Reporting Factory
Das Konzept der Reporting Factory sieht vor, dass das Controlling zukünftig weniger Aufwand für die Reporterstellung benötigt und mehr Zeit zur Entscheidungsunterstützung bei strategischen Fragen des Managements aufbringt. Um dies zu erreichen, wird eine klare Einheit bestimmt, welche für die Erstellung und Bereitstellung von Berichten zentral zuständig ist (Schmitz, Lawrenz, & Drerup, 2016, S. 429). Die Kernaufgaben der Reporting Factory bestehen aus der Standardisierung der Systeme, Automatisierung der Reporterstellung und der Verbesserung der Systemunterstützung (Schäffer et al., 2012, S. 53). Als Teil des digitalen Controllings bezweckt die Reporting Factory die optimale Beratung des Managements als Business Partner. Im digitalen Controlling ist die Reporting Factory damit im Bereich der Collaboration anzusiedeln.
Definition Reporting Factory
Der Begriff Reporting Factory bezeichnet eine Einheit innerhalb eines Unternehmens, welche für die Aufbereitung sowie das Bereitstellen der Berichte zuständig ist (Schmitz et al., 2016, S. 429). Häufig und standardisiert ablaufende Tätigkeiten aus dem Reporting-Prozess werden dabei in einer Organisationseinheit gebündelt, welche anschliessend die anderen Unternehmensbereiche mit hoch automatisierten Reportingleistungen unterstützt (Taschner, 2014, S. 14). Durch diese Konzentration der Aufgaben können Bündelungs- und Skaleneffekte genutzt werden, um die Effizienz zu steigern (Eymers et al., 2018, S. 123). Die Reporting Factory wird oft auch als Reporting Center of Excellence oder Compentence Center Reporting bezeichnet (Gleich et al., 2016, S. 134).
Die Hauptaufgabe einer Reporting Factory besteht in der Folge aus der zentralen Bereitstellung von effizient aufbereiteten Auswertungen aus unterschiedlichen Datenquellen. Unterschiedliche Systeme werden mithilfe automatischer Schnittstellen verknüpft und die Daten in einem Data Warehouse gesammelt. Dies gewährleistet bei immer komplexer werdenden und steigenden Datenmengen die Verfügbarkeit einer qualitativ hochwertigen und zeitnahen Entscheidungsgrundlage für das Management (Schmitz et al., 2016, S. 428–431).
Die Reporting Factory gewinnt aufgrund der zunehmenden Fokussierung der Unternehmen auf ihre wertschöpfende Kerntätigkeit sowie der steigenden Komplexität und Ausmass des Berichtswesens an Bedeutung. Ausblickend kann von einer Entwicklung vom beschreibenden zu einem beurteilenden Reporting sowie der Erweiterung des Aufgabenbereiches auf Planung und Budgetierung ausgegangen werden (Schmitz et al., 2016, S. 456; Küpper et al., 1990, S. 288f, zit. in Schmitz et al., 2016, S. 428). In Abbildung 1 ist diese mögliche Entwicklung veranschaulicht.
Ziel einer Reporting Factory
Eine Reporting Factory ermöglicht wesentliche Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen durch Zentralisierung von einem Aufgabengebiet: Bei globalen Unternehmungen agieren die jeweiligen Geschäftseinheiten separat, wobei weder die anfälligen Kosten noch mögliche Lerneffekte geteilt werden können. Daraus resultieren wesentliche Kosten- wie auch Qualitätseinbussen. In einer Reporting Factory werden diese Reportingprozesse vereint und durch Standardisierungen und Automatisierungen der Prozesse als Center-of-Excellence den dezentralen Geschäftseinheiten angeboten (Brühl et al., 2016, S. 9–17).
Bei der Einführung von einer Reporting Factory steht insbesondere der Kostenaspekt im Zentrum (Rahtjen, 2008, S. 27). Ohne eine Bündelung der Aufgaben werden viele Ressourcen und Kosten verbraucht und verletzt damit den Ansatz, dass auch Unterstützungsfunktionen einen Beitrag zum Profit der Unternehmung leisten müssen.
