Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung: Unterschied zwischen den Versionen
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In Bezug auf die Beeinflussung der Kosten lässt sich festhalten, dass jener Kostenanteil, der vom / von der Kostenstellenleiter:in beeinflusst werden kann, tendenziell abnimmt, da Produktionsprozesse aufgrund zunehmender Automatisierung weniger flexibel ausgelegt werden können (B. Friedl, 2010, S. 284). | In Bezug auf die Beeinflussung der Kosten lässt sich festhalten, dass jener Kostenanteil, der vom / von der Kostenstellenleiter:in beeinflusst werden kann, tendenziell abnimmt, da Produktionsprozesse aufgrund zunehmender Automatisierung weniger flexibel ausgelegt werden können (B. Friedl, 2010, S. 284). | ||
Des Weiteren hat sich die Anzahl der Faktoren, welche sich auf die Kosten auswirken, durch die Flexibilität und die Programmvielfalt erhöht. Infolge hoher Komplexität wird in der Praxis jedoch oft auf die Erfassung dieser Einflüsse verzichtet. In der Kostenplanung geht man davon aus, dass viele dieser Kostenfaktoren konstant bleiben, auch wenn sie sich während des Abrechnungszeitraums ändern können. Dies führt dazu, dass die Aussagekraft abnimmt. Zudem hat die Integration der Prozesse | Des Weiteren hat sich die Anzahl der Faktoren, welche sich auf die Kosten auswirken, durch die Flexibilität und die Programmvielfalt erhöht. Infolge hoher Komplexität wird in der Praxis jedoch oft auf die Erfassung dieser Einflüsse verzichtet. In der Kostenplanung geht man davon aus, dass viele dieser Kostenfaktoren konstant bleiben, auch wenn sie sich während des Abrechnungszeitraums ändern können. Dies führt dazu, dass die Aussagekraft abnimmt. Zudem hat die Integration der Prozesse zur Folge, dass die Kostenstellen abhängiger voneinander sind. Dies kann dazu führen, dass Probleme einer Kostenstelle auf weitere Kostenstellen übertragen werden und dort zu Kostenabweichungen führen. Dementsprechend kann der / die Kostenstellenleiter:in nur noch begrenzt für entstandene Abweichungen verantwortlich gemacht werden (B. Friedl, 2010, S. 284–285). | ||
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen wichtige Instrumente im Controlling und in der Kostenrechnung von Unternehmen sind. Sie tragen dazu bei, Abweichungen frühzeitig zu identifizieren und Massnahmen zu ergreifen, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Dennoch müssen die Grenzen und Herausforderungen bei der Anwendung berücksichtigt werden, um die Aussagekraft beurteilen zu können. | Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen wichtige Instrumente im Controlling und in der Kostenrechnung von Unternehmen sind. Sie tragen dazu bei, Abweichungen frühzeitig zu identifizieren und Massnahmen zu ergreifen, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Dennoch müssen die Grenzen und Herausforderungen bei der Anwendung berücksichtigt werden, um die Aussagekraft beurteilen zu können. | ||
Version vom 1. Mai 2024, 20:05 Uhr
Unterschiede zwischen geplanten und tatsächlichen Umsätzen oder Kosten gibt es in jedem Unternehmen. Dieser Soll/Ist Vergleich bei Einzelmaterial- und Einzellohnkosten ist Bestandteil der Kontrollphase der Standardkostenrechnung. Dabei werden mittels Analyse die Ursachen von Mengen- und Preisabweichungen analysiert, um adäquate Gegenmassnahmen einzuleiten (Joos, 2014, S. 52–53).
Die Einzelmaterial- und Einzellohnkosten sind Einzelkosten der Unternehmung. Für diese Kosten werden von den Planenden der Unternehmung (beispielsweise Produktverantwortliche oder Controller:innen) während der Budgetierungsphase Preis- und Mengenstandards festgelegt. Voraussetzung ist, dass die Planenden möglichst genaue Kenntnisse des Marktes und der Betriebsabläufe haben. Das Standardkostenmodell bezieht sich auf die Zukunft. Die Standards werden so geplant, dass sie bei wirtschaftlicher Arbeitsweise erfüllt werden können. Die Standardkostenrechnung soll die Mitarbeitenden motivieren, indem sich ihre Leistung in den Kosten tatsächlich widerspiegelt. Das Kostenbewusstsein wird durch den Vergleich der geplanten Standardeinzelkosten (Soll-Kosten) mit den tatsächlichen Kosten (Ist-Kosten) gefördert, da Abweichungen analysiert und erklärt werden müssen (Suter, Sutter & Baumann, 2021, S. 13).
