Big Data

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Version vom 7. Dezember 2019, 14:05 Uhr von Jessica.Walser (Diskussion | Beiträge) (Anwendungsbereiche, Chancen und Gefahren, Quellen)

Unter Big Data werden riesige Datenmengen verstanden, die eine Vielfalt an Formaten aufweisen können (z. B. Texte, Sensorik-Daten, Fotos), sowie die nötigen Technologien zur Verarbeitung und Auswertung derselben (Schön, 2018, S. 413). Im Controlling bestehen weitreichende Einsatzmöglichkeiten für Big Data. So existieren Beispiele zu Absatz-Forecasts, in die Big Data integriert wurde, um aussagekräftigere und aktuellere Forecasts zu erhalten. Aber auch Markttrends lassen sich durch Big Data verfolgen und dann in die strategische Planung des Unternehmens aufnehmen (Langmann, 2019, S. 5-6).

Begriffsdefinition Big Data

Wie die Digitalisierung unterliegt auch der Bereich Big Data einem stetigen Wandel, in welchem sich Begriffsumschreibungen laufend ändern. Deshalb gibt es keine abschliessende Definition für die Bezeichnung Big Data. Der Namensbestandteil «Big» weist darauf hin, dass das involvierte Datenvolumen eine gewisse Grösse umfasst. Eine eindeutige Definition, ab welchem Volumen konventionelle Datenmengen den Sprung zu Big Data erreichen, gibt es allerdings nicht (Tröbs & Mengen, 2018, S. 3).

Gemäss Horvárth und Partners basiert Big Data auf vier wesentlichen Eigenschaften, seiner Nutzung und seines Nutzens. Mit der Überprüfung der vier Eigenschaften lassen sich Big Data-Ansätze von anderen Lösungen abgrenzen. Etablierte Lösungen sind beispielsweise Business-Intelligence-Lösungen, Data-Warehouse-Anwendungen oder Data Mining. Mit solchen Anwendungsmöglichkeiten war es bereits in der Vergangenheit möglich, grosse Datenmengen zu bearbeiten. Wie jedoch aus Abbildung 1 entnommen werden kann, ist «Volumen» nur eine der vier Eigenschaft (Grönke, Kirchmann & Leyk, 2014, S. 66). Die anderen Eigenschaften von Big Data sind die Datenmenge, die Geschwindigkeit sowie die Vertrauenswürdigkeit.

Abb. 1: Definition von Big Data nach Horváth und Partners (Quelle: Grönke et al., 2014, S. 66)

Abschliessend wird der Definitionsversuch zu Big Data vom Internationalen Controller Verein betrachtet, welcher wie folgt lautet (2014): «Big Data beschreibt die Analyse und die Echtzeitverarbeitung großer, unstrukturierter und kontinuierlich fließender Datenmengen aus einer Vielfalt unterschiedlicher Datenquellen zur Schaffung glaubwürdiger Informationen als Basis von nutzenschaffenden Entscheidungen" (S. 5).

Ziele

Es gibt mehrere Ziele, welche ein Unternehmen mithilfe von Big Data verfolgen kann (Davenport, 2014, S. 58-67):

1. Kosteneinsparung durch Big Data-Technologien: Aufgrund von Big Data-Technologien sind schnellere Datenverarbeitungen sowie Speicherplatz preiswert zu erhalten. Für Unternehmungen können sich interessante Kosteneinsparungspotenziale ergeben (Davenport, 2014, S. 58-61).

2. Zeiteinsparung durch Big Data-Technologien: Ein weiteres Ziel ist es, gewisse Prozesse schneller durchzuführen. Komplizierte und analytisch umfangreiche Kalkulationen können mithilfe von Hochleistungsrechnern innerhalb kürzerer Zeit verarbeitet werden (Davenport, 2014, S. 61-62).

3. Angebotsentwicklung und Optimierung von Produkten und Dienstleistungen: Die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleitungen wird als das ambitionierteste Ziel beschrieben (Davenport, 2014, S. 62-64).

