Scrum
Scrum ist die am weitesten verbreitete agile Methode (Judt & Klausegger, 2019, S. 44; Link, 2014, S. 76; vgl. Hanschke, 2017, S. 9; vgl. Schastok, Munck & Lill, 2018, 205). Seit den frühen 1990er Jahren findet der Begriff Scrum Verwendung als Rahmenwerk für Prozesse bezüglich Arbeitsmanagement an komplexen Produkten. Scrum kann nicht als Prozess, Technik oder als vollständige Methode angesehen werden. Es handelt sich vielmehr um ein Rahmenwerk, in welchem unterschiedliche Prozesse und Techniken zum Einsatz gebracht werden können. Durch Scrum soll die Wirksamkeit des Produktmanagements und den damit verbundenen Arbeitstechniken sichtbar gemacht werden, mit dem Ziel, das Produkt, das Team und die Arbeitsumgebung zu verbessern (Schwaber & Sutherland, 2017, S. 3; vgl. Böhm, 2019, S. 30-31). Die besondere Stellung von Scrum kommt davon, da es sehr offen formuliert ist (Dams, 2019, S. 19).
Definition und Ziele
Scrum ist ein Rahmenwerk, in wessen Individuen komplexe und adaptive Aufgabenstellungen angehen können. Durch dies sollen sie befähigt werden, in produktiver und kreativer Weise, Produkte von höchstmöglichem Wert auszuliefern (Schwaber & Sutherland, 2017, S. 3). Es gibt zwei Hauptziele für den Einsatz von Scrum. Einerseits das flexible Reagieren auf Veränderungen (hauptsächlich auf Forderungen von Kunden) und andererseits das Erreichen des höchstmöglichen Kundennutzens durch das Ausliefern in kürzester Zeit. Im Zentrum steht die Kooperation, die Selbstverantwortung und Selbstorganisation innerhalb eines Teams (Goll & Hummel, 2015, S. 82).
Folgende Charakteristika beinhaltet Scrum (Goll & Hummel, 2015, S. 84).
- Mitwirkung des Kunden
- Selbst organisierte Entwicklungsteams
- Priorisierung der Aufgaben
- Iterative und inkrementelle Vorgehensmodelle unter Einhaltung eines festen Zeitrahmens (Timebox genannt), gemäss welchem das Scrum Team regelmässig die wichtigsten Features liefert.
- Offene Kultur mit viel Transparenz
- Regelmässige Überprüfung (Inspection genannt) von Produkten und Methoden und flexibles Anpassen (Adaption genannt) an sich ändernde Anforderungen.
Abgrenzung Fachbegriffe
In der nachfolgenden Tabelle werden die wichtigsten Begriffe von Scrum erklärt.
Begriff | Erklärung |
---|---|
Scrum | Das Wort Scrum stammt aus dem englischen und heisst übersetzt «Gedränge». Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Rugby (Hoffmeyer, 2019, online). |
Product Backlog | Liste mit Arbeitspaketen, welche vom Entwicklungsteam bearbeitet werden (Goll & Hommel, 2015, S. 87-88). |
Sprint Backlog | Ist eine Aufgabenliste, welche aus dem Product Backlog abgeleitet wird. Aufgaben, welche innerhalb eines Sprints bearbeitet werden sollen, sind darin definiert (Dams, 2019, S. 20). |
Daily Stand-up / Daily Scrum Meeting |
Ist eine tägliche Besprechung, welche in der Regel maximal 15 Minuten dauert. Das Entwicklungsteam bespricht in diesem Meeting den Arbeitsfortschritt, die nächsten Aufgaben und allfällige Probleme (Hoffmeyer, 2019, online; Dams, 2019, S. 20). |
Sprint | Heisst übersetzt aus dem Englischen «Lauf». Dieses Wort stammt ebenfalls aus dem Rugby und bezeichnet dort eine Bewegung, die den Ball ein Stück Richtung Ziel bringt. Der Sprint ist ein festgelegter Arbeitszyklus und dauert im Scrum zwischen 1 und 4 Wochen (Hoffmeyer, 2019, online). |
Sprint Review | Am Ende jedes Sprints wird das Ergebnis (Product Increment) dem Product Owner und den Stakeholdern (Kunden) in Form eines Sprint-Reviews präsentiert (Dams, 2019, S. 20). |