Daraus ergeben sich folgende drei Ziele, welche mit einer Gründung einer Reporting Factory verfolgt werden:
- Kostenreduktion / Effizienzsteigerung: Durch die Prozessautomatisierung wird ein Beitrag zur Kostensenkung geleistet. Erhöhte Skalenerträge führen zu weiteren Aufwandsenkungen von Personalressourcen und IT-Kosten (Mellewigt & Decker, 2006, S. 55).
- Reduktion der Komplexität / Effektivitätssteigerung: Die Reporting Factory ist zuständig für die Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen und soll zusätzlich die Komplexität der Datenmengen minimieren. Werden Kennzahlen verschiedener Geschäftseinheiten mit unterschiedlichen Methoden berechnet, entstehen Informationen die nur schwer miteinander vergleichbar sind. An dieser Stelle ist die Reporting Factory verantwortlich für das Standardisieren und Harmonisieren der Methoden, Prozesse und Inhalte im Reporting-Bereich. Weiter erstreckt sich der Zuständigkeitsbereich auf die Weiterentwicklung von Technologien im Reporting-Bereich. Es ist essentiell eine einheitliche Datenbasis und Datenbewirtschaftung für ein aussagekräftiges Reporting zu haben (Schwarz, 2008, S. 5).
- Bündelung von Know-how (engl. für Fachwissen): Durch eine Reporting Factory wird das Know-how gebündelt und verbessert damit den Wissensaustausch. Weiter kann dadurch das Risiko von Ressourcenengpässen gesenkt werden. Mit einer Einführung von einer Reporting Factory wird auch die Datenverwaltung und Datensicherheit neu definiert. Auch diese Bereiche werden neu zentral von einer Stelle koordiniert und überwacht. Ein weiterer Vorteil des Zusammenbringens der Know-how-Träger bringen die entstehenden Innovationsideen, wie Beispielsweise Self-Service-Reporting auch genannt «Analytic via Business Intelligence» mit (Schmitz et al., 2016, S. 432). Es werden also Methoden, Prozesse und auch verwendete Technologien standardisiert. Dieser Vorgang wird als Single Source of Truth bezeichnet und ermöglicht eine verbesserte Analyse (Schmitz et al., 2016, S. 430).
Chancen und Risiken
Die Implementierung einer Reporting Factory ist mit grossem Optimierungspotential verbunden, birgt jedoch auch einige Herausforderungen. Im Wesentlichen können mit einer Reporting Factory die Reportingleistungen schneller, verlässlicher sowie qualitativ hochwertiger gestaltet werden und damit eine optimale Entscheidungsgrundlage für das Management geschaffen werden (Chaudhry & Bantscheff, 2020, S. 62–63).
Eine wichtige Herausforderung beim Aufbau einer Reporting Factory stellt der Veränderungsprozess an sich dar, da es sich um eine tiefgreifende Veränderung in der Organisationsstruktur handelt. Entsprechend ist ein erfolgreiches und transparentes Change-Management von zentraler Bedeutung (Schmitz et al., 2016, S. 452). Zudem sind die Harmonisierung und Standardisierung der unterschiedlichen Systeme eine weitere grosse Herausforderung bei der Implementierung des Factory-Ansatzes (Chaudhry & Bantscheff, 2020, S. 63–64). Folgende Chancen und Risiken gibt es zu beachten (Chaudhry & Bantscheff, 2020, S. 62–63; Schmitz et al., 2016, S. 452–455):
Chancen |
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• Kosteneinsparungen |
• Steigerung Effizienz sowie Effektivität der Reportingleistungen |
• Reduktion Komplexität |
• Einheitliche Datenbasis und Steigerung Datenqualität |
• Erhöhung der Transparenz im Reporting |
Risiken |
• Erhöhung Prozesskosten durch Implementierung einer Reporting Factory, wenn sie zu wenig in die Prozesse integriert ist |