4. Unterstützung interner Unternehmensentscheidungen: Interne Unternehmensentscheidungen werden nicht mehr nur basierend auf strukturierten Datenquellen, sondern auch mithilfe weniger strukturierter Daten wie beispielsweise Gesprächsdaten in Textform oder Klicks auf Websites getroffen. Durch die Verwendung der grossen Datenmengen soll die Analyse verbessert werden (Davenport, 2014, S. 64-67).

Relevante Methoden

Nachfolgend werden einige Methoden vorgestellt, welche zur Verarbeitung von Big Data verwendet werden:

Methode Beschreibung
Predictive Analytics Vergangenheitsbezogene Unternehmensdaten werden mit statistisch-mathematischen Verfahren ausgewertet, allenfalls ergänzt durch externe Daten, um eine möglichst genaue Vorhersage zukünftiger Entwicklungen zu ermöglichen (Buschbacher, 2016, S. 42-43).
Text Mining «Text Mining wird als analytische Erschließung von Text verstanden und ist ein Anwendungsbeispiel von Big Data […]» (Gschmack, Hess & Willmes, 2015, S. 259).

Anwendungsbereiche im Controlling

“Der wesentliche Nutzen von Big Data liegt in der Auswertung (Analytics) der bisher nicht verfügbar gemachten Daten bzw. der bisher nicht erfolgten Kombination der Datenquellen" (Grönke et al., 2014, S. 67). Im Kontext der Unternehmenssteuerung bedeutet das (S. 67):

  • Was ist passiert? – deutlich schnelleres und damit häufigeres Berichtswesen.
  • Warum ist es passiert? – Erkenntnisse über Zusammenhängen der Daten sowie Gründe und Ursachen für Abweichungen.
  • Was sollen wir tun? – Ableitung von Handlungsvorschlägen (Prescriptive Analytics).

Das Management kann demzufolge von neuen Erkenntnissen aus den analysierten Daten profitieren. Gemäss oben erwähnter Studie gehen 85% der befragten Unternehmen davon aus, dass sich die Durchlaufzeit bzw. die Prozessdauer der Steuerungsprozesse deutlich verkürzen werden. Besonders betroffen werden die Bereiche Planung und Reporting sein (S. 67).

Auswirkungen auf Reporting und Konsolidierung

Dieser Abschnitt zeigt mögliche Veränderungen im Bereich des Group Performance Management Reportings.

Bereich Auswirkungen
Datenbereitstellung Komplexe Transformationsschritte, wie dies beispielsweise bei der Verwendung von Data Warehouse gemacht werden muss, entfallen gänzlich. Aufgrund dieser Tatsache wird die Trennung operativer und analytischer Daten überflüssig (Grönke et al., 2014, S. 69).
Reporting- & Konsolidierungszyklen Aufgrund des Geschwindigkeitszuwachses bei der Verarbeitung grosser Datenmengen können Tochtergesellschaften ihren Einzelabschluss effizienter gestalten. Weiter kann auch die Durchlaufzeit für die Abstimmung auf Konzernebene verkürzt werden (Grönke et al., 2014, S. 69).
Externe & unstrukturierte Daten Neuartige Technologien ermöglichen eine breite Integration externer, strukturierter und unstrukturierter Daten, welche in nahezu Echtzeit verarbeitet werden können. So können beispielsweise aktuelle Markt- und Umweltentwicklungen analysiert werden (Grönke et al., 2014, S. 69-70).

Auswirkungen auf Planung und Forecasting

Deutlich höher scheint der Nutzen von Big Data bzw. Business Analytics für das Forecasting.