Sprint Retrospektive | Findet nach dem Sprint Review statt. Erfahrungen werden innerhalb des Entwicklungsteams und Product Owner ausgetauscht, um Verbesserungsmöglichkeiten für den nächsten Sprint zu besprechen (Dams, 2019, S. 20). |
Sprint Planning Meeting | Feedback vom Review und der Retrospektive fliessen hier ein. Das Meeting plant den Inhalt des nächsten Sprints (Dams, 2019, S. 20). |
Product Increment | Ist Teil des Systems und muss einwandfrei funktionieren und ist das Ergebnis eines Sprints (Goll & Hommel, 2015, S. 83, 96). |
Scrum-Team
Scrum geht von der Beobachtung aus, dass kleine und eigenverantwortliche, sich selbst organisierende Teams aufgrund einer höheren Motivation effizienter sind als grosse, heterogene Teams, die durch Vorgaben und Anforderungen Dritter angeleitet werden. Das Entwicklungsteam organisiert sich selbständig und wird vom Management nicht gesteuert, sondern informiert dieses. Dies führt zu einer Erhöhung der Motivation der Teammitglieder (Goll & Hummel, 2015, S. 85). Der Erfolg des Scrum-Einsatzes beruht darauf, dass sich die Beteiligten dazu verpflichten, die Ziele des Scrum-Teams zu erreichen und den Mut haben, das Richtige zu tun und an schwierigen Problemen zu arbeiten. Das Scrum-Team und die verbundenen Stakeholder sind sich einig darüber, im Umgang mit allen Belangen und Herausforderungen ihrer Arbeit offen umzugehen. Die Teammitglieder respektieren sich als fähige, eigenverantwortliche Personen (Schwaber & Sutherland, 2017, S. 5-6). Das Scrum Team besteht üblicherweise aus den drei nachfolgend aufgelisteten Rollen (Dams, 2019, S. 18; Goll & Hommel, 2015, S. 84-85, 88-91):
Rolle | Erklärung |
---|---|
Product Owner | Vertritt im Projekt die Interessen der Stakeholder (Kunden) und soll den Wert des Produktes maximieren. Er erstellt das Product Backlog (Liste mit priorisierten Anforderungen). |
Scrum Master | Coach des Teams. Moderiert die Meetings und ist für das Prozessmanagement zuständig. Zusätzlich soll er Hindernisse beseitigen, sodass das Entwicklungsteam effizient arbeiten kann. |
Entwicklungsteam / Scrum Team |
Organisiert sich selbst (nicht von Management gesteuert). Das Entwicklungsteam informiert das Management und ist für die Sprints verantwortlich. |
Scrum-Prozess
Beim Rahmenwerk Scrum ist das Ziel, mit dem Kunden in kurzen Zyklen, sogenannten Sprints, Fragmente (Inkremente) eines Projekts zu entwickeln. Das Wichtigste soll dabei zuerst gemacht werden (Goll & Hommel, 2015, S. 76-77). Der Scrum-Methode liegt folgender Prozess zugrunde (vgl. Abb. 1):
Nachdem der «Product Backlog» vom «Product Owner» erstellt worden ist, findet ein «Sprint Planning Meeting» mit dem «Scrum Team» statt, in welchem der nächste «Sprint» geplant wird. Der «Scrum Master» moderiert jeweils die Meetings. Die zu erledigenden Aufgaben sind im «Sprint Backlog» definiert. Während des «Sprint-Zyklus» finden täglich «Daily Stand-ups» statt. An diesen kurzen Meetings wird üblicherweise der Fortschritt des aktuellen «Sprints» auf einem Taskboard visualisiert. Nach Ende des «Sprint-Zyklus» liegt ein «Product Increment» vor, welches dem «Product Owner» und den Stakeholdern in einem «Sprint-Review» präsentiert wird. Durch die «Sprint Retrospektive» mit dem «Product Owner» werden Verbesserungsmöglichkeiten für den nächsten «Sprint» besprochen. Dann startet der iterative Prozess wieder mit dem «Sprint Planning Meeting», solange bis das Endziel resultiert (Dams, 2019, S. 19-20; Goll & Hommel, 2015, S. 87-98).
