Verrechnungspreisvorschriften: Unterschied zwischen den Versionen

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Gewinnverlagerungen ins Ausland durch unangemessene konzerninterne Verrechnungspreise werden von den betroffenen Fisken verständlicherweise nicht akzeptiert, da ihnen dadurch erhebliche Steuereinnahmen entgehen (Brähler, 2014, S. 402). Um dieser Steuerverschiebung entgegenzutreten, haben besonders westliche Industrieländer mit vergleichsweise hohen Steuersätzen in den letzten Jahren die Vorschriften zur Verrechnungspreisbestimmung und zur [[Verrechnungspreisdokumentation|Dokumentationspflicht]] deutlich verschärft (Baumhoff, Dücker & Köhler, 2010, S. 301).
Gewinnverlagerungen ins Ausland durch unangemessene konzerninterne [[Verrechnungspreise]] werden von den betroffenen Fisken nicht akzeptiert, da ihnen dadurch erhebliche Steuereinnahmen entgehen (Brähler, 2014, S. 402). Um dieser Steuerverschiebung entgegenzutreten, haben besonders westliche Industrieländer mit vergleichsweise hohen Steuersätzen in den letzten Jahren die Vorschriften zur Verrechnungspreisbestimmung und zur [[Verrechnungspreisdokumentation|Dokumentationspflicht]] deutlich verschärft (Baumhoff, Dücker & Köhler, 2010, S. 301).


== OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ==
== Richtlinien und Gesetze ==


Die OECD hat in Zusammenhang mit internationalen Verrechnungspreisen [http://www.oecd.org/corporate/mne/48808708.pdf OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen] aufgestellt. Die OECD-Leitsätze stellen Verhaltensnormen und Empfehlungen von Regierungen an die Unternehmen für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten dar. Ziel der OECD-Leitsätze ist es unter anderem, die Aktivitäten der multinationalen Unternehmen in Einklang mit den staatlichen Politiken (insbesondere Steuerpolitik) zu bringen. Die Leitsätze beruhen auf Freiwilligkeit und haben keinen rechtlich verbindlichen Charakter. Es besteht jedoch ein von den Mitgliedsstaaten geführter nationaler Kontaktpunkt, bei welchem Verstösse gegen die Leitsätze gemeldet werden können (SECO, online). Neben den OECD-Leitsätzen sind weitere nationale sowie internationale Vorschriften und Regelungen wie zum Beispiel das [http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/company_tax/transfer_pricing/arbitration_convention/index_de.htm EU-Übereinkommen] anwendbar (Brähler, 2014, S. 418).
=== OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ===


== Schweizerisches Recht ==
Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) hat im Zusammenhang mit internationalen Verrechnungspreisen [http://www.oecd.org/corporate/mne/48808708.pdf OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen] aufgestellt. Die OECD-Leitsätze stellen Verhaltensnormen und Empfehlungen von Regierungen an die Unternehmen für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten dar. Ziel der OECD-Leitsätze ist es unter anderem, die Aktivitäten der multinationalen Unternehmen in Einklang mit den staatlichen Politiken (insbesondere Steuerpolitik) zu bringen. Die Leitsätze beruhen auf Freiwilligkeit und haben keinen rechtlich verbindlichen Charakter. Es besteht jedoch ein von den Mitgliedsstaaten geführter nationaler Kontaktpunkt, bei welchem Verstösse gegen die Leitsätze gemeldet werden können (SECO, online). Neben den OECD-Leitsätzen sind weitere nationale sowie internationale Vorschriften und Regelungen wie zum Beispiel das [http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/company_tax/transfer_pricing/arbitration_convention/index_de.htm EU-Übereinkommen] anwendbar (Brähler, 2014, S. 418).
 