Bereich Auswirkungen
Target Setting Gegeben, dass es sich beim Target Setting um ein Management-Dialog handelt bzw. in einem Commitment endet, ist die Auswirkung von Big Data eher als gering einzustufen. Eine höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit und Detailinformationen bringen auf der sehr aggregierten Ebene von Target Setting kaum einen Mehrwert. Durch Technik und Daten kann der Prozess lediglich etwas erleichtert werden, aber nicht grundsätzlich verändert oder gar ersetzt werden (Grönke et al., 2014, S. 72).
Operative Planung Die operative Planung kann durch Big Data-Elemente beschleunigt werden. Dies kann vor allem mit der Verarbeitung eines grösseren Datenvolumens in deutlich schnellerer Zeit erreicht werden. So können beispielsweise komplexe Transferpreisbestimmungen und -berechnungen mittels Big Data-Technologien innert Minuten erledigt werden (Grönke et al., 2014, S. 73).

Der aktuelle Trend in der Planungsthematik geht eher in Richtung der Entfeinerung. Im Gegenzug liefern Big Data-Anwendungen in kurzer Zeit Detailinformationen. Es ist also fraglich, inwiefern Big Data tatsächlich einen Nutzen für die operative Planung haben wird (S. 74).

Forecasts Big Data bzw. Business Analytics werden eine massive Veränderung im Bereich des Forecastings mit sich bringen. Es kann ein grösseres Datenvolumen in deutlich schnellerer Zeit verarbeitet werden. Das heisst, Forecasts können aufgrund automatisierter Prozesse schneller, aufwandsärmer und häufiger durchgeführt werden. Die Modelle werden umfassender und berücksichtigen zunehmend auch nicht finanzielle Grössen aus bisher unerschlossenen Datenquellen. Dadurch kann die Verlässlichkeit von Forecasts gesteigert werden (Grönke et al., 2014, S. 76-77).

Mit der Technik von Predictive und Prescriptive Analytics verändern sich die Analyse- und Entscheidungsprozesse massiv. Nicht mehr der Controller analysiert die Daten und schlägt Handlungsalternativen vor - sondern das System (S. 77).

Auswirkungen auf Kompetenzen und Organisation

Big Data führt zwangsläufig zu einer Neuorientierung der Unternehmensführung sowie der Neustrukturierung der Organisation (Grönke et al., 2014, S. 77).

Bereich Auswirkung
Vom Controller zum Data-Scientist Die reine Analysefähigkeit reicht im Zeitalter von Big Date nicht mehr aus. Analytiker werden weitgehend durch «Big Data-Maschinen» ersetzt. Der Controller muss einerseits vermehrt mit IT-Aspekten umgehen können. Andererseits muss er die Zahlen und das Geschäft im Detail verstehen und aufgrund der Datenbasis die richtigen Schlüsse ziehen können. Nur so kann er das Management aktiv beraten. Es findet ein Rollenwechsel vom reinen Informationslieferant zum aktiven Berater des Top Managements statt (Grönke et al., 2014, S. 77).
Einführung von Reporting-Factories Eine Reporting Factory bildet eine effiziente und effektive Lösung für die Berücksichtigung der Datenhoheit. Transaktionale Tätigkeiten (z.B. das Sammeln der Daten) und geschäftsspezifische Tätigkeiten (z.B. die Analyse) sollen, wie in Abbildung 2 ersichtlich, getrennt werden (Grönke et al., 2014, S. 78).
Aktivitätensplit im Reporting-Prozess (Grönke et al., 2014, S. 78)

Dieser Aktivitätensplit schafft die Voraussetzung für die organisatorische Umsetzung der Rollen und damit die Verankerung der Big Data-spezifischen Kompetenzen im Bereich des Controllings (S. 78).