Überblick
Das Thema der Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung ist Bestandteil der Abweichungsanalyse innerhalb der Standardkostenrechnung. Die Standardkostenrechnung ist ein in der Schweiz verbreiteter Begriff und wird im übrigen deutschsprachigen Raum als flexible Plankostenrechnung bezeichnet (Trepp, Hauri & Gehrig, 2018, S. 445–447). In den folgenden Ausführungen wird vom Begriff «Standardkostenrechnung» ausgegangen. Die Abweichungsanalyse unterteilt die Gesamtabweichung (Standard-/Ist-Abweichung) in Teilabweichungen. Es geht darum zu analysieren, inwiefern und wo Abweichungen zwischen den erwarteten Einzelkosten und den tatsächlichen Einzelkosten zustande gekommen sind (Suter et al., 2021, S. 13). Dafür stehen die Abweichungsmasse Preisabweichung und Mengenabweichung bei den Einzelmaterialabweichungen (Buchholz & Gerhards, 2016, S. 137) bzw. Lohnsatzabweichung und Arbeitszeitabweichung bei den Einzellohnabweichungen (Trepp et al., 2018, S. 457) zur Verfügung. Das Total der beiden Abweichungsmasse ergibt die Gesamtabweichung. Sowohl bei der Gesamtabweichung als auch bei den einzelnen Abweichungsmassen wird zwischen günstigen (Kosten sind geringer als erwartet) und ungünstigen (Kosten sind höher als erwartet) Abweichungen unterschieden. Die Abweichungsanalyse dient der Darstellung der gegenwärtigen Situation und der möglichen Auswirkungen auf die Zukunft. Sie liefert wichtige Daten für die operative und strategische Planung der Unternehmung und ist somit für Führungskräfte auf höheren Ebenen ein wichtiges Führungsinstrument (Suter et al., 2021, S. 20).
Einzelmaterialabweichungen
Berechnung
Um die Einzelmaterialabweichungen zu ermitteln, müssen zunächst die Kostengrössen Ist-Kosten und Ist-Soll-Kosten gemäss der untenstehenden Tabelle ausgerechnet werden.
Kostengrösse | Formel | Aussage |
---|---|---|
Ist-Kosten (IK) | Ist-Menge * Ist-Preis | Die tatsächlichen Kosten für die tatsächliche Menge. |
Ist-Soll-Kosten (ISK) | Standardpreis * Standardmenge | Wie viel hätte die tatsächlich produzierte Menge zu den erwarteten Preisen gekostet? |
Zudem müssen die Standardkosten des Einzelmaterials auf Basis des Grundplans definiert werden. Er wird in einem umfassenden Planungsprozess entwickelt, der die Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger berücksichtigt. Dabei wird das Ziel verfolgt, dass verschiedene wert- und mengenmässige Standardwerte bestimmt werden können (Wolfisberg, Röösli & Speck, 2022, S. 30).
Es gibt zwei Dimensionen von Einzelmaterialabweichungen: die Preisabweichung und die Mengenabweichung. Diese definieren sich jeweils aus der Differenz zwischen zwei Kostengrössen. Die Preisabweichung ist vom Ist- und Standard-Materialpreis abhängig. Falls der Ist-Materialpreis kleiner als der Standard-Materialpreis ist, fällt die Abweichung günstig aus. Die Materialmengenabweichung hängt von der Ist- und Standard-Materialmenge ab. Falls die Ist-Materialmenge < die Standard-Materialmenge ist, fällt die Abweichung günstig aus (Suter et al., 2021, S. 14).
Die folgende Tabelle stellt eine Übersicht über die Einzelmaterialabweichungen dar und zeigt auf, wann die Abweichungen günstig bzw. ungünstig sind.