=== Schweizerisches Recht ===


In der Schweiz gibt es bis heute keine spezifischen Verrechnungspreisvorschriften. Allerdings beinhalten das geltende schweizerische Steuerrecht und verschiedene Verwaltungsanweisungen zahlreiche Hinweise, wie in der Schweiz Verrechnungspreisfragen gehandhabt werden. In Zusammenhang mit grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit und [[Internationale Verrechnungspreise|internationalen Verrechnungspreisen]] sind zusätzlich die OECD-Leitsätze sowie der Fremdvergleichsgrundsatz zu beachten.
In der Schweiz gibt es bis heute keine spezifischen Verrechnungspreisvorschriften. Allerdings beinhalten das geltende schweizerische Steuerrecht und verschiedene Verwaltungsanweisungen zahlreiche Hinweise, wie in der Schweiz Verrechnungspreisfragen gehandhabt werden. In Zusammenhang mit grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit und [[Internationale Verrechnungspreise|internationalen Verrechnungspreisen]] sind zusätzlich die OECD-Leitsätze sowie der Fremdvergleichsgrundsatz zu beachten.


'''Fremdvergleichsgrundsatz im schweizerischen Recht'''
Interne Leistungsverrechnungen sind zwischen Aktionären (oder nahestehenden Personen) und einer Gesellschaft gemäss Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990, SR 642.1, in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) vom 14. Dezember 1990, SR642.14, nach dem [[Internationale Verrechnungspreise#Fremdvergleichsgrundsatz|Fremdvergleichsgrundsatz]] zu berechnen. Diese gesetzlichen Grundlagen definieren die Berechnung des steuerbaren Gewinns und ermächtigen die Schweizer Steuerbehörden, den Saldo der Erfolgsrechnung für Steuerzwecke zu korrigieren. Zur Bestimmung des Fremd- und Drittpreis ist die schweizerische (Bundesgerichts)-Praxis zu geldwerten Leistungen massgebend (vgl. Stocker & Studer, 2009, S. 386).
 
== Korrekturen und Gegenberichtigungen ==
 
Steuerbehörden sind je nach Gesetz berechtigt, den ausgewiesenen Gewinn zu korrigieren, falls unangemessene [[Verrechnungspreise]] für konzerninterne Transaktionen verwendet wurden. Aus Sicht des schweizerischen Gesetzes, wie auch des OECD-Musterabkommen, sind Korrekturen und Gegenberichtigungen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen erlaubt. Allerdings ist das Musterabkommen (OECD-MA) nicht bindend, sondern kann zwischen den Ländern über die Doppelbesteuerungsabkommen individuell vereinbart werden (Stocker & Studer, 2009, S. 369-371).
 
=== Internationales Recht nach OECD ===
 
Gemäss Art. 9 Abs. 1 des OECD-MA vom 22. Juli 2010 ist es den Steuerbehörden erlaubt Gewinnberichtigungen vorzunehmen. Diese Gewinnkorrekturen sind nach OECD aber nur zulässig, wenn die Bedingungen dem [[Internationale Verrechnungspreise#Fremdvergleichsgrundsatz|„arm’s length“-Prinzip]] nicht entsprechen. Nimmt nun ein Vertragsstaat eine Gewinnkorrektur vor, so entsteht für das verbundene Unternehmen eine (wirtschaftliche) Doppelbesteuerung, denn die Gewinne in Höhe des unangemessenen Teils wurden bereits beim Unternehmen im anderen Vertragsstaat versteuert. Aus diesem Grund verpflichtet Abs. 2 im OECD-MA den anderen Vertragsstaat, eine Gegenberichtigung in Höhe des unangemessenen Teils vorzunehmen, um die eingetretene wirtschaftliche Doppelbesteuerung auszugleichen (Brähler, 2014, S. 164). Diese Korrektur ist allerdings keine rechtliche Verpflichtung und wird in den meisten Fällen in den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt (Brähler, 2014, S. 428-429).


