Digitaler Controller: Unterschied zwischen den Versionen
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== Kritische Würdigung == | == Kritische Würdigung == |
Version vom 18. Mai 2020, 12:48 Uhr
Aufgrund der Herausforderungen, welche durch die digitalen Technologien, digitalen Geschäftsmodellen und nötigen Effizienzsteigerungen im Finanzbereich, ist ein neues Kompetenzprofil des Controllers nötig, damit dieser den digitalen Wandel meistern kann. Das Kompetenzprofil des digitalen Controllers ist breiter als das des klassischen Controllers. Während beim klassischen Controllerprofil vor allem das Fachwissen im Bereich Controlling wichtig war, muss der digitale Controller zusätzliche Kompetenzen im Bereich Business, Data Science, IT-Management und persönlicher Kompetenzen wie Leistungskultur mitbringen (Egle & Keimer, 2018, S. 49-51).
Herkunft und Begriffsdefinition
Neben dem Business Partners nehmen Controller seit der jüngsten Vergangenheit auch noch stärker zukunftsorientierte Rollen war (Mitter/Mühlberger, 2014, S. 99 zit. in Thiele & Gleich, 2015, S. 551). Die Rolle des Controllings ist im Zusammenhang mit der Digitalisierung in den Unternehmen bis vor wenigen Jahren kaum deutlich geworden. Erst durch jüngste Fortschritte der digitalen Transformation, wie das Internet of Things (IOT), erkennt man, dass das rentable Potenzial der Digitalisierung gesteuert und kontrolliert werden muss (Pampel, 2017, S. 21-22).
Der Begriff Digital Controller hat sich noch nicht ganzheitlich etabliert. In der Literatur ist dieses neue Rollenbild unter verschiedenen Begriffen zu finden, wie z.B.:
- «Controller 4.0» (vgl. Koch, Storm, & Lisa, 2020)
- «Smart Controller» (vgl. Gadatsch, Krupp, & Wiesehahn, 2017)
Herausforderungen
Die agileren Unternehmensstrukturen sowie die veränderten Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle stellen den Controller vor einige Herausforderungen, wie den Umgang mit veränderte Datenverfügbarkeit durch Big Data und verbesserte Analysemöglichkeiten durch Business Analytics, grundlegende Umgestaltungen der Unternehmenssteuerung, Änderungen in Kompetenzen, Rolle und Denkweisen des Controllers sowie die Entwicklung einer neuen Leistungskultur (Wolf und Heidlmayer, 2019 S. 27-28). Der Digital Controller ist gefordert in digitalen Geschäftsmodellen zu denken, er steuert und misst digitale Prozesse, Produkte und Dienstleistungen, zudem wird von ihm erwartet die digitale Leistungskultur im Unternehmen zu pflegen (Schönbohm & Egle, 2016, S. 5-8).
Rollenprofil des Digital Controllers
Aufgaben
Die Aufgabenfelder des Digital Controllers bleiben weitgehend dieselben wie die des traditionellen Controllers. Doch die Aufgaben an sich müssen der Digitalisierung angepasst werden. Die folgende Abbildung zeigt die groben Veränderungen der Aufgaben des Controllers.
Folgende Aufgaben hat der Digital Controller:
Navigator: Digital Controlling ist ein eher neues Phänomen, welches im ständigen Wandel ist. Daher ist es schwierig an anwendbaren Business Cases, die fundiert die Kosten, Nutzen und Gefahren der digitalen Transformation erfassen, zu gelangen. In dieser Situation ist der Digital Controller gefordert im Unternehmen die Rolles als Navigator durch die digitale Transformation zu übernehmen (Schönbohm & Egle, 2016, S. 4).
Digitale Technologien: Der Digital Controller befasst sich insbesondere mit den wirtschaftlichen Auswirkungen von digitalen Technologien (Pampel, 2017, S. 22). Er hat die Aufgabe zu ermitteln, welche Technologien vorhanden sind und welchen Wertbeitrag diese für das Geschäftsmodell und das Controlling leisten (Egle & Keimer, 2018, S. 49).
Digitale Geschäftsmodelle: Um konkurrenzfähig zu bleiben, stellen Unternehmen auf digitale Geschäftsmodelle um. In diesem Zusammenhang ist das Controlling verantwortlich für Markt- und Branchenanalysen im digitalen Umfeld. Das Wissen über digitale Entwicklungen der Wettbewerber und der erzielbaren Kundenwert muss in das digitale Angebot einfliessen (Egle & Keimer, 2018, S. 50). Das Controlling muss den Übergang auf neue Geschäftsmodelle moderieren (Pampel, 2017, S. 25).