Preisabweichung | Mengenabweichung | |
---|---|---|
Motiv | Wie viel teurer / günstiger war die tatsächliche Menge als erwartet? | Wie gross ist der Unterschied zu den SK, wenn mit der Standardmenge pro Outputeinheit und der Ist-Menge an Outputeinheiten gerechnet wird? |
Formel | IK – ISK | SK – ISK |
Günstig wenn | Ist-Soll-Kosten > Ist-Kosten | Ist-Soll-Kosten < Standardkosten |
Ungünstig wenn | Ist-Soll-Kosten < Ist- Kosten | Ist-Soll-Kosten > Standardkosten |
Die Summe aus Mengenabweichung und Preisabweichung ergibt die Gesamtabweichung der Einzelmaterialkosten. Sie gibt an, um wie viel das Total der geplanten Einzelmaterialkosten vom Total der tatsächlichen Einzelmaterialkosten abweicht.
Prozentuale Abweichung Die absolute Grösse einer Abweichung ist nur eine Information. Um eine fundierte Bewertung vornehmen zu können, ist es stets ratsam, auch die relativen Grössen (in Prozent) zu ermitteln (Nadig & Zupan, 2007, S. 312). Nach Trepp et al. (2018) lassen sich diese prozentualen Einzelmaterialabweichungen wie folgt ermitteln (S. 456):
Preisabweichung als relative Grösse: |
Preisabweichung / (Ist-Materialmenge des Verbrauchs * Standard-Materialpreis) |
Materialmengenabweichung als relative Grösse: |
Materialmengenabweichung / (Standard-Materialmenge des Verbrauchs * Standard-Materialpreis) |
Gesamtabweichung auf der verbrauchten Materialmenge als relative Grösse: |
Gesamtabweichung auf der verbrauchten Materialmenge / (Standard-Materialmenge des Verbrauchs * Standard-Materialpreis) |
Ursachen
Gemäss Trepp et al. (2018) sind die Ursachen von Materialpreis- und Materialmengenabweichung unterschiedlich (S. 457). Die Preisabweichungen werden in erster Linie durch ausserbetriebliche Faktoren hervorgerufen. Dazu gehören Schwankungen im allgemeinen Preisniveau bzw. Geldwertänderungen, Preisvariationen im Beschaffungsmarkt, Öffnung neuer und Ausfall bisheriger Bezugsquellen. Zusätzlich beeinflussen aber auch Massnahmen verschiedener Abteilungen des Unternehmens die Preisabweichungen. Dazu zählen die Wahl neuer Lieferanten oder alternativer Transportwege, die Nutzung günstiger Einkaufsmöglichkeiten, Verhandlungstaktiken und das Zahlungsverhalten (s. auch Weygandt, Kimmel & Kieso, 2015, S. 366).
Die Materialmengenabweichung kann durch diverse Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen Einsatz anderer Maschinen und Verfahren als geplant, Unterschiede in der Sorgfalt bei der Ausführung von Arbeiten, Veränderung der Rohstoffqualität, Anpassungen bei Material- oder Produktkontrollen sowie das Auftreten von Abfall, Ausschuss oder Diebstahl (Suter et al., 2021, S. 18; Trepp et al., 2018, S. 457).
Abweichungen können zudem aufgrund von Buchungs- oder Rechnungsfehlern entstehen. Wenn die Ursachen für Abweichungen auf unrealistisch festgelegte Standards zurückzuführen sind, sollte in Betracht gezogen werden, diese Standards zu überarbeiten oder den Prozess ihrer Festlegung zu überdenken (Nadig & Zupan, 2007, S. 313).
Anwendungsbeispiel
Eine fiktive Firma handelt mit Holzschränken. Sie kauft Holz ein, verarbeitet es zu Schränken und verkauft diese den Einzelhändlern. Im Jahr 20x1 geht die Geschäftsleitung von den folgenden Zahlen für das Jahr 20x2 aus:
Einkaufspreis pro m3 Holz: | CHF 120.00 |
Holzbedarf pro Schrank: | 0.45m3 |
Anzahl zu produzierende Schränke: | 1’000 |
Ende 20x2 präsentieren sich die tatsächlichen Werte wie folgt:
Einkaufspreis pro m3 Holz: | CHF 123.00 |
Holzbedarf pro Schrank: | 0.4m3 |
Anzahl produzierte Schränke: | 995 |
Die Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Herleitung der Preis,- Mengen- und Gesamtabweichung.
