Earned Value Analyse: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Earned Value Analyse ist ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument im [[Projektcontrolling]]. Deren Ziel ist es, den voraussichtlichen Endtermin sowie die voraussichtlichen Gesamtkosten zu ermitteln und daraus Kostenabweichungen (Cost Variance) und Zeitabweichungen (Schedule Variance) zu berechnen (Drews & Hillebrand, 2007, S. 232). Die Earned Value Analyse wird zu verschiedenen Zeitpunkten während des Projektes durchgeführt und trägt damit zur Steuerung von Projekten und zur Verringerung von Abweichungen bei (Becker & Kunz, 2009, S. 419). | Die Earned Value Analyse (EVA), auch Earned Value Methode, Ertragswertanalyse, Leistungswertanalyse oder Arbeitswertanalyse genannt, ist ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument im [[Projektcontrolling]]. Deren Ziel ist es, den voraussichtlichen Endtermin sowie die voraussichtlichen Gesamtkosten eines Projekts zu ermitteln und daraus Kostenabweichungen (Cost Variance) und Zeitabweichungen (Schedule Variance) zu berechnen (Drews & Hillebrand, 2007, S. 232). Die Earned Value Analyse wird zu verschiedenen Zeitpunkten während des Projektes durchgeführt und trägt damit zur Steuerung von Projekten und zur Verringerung von Abweichungen bei (Becker & Kunz, 2009, S. 419). | ||
== Überblick == | |||
[[Datei:Magisches Dreieck des Projektmanagements.png|mini|Abb. 1: Magisches Dreieck des Projektmanagements (Zirkler et al., 2019, S. 5)]] | |||
Projekte verlaufen fast nie wie geplant, deshalb ist es wichtig, dass alle in einem Projekt involvierten Parteien Kenntnis und Überblick über die aktuelle Situation haben und diese entsprechend bewerten und einschätzen können (Meyer & Reher, 2016, S. 216). Um Projekte auf Kurs zu halten und allenfalls entsprechende Anpassungen vorzunehmen, ist das Projektcontrolling, als integraler Bestandteil eines jeden Projekts, unabdingbar (Becker, Daniel & Hofmann, 2007, S. 165). Es gibt verschiedene Projektcontrolling-Ansätze. Die Earned Value Analyse ist ein weit verbreitetes Verfahren, welches im Projektcontrolling angewendet wird. Ein wesentlicher Vorteil an dieser Methode ist, dass sie die drei Dimensionen des Magischen Dreiecks des Projektmanagements (Abb. 1) gleichermassen misst und Vorhersagen gemacht werden können. Dies ist im Multiprojektcontrolling von hoher Relevanz, weil bei jedem Projekt zwischen den drei Dimensionen Zeit, Qualität und Budget (Kosten) Zielkonflikte herrschen. Möchte in einem Projekt Zeit gewonnen werden, kostet es mehr oder die Qualität leidet. Will die Qualität erhöht werden, braucht es dafür mehr Zeit, mehr Geld oder sogar beides (Fiedler, 2020, S. 6). Zudem können mit Hilfe der Earned Value Analyse auch die darunter liegenden Teilprojekte eines grossen Projekts separat analysiert werden (Zirkler, Nobach, Hofmann & Behrens, 2019, S. 68-69). | |||
Die Earned Value Analyse misst nicht nur die absoluten Kostengrössen, sondern stellt diese auch relativ dem Fertigstellungsgrad gegenüber. Sie wird während der Realisierung eines Projekts mehrmals durchgeführt, um den Überblick zu behalten und allenfalls notwenige Massnahmen ergreifen zu können. | |||
=== Voraussetzungen === | |||
Gemäss Jenny (ohne Datum; 2019) sind folgende Voraussetzungen zwingend, um eine Earned Value Analyse durchführen zu können. (S. 407): | |||
• Es muss eine detaillierte Planung existieren. | |||
• Planung muss regelmässig kontrolliert und angepasst werden. | |||
