Data Scientist

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Geprüft: Positiv beurteilt

Der Beruf und Begriff des Data Scientist wurde bei Unternehmen in den letzten Jahren immer populärer. Dennoch gibt es momentan keine abschliessende Berufsbeschreibung, welche beschreibt, welche Fähigkeiten für diesen Beruf mitgebracht werden müssen. Dasselbe gilt für die Aufgaben, welche ein Data Scientist erfüllen sollte. Es ist jedoch unbestritten, dass es eine der wichtigsten Aufgaben des Data Scientist ist, unstrukturierte Daten aufzubereiten und zu analysieren (Freistühler, Kempkes, Suprano & Wömpener, 2019, S. 63-64). Der Data Scientist wird allgemein auch als Allrounder und Problemlöser beschrieben (Schumann, Zschech, & Hilbert, 2016, S. 454).

Herkunft und Begriffsdefinition

Vor ungefähr 40 Jahren wurde der Begriff Data Scientist erstmals schriftlich festgehalten. Damals wurde er als eine alternative Bezeichnung für den Beruf des Informatikers eingesetzt. Jahre später beanspruchten die Statistiker die Bezeichnung des Data Scientist für sich. Heute ist der Begriff Data Scientist verwässert und es wird häufig von einem Data Scientist im Zusammenhang mit Unklarheiten bei Business Intelligence und Business Analytics gesprochen (Steiner & Welker, 2016, S. 69). Der Begriff Data Scientist wird zudem auch als eine Überschneidung von Aufgaben aus verschiedenen Berufsfeldern wie beispielsweise des Business Partners, des Statistikers oder des Softwareentwicklers verstanden (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 50).

Durch die Digitalisierung können einige Aufgaben im Controlling automatisiert und vereinfacht werden. Die daraus entstehenden freien Kapazitäten können zu komplexeren Analysen und Aufgabenerweiterungen genutzt werden. Das führte dazu, dass im Controlling zuerst das Rollenbild des Business Partners entstanden ist. Zusätzlich zur Führungsunterstützung durch den Business Partner wird nun auch das Rollenbild des Data Scientist immer wichtiger, welcher sich durch sein methodisches Spezialwissen auszeichnet (Keimer, Zorn, Gisler und Fallegger, 2017, S. 831). Werden die Kompetenzen des Data Scientist mit Business Fähigkeiten verbunden, so spricht man auch vom Business Data Scientist (Goerke und Seif, 2019, S. 36 - 37).

Rollenprofil des Data Scientist

Im nachfolgenden Abschnitt werden die Aufgaben und die dafür benötigten Kompetenzen eines Data Scientists näher beschrieben.

Aufgaben

Data Scientists decken eine grosse Palette von Aufgaben ab. Aufgrund dieses breiten Spektrums ist es schwierig, ein einheitliches Berufsbild zu schaffen. Unternehmen tun sich zudem schwer, die anfallenden Aufgaben zu konkretisieren. Grundsätzlich müssen Data Scientists jedoch in der Lage sein, Daten zu sammeln, diese sinnvoll zu kombinieren und daraus Zusammenhänge zu erkennen (Regelmann, 2017, S. 88). Solche Zusammenhänge können beispielsweise Erfolgstreiber von Produkten, von Kundenanforderungen oder von Faktoren sein, welche die Qualität beeinflussen. Mithilfe solcher Zusammenhänge kann die Produktivität gesteigert sowie Ideen für Produktentwicklungen gefunden werden (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 54). Obwohl Anwendungen zur Datenanalyse immer einfacher und schneller werden, können mithilfe eines Data Scientists noch erweiterte Analysen auf der Grundlage von mathematischen und statistischen Verfahren durchgeführt werden (Derwisch, Iffert, Fuchs & Bange, 2016, S. 480). Aus den Ergebnissen dieser Datenanalysen sollten Empfehlungen abgeleitet werden können, welche das Management bei ihren Entscheidungen unterstützen und so zu höherem unternehmerischem Erfolg führen (Regelmann, 2017, S. 88 und Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 53-54). Ein Data Scientist sollte somit die Rolle eines Forschers, Entwicklers, Marketing-Spezialisten und eines Verkäufers übernehmen können (Steiner & Welker, 2016, S. 70).

Wie in Abbildung 1 ersichtlich, beschafft sich der Data Scientist die relevanten Daten für eine Problemstellung, bereitet diese für die Analyse vor und präsentiert seine Lösung schlussendlich dem Management (Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 15).