Effizienzsteigerung: Der Digital Controller verwendet digitale Technologien, die Effizienzsteigerung im Controlling-Bereich bewirken. Vor allem Robotic Process Automation (RPA) sind beliebt, um Abläufe im Controlling zu optimieren (Egle & Keimer, 2018, S. 49). Es ist die Aufgabe des Digital Controllers die Prozesse zu optimieren und die dafür nötigen Systeme anzuschaffen. Durch die freigewordene Kapazität wird vom Controlling-Team in der Planung mehr Entscheidungs- und Szenario-Orientierung, ein höherer Integrationsgrad sowie eine vermehrte Beschäftigung mit disruptiven Veränderungen erwartet (Wolf & Heidlmayer, 2019, S. 29).
Big Data: «Durch den Aufstieg digitaler Technologien ergeben sich neue Herausforderungen und neue Chancen für das Berichtswesen im Unternehmen. Große Mengen an strukturierten und unstrukturierten Rohdaten aus unterschiedlichen Quellen und Systemen sind im Unternehmen verfügbar und nutzbar. Die Herausforderung besteht darin, die vorhandenen Daten effektiv einzusetzen, Zusammenhänge aufzudecken und relevante Erkenntnisse abzuleiten» (Steinhardt, 2020, S. 30). Der Digital Controller hat die Aufgabe dafür zu sorgen, dass die richtigen Technologien, um Daten zu sammeln, zu aggregieren und auszuwerten im Unternehmen vorhanden sind (Egle & Keimer, 2018, S. 50).
Business Analytics: In diesem Bereich geht es um Analysen von Zusammenhängen und Prognosen der Zukunft. Mit diesem Werkzeug kann das Controlling zielführende Berichte und Handlungsempfehlungen abgeben (Egle & Keimer, 2018, S. 50). Die neuen IT-Programme machen es möglich Reports in Echtzeit zu erstellen. Es ist die Aufgabe des Digital Controllers zu entscheiden, ob diese Echtzeitreports eine bessere Entscheidungsgrundlage darstellen. Zudem ist es möglich mit diesen Reports kurzfristig auftauchende Fragestellungen zeitnah zu beantworten (Steinhardt, 2020, S. 30). Business Analytics schützt nicht vor falschen Entscheidungen. Die Anwender müssen die ausgewerteten Daten richtig interpretieren können (Wolf & Heidlmayer, 2019, S. 30).
Nicht finanzielle Kennzahlen: Der Digital Controller muss deutlich mehr operative Kennzahlen erfassen und auswerten, um digitale Geschäftsmodelle ganzheitlich abzubilden. Besonders Daten zum Kundenverhalten spielen eine grosse Rolle und müssen mit finanziellen Kenngrössen in Zusammenhang gebracht werden (Hesse, 2015, S. 30). Zudem bringen die Generationen Y und Z eine neue Leistungskultur in das bestehende Unternehmen ein, welche die bisherige Planungs- und Kontrollkultur herausfordern (Wolf und Heidlmayer (2019), S.31). Der Digital Controller muss die Prozesse und die Kultur den neuen Generationen anpassen.
Kompetenzen
«Um den digitalen Wandel zu meistern, ist ein neues Controllingkompetenzprofil notwendig, das sich aus klassischen Controllingkompetenzen, aber zunehmend auch aus ausgewiesenen statistischen, technischen und persönlichen Kompetenzen zusammensetzt.» (Egle & Keimer, 2018, S. 51).
Das neue Anforderungsprofil ist stark mit dem Digital Controlling verknüpft. Die Kompetenzen werden mit fünf Oberbegriffen zusammengefasst: Fachwissen, Business, Data Science, IT-Management, Leistungskultur. Diese werden in der folgenden Darstellung aufgezeigt.
Fachwissen
Grundvoraussetzung für einen Digital Controller bleibt ein fundiertes Fachwissen, welches die Controllingprozesse und die Controllinginstrumente beinhaltet. Ein wichtiges Aufgabengebiet des Digital Controllers ist die Koordination des traditionellen und des digitalen Geschäftsmodell. Dafür wird ein Verständnis für Kosten- und Erlösmodelle benötigt (Egle & Keimer, 2018, S. 52). Dies bestätigt auch eine empirische Studie zum Thema Stellenanzeigen von Controllern und Data Scientists. Auch hier wird dem Fachwissen von Controllern einen hohen Stellenwert angerechnet (Freistühler, Kempkes, Suprano & Wömpener, 2019, S. 66).
