Produktionskostenbezogene Abweichungsanalyse
Im Rahmen einer Soll-Ist-Abweichungsanalyse untersucht das Produktionscontrolling, ob die erwarteten und geplanten Produktionskosten mit den angefallenen Ist-Kosten übereinstimmen. Die Differenz zwischen den Ist-Produktionskosten und den Plan-Produktionskosten wird als Gesamtabweichung bezeichnet (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206). Um detaillierte Ursachenuntersuchungen vornehmen zu können, wird die Gesamtabweichung in eine Preisabweichung, Verbrauchsabweichung und Beschäftigungsabweichung unterteilt (Bauer, 2009, S. 207, Schöb, 2016, S. 1).
Preisabweichung: Die Preisabweichung erklärt den Teil der Gesamtabweichung, welcher aufgrund von ausserbetrieblichen Preisschwankungen, beispielsweise beim Einkauf von Rohstoffen, entsteht (Reichmann et al., 2017, S. 365, Schöb, 2016, S. 1).
Verbrauchsabweichung: Die Verbrauchsabweichung, welche die Differenz zwischen dem Ist-Verbrauch und dem Soll-Verbrauch zu Planpreisen berechnet, ist ein Indikator für die Effizienz des Produktionsprozesses (Reichmann et al., 2017, S. 365; Schöb, 2016, S. 2).
Beschäftigungsabweichung: Die Beschäftigungsabweichung eruiert, welche Abweichung zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung besteht. Sie entsteht beispielsweise dadurch, dass bei der Berechnung des Fixkostensatzes eine zu geringe oder zu hohe Anzahl Stücke, Rüstungsstunden oder Betriebsstunden angenommen wurde. Die Beschäftigungsabweichung ist ein Indikator, um ungenutzte Kapazitäten auszuweisen (Schöb, 2016, S. 1).
Zur Eruierung von kurzfristig beeinflussbaren, unwirtschaftlichen Produktionsvorgängen ist vor allem eine detaillierte Analyse der Verbrauchsabweichung sinnvoll (Reichmann et al., 2017, S. 365-366; Horvath & Partner, 1995, S. 73 zit. in Bauer, 2009, S. 206). Um das primäre Ziel der Wirtschaftlichkeitsüberwachung zu erreichen, muss das Produktionscontrolling nicht jede Kostenabweichung analysieren. Um sich auf die wesentlichen Kostenstellenabweichungen zu fokussieren, ist es analog der ABC-Analyse sinnvoll, Verantwortungsbereichen mit grossen Produktionskostenanteilen genauer im Auge zu behalten (Reichmann et al., 2017, S. 368; Bauer, 2009, S. 206).
In der Detailanalyse können Verbrauchsabweichungen beispielsweise in folgende Teilabweichungen unterteilt werden (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206):
Verfahrensabweichung: Diese Abweichungen können sich ergeben, wenn das Produktionsverfahren aufgrund von Betriebsstörungen, Terminproblemen oder sonstigen Engpässen nicht wie geplant umgesetzt werden kann (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206).
Materialabweichung: Die Materialabweichung gibt an, wie sich der tatsächliche Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit vom geplanten Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit unterscheidet (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206-207).
Intensitätsabweichung: Die Intensitätsabweichung kann durch einen veränderten Nutzungsgrad der Betriebsmittel oder Leistungsschwankungen bei den Mitarbeitenden entstehen (Bauer, 2009, S. 206).
Seriengrössenabweichung: Diese Abweichungen ergeben sich aufgrund von veränderten Losgrössen, welche Auswirkungen auf die Rüstzeit und Rüstkosten pro produzierte Einheit haben (Reichmann et al., 2017, S. 371-372).
Nutz- und Leerkostenanalyse Zur Eruierung von langfristig unwirtschaftlichen Produktionsvorgängen ist ein Einbezug der Fixkosten in die Analysen des Produktionscontrollings sinnvoll. Die Kostenabweichung zwischen Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung heisst Beschäftigungsabweichung. Die Beschäftigungsabweichung stellt keine Minder- oder Mehrkosten dar, sondern entsteht dadurch, dass je nach Überbeschäftigung oder Unterbeschäftigung zu viel beziehungsweise zu wenig fixe Kosten kalkuliert und auf die Kostenträger verrechnet wurden. Bei einer Unterbeschäftigung wird weniger produziert als geplant und die Fixkosten können auf eine tiefere Stückzahl verteilt werden. In diesem Fall wird den Kostenträgern ein zu tiefer Fixkostentarif verrechnet (Reichmann et al., 2017, S. 372-374; Schöb, 2016, S. 1). Die Berechnung der Beschäftigungsabweichung ist in der Praxis verbreitet, weil sie ungenutzten Kapazitäten, die sogenannten Leerkosten, eines Produktionsbetriebs ausweist. Diese gilt es mit einer genauen Kapazitätsplanung, welche auf den Analysen des Produktionscontrollings basiert, möglichst zu minimieren (Schöb, 2016, S. 1).