Beteiligungscontrolling

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In der heutigen eng vernetzten und globalisierten Welt gehören das Kaufen von Unternehmungen und das Halten von Unternehmensbeteiligungen schon beinahe zum Standard. Nicht nur grosse, multinationale Konzerne, sondern auch mittelständische Unternehmen halten mittlerweile Beteiligungen - sei es, um das Wachstum voranzutreiben, das Produkteportfolio zu erweitern oder um sich Synergien zunutze zu machen (Heesen, 2017, S. 2). Dabei ist der Trend erkennbar, dass vor allem in den entscheidenden Bereichen der Wertschöpfungskette intensivere Beteiligungen entstehen, beispielsweise Beteiligungen bei Zulieferern oder Vertriebspartnern. Begleitet wird diese Entwicklung von einer stärkeren Fokussierung der Controlling-Aktivitäten auf «Fragestellungen der Steuerung von Beteiligungen» (Rötzel, 2012, S. 272). Das Beteiligungscontrolling ist ein Bereich des funktionalen Controllings und hat zum Ziel, «die Entscheidungsträger des gesamten Beteiligungsbereichs sowohl auf zentraler als auch auf dezentraler Ebene zu unterstützen» (Borchers, 2006, S. 236-238).

Grundlagen

Nachfolgend werden wichtige Begrifflichkeiten des Beteiligungscontrollings definiert und abgegrenzt.

Beteiligung

Unter einer Beteiligung wird eine rechtlich eigenständige Tochtergesellschaft verstanden, deren Mehrheit eine Muttergesellschaft hält. Im Rahmen des Beteiligungscontrollings werden die operativen Ergebnisse der Beteiligung sowie deren Wertsteigerung überwacht und gesteuert. Die Aufgabenschwerpunkte des Beteiligungscontrollings können anhand des Lebenszyklus der Beteiligung beschrieben werden (Heesen, 2017, S. 2, 10-11).

Beteiligungscontrolling

Gemäss Borchers (2006) unterstützt das Beteiligungscontrolling einzelne Beteiligungen (S. 237). Es betrachtet also nicht einzelne Betriebsstandorte oder einzelne Bereiche des Unternehmens, sondern die Unternehmung als Ganzes (Littkemann, 2009, S. 12). Das Beteiligungscontrolling ist für die operative und strategische Analyse, die Bewertung, das Erkennen von Werttreiber sowie für das Ermitteln von Optimierungsmöglichkeiten einer Beteiligung verantwortlich. Es hat somit funktionsübergreifende Aufgaben (Heesen, 2017, S. 9).

Eine umfassende Definition ist im Jahr 2010 von Burger, Ulbrich und Ahlemeyer (2010) erschienen:

«Das Beteiligungscontrolling ist die flexibel ausgestaltete, auf das Gesamtziel ausgerichtete Koordination von komplexen Unternehmensstrukturen unter Berücksichtigung der beteiligungsindividuellen Führungsphilosophien mittels der Unterstützung der Steuerung durch die Planung und Kontrolle sämtlicher Unternehmensverbindungen, die eine nachhaltige Einflussnahme erlauben und Erfolge bzw. Verluste innerhalb der Gesamtstruktur auslösen» (S. 80).

Abgrenzung zum Konzerncontrolling

In der Literatur werden Beteiligungs- und Konzerncontrolling oftmals als Synonym verwendet. Die Begriffe sind jedoch im engeren sowie im weiteren Sinne zu differenzieren und sind, wie Abbildung 1 darstellt, folgendermassen abgrenzbar.

Abb. 1: Abgrenzung von Beteiligungscontrolling und Konzerncontrolling (Borchers, 2006, S. 237)

Das Konzerncontrolling fokussiert sich primär auf die Gesamtsicht des Konzerns (Borchers, 2006, S. 237). Typische Aufgaben eines Konzerncontrollings sind beispielsweise die Konsolidierung, die Intercompany-Abstimmungen oder die Beratung des Managements aus der Sicht des gesamten Konzerns.

Abgrenzung zum Beteiligungsmanagement

Das Beteiligungsmanagement wird oftmals auch als strategisches Beteiligungscontrolling oder Mergers & Acquisitions-Abteilung (kurz M&A-Abteilung) und das Beteiligungscontrolling als operatives Beteiligungscontrolling bezeichnet. Die beiden Begriffe lassen sich vor allem durch ihre Tätigkeitsgebiete unterscheiden. Das Beteiligungsmanagement beschäftigt sich mit der Abstimmung, Verwaltung und Steuerung der Unternehmensbeteiligungen. In gewissen Unternehmen ist es auch für die Ausrichtung und Führung der Beteiligungen zuständig (Burger et al., 2010, S. 82). Das Ziel des Beteiligungsmanagements ist die Maximierung des Unternehmenswertes (Rötzel, 2012, S. 272).