Weitere Anwendungsbereiche im Controlling

Anwendungsbereich Beschreibung
Nutzungsabhängige Abschreibungen Leistungsabschreibungen von Maschinen und weiteren Anlagen werden basierend auf Informationen aus real-time Überwachungen vorgenommen. Zudem kann datentechnisch ermittelt werden, wann Wartungen oder Revisionsarbeiten notwendig sind (Buschbacher, 2016, S. 44).
Dynamische KPIs Die Korrelationen zwischen KPIs und relevanter Elemente werden mithilfe von statistisch-mathematischen Algorithmen ermittelt (Buschbacher, 2016, S. 43).
Steuer-Controlling Die Entwicklung von Verrechnungspreisen sowie dazugehörige Werte-flüsse und Mengengerüste werden grafisch dargestellt, und zwar in Echtzeit (Buschbacher, 2016, S. 43-44).

Chancen und Herausforderungen

Big Data bringt einige Chancen und Herausforderungen mit sich, von welchen einige unten stehend betrachtet werden:

Chancen

  • Big-Data-Strategie: Das Management wird motiviert, sich der Entwicklung einer Big-Data-Strategie zu widmen (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Governance: Indem eine Definition der Verantwortlichkeiten erfolgt, wird Transparenz geschaffen (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Prozessoptimierung: Ein fortgeschrittenes Datenmanagement ermöglicht eine Optimierung bestehender Prozesse (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Compliance: Durch eine transparente Datenverarbeitung wird die Erfüllung regulatorischer Anforderungen vereinfacht (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Kundenkenntnis: Mithilfe von Big Data verstehen Unternehmen ihre Kunden besser und können ihre Angebote kundenspezifischer ausrichten (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Angemessene Entscheidungsbasis: Durch neue Formen der Datenauswertung und -aggregation können dem Management sehr spezifische Daten geliefert werden, welche eine fundierte Entscheidungsbasis ermöglichen (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Time-to-Market: Marktveränderungen können durch Big Data Ansätze frühzeitig erkennt werden (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Geschäftsmodelle: Angebote können durch Big Data optimiert werden, aber auch die Entwicklung komplett neuer Geschäftsmodelle wird ermöglicht (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Vereinfachung der Systeminfrastruktur: Big Data bietet Unternehmen die Möglichkeit, die Systeminfrastruktur zu vereinfachen (Bitkom, 2012, S. 14-18).

Herausforderungen

  • Total Cost of Ownership: Die heterogenen und komplizierten IT-Landschaften resultieren in steigenden Betriebskosten (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Datenverluste: Die Vermeidung von Datenverlusten gewinnt an Bedeutung (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • IT-Sicherheit, Betrugs- und Manipulations-Prävention: Die Notwendigkeit der IT-Sicherheit wird verstärkt, damit Betrugs- und Manipulationsversuchen vorgebeugt werden kann (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Transparenz: Das hohe Datenvolumen sowie die hohe Vielfalt setzen voraus, dass geeignete Datenstrukturen zur Verarbeitung vorhanden sind (Bitkom, 2012, S. 14-18).
  • Dateninterpretation, Validierung: Eine problemadäquate Dateninterpretation ist angesichts des hohen Volumens sowie der Informationsvielfalt erforderlich. Zudem muss die Aktualität der Informationen gegeben sein (Bitkom, 2012, S. 14-18´).
  • Entscheidungsbasis: Um geeignete Management-Entscheidungen zu treffen, ist eine schnelle und akkurate Datenanalyse erforderlich (Bitkom, 2012, S. 14-18). Oftmals stossen Manager mit dem bereits heute verfügbaren Informationsvolumen an ihre Grenzen. Dies hat zur Folge, dass sie Entscheidungen nicht fakten- und damit nicht datenbasiert treffen (Grönke et al., 2014, S. 80).
  • Hohe Investitionskosten: Der Mehrwert von Big Data muss sich in der Verbesserung der Wertschöpfungskette, der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und letztendlich in höheren Gewinnmargen widerspiegeln. Nur so lassen sich die erforderlichen Investitionskosten für Big Data-Anwendungen rechtfertigen (Sander, 2014, S. 6).

Lern- und Praxismaterialien

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

Autoren

Boze Vukadin, Jessica Walser, Pascal Zahler