Interne Leistungsverrechnungen sind zwischen Aktionären (oder nahestehenden Personen) und einer Gesellschaft gemäss Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990, SR 642.1, in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) vom 14. Dezember 1990, SR642.14, nach dem [[Internationale Verrechnungspreise#Fremdvergleichsgrundsatz|Fremdvergleichsgrundsatz]] zu berechnen. Diese gesetzlichen Grundlagen definieren die Berechnung des steuerbaren Gewinns und ermächtigen die Schweizer Steuerbehörden, den Saldo der Erfolgsrechnung für Steuerzwecke zu korrigieren.
=== Schweizerisches Recht ===


Zur Bestimmung des Fremd- und Drittpreis ist die schweizerische (Bundesgerichts)-Praxis zu geldwerten Leistungen massgebend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt eine geldwerte Leistung vor, wenn kumulativ folgende drei Voraussetzungen erfüllt sind (Stocker & Studer, 2009, S. 386):
Die Schweizer Steuerbehörde kann Korrekturen und Gegenberichtigungen von konzerninterner Transaktionen nur vornehmen, wenn sie ein eindeutiges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung beweisen kann. Geringfügige Differenzen reichen folglich nicht aus. Die Grundlage im Schweizer Recht ist in [http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19900329/index.html Art. 58 Abs. 1 des DBG vom 14. Dezember 1990, SR 642.11], und [http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19900333/index.html Art. 4 Abs. 1 des StHG vom 14. Dezember 1992, SR 642.14], geregelt. Die Korrektur kann bis auf fünf Jahre zurück vorgenommen werden und wird hauptsächlich für Gewinnkorrekturen angewendet (Stocker & Studer, 2009, S. 390-391).(Stocker & Studer, 2009, S. 369-372)


# "Es wird eine Leistung ausgerichtet, der keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht, so dass sich die Leistung als Entnahme von Gesellschaftsmitteln, in einer Verminderung des durch die Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Geschäftsergebnisses auswirkt;
== Doppelbesteuerung ==
# mit der Leistung wird ein Anteilsinhaber oder eine ihm nahestehende Person begünstigt, d.h. die Leistung wird direkt oder indirekt zugehalten, wobei anzunehmen ist, dass die Leistung unterblieben oder unwesentlich wäre, die Leistung also insofern ungewöhnlich ist und sich nicht mit sachgemässem Geschäftsgebaren vereinbaren lässt;
# das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung muss für die handelnden Organe erkennbar gewesen sein, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Begünstigung beabsichtigt war."


Weiter existieren eine Reihe von Verwaltungsansweisungen der Eidgenössichen Steuerverwaltung (ESTV) zur Handhabung von Verrechnungspreisen.
Bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit unterliegen Unternehmen häufig dem Steuerrecht mehrerer Staaten. Dies kann dazu führen, dass steuerliche Forderungen von mehreren Staaten an das Unternehmen gestellt werden (Brähler, 2014, S. 16-19). Das folgende Beispiel zeigt die möglichen Auswirkungen bei einer Gegenberichtigung mit oder ohne Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland (Reit, 2004, S. 165).


== Korrekturen und Gegenberichtigungen ==
=== Beispiel mit Doppelbesteuerungsabkommen ===
 
Eine deutsche Muttergesellschaft (MG) gewährt ihrer ausländischen Tochtergesellschaft (TG) im Ausland (AL) ein Gesellschaftsdarlehen in Höhe von EUR 1m zu einem Zinssatz in Höhe von 3 % p.a. Entsprechend zahlt die TG an ihre dt. MG Zinsen, im Wirtschaftsjahr 2003 in Höhe von EUR 30t und zieht diese EUR 30t als Betriebsausgabe ab. Das zuständige dt. Finanzamt anerkennt diesen niedrigen Zinssatz nicht, sondern hält unter Abwägung sämtlicher Sachverhaltsumstände nach dem Fremdvergleich einen Zinssatz in Höhe von 6 % p.a. für angemessen und setzt anstelle der Einkünfte in Höhe EUR 30t Einkünfte in Höhe von EUR 60t fest. Zwischen DE und dem AL besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einer Gegenberichtigungsregelung (nach OECD-MA Art. 9 Abs. 2). Entsprechend ist die zuständige Finanzbehörde im Ausland verpflichtet, in entsprechender Höhe, das heisst in Höhe von EUR 30t den Betriebsausgabenabzug bei der TG zu berichtigen; die von der TG bislang geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von EUR 30t wären auf EUR 60t zu erhöhen.