Organisation

Das Beteiligungscontrolling als Teil des funktionalen Controllings ist in der Regel eine Linienaufgabe, «da es sich auf eine Vielzahl von Trägern im Unternehmen stützt». Die Eingliederung des Beteiligungscontrollings als eine eigenständige Abteilung birgt jedoch die Gefahr, die Rolle des Controllers als unabhängigen Berater zu verlieren. Eine Einordnung der Abteilung als Stabsstelle vermeidet diese Gefahr (Borchers, 2006, S. 248). Gemäss Paul (2014) ist der Beteiligungscontroller traditionell dem CFO unterstellt. Dies widerspricht aber der notwendigen Unabhängigkeit. Deshalb wird empfohlen, den Beteiligungscontroller direkt dem CEO zu unterstellen (S. 225).

Zentrales Beteiligungscontrolling

Es sollte überprüft werden, ob die organisatorische Umsetzung des Beteiligungscontrollings als eigenständige Abteilung empfehlenswert ist. Dies führt zu einer Know-how-Konzentration und einer Entlastung der übrigen Aufgabenträger. Die Aufgaben können jedoch ebenfalls auf bereits existierende Abteilungen verteilt werden. Dies wird eher von kleineren Unternehmen gemacht. Mit der wachsenden Grösse der Unternehmung und entsprechender Anzahl Beteiligungen steigt die Nachfrage nach einem eigenständigen Beteiligungscontrolling. Das Führungsverständnis und der Zentralisationsgrad spielen ebenfalls eine grosse Rolle. Bei grösseren Unternehmen wird das Beteiligungscontrolling mit seinen Aufgaben auf mehrere Organisationseinheiten verteilt. Als Beispiel können folgende Abteilungen erwähnt werden: M&A-Abteilung, Unternehmensentwicklung oder das Konzerncontrolling. Es stellt sich also die Frage nach der Delegation der beteiligungs- und konzernspezifischen Aufgaben (Borchers, 2006, S. 246-247).

Abb. 2: Dotted-line-Prinzip im dezentralen Controlling (Paul, 2014, S. 227)

Lokales Controlling in der Beteiligung

Nach Borchers (2006) muss nach der Klärung der organisatorischen Eingliederung des zentralen Beteiligungscontrollings die Beziehung zu den dezentralen Controlling-Stellen definiert werden. Diese kann folgendermassen ausgestaltet sein:

Das lokale Controlling der dezentralen Einheit untersteht: a) fachlich und disziplinarisch der Führung der dezentralen Einheit,
b) fachlich und disziplinarisch dem Beteiligungscontrolling in der Zentrale oder
c) fachlich dem Beteiligungscontrolling in der Zentrale und disziplinarisch der Führung der dezentralen Einheit (S. 248).

Die in Buchstabe c) beschriebene Beziehung wird Dotted-line-Prinzip genannt und ist in Abbildung 2 grafisch dargestellt.

Aufgaben und Funktionen

Abb. 3: Aufgaben des Beteiligungscontrollings (Burger, Ulbrich & Ahlemeyer, 2010, S. 84)

Die Aufgaben des Beteiligungscontrollings sind in der Regel in Abhängigkeit zur jeweiligen Phase im Beteiligungslebenszyklus zu betrachten. Sie können in Informations-, Planungs-, Moderations-, Kontroll-, Service- sowie Anpassungs- und Integrationsfunktionen unterteilt werden. Die Planungs-, Moderations- und Kontrollfunktion zählen zu den prozessbezogenen Aufgaben. Zu den prozessübergreifenden Aufgaben zählen die Service- sowie die Anpassungs- und Integrationsfunktion (Burger et al., 2010, S. 83-85). Bei allen Aufgaben liegt das Ziel des Beteiligungscontrollings unbestritten in der Unterstützung des Managements, um die Gesamtunternehmensziele zu erreichen (Dreher, 2010, S. 25). Abbildung 3 veranschaulicht das Aufgabengebiet des Beteiligungscontrollings anhand des Levers of Control Ansatzes.

