ABC-Analyse

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Geprüft: Positiv beurteilt

Die ABC-Analyse ist ein betriebswirtschaftliches Analyseinstrument (Weigel & Ruecker, 2017, S. 120). Aufgrund ihrer einfachen Logik wird das Analyseverfahren vielseitig und in den unterschiedlichsten Unternehmensbereichen und Branchen angewendet (Schawel & Billing, 2012, S. 13). Mit der ABC-Analyse werden Objekte, wie zum Beispiel Materialien, an ihrem Wert- und Mengenanteil am Gesamtwert gemessen und in die drei Klassen A, B und C eingeordnet. A-Objekte werden dabei als sehr wichtig, B-Objekte als weniger wichtig und C-Objekte als eher unwichtig beurteilt. Die Praxis zeigt, dass im Vergleich eine kleine Menge einer Gesamtmasse einen relativ grossen Wert erzielt (Erichsen, 2011, S. 10). Mithilfe dieser Methode ist es möglich, Objekte hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Unternehmung zu klassifizieren, zu strukturieren und geeignete Massnahmen abzuleiten (Schneider & Hennig, 2008, S. 1; Oeldorf & Olfert, 2008, S. 107). Die Analyse ermöglicht die Bildung von Schwerpunkten und Festlegung von Prioritäten im operativen sowie strategischen Bereich (Baier, 2008, S. 321).

Ziel und Zweck

Ziel der ABC-Analyse ist es, aus einer grossen Grundgesamtheit die richtigen Schwerpunkte zu erkennen, die Prioritäten korrekt zu setzen und schnell eine grosse Ergebniswirkung zu erzielen (Erichsen, 2011, S. 11). Mithilfe dieser Methode ist es möglich, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Schwerpunkte in der Rationalisierungsarbeit können mit der ABC-Analyse gezielt festgesetzt werden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 103). Die Priorisierung hilft dem Management, die Aufgaben und Prozesse zu optimieren, die wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen (Hirt, 2014, S. 83).

Die ABC-Analyse unterstützt bei der richtigen Klassifizierung grosser und komplexer Datensätze, um eine einfache Priorisierung des Ressourceneinsatzes vorzunehmen (Schawel & Billing, 2018, S. 15). Wertanteile und Mengenanteile stehen erfahrungsgemäss in einem bestimmten Verhältnis zueinander (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Gemäss Abbildung 1 sind diese wie folgt verteilt:

Abb. 1: Darstellung wertmässige und mengenmässige Verteilung bei der ABC-Analyse (Erichsen, 2011, S. 11)
  • 5 - 10 % der Güter haben etwa 70 - 80 % Anteil am Gesamtwert (A-Güter),
  • 20 - 30 % der Güter haben etwa 20 - 30 % Anteil am Gesamtwert (B-Güter),
  • 70 - 80 % der Güter haben etwa 5 - 10 % Anteil am Gesamtwert (C-Güter).

Die Werte- und Mengenanteile können je nach Branche variieren (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Güter der Kategorie A werden als Objekte mit einer grossen Bedeutung für die Unternehmung eingestuft. Bei C-Objekten hingegen handelt es sich um solche mit einer geringeren Bedeutung. B-Güter werden situativ behandelt (Erichsen, 2011, S. 11-17).

Anwendung und Durchführung

Anwendungsbereiche

Die ABC-Analyse findet ihren Ursprung in der Materialwirtschaft (Buchholz, 2013, S. 147; Erichsen, 2011, S. 10). Aufgrund ihrer einfachen Logik und der Unabhängigkeit von spezifischen Untersuchungsgegenständen lässt sich die ABC-Analyse jedoch universal im Unternehmen einsetzen (Schawel & Billing, 2018, S. 15). Die ABC-Analyse wird unter anderem in folgenden Bereichen angewendet (Buchholz, 2013, S. 144-145; Erichsen, 2011, S. 10-11; Vollmuth, 2008, S. 16-17; Wannenwetsch, 2014, S. 31):

Anwendungsbereich Anwendungsgebiet
Beschaffungscontrolling
  • Lieferantenanalyse
  • Bestellfrequenzen / Bestellverfahren
  • Lagerbestände
Absatzcontrolling
  • Anzahl und Wert von Reklamationen
  • Kundenanalyse
  • Umsatzanalyse
  • Produktgruppen- und Artikelanalyse
  • Verkaufsgebietsanalyse
Kostenbereiche
  • Kostenartenanalyse
  • Kostenstellenanalyse
  • Kostenträgeranalyse
Zeitmanagement
  • Arbeitszeitenanalyse

Die ABC-Analyse kann zudem in Kombination mit der XYZ-Analyse durchgeführt werden. Durch die Erweiterung mit der XYZ-Analyse können unterschiedliche Beschaffungsstrategien für AX-Objekte und CZ-Objekte festgelegt werden (Schön, 2018, S. 176-177). Durch die Kombination können vor allem im Bereich der Materialwirtschaft wertvolle Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente erworben werden (Vollmuth, 2008, S. 226-227).