• Durch Akzeptanzprobleme entsteht Schattenreporting: Mitarbeitende nutzen die Leistungen der Reporting Factory nicht und führen eigenes Reporting weiter |
• Qualitätsverlust durch fehlende Auswahl der passenden Mitarbeitenden |
• Verlust des Bewusstseins für die Entstehung der Zahlen |
• Fehlende Flexibilität durch hohe Standardisierung |
Ausgestaltung und Einführung
Für den erfolgreichen Aufbau ist in einem ersten Schritt die Ausgestaltung der Reporting Factory zu klären. Die Abbildung 2 zeigt die grundlegenden Bausteine einer Reporting Factory und die zu beachtenden Faktoren:
Es stellt sich dabei die grundsätzliche Frage nach dem Umfang und Tätigkeitsbereich der Factory. Hierzu sind die Dienstleistungen und Produkte sowie die Kunden der geplanten Reporting Factory zu definieren (Schmitz et al., 2016, S. 432). Neben den eigentlichen Berichterzeugnissen ist ebenfalls der angestrebte Automatisierungs- und Standardisierungsgrad des Reporting auszuarbeiten. In der Folge spielt zudem die zugrunde liegende Systemarchitektur eine zentrale Rolle. In einem weiteren Schritt ist eine passende Organisationsform zu wählen und ein Implementierungsplan als Basis für eine erfolgreiche Umsetzung zu erstellen (Schmitz et al., 2016, S. 455–456).
Es gibt zwei mögliche Ansätze, wie die Reporting Factory implementiert werden kann. Diese sind zum einen der «Lift and Shift» Ansatz und zum anderen der «Design and Build» Ansatz. Um zu wissen, welcher Ansatz gewählt werden soll, müssen die obenstehenden Grundsatzfragen zu den Bausteinen geklärt sein. Sofern die Kostensenkung priorisiert wird, sollte der «Lift and Shift» Ansatz gewählt werden. Bei einer Priorisierung der inhaltlichen Optimierung wird empfohlen den «Design and Build» Ansatz zu verfolgen (Schmitz et al., 2016, S. 443–444).
Abschliessend gilt es den Aufbauprozess einer Reporting Factory basierend auf dem Projektplan, welcher die Meilensteine und den zeitlichen Rahmen festlegt, zu initiieren. Zur Realisierung der Reporting Factory sollten eineinhalb bis zwei Jahre geplant werden, wobei die Beachtung der folgenden fünf Schritte in der entsprechenden Reihenfolge empfohlen wird (Schmitz et al., 2016, S. 443–452):
- Ist-Analyse als Fundament
- Definition des Target Operating Models
- Ein belastbarer Business Case
- Vorbereitung und Durchführung der Reporting Factory
- Realisierung von Effizienzpotenzialen und des Output-Layers
Kritische Würdigung
Herausforderung im Controlling-Bereich
Die aktuelle Schwierigkeit im Bereich Controlling liegt in der Sicherstellung einer schnellen Verfügbarkeit standardisierter, finanzieller und nicht finanzieller Steuerungsinformationen. Die Kombination aus zeitaufwändigen transaktionalen Tätigkeiten und einer nicht vernetzten Datenbasis macht eine effiziente Arbeitsbewältigung im Reporting Bereich nahe zu unmöglich. Es werden Prozessverbesserungen, Effizienz und Reduktion von Kosten im Bereich der Informationsbereitstellung gefordert (Kirchberg & Palenta, 2012, S. 52–57).
Einfluss auf die Rolle des Controllers
Durch die Einführung einer Reporting Factory verschiebt sich der Fokus der Tätigkeiten eines Controllers. Dank automatisierter Datenaufbereitung steht mehr Zeit für analytische Tätigkeiten zur Verfügung. Controller konzentrieren sich auf Ursachenforschung, Szenarionplanung, leiten Handlungsmassnahmen aus ihren Analysen ab und unterstützen damit das Management als Business Partner (Chaudhry & Bantscheff, 2020, S. 61–62).