• Zeit und Leistung wird laufend von den Projektmitarbeitern rapportiert. | |||
• Geeignete Tools zur Rapportierung und Planung sind vorhanden, um den Earned Value und andere Werte direkt ausrechnen zu können. | |||
• Die gleichen Methoden werden für alle Projekte des Unternehmens verwendet. | |||
• Richtige Interpretation des Earned Value durch die Manager und konsequent einleitenden Massnahmen. | |||
== Kennzahlen == | |||
Die Earned Value Analyse basiert auf der Gegenüberstellung der drei folgenden Basiswerten: Plankosten, Ist-Kosten und den Soll-Kosten. Diese Basiswerte sind ähnlich wie bei der Plankostenrechnung des Produktionscontrollings . Aus diesen Basiswerten lassen sich weitere relative und absolute Werte bzw. Grössen ermitteln. (Zirkler et al., 2019, S. 69) Nachfolgend werden alle Kennzahlen beschrieben und aufgezeigt, wie sie zu deuten sind. In der untenstehenden Tabelle sind alle Kennzahlen zur Earned Value Analyse zusammengefasst. | |||
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== Quellen == | == Quellen == |
Version vom 2. Mai 2020, 14:07 Uhr
Die Earned Value Analyse (EVA), auch Earned Value Methode, Ertragswertanalyse, Leistungswertanalyse oder Arbeitswertanalyse genannt, ist ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument im Projektcontrolling. Deren Ziel ist es, den voraussichtlichen Endtermin sowie die voraussichtlichen Gesamtkosten eines Projekts zu ermitteln und daraus Kostenabweichungen (Cost Variance) und Zeitabweichungen (Schedule Variance) zu berechnen (Drews & Hillebrand, 2007, S. 232). Die Earned Value Analyse wird zu verschiedenen Zeitpunkten während des Projektes durchgeführt und trägt damit zur Steuerung von Projekten und zur Verringerung von Abweichungen bei (Becker & Kunz, 2009, S. 419).
Überblick
Projekte verlaufen fast nie wie geplant, deshalb ist es wichtig, dass alle in einem Projekt involvierten Parteien Kenntnis und Überblick über die aktuelle Situation haben und diese entsprechend bewerten und einschätzen können (Meyer & Reher, 2016, S. 216). Um Projekte auf Kurs zu halten und allenfalls entsprechende Anpassungen vorzunehmen, ist das Projektcontrolling, als integraler Bestandteil eines jeden Projekts, unabdingbar (Becker, Daniel & Hofmann, 2007, S. 165). Es gibt verschiedene Projektcontrolling-Ansätze. Die Earned Value Analyse ist ein weit verbreitetes Verfahren, welches im Projektcontrolling angewendet wird. Ein wesentlicher Vorteil an dieser Methode ist, dass sie die drei Dimensionen des Magischen Dreiecks des Projektmanagements (Abb. 1) gleichermassen misst und Vorhersagen gemacht werden können. Dies ist im Multiprojektcontrolling von hoher Relevanz, weil bei jedem Projekt zwischen den drei Dimensionen Zeit, Qualität und Budget (Kosten) Zielkonflikte herrschen. Möchte in einem Projekt Zeit gewonnen werden, kostet es mehr oder die Qualität leidet. Will die Qualität erhöht werden, braucht es dafür mehr Zeit, mehr Geld oder sogar beides (Fiedler, 2020, S. 6). Zudem können mit Hilfe der Earned Value Analyse auch die darunter liegenden Teilprojekte eines grossen Projekts separat analysiert werden (Zirkler, Nobach, Hofmann & Behrens, 2019, S. 68-69). Die Earned Value Analyse misst nicht nur die absoluten Kostengrössen, sondern stellt diese auch relativ dem Fertigstellungsgrad gegenüber. Sie wird während der Realisierung eines Projekts mehrmals durchgeführt, um den Überblick zu behalten und allenfalls notwenige Massnahmen ergreifen zu können.