Durch die Digitalisierung entstehen neuen Datenmengen, welche eine durch neue Messgrössen analysiert werden. Die Aufgabe des Digital Controllers besteht darin, neue Kennzahlen zu definieren und diese im bestehenden Steuerungssystem zu integrieren. Zudem muss der Digital Controller die digitalen Entwicklungen aufzeigen und transparent machen. (Egle & Keimer, 2018, S. 52).
Auch ist es wichtig, die Controllingorganisation zu überarbeiten. Es muss entschieden werden, ob die Organisation zentral oder dezentral weitergeführt wird (Egle & Keimer, 2018, S. 52).
Business
Ein Digital Controller benötigt ein Markt- und Branchenverständnis. Der Blick ausserhalb der Unternehmung ist wichtig, um die aktuellen Markttrends und Entwicklungen in Reports einzubeziehen. Das soll dazu beitragen, dass möglich früh auf die neusten Entwicklungen reagiert werden kann. Ausserdem muss der Digital Controller sich für die neusten Entwicklungen in den Bereichen Geschäftsmodelle, Plattformen und Ökosystem interessieren, damit er sich proaktiv neues Wissen aneignet (Egle & Keimer, 2018, S. 52). Als ein wichtiges Zukunftsthema wird auch der Controller als Business Partner genannt. Der Controller soll als Sparringpartner dienen und, abgesehen von Fachkompetenzen und Sozialkompetenzen, auch über Geschäftskenntnisse verfügen (Losbichler & Ablinger, 2018, S. 52-53).
Ein weiterer Punkt ist die kritische Auseinandersetzung mit den digitalen Technologien, den digitalen Potenzialen und der Bewertung der digitalen Risiken durch ein fundiertes Risikomanagement. Auch der Datenschutz wird mit zunehmender Digitalisierung immer wichtiger und komplexer. Deshalb ist es unumgänglich, dass der Controller mit den rechtlichen und ethischen Vorgaben des Datenschutzes vertraut ist. Auch die internen Compliance-Vorgaben muss er kennen. (Egle & Keimer, 2018, S. 52).
Data Science
Damit die gesammelten Daten auch wunschgemäss verarbeitet werden können, muss der Controller über die Kompetenz verfügen diese Daten entsprechend auszuwerten. Deshalb muss er über Kenntnisse in den Bereichen Business Intelligence und Business Analytics besitzen. Diese zwei Werkzeuge fordern solide Statistikkenntnisse (Egle & Keimer, 2018, S. 52). Trotz der neuen Möglichkeiten zur automatisierten Datenanalyse durch den Data Scientist, wird in der Praxis die Verantwortung über den Kontrollprozess ausschliesslichen dem Controller übergeben. Diese klare Kompetenzzuweisung kann damit begründet werden, dass unter anderem qualifiziertes Einschätzungsvermögen sowie betriebswirtschaftliches Fachwissen zur Interpretation der Abweichungen notwendig sind (Freistühler et al., 2019, S. 67).
Um die Ergebnisse aus der Analyse der Daten zu präsentieren, muss der Controller vertraut mit den gängigen Visualisierungsmethoden sein. Eine gängige Visualisierungsmethode sind Dashboards, um die Aufmerksamkeit der Manager auf die wesentlichen Merkmale zu lenken (Egle & Keimer, 2018, S. 52). Dies bestätigt auch die Untersuchung der Praxis, bei welcher Textverarbeitungs-, Präsentations- und Tabellenkalkulationsprogramme als primäre Arbeitsmittel des Controllers genannt werden (Freistühler et al., 2019, S. 68).
IT-Management
Der Digital Controller muss die IT-Architektur des Unternehmens kennen und ein fundiertes Technologieverständnis haben, damit er die potenziellen neuen Technologien rechtzeitig erkennt und diese für die Unternehmung bereitstellt. Auch ist es die Aufgabe des Controllers die Budgetvorgaben für Digitalisierungsprojekte zu überwachen und der Nutzen der IT-Systeme aufzuzeigen (Egle & Keimer, 2018, S. 52).
Eine weitere neue Kompetenz des Controllers ist die Skriptsprachen. Diese werden gefordert, damit der Digital Controller mit der IT-Abteilung die bestmöglichen Systeme suchen und nach seinen Wünschen programmieren kann. Weiter muss der Digital Controller über Kenntnisse in den Bereichen Modellierung, Umsetzung und Monitoring von Workflows verfügen (Egle & Keimer, 2018, S. 53). Nur so kann er die Vernetzung der Systeme und Prozesse sicherstellen.