Einzellohnabweichungen
Berechnung
Um die Einzellohnabweichungen zu ermitteln, müssen zunächst die Kostengrössen Ist-Kosten und Ist-Soll-Kosten gemäss der untenstehenden Tabelle ausgerechnet werden.
Kostengrösse | Formel | Aussage |
---|---|---|
Ist-Kosten (IK) | Ist-Arbeitsstunden * Ist-Lohnsatz | Die tatsächlich angefallenen Lohnkosten. |
Ist-Soll-Kosten (ISK) | Standardlohnsatz * Ist-Arbeitsstunden | Wie viel Einzellohnkosten hätten wir mit dem Standardlohnsatz gehabt? |
Zudem müssen die Standardkosten der Einzellöhne auf Basis des Grundplans definiert werden. Er wird in einem umfassenden Planungsprozess entwickelt, der die Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger berücksichtigt, welcher das Ziel verfolgt, dass dabei verschiedene wert- und mengenmässige Standardwerte bestimmt werden können (Wolfisberg et al., 2022, S. 30).
Es gibt zwei Arten von Einzellohnabweichungen: die Lohnsatzabweichung und die Arbeitszeitabweichung. Diese definieren sich jeweils aus der Differenz zwischen zwei Kostengrössen. Eine Abweichung gilt als günstig, wenn sie negativ ist, und als ungünstig, wenn sie positiv ist. Weiter hängt die Lohnsatzabweichung vom Ist- und Standard-Lohnsatz ab. Falls der Ist-Lohnsatz kleiner als der Standard-Lohnsatz ist, fällt die Abweichung günstig aus. Die Arbeitszeitabweichung ist von der Ist- und der Standard-Fertigungszeit abhängig. Falls die Ist-Fertigungszeit kleiner als die Standard-Fertigungszeit ist, fällt die Abweichung günstig aus (Suter et al., 2021, S. 14).
Die folgende Tabelle stellt eine Übersicht über die Einzellohnabweichungen dar und zeigt auf, wann die Abweichungen günstig bzw. ungünstig sind.
Lohnsatzabweichung | Arbeitszeitabweichung | |
---|---|---|
Motiv | Wie viel teurer / günstiger war die tatsächliche Arbeitsleitung als erwartet? | Wie gross ist der Unterschied zu den SK, wenn mit der Standardleistung / Zeiteinheit und der tatsächlichen Menge an geleisteten gerechnet wird? |
Formel | IK – ISK | SK – ISK |
Günstig wenn | Ist-Soll-Kosten > Ist-Kosten | Ist-Soll-Kosten < Standardkosten |
Ungünstig wenn | Ist-Soll-Kosten < Ist- Kosten | Ist-Soll-Kosten > Standardkosten |
Die Summe aus Arbeitszeitabweichung und Lohnsatzabweichung ergibt die Gesamtabweichung der Einzellohnkosten. Sie gibt an, wie viel das Total der geplanten Einzelmaterialkosten vom Total der tatsächlichen Einzelmaterialkosten abweicht.
Prozentuale Abweichungen Die absolute Grösse einer Abweichung ist nur eine Information. Um eine fundierte Bewertung vornehmen zu können, ist es stets ratsam, auch die relativen Grössen (in Prozent) zu ermitteln (Nadig & Zupan, 2007, S. 312). Laut Trepp et al. (2018) lassen sich die relativen Grössen bei der Einzellohnabweichung wie folgt ermitteln (S. 459):
Lohnsatzabweichung als relative Grösse: |
Lohnsatzabweichung / (Ist-Fertigungszeit * Standard-Lohnsatz) |
Arbeitszeitabweichung als relative Grösse: |
Arbeitszeitabweichung / (Standard-Fertigungszeit * Standard-Lohnsatz) |
Gesamtabweichung Einzellöhne als relative Grösse: |
Gesamtabweichung Einzellöhne / (Standard-Fertigungszeit * Standard-Lohnsatz) |
Ursachen
Die Ursachen von Lohnsatz- und Arbeitszeitabweichungen sind unterschiedlich. Die Lohnsatzabweichung wird aufgrund verschiedener Faktoren beeinflusst. Dazu gehören Lohnanpassungen, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, Prämien, Teuerungszulagen, Anpassungen der Sozialleistungskosten und der Einsatz von Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Gehaltsstrukturen.