Voraussetzungen

Damit die ABC-Analyse erfolgreich angewendet werden kann, benötigt es vergleichbare Daten der Unternehmensbereiche, welche analysiert werden sollen (Schawel & Billing, 2018, S. 16). Die notwendigen Prozess- oder Produktdaten inklusiv Werte-, Mengen und Verbrauchsangaben müssen demnach vorhanden sein, um die Mengen und Werte miteinander vergleichen zu können (Hirt, 2014, S. 80; Vollmuth, 2008, S. 16). Idealerweise sind Daten über verschiedene Perioden verfügbar. Diese können anschliessend analysiert und bewertet werden, um daraus Massnahmen abzuleiten (Schawel & Billing, 2018, S. 16).

Ablauf der ABC-Analyse

Abb. 2: Teilschritte zur Durchführung der ABC-Analyse (in Anlehnung an Oeldorf & Olfert, 2008, S. 104)

Grundsätzlich erfolgt die Durchführung der ABC-Analyse in den vier Schritten gemäss Abbildung 2. Je nach Bedarf kann die ABC-Analyse wöchentlich, monatlich, quartalweise oder jährlich durchgeführt werden (Wannenwetsch, 2014, S. 32). Anhand eines einfachen Beispiels aus der Kundenanalyse werden nachfolgend die Details der Arbeitsabläufe aufgezeigt:

Daten erfassen: Zunächst muss eine Liste sämtlicher Kunden und deren Umsätze pro Jahr erstellt und in Tabellenform dargestellt werden (Vollmuth, 2008, S. 18; Schawel & Billing, 2018, S. 16). Damit Zufallsschwankungen vermieden werden können, ist es sinnvoll, mit Jahres- und nicht mit Monatswerten zu arbeiten (Erichsen, 2011, S. 12).

Daten sortieren: Die Kunden werden anschliessend nach ihrem Umsatzanteil sortiert, wobei das Merkmal mit dem höchsten Wert (vgl. Abbildung 3 Umsatz) zuoberst in der Liste aufgeführt wird. Die restlichen Werte werden absteigend sortiert aufgelistet. Danach werden die Prozentanteile der Werte am Gesamtwert berechnet und kumuliert (vgl. Abbildung 3 Kumulierter Umsatz) (Erichsen, 2011, S. 12).

Abb. 3: Kundenanalyse nach Umsatz sortiert und kumuliert (Schawel & Billing, 2018, S. 16)

Auswertung und Klassifizierung: Aufgrund der kumulierten Umsätze lassen sich als nächstes die Klassifizierungen der Kunden bilden. Dafür muss die Liste mithilfe der Werte- und Mengenanteile mit zwei gedanklichen Linien versehen werden. Wo sich die jeweiligen Linien befinden, variiert je nach Branche und muss je nachdem selbst definiert werden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 102). Alle Merkmale oberhalb der ersten Linie werden der A-Klasse zugeordnet. Alle Merkmale unterhalb der zweiten Linie werden in die C-Klasse eingeteilt. Die restlichen Merkmale zwischen den beiden Linien sind der Klasse B zuzuordnen (Erichsen, 2011, S. 12). Das Ergebnis wird anschliessend durch die Zusammenfassung der Wertgruppen dargestellt und grafisch aufbereitet (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 106; Schawel & Billing, 2018, S. 16).

Abbildung 4 zeigt die visualisierte Klassifizierung der verschiedenen Kunden auf, wobei der erste Schnitt zwischen der A- und B-Klasse bei circa 75 Prozent gemacht wird. Der zweite Schnitt erfolgt zwischen den Klassen B und C bei circa 95 Prozent.