Abbildung 1: Fachkompetenzen und Aufgaben des Data Scientist (Schumann, Zschech & Hilbert, 2016, S. 461)

Kompetenzen

Grundsätzlich verfügt ein Data Scientist über eine gute Kommunikationsfähigkeit, eine schnelle Auffassungsgabe und kann erkennen, was für das Unternehmen den grössten Mehrwert schafft. Er entwickelt Massnahmen, testet sie aus und stellt das Ergebnis der Unternehmensleitung möglichst überzeugend vor. Das benötigte Wissen verfügt er zudem meistens bereits. Der Data Scientist hat ebenfalls Kenntnisse über Technologien wie Big Data und Machine Learning und Data Analytics wie Data Mining und Predictive Analytics (Steiner & Welker, 2016, S. 69-70). Der Umgang mit den Daten und deren Analyse setzt ein hohes Expertenwissen und ausserdem ein Verständnis von Geschäftszusammenhängen und -modellen voraus (Hoder & Kuhr, 2015, S. 25).

Zusätzlich weiss der Data Scientist viel über die praktische Informatik und Datenbanken und er kennt die wichtigsten Anwendungen zur Analyse und diverse Programmiersprachen (Steiner & Welker, 2016, S. 69-70). Alle diese Fähigkeiten zählen zu den Fachkompetenzen des Data Scientist (Schumann, Zschech & Hilbert, 2016, S. 462-464).

Interessant ist die Tatsache, dass laut einer Studie von Egle und Keimer in den nächsten 3 bis 5 Jahren die Statistik- und Programmierkenntnisse nur von sehr wenigen Unternehmen in der Schweiz als bedeutend für den Controller angesehen werden (Egle & Keimer, 2017, S. 3).

Die benötigten Eigenschaften des Data Scientist können in einem Rollenmodell dargestellt werden (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 52). Diese Anforderungen und Kompetenzen können mit den untenstehenden fünf Rollenbildern in Abbildung 2 charakterisiert werden (Regelmann, 2017, S. 88).

Abbildung 2: Rollenmodell des Data Scientist nach Davenport (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 51)

Häcker: Der Data Scientist hat in der Rolle des «Hackers» ein breites Wissen über Technologien wie Big Data. Er weiss wie die Daten analysiert und effizient eingesetzt werden können (Regelmann, 2017, S. 88). Er kennt sich zudem mit dem Programmieren aus. Um einfach und effizient programmieren zu können, wird die Skript- und Programmiersprache wie zum Beispiel Java vorausgesetzt (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 51).

Scientist: Die Fähigkeiten des «Scientists», die im Rahmen einer wissenschaftlichen Karriere erworben wurden, sind von grosser Bedeutung. Solche Fähigkeiten können selbständiges Arbeiten, schnelle Auffassungsgabe, Einsatzbereitschaft sowie Improvisationsvermögen sein (Regelmann, 2017, S. 88). Zusätzlich sind die Durchführungen und Strukturierung von Experimenten sowie die dazugehörende Analyse und Beschreibung der Ergebnisse sehr wichtig (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 51).

Quantitative Analyst: Sobald die relevanten Daten gesammelt, identifiziert sowie strukturiert sind, kommt anschliessend die Rolle des «quantitativen Analysten» zum Zug (Regelmann, 2017, S. 88). Die Daten werden mittels mathematisch-statistischen Verfahren analysiert und ausgewertet. Die Ergebnisse sollten für jede Person verständlich sein, dazu sind visualisierende Illustrationen sehr hilfreich (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 51-52).

Trusted Advisor: Der «Trusted Advisor» ist für die Kommunikation zwischen den IT-Spezialisten, den Entscheidungsträgern sowie den Anwendern der Analyseergebnisse von Big Data zuständig. Er muss beispielsweise der Geschäftsleitung verständlich erläutern können, welche Chancen und Nutzen bei der Anwendung von Big Data realisierbar sind (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 52). Damit keine Missverständnisse zwischen den Schnittstellen entstehen, muss der «Trusted Advisor» folglich Kommunikations- und Beratungsfähigkeiten haben (Regelmann, 2017, S. 88).

Business Expert: Der Data Scientist sollte in der Rolle des «Business Experts» Wissen über das Geschäftsmodell haben (Regelmann, 2017, S. 88). Weiter muss er über die Konkurrenz, die Unternehmensprobleme, die Branche sowie über innovative Produktideen Bescheid wissen. Aufgrund dieser Informationen kann der Data Scientist Ideen entwickeln und durch Analysen die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beibehalten oder gar optimieren (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 52).