Die Arbeitszeitabweichung unterliegt einer Vielzahl von Einflussfaktoren. Dazu gehören schlecht qualifizierte oder neue Mitarbeitende, die Arbeitsintensität, Personalschulungen, Effekte der Erfahrungskurve, technischer Fortschritt, Überstunden, mangelnde Instruktionen, Verzögerungen bei der Materialversorgung, Stromausfälle, Maschinendefekte sowie zusätzliche Umrüst- und Einrichteoperationen (Suter et al., 2021, S. 20; Trepp et al., 2018, S. 459).
Anwendungsbeispiel
Eine fiktive Firma handelt mit Holzschränken. Sie kauft Holz ein, verarbeitet es zu Schränken und verkauft diese den Einzelhändlern. Bezüglich der Einzellohnkosten des Schrankherstellers ist folgen-des bekannt:
Standardwerte
Benötigte Arbeitszeit pro Schrank: | 15h | |
Anzahl zu produzierende Schränke: | 1000 | |
Standardlohnsatz / Stunde: | CHF 25.00 |
Ende 20x2 präsentieren sich die tatsächlichen Werte wie folgt:
Tatsächliche Arbeitszeit pro Schrank: | 15.4h |
Anzahl produzierte Schränke: | 995 |
Tatsächlicher Lohnsatz / Stunde: | CHF 24.00 |
Die Abbildung 2 zeigt beispielhaft die Herleitung der Lohnsatz-, Stunden- und Gesamtabweichung.
Berichterstattung über die Abweichungen
Die Berichterstattung soll in übersichtlicher Kurzform über die Ist-Werte und deren Abweichungen von den Standardwerten Auskunft geben. Verwendet werden sowohl absolute Grössen (beispielsweise in CHF) als auch prozentuale Abweichungen vom Standardwert.
Die Abweichungen werden ab einem bestimmten Ausmass (z. B. ± 5%) analysiert. Hier gilt die Wirtschaftlichkeitsüberlegung, dass der Nutzen der Abweichungsanalyse die Kosten der Erstellung übersteigen soll. Falls diese Wirtschaftlichkeitsüberlegung gegeben ist, müssen die verantwortlichen Personen günstige und ungünstige Abweichungen analysieren und begründen. Die Erwartungen an die Zukunft sind dabei von grosser Bedeutung. Auf Grundlage dieser Erwartungen werden Massnahmen entwickelt und realisiert (Suter et al., 2021, S. 20–21; Trepp et al., 2018, S. 456).
Mehrere Instanzen sind an der Berichterstattung beteiligt. Die Verantwortlichen in der Betriebsbuchhaltung und im Controlling bestimmen die Kontrollobjekte (z. B. Kostenstellen) und Kontrollinhalte (z. B. Kostenarten) sowie die Periodizität der Kontrolle (Tag, Woche, Monat, Quartal, Semester oder Jahr). Zudem entwickeln sie das Abrechnungssystem (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe und Speicherung der Daten). Sie sind verantwortlich für die Gegenüberstellung der Standard- und Ist-Werte und für die Ermittlung der Abweichungen. Sie unterstützen die Linien- bzw. Fachinstanz bei der Analyse der Abweichungen und beraten sie bei der Bestimmung von Korrekturmassnahmen (Trepp et al., 2018, S. 456).
Die Linien- bzw. Fachinstanzen, bei welchen die Kostenkontrollen durchgeführt werden, arbeiten vorzugsweise bei der Festlegung der Soll-Werte mit. Sie haben die berechneten Abweichungen zu analysieren und Korrekturmassnahmen vorzuschlagen. Deren Umsetzung wird in der Regel durch hierarchisch höher eingestufte Instanzen angeordnet (Trepp et al., 2018, S. 456).