Informationsfunktion

Der Informationsfunktion ist eine übergeordnete Rolle zuzuteilen. Sie hat eine hohe Bedeutung in sämtlichen Phasen des Beteiligungslebenszyklus. Grosse Aufmerksamkeit ist der Zielbezogenheit sowie der Aktualität der Daten zu schenken. Das Beteiligungscontrolling selektiert die Daten und stellt sie für die Entscheidungsträger zusammen (Burger et al., 2010, S. 83). Gemäss Borchers (2006) ist es essenziell, zu beachten, welche Informationen von welchen Entscheidungsträgern zu welchem Zeitpunkt benötigt werden und wie die Informationen im Rahmen der technischen Möglichkeiten möglichst effizient übermittelt werden können. Informationen müssen daher nicht nur bottom-up, sondern auch top-down fliessen (S. 242-244).

Planungsfunktion

Zur Planungsfunktion zählt die Abstimmung der Ergebnis-, Finanz- und Leistungsziele der Beteiligung. Die Ziele werden mit den Konzernzielen und bei Bedarf auch mit den Zielen von anderen Beteiligungen des Unternehmens abgestimmt (Burger et al., 2010, S. 84). Die Ausrichtung der Beteiligungen auf das Gesamtzielsystem wird als die wichtigste Aufgabe des Beteiligungscontrollings bezeichnet. Ein beliebtes Verfahren für den Planungslauf in dezentral organisierten Konzernen ist das Gegenstromverfahren (Borchers, 2006, S. 243).

Moderationsfunktion

Dem Management müssen die generierten Daten und Vorschläge oder Vorgaben erläutert werden. Die Funktion kann durch die gemeinsame Entwicklung der Detailpläne mit dem Management erweitert werden. Detailpläne sollen dazu beitragen, die von der Unternehmung geforderten Ziele zu erreichen (Burger et al., 2010, S. 84).

Kontrollfunktion

Das Berichtswesen und die Soll/Ist-Analyse gehören zur Kontrollfunktion. Positive und negative Abweichungen zu den Soll-Zahlen erfordern Abweichungsanalysen, je nach Situation folgen darauf Gegensteuerungsmassnahmen. Das Ziel ist es, frühzeitig positive sowie negative Abweichungen zum Budget festzustellen und deren Folgen für die Beteiligung sowie den gesamten Konzern abzuschätzen (Burger et al., 2010, S. 84). Weiter wird auch der erzielte Akquisitionserfolg oder Beteiligungsmehrwert einer Beteiligung überprüft (Dreher, 2010, S. 32). Heesen (2017) bekräftigt, dass die Kontrolle der Zielausrichtung der Beteiligung auf die Konzernstrategie eine bedeutsame Aufgabe darstellt (S. 15).

Servicefunktion

Die Servicefunktion besteht aus regelmässigen Aufgaben. Hierzu zählt die Erstellung der Abschlüsse der dezentralen Unternehmenseinheit (Burger et al., 2010, S. 85). Borchers (2006) bestätigt, dass unter der Servicefunktion zum Beispiel die Unterstützung bei der Jahresabschlusserstellung, also eher Routinetätigkeiten, gemeint sind (S. 244).

Anpassungs- und Integrationsfunktion

Diese Funktionen sind der Integrationsphase im Beteiligungslebenszyklus zuzuordnen. Einer der häufigsten Gründe von Misserfolgen von Akquisitionen ist die mangelhafte Integration. So gehört es zu den Herausforderungen des Beteiligungscontrollings, die Ablauf- und Aufbauorganisationen zu standardisieren. Eine Aufgabe des Beteiligungscontrollings ist deshalb die Standardisierung von Prozessen, Berichten, Methoden und deren Anpassung an die Gesamtunternehmung. Auch wenn der Konzern eine grosse kulturelle Diversität aufweist, werden so alle Informationen vergleichbar (Borchers, 2006, S. 242-244). Allgemein ist ein deutlicher Wandel von der traditionellen ergebnisorientierten Sichtweise hin zur wertorientierten Sichtweise festzustellen (Burger et al., 2010, S. 85). Demzufolge können die verwendeten Methoden und Instrumente des Konzerns und der Beteiligung grössere Unterschiede aufweisen und sind entsprechend anzupassen.

Instrumente

Dem Beteiligungscontrolling steht grundsätzlich das gesamte betriebswirtschaftliche Instrumentarium zur Verfügung, wobei der Schwerpunkt auf dem Berichtswesen, den wertorientierten Steuerungskonzepten und der Verflechtung des Personals liegt (Borchers, 2006, S. 244-246).