Organisatorische Eingliederung

Da all die obengenannten Anforderungen an eine Person zu viel wären und eine solche Person zudem in der Realität schwierig zu finden ist, wird die Erfüllung der Aufgaben eines Data Scientist für die meisten Unternehmen eine Teamaufgabe bleiben (Ruf & Schwab, 2016, S. 496). Durch die hohen Erwartungen an die Kompetenzen des Controllers oder bei der Einstellung eines Data Scientists stellt sich allerdings die Frage, wie dieser organisatorisch in das Unternehmen eingegliedert werden soll. Einzelne Stellen werden dabei oftmals dem Controlling oder der IT unterstellt. Werden allerdings grössere Teams gebildet, dann werden diese Abteilungen oft Data- oder Digital-Lab, Data & Analytics oder Data Science genannt. Dabei gibt es auch die Möglichkeit, ein Data Science Center zu errichten (Langmann, 2019, S. 41).

Obwohl die Aufgaben eines Data Scientists auf den ersten Blick denen eines Controllers ähneln, gibt es doch signifikante Unterschiede. Deshalb wird den Unternehmen empfohlen, die Data Scientists in einer anderen Abteilung ausserhalb des Controllings anzusiedeln. Man erhofft sich von dieser Massnahme, dass sich die einzelnen Bereiche besser auf ihre spezifischen Aufgabengebiete fokussieren und damit jeweils ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Dafür benötigt es allerdings auch eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Data Scientists und dem Controlling (Steiner und Welker, 2016).

Vergleich Data Scientist und Controller

Gemeinsame und unterschiedliche Kompetenzen

Obwohl es wie bereits erwähnt diverse Ähnlichkeiten zwischen dem Controller und dem Data Scientist gibt, sind es unterschiedliche Berufe mit unterschiedlichen Anforderungen. Während das Controlling eher vergangenheitsorientiert ist und Zahlen der Buchhaltung analysiert, arbeiten die Data Scientists mit unstrukturierten und aktuellen Daten. Nicht nur die Fachliteratur sieht einen bedeutenden Unterschied zwischen diesen beiden Berufen, sondern auch die Unternehmen. Bei der Analyse von 242 Stellenangeboten in Deutschland (151 Controller, 91 Data Scientists) kamen folgende Aufgabenprofile zustande. Die Zahlenwerte geben dabei den prozentualen Anteil der Nennungen an (Freistühler, Kempkes, Suprano, & Wömpener, 2019, S. 65).

Abbildung 3: Gegenüberstellung der Aufgabenprofile des Controllers und des Data Scientist (Freistühler, Kempkes, Suprano, & Wömpener, 2019, S. 65)

Die Betrachtung der Aufgabenprofile zeigt, dass von den beiden Berufen ähnliche Kompetenzen erwartet werden. Die Data Scientists sind jedoch in den Bereichen Informationstechnologie, Statistik und Mathematik versierter. Hingegen nehmen die im Controlling angesiedelten Personen zunehmend eine unterstützende Funktion des Managements ein und entwickeln sich zum Business Partner. Die Berufe stehen somit eher in einer komplementären Beziehung zueinander. Aus der Ergänzung der beiden Berufe versprechen sich die Unternehmen in Zukunft viel. Damit diese Zusammenarbeit gelingt, werden von den Controllern vermehrt gute IT-Kenntnisse erwartet (Freistühler et al., 2019, S. 64).

In der folgenden Tabelle werden die Unterschiede der jeweiligen benötigten Kompetenzen von beiden Funktionen dargestellt (Horváth & Aschenbrücker, 2014, S. 58).

Kompetenzen des Controllers Kompetenzen des Data Scientist
Fachliche Kompetenzen Controlling Fachkenntnisse, Geschäftskenntnisse/-verständnis Verständnis von Unternehmenszielen und ihrer Verbindung zu Data Analytics. Engineering-Wissen über Realisierbarkeit, Skalierbarkeit und Kosten.
Methodische Kompetenzen Analytische Kompetenzen, Lösungsorientierung, Umsetzungskompetenzen Solides Grundverständnis datengetriebener Modellbildung mit analytischen Methoden. Fähigkeiten zur Identifikation und Verknüpfung von Datenquellen. Beherrschung der notwendigen Algorithmen und Werkzeuge für Analyse und Verknüpfung.
Persönliche Kompetenzen Leistungsorientierung, Belastbarkeit, Proaktivität, Gewissenhaftigkeit, Neutralität Urteilsfähigkeit bezüglich Werten und Normen und kommunikatives Talent zur Übersetzung von Ergebnissen in die Business-Welt.
Soziale Kompetenzen Führungskompetenzen, kommunikative Kompetenzen, Teamorientierung. Kooperation, Empathie/Sensitivität, Konfliktfähigkeit, Kundenorientierung Fähigkeiten zur Übernahme von Verantwortung, Führungsverhalten, Nutzung von Geschäftskontakten.