Die Verbuchung der Einzelkostenabweichungen kann verschieden erfolgen. Eine Lösung stellt bei der Einzelmaterialabweichung die Verbuchung der Preisabweichung über das Finanzbuchhaltungskonto Materialaufwand und die Verbuchung der Materialmengenabweichung über das Betriebsbuchhaltungskonto Fabrikate in Arbeit dar (Suter et al., 2021, S. 18–19). Alternativ können Konti über Materialpreis- und Materialmengenabweichung geführt werden. Am Ende des Jahres spiegeln die Salden der Abweichungskonten die Unterschiede zwischen den geplanten und tatsächlich angefallenen Kosten über das Jahr wider. In der Regel werden diese Abweichungskonten entweder über das Konto "Herstellkosten" oder das Betriebsergebniskonto abgeschlossen (Friedl, Hofmann & Pedell, 2022, S. 394–395).
Die Verbuchung der Einzellohnabweichung bietet ebenfalls verschiedene Lösungen. Einerseits kann die Lohnsatzabweichung über das Finanzbuchhaltungskonto Lohnaufwand und die Arbeitszeitabweichung über das Betriebsbuchhaltungskonto Fabrikate in Arbeit verbucht werden (vgl. Fallstudie & Suter et al., 2021, S. 19–20). Andererseits können analog zur Einzelmaterialabweichung Lohnsatz- und Arbeitszeitabweichungskonten geführt werden (Weygandt et al., 2015, S. 377).
Beurteilung Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung
Die Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen sind Bestandteil einer umfassenden Abweichungsanalyse im Rahmen der Standardkostenrechnung. Diese leistet einen bedeutenden Beitrag zur Wirtschaftlichkeitsüberwachung einer Unternehmung. Der Vergleich in Form der Abweichungsanalyse zwischen Standard- und Ist-Werten stellt ein wichtiger Teil des Führungsinstrumentariums dar. Die Analyse der Kosten schafft ein Kostenbewusstsein. Darüber hinaus ermöglicht die präzise Struktur der Standardkostenrechnung eine detaillierte Analyse der Ursachen von Abweichungen. Die Identifizierung der tatsächliche(n) Ursache(n) einer Abweichung ist ein zentrales Element jeder Abweichungsanalyse, da andernfalls das Risiko besteht, falsche Korrekturmassnahmen zu treffen (Suter et al., 2021, S. 41). Die Abweichungsanalyse kann für Mitarbeitende motivierend wirken und sich auf verschiedene Arten ausprägen. Zum einen können Mitarbeitende im Rahmen der Planung der Standardwerte miteinbezogen werden. Des Weiteren wirkt es motivierend, wenn Standardwerte unterschritten werden und dies in Kombination mit Anreizsystemen belohnt wird (Trepp et al., 2018, S. 457). Eine weitere positive Eigenschaft prägt sich dadurch aus, dass bei der Ermittlung der Standardwerte erzielte Erfahrungskurveneffekte wie Ausbeute- und Produktivitätsfortschritte miteinbezogen werden können. Somit wird eine sehr objektive und zuverlässige Berechnung ermöglicht (Trepp et al., 2018, S. 497).
Jedoch sind der Abweichungsanalyse auch einige Grenzen gesetzt. Die Anwendung der Standardkostenrechnung und der damit verbundenen Abweichungsanalyse ist in erster Linie auf Unternehmen mit Massen- und Sortenfertigung beschränkt. Der Aufbau einer Standardkostenrechnung ist nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn wiederkehrende Arbeitsprozesse vorliegen. Dies aufgrund der Tatsache, dass die Ermittlung und periodische Anpassung der Standardkosten und Standardkalkulationen (Preis- und Mengenstandards) arbeits- und kostenintensiv sind (Trepp et al., 2018, S. 497).