Leistungskultur
Vom digitalen Controller sind Eigeninitiative und Kommunikationsfähigkeiten gefordert. Auch sollte er eine hohe Kundenorientierung und verknüpfte Denkweise aufzeigen sowie exakt arbeiten. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung sollte der Controller eine hohe Belastbarkeit aufweisen. Ein weiterer zentraler Aspekt ist das Teamwork innerhalb der Controllingabteilung. (Egle & Keimer, 2018, S. 52)
Checkliste
Grundsätzlich zu beachten ist, dass nicht ein Controller die gesamten Kompetenzen abdecken muss. Vielmehr soll die gesamte Controllingabteilung zusammen diese Kompetenzen bereitstellen. Bei fehlenden Kompetenzen können entweder die bereits vorhanden Mitarbeitenden spezifisch geschult werden oder das vorhandene Defizit kann mit einem neuen Mitarbeitenden gedeckt werden (Egle & Keimer, 2018, S. 53). Eine detaillierte Liste mit den wichtigsten Kompetenzen bietet diese Checkliste:
Weitere Rollen des Controllers
Wolf und Heidlmayer (2019) erwähnen neben der Rolle des Digital Controllers noch weitere neue Rollen des Controllers. Sie fassen die unterschiedlichen Rollen in folgende 5 Hauptrollen zusammen:
Neben dem Digitalen Controller handelt es sich dabei um die Rollen des Business Analyst, Chief Digital Performance Office, Business Partner sowie des Data Scientist. Die genaue Trennung der unterschiedlichen Rollen ist schwierig, da sich die Kompetenzen oft überschneiden. Dies macht eine klare Aufgabenverteilung und klare Zuständigkeitsbereiche unabdingbar. Trotzdem ist die Zusammenarbeit der verschiedenen Rollen ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Unternehmens.
Kritische Würdigung
Die Zukunft des Controllers lässt sich in einer breiten Palette unterschiedlichsten Meinungen und Prognosen finden. Diese reichen vom Untergang des Controllers bis hin zu neuen spannenden und erweiterten Herausforderungen (Eberlein, 2020, S. 4). Neue digitale Technologien können im Controlling zahlreiche Tätigkeiten übernehmen und erleichtern somit die Arbeit der Controller, sie könnten aber auch das ganze Berufsbild verschwinden lassen (Koch & Storm, 2020, S. 38). Auch die Blockchain-Technologie bietet neue Einsatzmöglichkeiten im Controlling. Durch diese Automatisierung wird der Controller in Zukunft weniger als Datensammler und -aufbereiter, sondern vermehrt als Informationsanalyst und -interpret eingesetzt (Brück, Nikiforow & Wagener, 2018, S. 905-912).
Auch gibt es mögliche Überschneidungen mit dem Rollenbild des Data Scientist. Gemäss einer empirischen Untersuchung von Stellenanzeigen werden die zwei Rollen in der Praxis als eigenständigen Unternehmensakteure gesehen. Diese weisen vor allem in den Kernbereichen des Controllers Überschneidungen auf. Jedoch ist der Controller vor allem in denjenigen Bereichen, in denen das betriebswirtschaftliche Fachwissen wichtig ist, der primäre Ansprechpartner der Unternehmensführung. (Freistühler et al., 2019, S. 65-66) Dass der Controller vom Data Scientist verdrängt wird, wird als unrealistisch eingestuft. Vielmehr werden diese beiden Rollenbilder als sich ergänzend betrachtet und sollen durch Zusammenarbeit zum Unternehmenserfolg beitragen. Laut einer empirischen Studie ist kein Manager der Meinung, dass der Controller überflüssig wird (Losbichler & Ablinger, 2018, S. 67-68).
Lern- und Praxismaterialien
Tabelle
Quellen
Literaturverzeichnis
- Egle, U., & Keimer, I. (September/Oktober 2018). Kompetenzprofil "Digitaler Controller". Controller Magazin, S. 49-53.
Weiterführende Literatur
Empirische Erhebung: Link zum Bericht: Controlling Magazin (Heft 2) -> «Veränderungen des Rollenprofils von Controllern in Folge der Digitalisierung»
Interview "Controller als Wegbegleiter des digitalen Wandels" (Link: https://blog.hslu.ch/financialmanagement/2017/05/30/controller-als-wegbegleiter-des-digitalen-wandels-interview-mit-markus-zorn/)
Autoren
Perparim Neziri, Alexandra Nieswald, Bianca Pauger, Jennifer Ritz