Das Ziel „nachhaltiges Unternehmenswachstum“ kann durch die Renditemessgrössen und die Messgrössen aus der Erfolgsrechnung nur indirekt gemessen werden. Diese traditionellen Messgrössen beachten ausschliesslich eine kurzfristige Erfolgsperiode. Um das langfristige Unternehmenswachstum zu analysieren, sollten bei der Leistungsmessung von Investment-Centern die traditionellen Erfolgskennzahlen durch wertorientierte Kennzahlen ersetzt, beziehungsweise ergänzt werden. Diese Denkweise ist auf den Shareholder-Value-Ansatz zurückzuführen (Lux, 2010, S. 118-120).
Traditionellerweise orientiert sich die Leistungsmessung eines Unternehmens an Renditemessgrössen. Eine rein auf buchhalterischen Erfolgszahlen basierende Messung wird heute jedoch hinterfragt.
Beck (2003) erwähnt die folgenden negativen Aspekte von Renditemessgrössen (S. 5-6):
Mangelnde Übereinstimmung mit dem Marktwert des Unternehmens.
Mangelnde Berücksichtigung von Investitionserfordernissen.
Manipulierbarkeit auf Grund der Ansatz- und Bewertungswahlrechte.
Kurzfristige Betrachtung.
Mangelnde Risikoberücksichtigung.
Vergangenheitsorientierung.
Um diese negativen Aspekte zu vermeiden, wird die Leistung von Unternehmen vermehrt anhand wertorientierter Kennzahlensysteme beurteilt (Gladen, 2011, S. 117).
Ziele
Wertorientierte Kennzahlen beantworten die Frage, ob die Unternehmung während einer bestimmten Zeitperiode Wert generiert oder vernichtet. Jedes Unternehmen will nachhaltiges Unternehmenswachstum erreichen. Deshalb werden mit Hilfe wertorientierter Kennzahlensysteme die richtigen Anreize geschaffen, um die Mitarbeitenden auf das Unternehmensziel „nachhaltige Wertsteigerung“ auszurichten. Das Anreizsystem sowie das Kennzahlensystem sollten regelmässig mit den strategischen Zielsetzungen der Unternehmung abgestimmt werden (Ossadnik, 2009, S. 325-326).
Eine wertorientierte Leistungsmessung erfüllt die in der Tabelle 1 aufgeführten Anforderungen an das Kennzahlensystem. In der Praxis werden oftmals Abstriche bezüglich Messgenauigkeit gebilligt. Dadurch befindet sich die Unternehmung bei der Umsetzung der wertorientierten Leistungsmessung immer in einem Spannungsfeld zwischen der Messgenauigkeit und der Praktikabilität (Beck, 2003, S. 66).
Bei der Erarbeitung des Kennzahlensystems sollten nicht nur einzelne Kennzahlen, sondern auch deren Werttreiber berücksichtigt werden. Diese sind spezifische Wertgrössen, die aus quantitativer oder qualitativer Sicht einen Einfluss auf das Kennzahlensystem haben. Ein Konzept mit diesen Werttreibern ist der Werttreiberbaum. Dabei bestimmt die Unternehmungsführung eine wertorientierte Schlüsselkennzahl um die Leistung der Gesamtunternehmung zu messen. Anschliessend werden alle Werttreiber, die einen Einfluss auf diese Kennzahl haben, aufgeführt. Diese werden den einzelnen Geschäftsbereichen zugeordnet und durch ein effektives Anreizsystem optimal gefördert (Ahlrichs & Knupperts, 2006, S. 33-34).
Die Vielzahl von Werttreibern, die teilweise nicht durch das Unternehmen selbst beeinflusst werden, unterliegen grossen Bewertungsunsicherheiten. Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass einst getroffene Annahmen die aktuelle wie auch die künftige Unternehmenssituation nicht immer zutreffend abbilden können. Dies bedarf einer ständigen Kontrolle der gewählten Prämissen und getroffenen Annahmen (Coenenberg & Salfeld, 2007, S. 270).