  • Das Berichtswesen ist das bedeutendste Koordinationsinstrument (Burger et al., 2010, S. 333). In der Literatur wird zwischen Standard- und Sonderberichten unterschieden. „Standardberichte sind durch die ex ante und dauerhafte Definition ihrer Form, ihres Inhalts und des Zyklus gekennzeichnet“ (Burger et al., 2010, S. 338). Zu den Sonderberichten zählen Abweichungs- und Bedarfsberichte (S. 348). In der Praxis hingegen wird oft nur in einer Periode berichtet. Durch Einzelabschlüsse wird bereits eine gute Datenbasis geschaffen. Grundsätzlich besteht jedoch die Anforderung, auch Mittelfristbetrachtungen durchzuführen (Borchers, 2006, S. 45).
  • Wertorientierte Steuerungskonzepte umfassen ein breites Angebot an verschiedenen Instrumenten. Zu diesen Instrumenten gehören nach Burger et al. (2010) unter anderem die Balanced Scorecard, Cash Flow Return on Investment, BCG-Marktanteil-Marktwachstums-Portfolio, Wettbewerbsanalyse oder die Performancemessung (S. 544-594). Ergänzend werden auch Kennzahlen und Kennzahlensysteme eingesetzt. Oft genutzte Kennzahlen im Beteiligungscontrolling sind beispielsweise der Economic Value Added (EVA) oder der Cash Value Added (CVA) (Rötzel, 2012, S. 272-273). Diese Messgrössen können auch zur Unternehmensbewertung verwendet werden. Burger et al. (2010) nennen in diesem Zusammenhang ausserdem noch die Discounted Cash Flow-Methode (S. 492-508).
  • Verflechtung des Personals ist ein Instrument, welches zur Durchsetzung einer einheitlichen Leitung in Konzernen oder der Koordination zwischen Unternehmen dienen soll (Borchers, 2000, S. 206). Es gibt verschiedene Arten der Verflechtung des Personals: Bei der Doppelvorstandschaft übernimmt ein Vorstandsmitglied der Holding einen Vorstandsposten in der Beteiligung. Beim Verwaltungsratsprinzip übernimmt aber ein Vorstandsmitglied einen Posten als Verwaltungsrat in der Beteiligung (Borchers, 2000, S. 207-209).

Herausforderungen

Eine Herausforderung im Rahmen des Beteiligungscontrollings sind die Kosten. Paul (2014) nennt folgende Kostentreiber:

  • Grösse: Wie gross ist die Unternehmensgruppe und wie gross sind die einzelnen Beteiligungen? Aufgrund fehlender lokaler Fachkenntnisse können kleinere Beteiligungen sogar einen grösseren Aufwand bedeuten.
  • Anzahl: Wie viele Beteiligungen müssen betreut werden?
  • Komplexität: Wie komplex ist die Beteiligungsstruktur? Je unterschiedlicher die Segmente und je verflochtener die Beteiligungen aufgebaut sind, desto aufwendiger ist die Betreuung.
  • Arbeitsumfang: Wie detailliert muss aus den Beteiligungen rapportiert werden? Was sind die definierten Aufgaben des Beteiligungscontrollings? Ist es ein Zahlenlieferant oder steuert es aktiv die Beteiligungen? (S. 231-232).

Die Effizienz des Reportings muss ständig verbessert werden. Diese Verbesserung ist notwendig aufgrund von Änderungen in den internationalen Rechnungslegungsstandards, wie zum Beispiel durch die erweiterten Berichtspflichten (Rötzel, 2012, S. 272). Die Akzeptanz von Kennzahlen ist ebenfalls eine grosse Herausforderung. Paul (2014) beschreibt folgende Problemfelder bei den Beteiligungen:

  • Fehlende Fachkenntnisse verursachen nicht nur Kosten, sondern verhindern auch die Akzeptanz von Kennzahlen.
  • Kulturelle Unterschiede erschweren dies ebenfalls. Angelsächsische Beteiligungen haben eine andere Vorstellung einer Kostenrechnung als eine deutsche Gesellschaft.
  • Eine Kennzahl muss als fair und objektiv angesehen werden (S. 107).

Ein Beteiligungscontrolling muss nicht nur die Beteiligung im laufenden Betrieb kontrollieren und allenfalls steuern, sondern auch Informationen zu folgereichen Entscheidungen liefern können. Der optimale Zeitpunkt für eine Desinvestition muss erkannt werden. Um die Kommunikation zu vereinfachen, werden für die Betreuung der Beteiligungen überdurchschnittliche Fremdsprachenkenntnisse erwartet (Rötzel, 2012, S. 272). Für Paul (2014) stellt die Festlegung fairer Transferpreise eine weitere Herausforderung dar. Diese können einen gravierenden Einfluss auf das Ergebnis der Beteiligungen haben. Die Verrechnungssätze sind darum oftmals die Ausrede für nicht erreichte Gewinnziele (S. 224).

Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

Autoren

Daniela Halter, Valentin Isenschmid, Cécile Mäder, Thomas Meier, Patrick Menzi