Um die Wirtschaftlichkeit einer Kostenstelle mittels der Standardkostenrechnung zu ermitteln, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Die Kostenstellenleistung muss quantifizierbar sein, der Kostenstellenleiter*in muss die Kosten beeinflussen können und die nicht berücksichtigten Kosteneinflussgrössen müssen konstant sein. Die Aussagekraft der Standardkostenrechnung und somit auch die errechneten Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen sind stark von diesen Faktoren abhängig. Es gilt also zu bewerten, ob diese Faktoren unter veränderten Produktionsbedingungen noch erfüllt sind (B. Friedl, 2010, S. 283). In Bezug auf die Beeinflussung der Kosten lässt sich festhalten, dass jener Kostenanteil, der vom / von der Kostenstellenleiter:in beeinflusst werden kann, tendenziell abnimmt, da Produktionsprozesse aufgrund zunehmender Automatisierung weniger flexibel ausgelegt werden können (B. Friedl, 2010, S. 284).
Des Weiteren hat sich die Anzahl der Faktoren, welche sich auf die Kosten auswirken, durch die Flexibilität und die Programmvielfalt erhöht. Infolge hoher Komplexität wird in der Praxis jedoch oft auf die Erfassung dieser Einflüsse verzichtet. In der Kostenplanung geht man davon aus, dass viele dieser Kostenfaktoren konstant bleiben, auch wenn sie sich während des Abrechnungszeitraums ändern können. Dies führt dazu, dass die Aussagekraft abnimmt. Zudem hat die Integration der Prozesse zur Folge, dass die Kostenstellen abhängiger voneinander sind. Dies kann dazu führen, dass Probleme einer Kostenstelle auf weitere Kostenstellen übertragen werden und dort zu Kostenabweichungen führen. Dementsprechend kann der / die Kostenstellenleiter:in nur noch begrenzt für entstandene Abweichungen verantwortlich gemacht werden (B. Friedl, 2010, S. 284–285). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen wichtige Instrumente im Controlling und in der Kostenrechnung von Unternehmen sind. Sie tragen dazu bei, Abweichungen frühzeitig zu identifizieren und Massnahmen zu ergreifen, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Dennoch müssen die Grenzen und Herausforderungen bei der Anwendung berücksichtigt werden, um die Aussagekraft beurteilen zu können.
Lern- und Praxismaterialien
Fallstudie | Aufgaben |
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Fallstudie - Muster Bettwaren AG | Quiz Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung |
Quellen
Literaturverzeichnis
- Buchholz, L., & Gerhards, R. (2016). Internes Rechnungswesen: Kosten- und Leistungsrechnung, Betriebsstatistik und Planungsrechnung (3., aktualisierte und ergänzte Auflage). Berlin: Springer.
- Friedl, B. (2010). Kostenrechnung: Grundlagen, Teilrechnungen und Systeme der Kostenrechnung (2., überarbeitete und erweiterte Auflage) . München: Oldenbourg. https://doi.org/10.1524/9783486710267
- Friedl, G., Hofmann, C., & Pedell, B. (2022). Kostenrechnung: Eine entscheidungsorientierte Einführung (4., überarbeitete und erweiterte Auflage). München: Vahlen.
- Joos, T. (2014). Controlling, Kostenrechnung und Kostenmanagement: Grundlagen - Anwendungen - Instrumente (5. Aufl). Wiesbaden: Springer.
- Nadig, L., & Zupan, L. (2007). Kostenrechnung als Führungsinstrument: Grundlagen. Zürich: Schulthess.
- Suter, S., Sutter, E., & Baumann, M. (2021). Standardkostenrechnung: Abweichungsanalyse in der Standardkostenrechnung mit Übungsfällen (1. Auflage). Zürich: Orell Füssli Verlag.
- Trepp, G., Hauri, M., & Gehrig, M. (2018). Betriebliches Rechnungswesen mit Controlling: Ist-, Normal-, Standard- und Prozesskostenrechnung, Target Costing, Product Life Cycle Costing, Benchmark Costing, Öko Costing, Fixkostenmanagement (6. Auflage, Ungekürzte Ausgabe). Bern: Hirschi/Trepp/Zulliger.
- Weygandt, J. J., Kimmel, P. D., & Kieso, D. E. (2015). Managerial accounting: Tools for business decision making (7th. ed, International student version). New York: Wiley.
- Wolfisberg, A., Röösli, B., & Speck, M. (2022). Das betriebliche Rechnungswesen 2: Weiterführende Themen (9. Auflage). Zürich: Verlag SKV.
Autoren
Philip Armah, Lucas Matzinger, Noah Vögeli, Janik Willmann