nach der ABC-Analyse. Die gewonnenen Erkenntnisse aufgrund der Klassifizierung sollen als Grundlage dienen, um Massnahmen zu ergreifen oder bisherige Massnahmen neu zu evaluieren (Erichsen, 2011, S. 15). Bei Objekten der Kategorie A wird empfohlen, sich intensiv um die Optimierung zu kümmern. Bereits kleine Erfolge tragen überproportional zur Ergebnisverbesserung bei. Erfolge bei C-Objekten sind hingegen für die Unternehmung kaum spürbar. Eine Konzentration auf die A-Objekte bedeutet jedoch nicht, dass B- und C-Objekte vernachlässigt werden sollen (Vollmuth, 2008, S. 22). Sich eindringlich mit Massnahmen bezüglich der C-Objekte auseinanderzusetzen, lohnt sich jedoch nur, wenn freie Kapazitäten vorhanden sind (Erichsen, 2011, S. 15).
Je nach Anwendungsbereich können sich die Massnahmen unterscheiden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 107; Wannenwetsch, 2014, S. 37; Erichsen, 2011, S. 16-17):
Kategorie | Massnahmen |
---|---|
Umgang mit A-Objekten |
|
Umgang mit C-Objekten |
|
Umgang mit B-Objekten |
B-Objekte sind zwischen A- und C-Objekten einzugliedern. Die Massnahmen hängen davon ab, in welche Richtung die Objekte tendieren. Massnahmen sind analog der A- und C-Objekte einzuleiten. |
Mögliche Massnahmen aufgrund der vorherigen Kundenanalyse sind (Wannnwetsch, 2014, S. 37; Erichsen, 2011, S. 16):
- A-Objekte: Intensive Kundenbetreuung, Key-Account-Management
- C-Objekte: Weiterbelastung bestimmter Kosten an Kunde, keine spezifischen Kundenansprachen, minimale Kundenbetreuung
- B-Objekte: Situativ zu bewerten gemäss obenstehender Tabelle.
Bei der Durchführung der ABC-Analyse sollen nicht nur betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Strategische Überlegungen sind ebenfalls mit einzubeziehen. Bevor jedoch drastische Massnahmen getroffen werden, sollte zuerst vorsichtig geprüft werden, ob allenfalls strategische Aspekte zu berücksichtigen sind (Erichsen, 2011, S. 17).
Vor- und Nachteile
Die ABC-Analyse bringt eine Vielzahl von Vorteilen, birgt aber auch gewisse Nachteile wie in der folgenden Tabelle zu entnehmen ist (Erichsen, 2011, S. 11-12; Schawel & Billing, 2014, S. 12 ff.):
Beschreibung | |
---|---|
Vorteile |
|
Nachteile |
|
Lern- und Praxismaterial
Fallstudien |
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Quellen
Literaturverzeichnis
Baier, P. (2008). Praxishandbuch Controlling. Grundlagen, Instrumente und Reporting (2. Aufl.). München: FinanzBuch Verlag GmbH.
Buchholz, L. (2013). Strategisches Controlling. Grundlagen - Instrumente - Konzepte (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler Verlag.
Erichsen, J. (2011). Controlling-Instrumente von A-Z. Die wichtigsten Instrumente zur Steuerung (8. Aufl.). Freiburg: Haufe Gruppe.
Hirt, M. (Hrsg.) (2014). Die wichtigsten Strategietools für Manager. Mehr Orientierung für den Unternehmenserfolg (1. Aufl.). München: Verlag Franz Vahlen.
Oeldorf, G. (Hrsg.) & Olfert, K. (2008). Materialwirtschaft (12. Aufl.). Ludwigshafen: Friedrich Kiehl Verlag GmbH.
Schneider, W. & Hennig, A. (2008). Lexikon Kennzahlen für Marketing und Vertrieb. Das Marketing-Cockpit von A-Z (2. Aufl.). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.
Schawel, C. & Billing, F. (2018). Top 100 Management Tools. Das wichtigste Buch eines Managers. Von ACB-Analyse bis Zielvereinbarung (6. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler Verlag.
Schön, D. (2018). Planung und Reporting im BI gestützen Controlling. Grundlagen, Business Intelligence, Mobile BI und Big-Data-Analytics. Weisbaden: Springer Gabler.
Vollmuth, H. (2008). Controlling-Instrumente von A-Z. Die wichtigsten Werkzeuge zur Unternehmenssteuerung (7. Aufl.). München: Haufe Mediengruppe.
Wannenwetsch, H. (2014). Integrierte Materialwirtschaft, Logistik und Beschaffung (5. Aufl.). Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. Weigel, U., & Ruecker, M. (2017). Methods and Tools for Everyday Purchasing. The Strategic Procurement Practice Guide. Management for Professionals. Cham: Springer International Publishing
Weiterführende Literatur
Bartels, H., Büren, A. & Hribar, C. (2008). Mehr Marketingeffizienz mit Kundendaten - das Beispiel Migros. Marketing Review St. Gallen (2), 18-23.
Mengen, A. (2011). Mit Kundenwert-Controlling zu mehr Erfolg in Marketing und Vertrieb. Controlling, 23 (11), 55-63. doi: 10.15358/0935-0381-2011-1-55
Krafft, M. & Albers, S. (2000). Ansätze zur Segmentierung von Kunden - Wie geeignet sind herkömmliche Konzepte. Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (52), 515-536.
Schmitz, F. & Pappenhoff, M. (2012). Grundprinzipien und Analysemethoden. Der Werkzeugkoffer der Ökonomen. Der Pneumologe, 9 (3), 211-214.
Autoren
Anja Closuit, Oliver Faria, Céline Fischer, Simon Haldemann