Die Schweizer Steuerbehörde kann [[Gesetzliche Grundlagen zur Korrektur und Gegenberichtigung|Korrekturen und Gegenberichtigungen]] von Transaktionen nur vornehmen, wenn sie ein klares Missverhältnis beweisen kann. Die Korrektur kann bis auf fünf Jahre zurück vorgenommen werden und wird hauptsächlich für Gewinnkorrekturen angewendet (Stocker & Studer, 2009, S. 390-391).
=== Beispiel ohne Doppelbesteuerungsabkommen ===


Die OECD-Richtlinien  (OECD-MA vom 22. Juli 2010 Art. 9 Abs. 1) geben eine ähnliche Gewinnkorrektur vor, wie das schweizerische Recht. Um Doppelbesteuerungen bei Korrekturen zu vermeiden, werden die OECD-Vertragsstaaten in Abs. 2 darauf angehalten, die Anpassungen bei einer begründeten Gegenberichtigung zu akzeptieren. Diese Korrektur ist allerdings keine rechtliche Verpflichtung und wird in den meisten Fällen in den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt (Brähler, 2014, S. 428-429).
Ohne Doppelbesteuerungsabkommen besteht keine Gegenberichtigungsregelung nach OECD-MA Art. 9 Abs. 2. "Entsprechend ist die zuständige Finanzbehörde im AL auch nicht verpflichtet, in entsprechender Höhe, das heisst in Höhe von EUR 30t den Betriebsausgabenabzug bei der TG zu berichtigen." (Reith, 2004, S. 165).


== Quellen ==
== Quellen ==
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* Stocker, R. & Studer, C. (2009). [http://codez.wiki.hslu.ch/images/Stocker&Studer_TH_Bestimmung_von_Verrechnungspreisen.pdf Bestimmung von Verrechnungspreisen. Ausgewählte Aspekte der schweizerischen Praxis.] Der Schweizer Treuhänder, 5 (2009), S. 368-393.
* Stocker, R. & Studer, C. (2009). [http://codez.wiki.hslu.ch/images/Stocker&Studer_TH_Bestimmung_von_Verrechnungspreisen.pdf Bestimmung von Verrechnungspreisen. Ausgewählte Aspekte der schweizerischen Praxis.] Der Schweizer Treuhänder, 5 (2009), S. 368-393.
* SECO. OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Online (13.10.2013): http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00527/01213/index.html?lang=de
* SECO. OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Online (13.10.2013): http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00527/01213/index.html?lang=de
* Brähler, G. (2014). Internationales Steuerrecht. Grundlagen für Studium und Steuerberaterprüfung (8. Aufl.). Wiesbaden: Gabler.
* [http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19900329/index.html Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG<nowiki>]</nowiki> vom 14. Dezember 1990, SR 642.11.]
* [http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19900333/index.html Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG<nowiki>]</nowiki> vom 14. Dezember 1992, SR 642.14.]
* OECD. (2010). [http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/taxation/model-tax-convention-on-income-and-on-capital-2010_9789264175181-en#page9 Model Tax Convention on Income and on Capital 2010 (OECD-MA)] vom 22. Juli 2010. Paris.
* Reith, T. (2004). Internationales Steuerrecht. Handbuch zum Doppelbesteuerungs- und Aussensteuerrecht und zu Gestaltungen grenzüberschreibender Investitionen. München: Franz Vahlen Verlag.
* Stocker, R. & Studer, C. (2009). [http://codez.wiki.hslu.ch/images/Stocker&Studer_TH_Bestimmung_von_Verrechnungspreisen.pdf Bestimmung von Verrechnungspreisen. Ausgewählte Aspekte der schweizerischen Praxis.] Der Schweizer Treuhänder, 5 (2009), S. 368-393.


=== Weiterführende Literatur ===
=== Weiterführende Literatur ===

Version vom 2. März 2016, 19:20 Uhr

Gewinnverlagerungen ins Ausland durch unangemessene konzerninterne Verrechnungspreise werden von den betroffenen Fisken nicht akzeptiert, da ihnen dadurch erhebliche Steuereinnahmen entgehen (Brähler, 2014, S. 402). Um dieser Steuerverschiebung entgegenzutreten, haben besonders westliche Industrieländer mit vergleichsweise hohen Steuersätzen in den letzten Jahren die Vorschriften zur Verrechnungspreisbestimmung und zur Dokumentationspflicht deutlich verschärft (Baumhoff, Dücker & Köhler, 2010, S. 301).

Richtlinien und Gesetze

OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen

Die OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development) hat im Zusammenhang mit internationalen Verrechnungspreisen OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen aufgestellt. Die OECD-Leitsätze stellen Verhaltensnormen und Empfehlungen von Regierungen an die Unternehmen für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten dar. Ziel der OECD-Leitsätze ist es unter anderem, die Aktivitäten der multinationalen Unternehmen in Einklang mit den staatlichen Politiken (insbesondere Steuerpolitik) zu bringen. Die Leitsätze beruhen auf Freiwilligkeit und haben keinen rechtlich verbindlichen Charakter. Es besteht jedoch ein von den Mitgliedsstaaten geführter nationaler Kontaktpunkt, bei welchem Verstösse gegen die Leitsätze gemeldet werden können (SECO, online). Neben den OECD-Leitsätzen sind weitere nationale sowie internationale Vorschriften und Regelungen wie zum Beispiel das EU-Übereinkommen anwendbar (Brähler, 2014, S. 418).

Schweizerisches Recht

In der Schweiz gibt es bis heute keine spezifischen Verrechnungspreisvorschriften. Allerdings beinhalten das geltende schweizerische Steuerrecht und verschiedene Verwaltungsanweisungen zahlreiche Hinweise, wie in der Schweiz Verrechnungspreisfragen gehandhabt werden. In Zusammenhang mit grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit und internationalen Verrechnungspreisen sind zusätzlich die OECD-Leitsätze sowie der Fremdvergleichsgrundsatz zu beachten.

Interne Leistungsverrechnungen sind zwischen Aktionären (oder nahestehenden Personen) und einer Gesellschaft gemäss Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990, SR 642.1, in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) vom 14. Dezember 1990, SR642.14, nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu berechnen. Diese gesetzlichen Grundlagen definieren die Berechnung des steuerbaren Gewinns und ermächtigen die Schweizer Steuerbehörden, den Saldo der Erfolgsrechnung für Steuerzwecke zu korrigieren. Zur Bestimmung des Fremd- und Drittpreis ist die schweizerische (Bundesgerichts)-Praxis zu geldwerten Leistungen massgebend (vgl. Stocker & Studer, 2009, S. 386).

Korrekturen und Gegenberichtigungen

Steuerbehörden sind je nach Gesetz berechtigt, den ausgewiesenen Gewinn zu korrigieren, falls unangemessene Verrechnungspreise für konzerninterne Transaktionen verwendet wurden. Aus Sicht des schweizerischen Gesetzes, wie auch des OECD-Musterabkommen, sind Korrekturen und Gegenberichtigungen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen erlaubt. Allerdings ist das Musterabkommen (OECD-MA) nicht bindend, sondern kann zwischen den Ländern über die Doppelbesteuerungsabkommen individuell vereinbart werden (Stocker & Studer, 2009, S. 369-371).