Methoden
Abbildung 1: Systematisierung wesentlicher wertorientierter Kennzahlen (Beck, 2003, S. 68)
Abbildung 1 zeigt eine Übersicht über alle wertorientierten Kennzahlen. In der Abbildung ist ersichtlich, dass die wertorientierten Kennzahlenberechnungen sowohl auf Cash Flows als auch auf rein bilanziellen Erfolgskennzahlen basieren. Wesentlich bei der Beurteilung der ermittelten Kennzahlen ist die Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Kennzahlen. Absolute Zahlen veranschaulichen eine konkrete Wertveränderung. Sie können jedoch nicht zum Vergleich verschiedener Unternehmen herbeigezogen werden, da die Relation der Wertveränderung im Verhältnis zum eingesetzten Kapital nicht dargelegt wird. Diese Information wird durch relative Kennzahlen abgedeckt, welche mit jenen anderer Unternehmen vergleichbar sind (Beck, 2003, S. 68-69).
Investment-Center sind autonome Geschäftseinheiten. Diese Autonomie muss beim Erstellen des Kennzahlensystems berücksichtigt werden. Faktoren, auf welche das Investment-Center keinen Einfluss nehmen kann (z.B. eine von der Unternehmensleitung vorgegebene Steuerstrategie), verzerren die ermittelten Werte. Um dies zu vermeiden, müssen die entsprechenden Inputgrössen der jeweiligen Unternehmensstruktur angepasst werden (Jung, 2007, S. 43-44).
Nachfolgend werden die Messmethoden, welche für die wertorientierte Leistungsmessung von Investment-Centern verwendet werden, erläutert (Beck, 2003, S. 68). Der Return on Capital Employed sowie der Return on Net Assets gehören auch zu den Erfolgsmessgrössen und werden im Rahmen der Renditemessgrössen behandelt.
(in Anlehnung an Stiefl & von Westerholt, 2008, S. 70-71)
Operative Ergebnisse und Entscheidungen in einer Geschäftsperiode haben nur geringen Einfluss auf die nach den Discounted Cash Flow Verfahren evaluierten Unternehmenswerte.
Der Residualwert hat einen grossen Einfluss auf den Unternehmenswert und unterliegt beträchtlichen Bewertungsunsicherheiten.
Die Ermittlung der Kapitalkosten (vgl. Weighted Average Cost of Capital) sowie der zukünftigen Cash Flows unterliegen oftmals einer subjektiven und aufwändigen Bewertung.
Die Kapitalkostensätze sind aufgrund der Umweltentwicklung und der Kapitalstruktur des Unternehmens Schwankungen unterzogen. Im Modell wird jedoch ein konstanter Kapitalkostensatz angenommen.
Der Economic Value Added® ist eine Messgrösse, welche die Veränderung des Unternehmenswerts in einer Geschäftsperiode identifiziert. Resultiert ein positiver Economic Value Added®, bedeutet dies, dass alle Kosten für das eingesetzte Kapital gedeckt und zusätzlich ein Wertbeitrag erwirtschaftet werden konnte. Die Stern Stewart und Co. hat dieses einperiodische Leistungsmessungsverfahren entwickelt (Kumar & Sharma, 2012, S. 200-201). Die Errechnung des Economic Value Added® erfolgt wie in Abbildung 3 dargestellt:
(in Anlehnung an Stiefl & von Westerholt, 2008, S. 78-81; Gladen, 2008, S. 138-142)
Die kurzfristige Maximierung des Economic Value Added® in der laufenden Geschäftsperiode kann den zukünftigen Economic Value Added® schaden. Dies bewirkt, dass Projekte, welche während der ersten Geschäftsperiode einen negativen Economic Value Added® haben, nicht realisiert werden. Obwohl diese Projekte langfristig positive Economic Value Added® generieren.
Diese Messgrösse bezieht sich auf Vergangenheitswerte. Die Zukunft wird ignoriert.
Bewertungsgrundsätze (vgl. Rechnungslegungsstandards) haben Auswirkungen auf den Economic Value Added®, da diese in der Praxis nur teilweise adjustiert werden.
Die Kapitalkostensätze sind aufgrund der Umweltentwicklung und der Kapitalstruktur des Unternehmens Schwankungen unterzogen. Im Modell wird jedoch ein konstanter Kapitalkostensatz angenommen.
Bewertungsgrundsätze (vgl. Rechnungslegungsstandards) haben Auswirkungen auf den Market Value Added, da diese in der Praxis nur teilweise adjustiert werden.
In der Theorie existieren zwei verschiedene Arten des Cash Flow Return on Investment. Die neuste Variante von der Boston Consulting Group ist einfacher zu berechnen, aussagekräftiger und wird in der Praxis mehrheitlich verwendet. Beide Varianten ergeben eine relative Grösse. Der gesamte Cash Flow Return on Investment basiert auf dem Bruttocashflow (Gladen, 2008, S. 143-145).
Anhand des Cash Flow Return on Investment (Variante II), dessen Berechnung in Abbildung 5 dar-gestellt ist, kann festgestellt werden, welche Geschäftseinheiten Wert generieren resp. vernichten. Dadurch können die verfügbaren Ressourcen besser eingesetzt werden (Ossadnik, 2009, S. 333-334).
(in Anlehnung an Stiefl & von Westerholt, 2008, S. 73-76; Gladen, 2008, S. 143-145)
Die kurzfristige Maximierung des Cash Flow Return on Investment in der laufenden Geschäftsperiode kann den zukünftigen Cash Flow Return on Investment schaden. Dies bewirkt, dass Projekte, welche während der ersten Geschäftsperiode einen tiefen Cash Flow Return on Investment haben, nicht realisiert werden. Obwohl diese Projekte langfristig hohe Cash Flow Return on Investment generieren.
(in Anlehnung an Stiefl & von Westerholt, 2008, S. 73-76; Gladen, 2008, S. 143-145)
Die kurzfristige Maximierung des Cash Value Added in der laufenden Geschäftsperiode kann den zukünftigen Cash Value Added schaden. Dies bewirkt, dass Projekte, welche während der ersten Geschäftsperiode einen tiefen Cash Value Added haben, nicht realisiert werden. Obwohl diese Projekte langfristig hohe Cash Value Added generieren.
Diese Messgrösse bezieht sich auf Vergangenheitswerte. Die Zukunft wird ignoriert.
In der Praxis ist die Aufschlüsselung in verzinsliches und nicht verzinsliches Fremdkapital nur schwer ermittelbar (vgl. Bruttoinvestitionsbasis).
Ahlrichs, F. & Knupperts, T. (2006). Controlling von Geschäftsprozessen. Stuttgart: Schaeffer-Poeschel Verlag.
Beck, R. (2003). Erfolg durch wertorientiertes Controlling. Entscheidungen unterstützende Konzepte. Berlin: Erich Schmid Verlag.
Coenenberg, A. & Salfeld, R. (2007). Wertorientierte Unternehmensführung. Vom Strategieentwurf zur Implementierung (2. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
Gladen, W. (2008). Performance Measurement. Controlling mit Kennzahlen (4. Aufl.). Wiesbaden: Gabler Fachverlage GmbH.
Gladen, W. (2011). Performance Measurement. Controlling mit Kennzahlen (5. Aufl.). Wiesbaden: Gabler Fachverlage GmbH.
Guserl, R. & Pernsteiner, H. (2011). Finanzmanagement. Grundlagen – Konzepte – Umsetzung. Wiesbaden: Gabler | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.
Hoke, M. (2002). Unternehmensbewertung auf Basis EVA. Erfahrungen bei der Implementierung eines EVA-basierten Bewertungsmodells. Der Schweizerische Treuhänder, 9/02, S. 765-770.
Jung, H. (2007). Controlling (2. Aufl.). München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH.
Kumar, S. & Sharma, A. (2010). Economic Value Added - Literature Review and Relevant Issues. International Journal of Economics and Finance, 2, S. 200-220.
Lux, W. (2010). Performance Management. Effiziente Strategieentwicklung und -umsetzung. Stuttgart: Kohlhammer GmbH.
Ossadnik, W. (2009). Controlling (4. Aufl.). München: Oldenbourg Verlag.
Rappaport, A. (2006). Ten Ways to Create Shareholder Value. Harvard: Harvard Business Review.
Stiefl, J. & von Westerholt, K. (2008). Wertorientiertes Management. Wie der Unternehmenswert gesteigert werden kann. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH.