Ansatz, Übungen

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Beiträge von Interviewpartnern

Empfohlene Technik von Keith Stein, 1958:

„[ ... ] a ''two way stretch'' of opposite pulls [ ... ] is simultaneously transpiring between the jaw drawing downwards and the immediate lower lip reaching upwards.“

„Eine gleichzeitig nach oben und unten gerichtetes Ziehen [ ... ] setzt mit dem Ausatmen ein und zieht das Kinn nach unten, während sofort eine nach oben gerichtet Spannung die Unterlippe nach oben zieht.“

Keith Stein: The Art of Clarinet Playing[1]

Übung mit Vokalen

Den Vokal „i“ formen, dabei bewusst den Kontakt der Unterlippe zur unteren Zahnreihe herstellen. Diesen Kontakt - und die Zungenstellung des Vokals "i" behalten, während die Mundwinkel zur Mitte kommen und zum Vokal „u“ wechselt. Die Unterlippe formt sich auf diese Weise zu einem kompakten Kissen, das Kinn ist flach nach unten gespannt.


„Trinkhalm-Mund“

"Trinkhalm-Mund"

Ober- und Unterlippe kräftig so formen, wie wenn man mit einem Trinkhalm ein Getränk einsaugen würde. Beobachte dabei die Festigkeit der Wangen und des Mundbodens, sowie die Konstellationen von Zunge und Rachen. Der auf diese Weise geformte Mund-Rachenbereich ist für den Klarinettenansatz sehr geeignet. Um sich die Positionen merken zu können, bereits mit angesetzter Klarinette auf diese Weise einatmen, dann in unveränderter Position einen Ton, z.B. in heikler Klarinlage ansetzen. Diese einfach verständliche Methode empfiehlt auch "CrossingTheBreak"

  • Unabhängig von dieser Position durch eine kleine Mundöffnung ein- und ausatmen.
  • Locker einatmen, bei der Ausatmung den Trinkhalm-Mund formen.
  • Mit der Klarinette: Zusätzlich die Zungenspitze nach oben, Richtung Blattspitze richten

Joe Allard, Gaston Hamelin

Oft wird empfohlen, ein flaches Konnzu formen, was an sich nicht falsch ist. Ein stark flach geformtes Kinn bringt die Tendenz mit sich, dass sich die Mundwinkel deutlich nach oben ausrichten und dadurch die Schwingungen des Blattes auf den auf den Seiten abdämpfen. Joe Allard demonstriert eine Übung, welche die Mundwinkel in ein günstige Position bringen. Die Klarinette ist auf den Knien aufgestützt. So kann mit den Daumen links und rechts die Stabilität der Kieferposition, und gleichzeitig beiden Zeige- und Mittelfinger die Position der Mundwinkel abgetastet werden. Beim Loslassen des Kontrollgriffes sollen die Mundwinkel weiterhin etwas nach unten gezogen werden, in der tiefer Position bleiben. Tendieren sie nach oben, macht sich dies sofort durch eine höhere Intonation bemerkbar.

Aktivierung der Resonanzräume durch bewusste Vokalformung

Eine bewusst ausgeführte Vokalformung (auch als „innerer Ansatz“, Englisch als „voicing[2]“ beschrieben) übt einen starken Einfluss auf die Qualität des Instrumentalklanges aus. Kieferposition, Rachenöffnung, Zungenform und -Position, das Ausformen des Mundinnenraumes durch Mundbodenmuskulatur beeinflussen im Wechselspiel mit der Luftführung die Luftgeschwindigkeit und den Luftdruck in der Mundhöhle. Namhafte Pädagogen lassen zum Training der Ausformung der Mundhöhle Tonübungen mit Doppellippenansatz spielen (siehe oben).

Die physikalische Grösse „akustischer Widerstand“ quantifiziert das Verhältnis von Luftdruck und Luftgeschwindigkeit. Der akustische Widerstand in der Mundhöhle ist gleich gross wie der akustische Widerstand in der Mundstückkammer (Siehe auch Joe Wolfe: What is acoustic impedance and why is it important? [3]).