Voraussetzungen
Gemäss Jenny (ohne Datum; 2019) sind folgende Voraussetzungen zwingend, um eine Earned Value Analyse durchführen zu können. (S. 407): • Es muss eine detaillierte Planung existieren. • Planung muss regelmässig kontrolliert und angepasst werden. • Zeit und Leistung wird laufend von den Projektmitarbeitern rapportiert. • Geeignete Tools zur Rapportierung und Planung sind vorhanden, um den Earned Value und andere Werte direkt ausrechnen zu können. • Die gleichen Methoden werden für alle Projekte des Unternehmens verwendet. • Richtige Interpretation des Earned Value durch die Manager und konsequent einleitenden Massnahmen.
Kennzahlen
Die Earned Value Analyse basiert auf der Gegenüberstellung der drei folgenden Basiswerten: Plankosten, Ist-Kosten und den Soll-Kosten. Diese Basiswerte sind ähnlich wie bei der Plankostenrechnung des Produktionscontrollings . Aus diesen Basiswerten lassen sich weitere relative und absolute Werte bzw. Grössen ermitteln. (Zirkler et al., 2019, S. 69) Nachfolgend werden alle Kennzahlen beschrieben und aufgezeigt, wie sie zu deuten sind. In der untenstehenden Tabelle sind alle Kennzahlen zur Earned Value Analyse zusammengefasst.
Abkürzung | Bezeichnung Englisch | Bezeichnung Deutsch | Formel |
---|---|---|---|
BAC | Budget at Completion | Plangesamtkosten bei Fertigstellung | Keine Formel |
PV | Planned Value | Plankosten | Plankosten = Planpreis * Planmenge |
AC | Actual Cost | Ist-Kosten | Ist-Kosten = Ist-Preis * Ist-Menge |
EV | Earned Value | Soll-Kosten | Soll-Kosten = Planpreis * Ist-Menge |
CV | Cost Variance | Kostenabweichung | Kostenabweichung = Soll-Kosten – Ist-Kosten |
SV | Schedule Variance | Zeitabweichung | Zeitabweichung = Soll-Kosten - Plankosten |
CPI | Cost Performance Index | Kosteneffizienz | Kosteneffizienz = Soll-Kosten / Ist-Kosten |
SPI | Schedule Performance Index | Zeiteffizienz | Zeiteffizienz = Soll-Kosten / Plankosten |
CR | Crtitical Rate / Project Health | Projektgesundheit | Projektgesundheit = Kosteneffizienz * Zeiteffizienz |
EAC I | Estimated at Completion | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung = Ist-Kosten + (Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Soll-Kosten) / Kosteneffizienz |
EAC II | Estimated at Completion | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung = Ist-Kosten + (Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Soll-Kosten) / Projektgesundheit |
ETC | Estimated to Completion | Erwartete Restkosten | Erwartete Restkosten = geschätzte Gesamtkosten – Ist-Kosten |
VAC | Variance at Completion | Gesamtkostenabweichung | Gesamtkostenabweichung = Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung |
Quellen
Literaturverzeichnis
- Becker, W. & Kunz, C. (2009). Earned Value Methode. Die Betriebswirtschaft, 2009 (3), S. 419-422.
- Drews, G. & Hillebrand, N. (2007). Lexikon der Projektmanagement-Methoden. München: Rudolf Haufe Verlag.
Weiterführende Literatur
- Meyer, H. & Reher, H. (2016). Projektmanagement. Von der Definition über die Projektplanung zum erfolgreichen Abschluss. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Schreckeneder, B. C. (2013). Projektcontrolling. Projekte überwachen, steuern, präsentieren (4. Aufl.). Freiburg: Haufe-Lexware.
Autoren
Niklaus Samuel Balz, Alexander Bitterli, Manuel Camenzind, Giuliano Cucciolillo