Zukunftsaussicht
In der Zukunft werden allen voran moderne, internationale Organisationen auf eine Reporting Factory setzen um ihre Strukturen und Daten effektiv und effizient zu verwalten. Auch wird die Reporting Factory weitere Prozesse im Finanzbereich beeinflussen, aufgrund der zunehmenden Digitalisierung (Fischer & Hirsch, 2016, S. 96) Es ist anzunehmen, dass neben eher repetitiven Basisaufgaben, wie Analysen auch Forecasts, in Zukunft über die Reporting Factory laufen werden. Die zunehmende Spezialisierung im Bereich Controlling verstärkt den Trend von Organisation hin zum Fokus auf Netzwerkorganisation. Somit wird die Reporting Factory für Controller in Zukunft kaum wegzudenken sein.
Lern- und Praxismaterial
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Brühl, R., Kajüter, P., Fischer, T. M., Hirsch, S., Dornbusch, D., Hoffmann, F. & Vollmer, M. (2016). Shared Services – Relevanz, Ziele und Entwicklungsstand. In: T. M. Fischer & M. Vollmer (Hrsg.). Erfolgreiche Führung von Shared Services (S. 3–24). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Chaudhry, B. & Bantscheff, S. (2020). Reporting Factory. Eine qualitativ-empirische Untersuchung der Relevanz, Herausforderungen, Chancen und Risiken in Industrieunternehmen. CONTROLLER Magazin, 2020(1), 58–64. Freiburg: Haufe Lexware
- Eymers, N., Clausen, K. & Ficher, P. (2018). Veränderung von Prozessen und Rollenbildern im Controlling am Beispiel der MAN Truck & Bus AG. In R. Gleich & M. Tschandl (Hrsg.), Digitalisierung & Controlling: Technologien, Instrumente, Praxisbeispiele (S. 119–128). Freiburg: Haufe Lexware
- Fischer, T. M. & Hirsch, S. (2016). Bündelung und Industrialisierung von Finanzprozessen – Shared Services als Finance Factory. Controlling, 28 (2), S. 92–97.
- Gleich, R. Grönke, K. & Schmidt, H. (2016). Prozessmanagement im Controllerbereich. In W. Becker & P. Ulrich (Hrsg.). Handbuch Controlling (S. 427–458). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Kirchberg, A. & Palenta, F. (2012). Industrialisierung im Controlling. Controlling & Management, 56(3), S. 52–57.
- Mellewigt, T. & Decker, C. (2006). Messung des Organisationserfolgs. In: A. Werder, H. Stöber & J. Grundei (Hrsg.), Organisations-Controlling: Konzepte und Praxisbeispiele (S. 51-82). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Rahtjen, P. (2008). Transformation durch Shared Services: Im Spannungsfeld zwischen zentraler und de-zentraler Unternehmenssteuerung. In: F. Keuper & F. Neumann (Hrsg.), Finance Transformation: Strategien, Konzepte und Instrumente (S. 26–44). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Schäffer, U., Weber, J. & Mahlendorf, M. (2012). Controlling in Zahlen. Vallendar: Institut für Management und Controlling.
- Schmitz, M., Lawrenz, A. & Drerup, B. (2016). Reporting Factory in Controllerbereichen. In W. Becker & P. Ulrich (Hrsg.). Handbuch Controlling (S. 427–458). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Schwarz, S. (2008). Change Management im Rahmen einer Finance Transformation. In: F. Keuper & F. Neumann (Hrsg.), Finance Transformation: Strategien, Konzepte und Instrumente (S. 3-23). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Taschner, A. (2014). Wie Management Reporting 2020 aussehen könnte. Controlling & Management Review, 58 (3), S. 7–15.
Weiterführende Literatur
- Heimel, J. & Müller, M. (2019). Controlling 4.0. Wie veränderte Datenverfügbarkeit und Analysemöglichkeiten das Controlling erneuern. In M. Erner (Hrsg.). Management 4.0 – Unternehmensführung im digitalen Zeitalter (S. 389–430). Berlin, Heidelberg: Springer.
Autoren
Fischer Karin, Föhn Kimena, Franz Laura und Schelbert Silvan