Internationales Recht nach OECD

Gemäss Art. 9 Abs. 1 des OECD-MA vom 22. Juli 2010 ist es den Steuerbehörden erlaubt Gewinnberichtigungen vorzunehmen. Diese Gewinnkorrekturen sind nach OECD aber nur zulässig, wenn die Bedingungen dem „arm’s length“-Prinzip nicht entsprechen. Nimmt nun ein Vertragsstaat eine Gewinnkorrektur vor, so entsteht für das verbundene Unternehmen eine (wirtschaftliche) Doppelbesteuerung, denn die Gewinne in Höhe des unangemessenen Teils wurden bereits beim Unternehmen im anderen Vertragsstaat versteuert. Aus diesem Grund verpflichtet Abs. 2 im OECD-MA den anderen Vertragsstaat, eine Gegenberichtigung in Höhe des unangemessenen Teils vorzunehmen, um die eingetretene wirtschaftliche Doppelbesteuerung auszugleichen (Brähler, 2014, S. 164). Diese Korrektur ist allerdings keine rechtliche Verpflichtung und wird in den meisten Fällen in den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt (Brähler, 2014, S. 428-429).

Schweizerisches Recht

Die Schweizer Steuerbehörde kann Korrekturen und Gegenberichtigungen von konzerninterner Transaktionen nur vornehmen, wenn sie ein eindeutiges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung beweisen kann. Geringfügige Differenzen reichen folglich nicht aus. Die Grundlage im Schweizer Recht ist in Art. 58 Abs. 1 des DBG vom 14. Dezember 1990, SR 642.11, und Art. 4 Abs. 1 des StHG vom 14. Dezember 1992, SR 642.14, geregelt. Die Korrektur kann bis auf fünf Jahre zurück vorgenommen werden und wird hauptsächlich für Gewinnkorrekturen angewendet (Stocker & Studer, 2009, S. 390-391).(Stocker & Studer, 2009, S. 369-372)

Doppelbesteuerung

Bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit unterliegen Unternehmen häufig dem Steuerrecht mehrerer Staaten. Dies kann dazu führen, dass steuerliche Forderungen von mehreren Staaten an das Unternehmen gestellt werden (Brähler, 2014, S. 16-19). Das folgende Beispiel zeigt die möglichen Auswirkungen bei einer Gegenberichtigung mit oder ohne Doppelbesteuerungsabkommen in Deutschland (Reit, 2004, S. 165).

Beispiel mit Doppelbesteuerungsabkommen

Eine deutsche Muttergesellschaft (MG) gewährt ihrer ausländischen Tochtergesellschaft (TG) im Ausland (AL) ein Gesellschaftsdarlehen in Höhe von EUR 1m zu einem Zinssatz in Höhe von 3 % p.a. Entsprechend zahlt die TG an ihre dt. MG Zinsen, im Wirtschaftsjahr 2003 in Höhe von EUR 30t und zieht diese EUR 30t als Betriebsausgabe ab. Das zuständige dt. Finanzamt anerkennt diesen niedrigen Zinssatz nicht, sondern hält unter Abwägung sämtlicher Sachverhaltsumstände nach dem Fremdvergleich einen Zinssatz in Höhe von 6 % p.a. für angemessen und setzt anstelle der Einkünfte in Höhe EUR 30t Einkünfte in Höhe von EUR 60t fest. Zwischen DE und dem AL besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einer Gegenberichtigungsregelung (nach OECD-MA Art. 9 Abs. 2). Entsprechend ist die zuständige Finanzbehörde im Ausland verpflichtet, in entsprechender Höhe, das heisst in Höhe von EUR 30t den Betriebsausgabenabzug bei der TG zu berichtigen; die von der TG bislang geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von EUR 30t wären auf EUR 60t zu erhöhen.

Beispiel ohne Doppelbesteuerungsabkommen

Ohne Doppelbesteuerungsabkommen besteht keine Gegenberichtigungsregelung nach OECD-MA Art. 9 Abs. 2. "Entsprechend ist die zuständige Finanzbehörde im AL auch nicht verpflichtet, in entsprechender Höhe, das heisst in Höhe von EUR 30t den Betriebsausgabenabzug bei der TG zu berichtigen." (Reith, 2004, S. 165).

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur