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Das Risikocontrolling kann als Unterstützung des Risikomanagements und der Unternehmensleitung definiert werden, indem es Informationen und Instrumente für den Risikoumgang bereitstellt. Es trägt dazu bei, Risiken zu identifizieren, zu bewerten, zu aggregieren, zu steuern, zu kommunizieren und zu kontrollieren, um die Unternehmensexistenz zu gewährleisten (Wolke, 2016, S. 1-5; Gebhardt, 2007, S. 1713-1715; Horváth, 2003, S. 780). Zudem kann das Risikocontrolling als Managementfunktion des funktionalen Controllings betrachtet werden.

Einführungsmotive des Risikocontrollings

Die Einführungsmotive eines Risikocontrollings bzw. eines Risikomanagements sind vielfältig, wobei gesetzliche Anforderungen und Forderungen seitens der Eigner als am Wichtigsten zu erachten sind (Hoitsch, Winter & Baumann, 2006, S. 71). So müssen in der Schweiz revisionspflichtige Unternehmen gemäss OR Art. 961c eine Risikobeurteilung durchführen und nach OR Art. 728b das interne Kontrollsystem bzw. IKS von der Revisionsstelle prüfen lassen. OR Art. 727 definiert in diesem Zusammenhang, welche Unternehmen revisionspflichtig sind. In Deutschland bildet das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) die rechtliche Grundlage. Auch der internationale Rechnungslegungsstandard IFRS verlangt ein umfangreiches Risikoreporting. Beispielsweise verlangen IAS 32 und IFRS 7 Angaben über die Risikomanagementpolitik, das Zinsänderungsrisiko oder das Ausfallrisiko (Gleissner, 2017, S. 75-77). Weitere Einführungsmotive des Risikocontrollings sind volkswirtschaftliche Ursachen, technologische Fortschritte und gesellschaftliche Veränderungen (Wolke, 2016, S. 3). Darüber hinaus kann die Einführung zu einem verbesserten Rating und somit auch zu tieferen Kapitalkosten verhelfen (Ossadnik, 2009, S. 538-539).

Begriffsdefinition Risiko

Es gibt keine allgemeine Begriffsdefinition von Risiko, sondern es kann unterschiedlich definiert werden (Borghesi & Gaudenzi, 2013, S. 7-10). Diederichs (2012) hat aber festgestellt: „Eine häufig gebrauchte Definition bezeichnet ein Risiko als die Möglichkeit einer Abweichung eines zukünftigen, mit bestimmter Wahrscheinlichkeit eintretenden Kennzahlenwertes (oder Ereignisses) von einem ursprünglich geplanten Kennzahlenwert (oder erwarteten Ereignis). Sowohl die positive als auch die negative Abweichung wird dabei als Risiko verstanden“ (S. 8). Positiv meint in der weiteren Begriffsdefinition, dass eine Gewinnmöglichkeit besteht. Negativ auf der anderen Seite eine Verlustmöglichkeit (Diederichs, 2012, S. 8). Jedes Unternehmen muss jedoch für sich selber eine geeignete Definition bestimmen und diese kommunizieren.

Struktur des Risikocontrollings

In der Literatur gibt es viele Möglichkeiten, wie Risikocontrolling strukturiert sein kann. Das Risikocontrolling kann zum Beispiel als Element des Risikomanagements verstanden werden. Hingegen wird es in der Literatur auch als integraler Bestandteil des Controllings bezeichnet und kann so als Querschnittsfunktion über alle Controllingmodule interpretiert werden (Diederichs, 2012, S. 19-20). Dies bedeutet, dass alle auf der Abbildung 1 ersichtlichen Controllingmodule zusätzlich die risikorelevanten Aspekte ihres Bereiches zu analysieren haben. Die Besonderheit des Risikocontrollings liegt folglich in der modulübergreifenden Reichweite.

Schliesslich kann das Risikocontrolling auch in Form einer Parallelhierarchie zum strategischen Controlling aufgebaut sein, dessen Aufgabe darin besteht, die langfristige Unternehmensplanung und -kontrolle durchzuführen und die strategischen Erfolgspotentiale aufzubauen und zu erhalten (Diederichs, 2012, S. 19-20).

Informationsfunktion

Der Informationsfunktion ist eine übergeordnete Rolle zuzuteilen. Sie hat eine hohe Bedeutung in sämtlichen Phasen des Beteiligungslebenszyklus. Grosse Aufmerksamkeit ist der Zielbezogenheit sowie der Aktualität der Daten zu schenken. Das Beteiligungscontrolling selektiert die Daten und stellt sie für die Entscheidungsträger zusammen (Burger et al., 2010, S. 83). Gemäss Borchers (2006) ist es essentiell, zu beachten, welche Informationen von welchen Entscheidungsträgern zu welchem Zeitpunkt benötigt werden und wie die Informationen im Rahmen der technischen Möglichkeiten möglichst effizient übermittelt werden können. Informationen müssen daher nicht nur bottom-up, sondern auch top-down fliessen (S. 242-244).

Planungsfunktion

Zur Planungsfunktion zählt die Abstimmung der Ergebnis-, Finanz und Leistungsziele der Beteiligung. Diese werden mit den Zielen des Konzerns abgestimmt und bei Bedarf auch mit den Zielen von anderen Beteiligungen des Unternehmens (Burger et al., 2010, S. 84). Die Ausrichtung der Beteiligungen auf das Gesamtzielsystem kann als die wichtigste Aufgabe des Beteiligungscontrollings bezeichnet werden. Ein beliebtes Verfahren für den Planungslauf in dezentral organisierten Konzernen ist das sogenannte Gegenstromverfahren (Borchers, 2006, S. 243).

Moderationsfunktion

Dem Management müssen die generierten Daten und Vorschläge oder Vorgaben erläutert werden. Die Funktion kann durch die gemeinsame Entwicklung der Detailpläne mit dem Management erweitert werden. Die Detailpläne sollen die Beteiligung zur Erreichung der von der Unternehmung geforderten Ziele führen (Burger et al., 2010, S. 84).

Kontrollfunktion

Das Berichtswesen sowie die Soll/Ist-Analyse gehören zur Kontrollfunktion. Positive und negative Abweichungen zu den Soll-Zahlen erfordern Abweichungsanalysen, je nach Situation folgen darauf Gegensteuerungsmassnahmen. Das Ziel ist es, frühzeitig positive wie auch negative Abweichungen zum Budget festzustellen und deren Folgen für die Beteiligung sowie den gesamten Konzern abzuschätzen (Burger et al., 2010, S. 84). Weiter wird auch der erzielte Akquisitionserfolg oder Beteiligungsmehrwert einer Beteiligung überprüft (Dreher, 2010, S. 32). Heesen (2007) bekräftigt, dass die Kontrolle der Zielausrichtung der Beteiligung auf die Konzernstrategie eine bedeutsame Aufgabe darstellt (S. 15).

Servicefunktion

Die Servicefunktion besteht aus regelmässigen Aufgaben. Hierzu zählt die Erstellung der Abschlüsse der dezentralen Unternehmenseinheit (Burger et al., 2010, S. 85). Borchers (2006) bestätigt, dass unter der Servicefunktion zum Beispiel die Unterstützung bei der Jahresabschlusserstellung, also eher Routinetätigkeiten, gemeint sind (S. 244).

Anpassungs- und Integrationsfunktion

Diese Funktionen sind der Integrationsphase im Beteiligungslebenszyklus zuzuordnen. Einer der häufigsten Gründe von Misserfolgen von Akquisitionen ist die mangelhafte Integration. So gehört es zu den Herausforderungen des Beteiligungscontrollings, die Ablauf- und Aufbauorganisationen zu standardisieren. Eine Aufgabe des Beteiligungscontrollings ist deshalb die Standardisierung von Prozessen, Berichten, Methoden und deren Anpassung an die Gesamtunternehmung. So werden alle Informationen vergleichbar, auch wenn der Konzern eine grosse kulturelle Diversität aufweist (Borchers, 2006, S. 242-244). Allgemein ist ein deutlicher Wandel von der traditionellen ergebnisorientierten Sichtweise hin zur wertorientierten Sichtweise festzustellen (Burger et al., 2010, S. 85). Demzufolge können die verwendeten Methoden und Instrumente des Konzerns und der Beteiligung grössere Unterschiede aufweisen und sind entsprechend anzupassen.

Ziele des Risikocontrollings

Aufgaben des Risikocontrollings

Risikomanagement-Prozess

Dem Beteiligungscontrolling steht grundsätzlich das gesamte betriebswirtschaftliche Instrumentarium zur Verfügung, wobei der Schwerpunkt auf dem Berichtswesen, den wertorientierten Steuerungskonzepten und der Verflechtung des Personals liegt (Borchers, 2006, S. 244-246).

  • Das Berichtswesen ist das bedeutendste Koordinationsinstrument (Burger et al., 2010, S. 333). In der Literatur wird zwischen Standardberichten und Sonderberichten unterschieden. „Standardberichte sind durch die ex ante und dauerhafte Definition ihrer Form, ihres Inhalts und des Zyklus gekennzeichnet“ (Burger et al., 2010, S. 338). Zu den Sonderberichten zählen Abweichungs- und Bedarfsberichte (S. 348). In der Praxis hingegen wird oft nur in einer Periode berichtet. Durch Einzelabschlüsse wird bereits eine gute Datenbasis geschaffen. Grundsätzlich besteht jedoch die Anforderung, auch Mitelffristbetrachtungen durchzuführen (Borchers, 2006, S. 45).
  • Wertorientierte Steuerungskonzepte umfassen ein breites Angebot an verschiedenen Instrumenten. Zu diesen Instrumenten gehören nach Burger et al. (2010) unter anderem die Balanced Scorecard, Cash Flow Return on Investment, BCG-Marktanteil-Marktwachstums-Portfolio, Wettbewerbsanalyse, Performancemessung (S. 544-594). Daneben werden auch noch Kennzahlen und Kennzahlensysteme eingesetzt. Oft genutzte Kennzahlen im Beteiligungscontrolling sind beispielsweise der Economic Value Added (EVA) oder der Cash Value Added (CVA) (Rötzel, 2012, S. 272-273). Diese Messgrössen können auch zur Unternehmensbewertung verwendet werden. Burger et al. (2017) nennen in diesem Zusammenhang außerdem noch die Discounted Cash Flow-Methode (S. 492-508).
  • Verflechtung des Personals ist ein Instrument, welches der Durchsetzung der einheitlichen Leitung in Konzernen oder der Koordination zwischen Unternehmen dienen soll (Borchers, 2000, S. 206). Es gibt verschiedene Arten der Verflechtung des Personals: Bei der Doppelvorstandschaft übernimmt ein Vorstandsmitglied der Holding einen Vorstandsposten in der Beteiligung. Beim Verwaltungsratsprinzip übernimmt aber ein Vorstandsmitglied einen Posten als Verwaltungsrat in der Beteiligung (Borchers, 2000, S. 207-209).

Kritische Würdigung

Es ist grundsätzlich illusorisch, genaue Prognosen und Konsequenzen über die zukünftige Entwicklung der Weltgeschehnisse aufzustellen. Bei Prognosen wird in der Praxis durchwegs auf Vergangenheitsdaten – sofern solche überhaupt vorliegen – referenziert (Heri & Zimmermann, 2000, zit. in Gleissner, 2017, S. 193). Da sich die Umfeld-Bedingungen jedoch stetig verändern, sind diese für Geschehnisse in der Zukunft nicht repräsentativ. Gerade deshalb kann das Risikomanagement und somit auch das Risikocontrolling als lästige Pflichtaufgabe anstelle der Kernaufgabe des Managements verstanden werden (Gleissner, 2017, S. 12). Weiter werden einfachere Bewertungs- und Reportinginstrumente in der Praxis häufiger angewendet als aufwändigere Methoden wie z. B. der Value-at-Risk (Hoitsch, Winter & Baumann, 2003, S. 73). Dies obwohl besonders einfachere Bewertungsmethoden die Wirklichkeit unzureichend abbilden (Wolke, 2016, S. 14; Sartor & Bourauel, 2013, S. 47). So wird unter anderem die Risk-Map dafür kritisiert, dass ihre Darstellungsform impliziere, es liessen sich die Risiken meistens nur durch Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit beschreiben. Zudem bildet die Risk-Map Einzelrisiken ab und berücksichtigt die Korrelationen zwischen den einzelnen Risiken unzureichend (Sartor & Bourauel, 2013, S. 53). Beispielsweise korreliert ein Brand in der Produktionsstätte mit einem Produktionsausfall. Aber auch der Value-at-Risk steht unter Kritik, da dieser Extremsituationen nur unzureichend abbilden kann. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht empfiehlt daher, dass der Value-at-Risk auf einem 99-%-igen Konfidenzniveau berechnet wird (Lechner & Ovaert, 2010). Ein weiteres Problem ist, dass immer noch fachliche Kenntnisdefizite bestehen. So ist das Risikomanagement kaum ein Ausbildungsschwerpunkt für potenzielle Manager und hat im Studium für Ökonomen einen vergleichsweise geringen Zeitanteil (Gleissner, 2017, S. 12). Zudem ist davon auszugehen, dass die mangelnde begriffliche Klarheit (z. B. uneinheitliche Trennung von Risikocontrolling und -management) eine Beschäftigung mit der Thematik behindert (Winter, 2007, S. 26). Weiter können psychologische als auch persönliche Interessen ein adäquates Risikocontrolling (bzw. Risikomanagement) erschweren. Gemäss psychologischer Forschung ist der Mensch aversiv gegenüber Risiken bzw. Verlusten. Daher können Risiken bewusst aber auch unbewusst ignoriert werden, um kognitive Dissonanzen zu vermeiden (Gleissner, 2017, S. 13). Zudem verschafft das Risikocontrolling Transparenz über die Risikosituation einer Unternehmung. Eine solche Transparenz muss aber nicht zwangsläufig im Interesse jedes Managers sein (Gleissner, 2017, S. 14). Ein weiteres Problem ist, dass Opportunitätskosten meistens vernachlässigt werden. Falls sie berechnet werden, werden deren Werte subjektiv geschätzt. Opportunitätskosten treten beispielsweise dann auf, wenn aufgrund eines Schadenfalles finanzielle Mittel aufgewendet werden müssen, um den vorherigen Zustand wiederherzustellen. Wäre dieser Schadensfall nicht eingetroffen, hätten die Mittel anderweitig eingesetzt werden können (Diederichs, 2012, S. 89).

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudien
*COSLU Holding AG - Aufgaben Beteiligungscontrolling
*COSLU Holding AG - Berechnung Unternehmenswert (DCF-Entitiy)

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur