Produktionskostenbezogene Abweichungsanalyse: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Rahmen einer Soll-Ist-Abweichungsanalyse untersucht das Produktionscontrolling, ob die erwarteten und geplanten Produktionskosten mit den angefallenen Ist-Kosten übereinstimmen. Die Differenz zwischen den Ist-Produktionskosten und den Plan-Produktionskosten wird als Gesamtabweichung bezeichnet (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206). Um detaillierte Ursachenuntersuchungen vornehmen zu können, wird die Gesamtabweichung in eine Preisabweichung, Verbrauchsabweichung und Beschäftigungsabweichung unterteilt (Bauer, 2009, S. 207, Schöb, 2016, S. 1).
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'''Preisabweichung:''' Die Preisabweichung erklärt den Teil der Gesamtabweichung, welcher aufgrund von ausserbetrieblichen Preisschwankungen, beispielsweise beim Einkauf von Rohstoffen, entsteht (Reichmann et al., 2017, S. 365, Schöb, 2016, S. 1).
Im Rahmen einer Soll-Ist-Abweichungsanalyse untersucht das [[Produktionscontrolling]], ob die erwarteten und geplanten Produktionskosten mit den angefallenen Ist-Kosten übereinstimmen. Die Differenz zwischen den Ist-Produktionskosten und den Plan-Produktionskosten wird als '''Gesamtabweichung''' bezeichnet (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206). Um detaillierte Ursachenuntersuchungen vornehmen zu können, wird die Gesamtabweichung in eine Preisabweichung, Verbrauchsabweichung und Beschäftigungsabweichung unterteilt (Bauer, 2009, S. 207; Schöb, 2016, S. 60).  


'''Verbrauchsabweichung:''' Die Verbrauchsabweichung, welche die Differenz zwischen dem Ist-Verbrauch und dem Soll-Verbrauch zu Planpreisen berechnet, ist ein Indikator für die Effizienz des Produktionsprozesses (Reichmann et al., 2017, S. 365; Schöb, 2016, S. 2).
[[Datei:Aufschlüsselung der Gesamtabweichung.png|700px|thumb|right|Abb. 1: Aufschlüsselung der Gesamtabweichung (in Anlehnung an Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 372)]]


'''Beschäftigungsabweichung:''' Die Beschäftigungsabweichung eruiert, welche Abweichung zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung besteht. Sie entsteht beispielsweise dadurch, dass bei der Berechnung des [[Prozesskosten als Verrechnungspreis|Fixkostensatzes]] eine zu geringe oder zu hohe Anzahl Stücke, Rüstungsstunden oder Betriebsstunden angenommen wurde. Die Beschäftigungsabweichung ist ein Indikator, um ungenutzte Kapazitäten auszuweisen (Schöb, 2016, S. 1).
* '''Preisabweichung:''' Die Preisabweichung erklärt den Teil der Gesamtabweichung, welcher aufgrund von ausserbetrieblichen Preisschwankungen, beispielsweise beim Einkauf von Rohstoffen, entsteht (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Schöb, 2016, S. 60).


Zur Eruierung von kurzfristig beeinflussbaren, unwirtschaftlichen Produktionsvorgängen ist vor allem eine detaillierte Analyse der '''Verbrauchsabweichung''' sinnvoll (Reichmann et al., 2017, S. 365-366; Horvath & Partner, 1995, S. 73 zit. in Bauer, 2009, S. 206). Um das primäre Ziel der Wirtschaftlichkeitsüberwachung zu erreichen, muss das Produktionscontrolling nicht jede Kostenabweichung analysieren. Um sich auf die wesentlichen Kostenstellenabweichungen zu fokussieren, ist es analog der '''ABC-Analyse''' sinnvoll, Verantwortungsbereichen mit grossen Produktionskostenanteilen genauer im Auge zu behalten (Reichmann et al., 2017, S. 368; Bauer, 2009, S. 206).  
* '''Verbrauchsabweichung:''' Die Verbrauchsabweichung, welche die Differenz zwischen dem Ist-Verbrauch und dem Soll-Verbrauch zu Planpreisen berechnet, ist ein Indikator für die Effizienz des Produktionsprozesses (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Schöb, 2016, S. 61).


In der Detailanalyse können Verbrauchsabweichungen beispielsweise in folgende Teilabweichungen unterteilt werden (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206):
* '''Beschäftigungsabweichung:''' Die Beschäftigungsabweichung eruiert, welche Abweichung zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung besteht. Sie entsteht beispielsweise dadurch, dass bei der Berechnung des Fixkostensatzes eine zu geringe oder zu hohe Anzahl Stücke, Rüstungsstunden oder Betriebsstunden angenommen wurde. Die Beschäftigungsabweichung ist ein Indikator, um ungenutzte Kapazitäten auszuweisen (Schöb, 2016, S. 60).


'''Verfahrensabweichung:''' Diese Abweichungen können sich ergeben, wenn das Produktionsverfahren aufgrund von Betriebsstörungen, Terminproblemen oder sonstigen Engpässen nicht wie geplant umgesetzt werden kann (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206).
Zur Eruierung von kurzfristig beeinflussbaren, unwirtschaftlichen Produktionsvorgängen ist vor allem eine detaillierte Analyse der '''Verbrauchsabweichung''' sinnvoll (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365-366; Horvath & Partner, 1995, S. 73 zit. in Bauer, 2009, S. 206). Um das primäre Ziel der Wirtschaftlichkeitsüberwachung zu erreichen, muss das Produktionscontrolling nicht jede Kostenabweichung analysieren. Um sich auf die wesentlichen Kostenstellenabweichungen zu fokussieren, ist es analog der '''ABC-Analyse''' sinnvoll, Verantwortungsbereiche mit grossen Produktionskostenanteilen genauer im Auge zu behalten (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 368; Bauer, 2009, S. 206).  


'''Materialabweichung:''' Die Materialabweichung gibt an, wie sich der tatsächliche Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit vom geplanten Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit unterscheidet (Reichmann et al., 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206-207).
In der Detailanalyse können Verbrauchsabweichungen beispielsweise in folgende Teilabweichungen unterteilt werden (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206):


'''Intensitätsabweichung:''' Die Intensitätsabweichung kann durch einen veränderten Nutzungsgrad der Betriebsmittel oder Leistungsschwankungen bei den Mitarbeitenden entstehen (Bauer, 2009, S. 206).  
* '''Verfahrensabweichung:''' Diese Abweichungen können sich ergeben, wenn das Produktionsverfahren aufgrund von Betriebsstörungen, Terminproblemen oder sonstigen Engpässen nicht wie geplant umgesetzt werden kann (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206).


'''Seriengrössenabweichung:''' Diese Abweichungen ergeben sich aufgrund von veränderten Losgrössen, welche Auswirkungen auf die Rüstzeit und Rüstkosten pro produzierte Einheit haben (Reichmann et al., 2017, S. 371-372).
* '''Materialabweichung:''' Die Materialabweichung gibt an, wie sich der tatsächliche Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit vom geplanten Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit unterscheidet (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206-207).


[[Datei:Aufschlüsselung der Gesamtabweichung.jpg|500px|thumb|right|Abb. 1: Aufschlüsselung der Gesamtabweichung (in Anlehnung an Reichmann et al., 2017, S. 372)]]
* '''Intensitätsabweichung:''' Die Intensitätsabweichung kann durch einen veränderten Nutzungsgrad der Betriebsmittel oder Leistungsschwankungen bei den Mitarbeitenden entstehen (Bauer, 2009, S. 206).


'''Nutz- und Leerkostenanalyse'''
* '''Seriengrössenabweichung:''' Diese Abweichungen ergeben sich aufgrund von veränderten Losgrössen, welche Auswirkungen auf die Rüstzeit und Rüstkosten pro produzierte Einheit haben (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 371-372).
Zur Eruierung von langfristig unwirtschaftlichen Produktionsvorgängen ist ein Einbezug der Fixkosten in die Analysen des Produktionscontrollings sinnvoll. Die Kostenabweichung zwischen Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung heisst '''Beschäftigungsabweichung'''. Die Beschäftigungsabweichung stellt keine Minder- oder Mehrkosten dar, sondern entsteht dadurch, dass je nach Überbeschäftigung oder Unterbeschäftigung zu viel beziehungsweise zu wenig fixe Kosten kalkuliert und auf die Kostenträger verrechnet wurden. Bei einer Unterbeschäftigung wird weniger produziert als geplant und die Fixkosten können auf eine tiefere Stückzahl verteilt werden. In diesem Fall wird den Kostenträgern ein zu tiefer [[Vollkosten als Verrechnungspreis|Fixkostentarif]] verrechnet (Reichmann et al., 2017, S. 372-374; Schöb, 2016, S. 1). Die Berechnung der Beschäftigungsabweichung ist in der Praxis verbreitet, weil sie ungenutzten Kapazitäten, die sogenannten '''Leerkosten''', eines Produktionsbetriebs ausweist. Diese gilt es mit einer genauen Kapazitätsplanung, welche auf den Analysen des Produktionscontrollings basiert, möglichst zu minimieren (Schöb, 2016, S. 1).
 
== Quellen ==
 
* Bauer, J. (2009). [https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-8348-2533-9.pdf Produktionscontrolling und -management mit SAP® ERP. Effizientes Controlling, Logistik- und Kostenmanagement moderner Produktionssysteme (3. Aufl.).] Wiesbaden: GWV Fachverlage.
* Gottmann, J. (2016). [https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-658-01951-8.pdf Produktionscontrolling. Wertströme und Kosten optimieren.] Wiesbaden: Gabler Springer.
* Reichmann, T., Kissler, M. & Baumöl, U. (2017). [https://elibrary.vahlen.de/10.15358/9783800651177/ Controlling mit Kennzahlen. Die systemgestützte Controlling-Konzeption (9. Aufl.).] München: Vahlen.
* Schöb, O. (2016). [https://elearning.hslu.ch/ilias/goto.php?target=file_3539283_download&client_id=hslu Widersprüchliche Aussagen der Kennzahlen Produktionsabweichung und Gesamtanlageneffektivität: So lassen sich Akzeptanzverluste im Produktionscontrolling vermeiden.] Controlling, 28 (1), 60-67.  
 
[[Kategorie:Produktionscontrolling]] [[Kategorie:Funktionales Controlling]]

Aktuelle Version vom 4. Dezember 2020, 12:28 Uhr

Geprüft: Positiv beurteilt

Im Rahmen einer Soll-Ist-Abweichungsanalyse untersucht das Produktionscontrolling, ob die erwarteten und geplanten Produktionskosten mit den angefallenen Ist-Kosten übereinstimmen. Die Differenz zwischen den Ist-Produktionskosten und den Plan-Produktionskosten wird als Gesamtabweichung bezeichnet (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206). Um detaillierte Ursachenuntersuchungen vornehmen zu können, wird die Gesamtabweichung in eine Preisabweichung, Verbrauchsabweichung und Beschäftigungsabweichung unterteilt (Bauer, 2009, S. 207; Schöb, 2016, S. 60).

Abb. 1: Aufschlüsselung der Gesamtabweichung (in Anlehnung an Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 372)
  • Preisabweichung: Die Preisabweichung erklärt den Teil der Gesamtabweichung, welcher aufgrund von ausserbetrieblichen Preisschwankungen, beispielsweise beim Einkauf von Rohstoffen, entsteht (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Schöb, 2016, S. 60).
  • Verbrauchsabweichung: Die Verbrauchsabweichung, welche die Differenz zwischen dem Ist-Verbrauch und dem Soll-Verbrauch zu Planpreisen berechnet, ist ein Indikator für die Effizienz des Produktionsprozesses (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Schöb, 2016, S. 61).
  • Beschäftigungsabweichung: Die Beschäftigungsabweichung eruiert, welche Abweichung zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung besteht. Sie entsteht beispielsweise dadurch, dass bei der Berechnung des Fixkostensatzes eine zu geringe oder zu hohe Anzahl Stücke, Rüstungsstunden oder Betriebsstunden angenommen wurde. Die Beschäftigungsabweichung ist ein Indikator, um ungenutzte Kapazitäten auszuweisen (Schöb, 2016, S. 60).

Zur Eruierung von kurzfristig beeinflussbaren, unwirtschaftlichen Produktionsvorgängen ist vor allem eine detaillierte Analyse der Verbrauchsabweichung sinnvoll (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365-366; Horvath & Partner, 1995, S. 73 zit. in Bauer, 2009, S. 206). Um das primäre Ziel der Wirtschaftlichkeitsüberwachung zu erreichen, muss das Produktionscontrolling nicht jede Kostenabweichung analysieren. Um sich auf die wesentlichen Kostenstellenabweichungen zu fokussieren, ist es analog der ABC-Analyse sinnvoll, Verantwortungsbereiche mit grossen Produktionskostenanteilen genauer im Auge zu behalten (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 368; Bauer, 2009, S. 206).

In der Detailanalyse können Verbrauchsabweichungen beispielsweise in folgende Teilabweichungen unterteilt werden (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206):

  • Verfahrensabweichung: Diese Abweichungen können sich ergeben, wenn das Produktionsverfahren aufgrund von Betriebsstörungen, Terminproblemen oder sonstigen Engpässen nicht wie geplant umgesetzt werden kann (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206).
  • Materialabweichung: Die Materialabweichung gibt an, wie sich der tatsächliche Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit vom geplanten Verbrauch an Inputeinheiten pro Outputeinheit unterscheidet (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 365; Bauer, 2009, S. 206-207).
  • Intensitätsabweichung: Die Intensitätsabweichung kann durch einen veränderten Nutzungsgrad der Betriebsmittel oder Leistungsschwankungen bei den Mitarbeitenden entstehen (Bauer, 2009, S. 206).
  • Seriengrössenabweichung: Diese Abweichungen ergeben sich aufgrund von veränderten Losgrössen, welche Auswirkungen auf die Rüstzeit und Rüstkosten pro produzierte Einheit haben (Reichmann, Kissler & Baumöl, 2017, S. 371-372).

Quellen