Abb. 4: Grafische Darstellung der Klassifizierung der einzelnen Kunden (Schawel & Billing, 2018, S. 17)

Massnahmen: Der wichtigste Schritt folgt nach der ABC-Analyse. Die gewonnenen Erkenntnisse aufgrund der Klassifizierung sollen als Grundlage dienen, um Massnahmen zu ergreifen oder bisherige Massnahmen neu zu evaluieren (Erichsen, 2011, S. 15). Bei Objekten der Kategorie A wird empfohlen, sich intensiv um die Optimierung zu kümmern. Bereits kleine Erfolge tragen überproportional zur Ergebnisverbesserung bei. Erfolge bei C-Objekten sind hingegen für die Unternehmung kaum spürbar. Eine Konzentration auf die A-Objekte bedeutet jedoch nicht, dass B- und C-Objekte vernachlässigt werden sollen (Vollmuth, 2008, S. 22). Sich eindringlich mit Massnahmen bezüglich der C-Objekte auseinanderzusetzen, lohnt sich jedoch nur, wenn freie Kapazitäten vorhanden sind (Erichsen, 2011, S. 15).

Je nach Anwendungsbereich können sich die Massnahmen unterscheiden (Oeldorf & Olfert, 2008, S. 107; Wannenwetsch, 2014, S. 37; Erichsen, 2011, S. 16-17):

Kategorie Massnahmen
Umgang mit A-Objekten
  • Intensive Markt- & Preisanalyse
  • Systematische und sorgfältige Prüfung der Preise und Konditionen sowie allfällige Neuverhandlungen
  • Wahl zuverlässiger und leistungsfähiger Lieferanten
  • Produktionssynchrone Anlieferung von Materialien
  • Detaillierte und regelmässige Bestandeskontrollen und sorgfältige Analyse von Mehrverbräuchen
  • Intensive Personalauswahl bei Führungs- und Schlüsselkräften
  • Forcierung des Verkaufs von umsatzstarken oder margenträchtigen Artikeln mittels Werbung
  • Beschleunigung des Lagerumschlages
  • Einführung Key-Account Management
Umgang mit C-Objekten
  • Einfache Bestellabwicklung
  • Sammelbestellungen
  • Sammelbuchungen
  • Keine intensiven Verhandlungen mit Lieferanten und Kunden
  • Massenwerbung
  • Kostensenkung für Bestellung und Lagerhaltung
Umgang mit B-Objekten

B-Objekte sind zwischen A- und C-Objekten einzugliedern. Die Massnahmen hängen davon ab, in welche Richtung die Objekte tendieren. Massnahmen sind analog der A- und C-Objekte einzuleiten.

Mögliche Massnahmen aufgrund der vorherigen Kundenanalyse sind (Wannenwetsch, 2014, S. 37; Erichsen, 2011, S. 16):

  • A-Objekte: Intensive Kundenbetreuung, Key-Account-Management
  • C-Objekte: Weiterbelastung bestimmter Kosten an Kunde, keine spezifischen Kundenansprachen, minimale Kundenbetreuung
  • B-Objekte: Situativ zu bewerten gemäss obenstehender Tabelle.

Bei der Durchführung der ABC-Analyse sollen nicht nur betriebswirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Bevor drastische Massnahmen getroffen werden, sollte zuerst vorsichtig geprüft werden, ob allenfalls strategische Überlegungen zu mitberücksichtigen sind (Erichsen, 2011, S. 17).

Vor- und Nachteile

Die ABC-Analyse bringt eine Vielzahl von Vorteilen, birgt aber auch gewisse Nachteile wie in der folgenden Tabelle zu entnehmen ist (Erichsen, 2011, S. 11-12; Schawel & Billing, 2014, S. 12-13):

Beschreibung
Vorteile
  • Geringer Arbeitsaufwand
  • Analyse kann schnell unabhängig von spezifischen Inhalten der Analyseelemente durchgeführt werden
  • Komplexitätsreduktion bei grossen Datenmengen
  • Schnelle und einfache Prioritätensetzung
  • Effiziente Zuteilung der Ressourcen
  • Übersichtliche Darstellung der Analyse
Nachteile
  • Nur Ist-Analyse möglich
  • Klassen sind grob eingeteilt, dass trotzdem individuell nach Einzelfällen entschieden werden muss
  • Qualitative Faktoren und unternehmenspolitische Aspekte werden nicht berücksichtigt

Lern- und Praxismaterial

Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Oeldorf, G. & Olfert, K. (2008). Materialwirtschaft (12. Aufl.). Ludwigshafen: Friedrich Kiehl Verlag GmbH.

Weiterführende Literatur

Autoren

Anja Closuit, Oliver Faria, Céline Fischer, Simon Haldemann