Aufgabenverteilung

Auch die Aufgaben überschneiden sich beim Controller und dem Data Scientist. Dies vor allem im Bereich Planung und Kontrolle. Der Controller ist für die Planung, Konsolidierung sowie die Prüfung der Teilpläne zuständig. Beim Data Scientist liegt der Fokus auf der Optimierung des Planungsprozesses mithilfe von Technologien wie Big Data und Data Analytics wie Predictive Analytics (Freistühler et al., 2019, S. 67).

Der Controller und der Data Scientist haben zudem beide eine Beratungs- und Unterstützungsfunktion für das Management. Die Beratungsfunktion entwickelt sich dabei immer mehr zu einer Hauptaufgabe der Controller. Dagegen wird der Data Scientist in der Praxis eher als technischer Experte wahrgenommen, welcher sich um die Analyse von Daten, beispielsweise mithilfe von Big Data, kümmert (Freistühler et al., 2019, S. 67).

Die Informationsgewinnung des Controllers erfolgt in der Praxis hauptsächlich mit SAP-Systemen oder Excel. Der Data Scientist wird von den Unternehmen explizit gebeten, Information auf Basis von Technologien wie Big Data zu erschaffen. Durch die externe Gewinnung der Informationen kann der Data Scientist den Controller zusätzlich unterstützen. Vor allem könnte der Bereich Berichtswesen durch eine Zusammenarbeit beider Funktionen optimiert werden. Dies beispielsweise durch zusätzliche Informationen aus Daten von Social Media oder der Supply-Chain. Die Geschäftsleitung kann somit frühzeitig über allfällige Veränderungen der Umwelt informiert werden (Freistühler et al., 2019, S. 66).

Da das Aufgabengebiet des Controllers sowieso schon sehr umfangreich und anspruchsvoll ist, ist es schwierig, auch noch die Anforderungen oder Aufgaben eines Data Scientist zu erfüllen (Steiner & Welker, 2016, S. 70). Deshalb werden für das Unternehmen die besten Resultate erzielt, wenn der Data Scientist und der Controller eng zusammenarbeiten und sich mit gegenseitigem Verständnis begegnen (Steiner & Welker, 2016, S. 72).

Praxis und Arbeitsmarkt

Nicht jeder Controller muss über die oben genannten Kompetenzen verfügen, jedoch aber sollten alle diese Kompetenzen im Controlling vertreten oder extern abrufbar sein (Keimer, Zorn, Gisler und Fallegger, 2017, S. 831). Und da die Abdeckung der breiten Palette an Kompetenzen eines Data Scientist in der Praxis kaum bei einer Person zu finden ist, haben Erfahrungen gezeigt, dass es am besten ist, die vielen Aufgaben eines Data Scientists im Team aufzuteilen. Dies stellt allerdings ebenfalls eine Herausforderung dar, denn gut ausgebildete Data Scientists sind auf dem Arbeitsmarkt schwer zu finden. Dieses Defizit soll in Zukunft durch geeignete Studiengänge und Ausbildungen gedeckt werden (Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 16).

Neues Rollenbild Digital Controller

Auf der Suche nach Lösungen, wie Unternehmen den digitalen Wandel bewältigen können, hat sich ein neues Controlling-Kompetenzen-Profil entwickelt. Der Digital Controller zeichnet sich neben dem klassisch fundierten Controlling Fachwissen auch durch Wissen über das Gesamtgeschäft, Data Science, IT-Management und Leistungskultur aus. Diese statistischen, technischen und persönlichen Kompetenzen sollten dabei von der ganzen Abteilung abgedeckt werden (Elge & Keimer, 2018, S. 49-53).

Lern- und Praxismaterialien

Im folgenden Kapitel wird mithilfe des Unternehmen Netflix eine Fallstudie als Übung gezeigt.

Fallstudie -

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

  • Davenport, T. und Patil, D.J. (2012). Data Scientist: The Sexiest Job of the 21st Century. in Harvard Business Review, 90. H. 10.

Autoren

Hubacher Lars, Karim Lania, Lehmann Sira, Odermatt Seraina