Deutsche Post DHL – Führen mit Zielen
Das folgende Praxisbeispiel veranschaulicht die Umsetzungsmöglichkeiten des Management by Objectives anhand der strategischen Neuausrichtung der Deutschen Post DHL. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung des Beitrages von Marco Wendel im Sammelwerk „Führen mit Zielen. Konzepte-Erfahrungen-Erfolgsfaktoren“ von Schwaab et al. Ziel ist es aufzuzeigen, wie das Führen mit Zielen in einer Unternehmung umgesetzt werden kann. Die Grenzen des MbO-Konzepts und dessen Verknüpfungen mit einem Anreizsystem werden bewusst nicht angesprochen.
Geschichte Deutsche Post DHL
1990 wurde die Deutsche Bundespost privatisiert und begann sich ab Ende der 90er Jahre von einer nationalen Verwaltungsbehörde hin zu einem international agierenden Konzern zu entwickeln. Nach Übernahmen von kleinen Firmen in Europa folgten ab 1999 die ersten grösseren Übernahmen. 2002 wurde der global agierende Expressdienstleister DHL übernommen. Nur gerade drei Jahre später wurde der Logistikkonzern Excel übernommen und die Deutsche Post kaufte sich beim Mehrwertdienstleister Williams Lea ein. Die nun unter dem Namen Deutsche Post DHL operierende Unternehmung ist aktuell in die vier Geschäftsbereiche Mail, Express, Global Forwarding/Freight und Supply Chain gegliedert und ist in 220 Ländern mit insgesamt rund 500‘000 Mitarbeitenden tätig. Sie ist somit das siebtgrösste Privatunternehmen der Welt.
Strategiewechsel: Fokussierung auf das organische Wachstum
Die zahlreichen Übernahmen und Integrationen führten zu einer grundlegenden Umstrukturierung und neuen organisatorischen Grundlage. Nach dem starken externen Wachstum wurde ein Strategiewechsel eingeleitet: Organisches Wachstum mit Fokussierung des Kerngeschäfts. Ziel war es sowohl bei den Kunden als auch bei den Investoren und Mitarbeitern die erste Wahl zu werden. Um dies zu erreichen, wurden die folgenden zwei Konzerninitiativen eingeleitet:
1. Die „Roadmap to Value“ beinhaltet die drei Stossrichtungen
a. Zentraler Steuerungsmechanismus EAC – EBIT after Asset Charge. b. Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der Postbank. c. Neuausrichtung des US-inneramerikanischen Expressgeschäfts.
2. Die Initiative „First Choice“ fokussierte zum einen auf eine verstärkte Ausrichtung auf den Kunden, sowie auf eine Verbesserung der Prozessqualität.
Wichtiger Bestandteil der Neuausrichtung war auch ein Wechsel des Konzernvorstands.
motiv8: Umsetzung der neuen Strategie mit Management by Objectives
Die Privatisierung, zahlreiche Akquisitionen, die Entwicklung neuer Geschäftsfelder und die umfangreichen Investitionen stellten für die Mitarbeitenden grosse Veränderungen dar. Mit einem Personalkostenanteil von rund 75 Prozent stellte die strategische Führung der Mitarbeitenden einen immensen erfolgskritischen Faktor dar.
Als dezentrale Organisation mit rund 500‘000 Mitarbeitern in 220 Ländern stand die Deutsche Post DHL vor der Herausforderung, die gesamte Organisation auf die neue Strategie auszurichten. Um dies zu bewerkstelligen, führte die Deutsche Post DHL das Führen mit Zielen ein. Das zielorientierte Führen ermöglichte es, die gesamte Unternehmung auf die neue Strategie auszurichten und die Führung für strategische Veränderungsprozesse zu sensibilisieren. Im Rahmen des neuen Managementansatzes wurde der jährliche „motiv8“-Prozess ins Leben gerufen. In Abbildung 1 sind die vier Grundbausteine des motiv8-Prozesses dargestellt.
Ausgangspunkt des Prozesses sind die wertbasierten Kompetenzen. Dabei handelt es sich um einen konzernweit einheitlichen Bewertungsmassstab. Jeder Führungsverantwortliche beurteilt dabei einmal jährlich seine Mitarbeitenden. Das Spezielle daran ist, dass er nicht nur die direkt messbaren Leistungen der Mitarbeitenden evaluiert, sondern auch das Abschneiden in acht Kompetenzen, die für das ganze Unternehmen einheitlich definiert wurden. Dazu gehören das kundenorientierte Denken und Handeln, die Verbesserung von Produkten und Prozessen und das Führen von und Zusammenarbeiten in Teams (Welp, 2007, S. 64).
Im Rahmen der Leistungsbeurteilung werden Ziele definiert und überprüft sowie Ergebnisse, Verhalten und Kompetenzausprägungen standardisiert beurteilt. Zur Motivationssteigerung der Mitarbeiter werden diese aktiv miteinbezogen, indem sie ihre Einschätzungen und Erwartungen miteinbringen. Beurteilt wird neben der Zielerreichung (was erreicht wurde) auch die Ausführung (wie es erreicht wurde). Im Rahmen der Entwicklungskonferenz werden die Potenziale der jeweiligen Mitarbeitenden identifiziert. Der motiv8-Prozess endet mit den Entwicklungsmassnahmen, welche individuell zugeschnitten sind. Die Entwicklungskonferenz und –massnahmen ermöglichen es der Deutschen Post DHL intern Mitarbeitende mit Fach-, Führungs- und Projektpotenzialen zu identifizieren und gezielt zu fördern.
Der motiv8-Prozess wird durch einen unterjährigen Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden ergänzt. Im Fokus stehen dabei der Realisierungsgrad der vereinbarten Ziele, die gezeigte Leistung sowie der Umsetzungsstand der vereinbarten Entwicklungsmassnahmen.
Erfolgsfaktoren des motiv8-Prozesses der Deutschen Post DHL
Das Führen mit Zielen verhalf der Deutschen Post DHL zu einer gelungenen strategischen Neuorientierung. Noch heute ist dieser Managementansatz das Herzstück der Führungsphilosophie der Deutschen Post DHL. Ausschlaggebend für die gelungene Umsetzungen und Weiterentwicklung waren:
- Klare Kommunikation seitens der Unternehmensleitung.
- Akzeptanz der Angestellten gegenüber dem neuen Managementansatz.
- Integration der Mitarbeitenden in den Leistungsbeurteilungsprozess.
- Leistung wird als Summe von Gruppen- und Individualergebnissen bewertet.
- Förderung der Mitarbeitenden.
- Interne Aufstiegsmöglichkeiten der Angestellten.
- SMART-Prinzip bei der Zieldefinition.
- Finanzielle und Nicht-Finanzielle Zielgrössen.
Quelle
- Wendel, M. (2010). Führen mit Zielen – Anwendung, Chancen und Begrenzungen. In M.-O. Schwaab, G. Bergmann, F. Gairing & M. Kolb (Hrsg.). Führen mit Zielen. Konzepte-Erfahrungen-Erfolgsfaktoren(3. Aufl.) (S. 211-226). Wiesbaden: Gabler.
- Welp, C. (2007). Sanfter Zwang. WirtschaftsWoche, Nr. 29, S. 64.