Quellen
Literaturverzeichnis
- Böhm, J. (2019). Erfolgsfaktor Agilität: Warum Scrum und Kanban zu zufriedenen Mitarbeitern und erfolgreichen Kunden führen (E-Book). Wiesbaden: Springer Vieweg.
- Dams, C. M. (2019). Agiles Event Management. Vom „Wow“ zum „How“ im erfolgreichen Event Management (E-Book). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Goll, J. & Hommel D. (2015). Mit Scrum zum gewünschten System (E-Book). Wiesbaden: Springer Vieweg.
- Hanschke, I. (2017). Agile in der Unternehmenspraxis. Fallstricke erkennen und vermeiden, Potentiale heben. München: Springer Vieweg.
- Hoffmeyer, M. (2019, 19. Mai). Wird mit bunten Zetteln wirklich alles besser? Süddeutsche Zeitung, abgerufen am 24. Oktober 2019 von https://www.sueddeutsche.de/karriere/agilitaet-scrum-kanban-1.4438226?print=true
- Judt, E. & Klausegger, C. (2019). Agiles Management. Bank und Markt, 7, 43-44.
- Link, P. (2014). Agile Methoden im Produkt-Lifecycle-Prozess – Mit agilen Methoden die Komplexität im Innovationsprozess handhaben. In K.-P. Schoeneberg (Hrsg.). Komplexitätsmanagement in Unternehmen: Herausforderungen im Umgang mit Dynamik, Unsicherheit und Komplexität meistern. Wiesbaden: Springer Gabler. 65-92.
- Schastok, I., Munck, J. & Lill, P. (2018). Steuerung agiler Teams und Organisationen: Kontinuierliche Leistungssteigerung und Anpassungsfähigkeit sicherstellen. In R. Gleich & J. Munck (Hrsg.). Die richtigen Kennzahlen optimal nutzen: Auswahl, Gestaltung, Implementierung, Praxisbeispiele. München: Haufe Lexware. 201-216.
- Schwaber, K., & Sutherland, J. (2017). Der Scrum Guide. Der gültige Leitfaden für Scrum: Die Spielregeln. Abgerufen am 21.10.2019 von https://www.scrumguides.org/docs/scrumguide/v2017/2017-Scrum-Guide-German.pdf
Weiterführende Literatur
- Eschlbeck, D. (2016). Agiles Management: Chance oder Bedrohung für Controller? Controller Magazin, 41 (4), 36-40.
- Fuchs, C. & Barthel, P. & Winter, K. & Hess, T. (2019). Agile Methoden in der digitalen Transformation – mehr als ein Konzept für die Softwareentwicklung. Wirtschaftsinformatik & Management. 11 (4), 196-207.
- Gonçalves, L. (2018). Scrum. Controlling & Management Review, 62 (4), 40-42.
- Knittel, O. & Seckinger, O. (2014). Wer Scrum einführt, muss auch agil werden. Projekt Magazin, 14 (19), 1-8.
- Rigby, D. K., Sutherland, J., & Takeuchi, H. (2016). Embracing Agile. Abgerufen am 28. September 2019 von https://hbr.org/2016/05/embracing-agile
Autoren
Aline Pernollet, Fabio Rippstein, Juri Spillmann, Manuel Süess, Patrizia Suter