Übungen mit Instrument

„Messa di Voce“ mit Doppellippenansatz

Siehe auch Tonübungen, Intonation, Übungen

"messa di voce", Ansatztraining und gleichzeitig Intonationsübung

Keith Stein[4] empfiehlt das „Messa di Voce“, mit Doppellippenansatz zu üben. In einer Studie konnten John Patrick Graulty (1989)[5] den positiven Effekt von Tonübungen mit Doppellippenansatz nachweisen: neben der Kräftigung der Lippenmuskulatur ist auch eine Veränderung des Mundinnenraumes zu beobachten, die sich positiv auf die Tonqualität auswirkt (siehe auch Ansatz, traditionelle Formen). Die Interviewpartner David Shifrin, Thomas Piercy, James Campbell, empfehlen, Tonübungen mit Doppellippenansatz auszuführen, für Fortgeschrittene Stundenten auch Michel Arrignon.
Der Gewinn von Tonübungen mit Doppellippenansatz liegt darin, dass eine Unabhängigkeit von Ansatzformung und Vokalformung trainiert wird.: Durch die Position von Ober-und Unterlippe, die beide die Zähne bedecken. lassen sich die natürlichen Veränderungen, welche z.B. das Formen des Vokals „i“ im Gegensatz zum einem „o“ mit sich bringen würde mit den Lippen nicht umsetzten. Der Unterschied zwischen den beiden Vokalen besteht nur in der unterschiedlichen Ausformung des Mundinnenraumes und der Zungenstellung. Auch die Kieferstellung ist viel kleineren Bewegungen unterworfen, schon weil ein „Beissen"“ mit einer schmerzhaften Druckbelastung der Lippen verbunden wäre.
Genau dieselben Konstellationen - dynamische Ausformung des Mundhöhle bei stabil bleibender Ansatzformung - gilt es auf den normalen Ansatz zu übertragen.

Musikalische Zielsetzungen

Die Aufgabenstellung scheint einfach: auf einer liegenden langen Note muss der Klang im pianissimo einsetzten, man muss ihn bis zur Mitte seiner Dauer zu einem grossen Forte anschwellen lassen. In der zweiten Hälfte seiner Dauer wird er wieder kontinuierlich dynamisch abgebaut und zum in sich verklingenden pianissimo zurückgeführt. Beim An- und Abschwellen lassen lassen sich folgende musikalische Zielsetzungen verfolgen:

  • Erzeugen eines zentrierten, geräuschfreien Tones
  • Kontrolle über die Klangfarbe
  • Stabilität der Intonation
  • Dynamisch ruhige Tonführung, kontinuierliche dynamische Entwicklung

Doppellippenansatz

Zu Beginn nur in der in der Chalumeaulage üben: Ist hier genügend Sicherheit in der Tongebung erreicht, kann progressiv bis in die hohe Lage aufgestiegen werden. Beim Doppellippenansatz bedecken Ober- und Unterlippen die Zähne. Das Blatt berührt die Unterlippe und die oberen Zähne haben keinen Kontakt mit dem Mundstück. Mundstück und Blatt werden von den Lippen "umhüllt" (franz: "enveloppé")[6]. Diese Ansatzform lässt sich nur mit relativ leichteren Blättern und relativ geringerem Druck, welcher durch die Haltearbeit in Kombination mit der Ansatzformung und nicht durch den Unterkiefer erzeugt werden muss, realisieren. Die Kieferöffnung muss vor dem Ansetzen des Tones stabilisiert sein. Der geringe, aber notwendige Druck, den die Lippen auf das Blatt ausüben, kann durch zwei zu kombinierende Kräfte erzeugt werden:

  1. Nach der Ansatzformung, einer leichten Kieferöffnung, und nach dem Einsetzten der Luftführung wird das Instrument von einem zu geringem Kontakt mit den Lippen durch die Haltearbeit bis zur Ansatzlinie geführt.
  2. Nach einer zu lockeren Ansatzformung (Doppellippenansatz), der leichten Kieferöffnung, dem Ansetzen des Instrumentes durch die Haltearbeit und nach dem Einsetzten der Luftführung wird der Klang durch den Übergang von der zu lockeren zu einer bewusst verstärkten Ansatzformung - die Mundwinkel schliessen sich dabei! - hervorgerufen.
  3. Achte auf einen bewussten Ausgleich von Luftmenge und Luftdruck (siehe Atemstütze)
  4. Achte auf eine aufrechte Spielhaltung, allgemeine Körperhaltung
  5. Übe mit rotierender Aufmerksamkeit auf diese Anweisungen, um schliesslich die Spielbewegungen zu automatisieren und Sicherheit in den musikalischen Zielsetzungen zu erlangen.

Siehe auch

Literatur

Larry Guy: Embouchure Buildung for Clarinettists. Riverstone Press, Stony Point NY, 2000

Einzelnachweise

  1. Keith Stein: The Art of Clarinet Playing, S. 12 Princeton, N.J. ©1958. [1] eingesehen am 15. Mai 2015
  2. Luc D.M.A Jackman: Early Clarinet Performance as Described by Modern Specialists, with a Performance Edition of Mathieu Frédéric Blasius’s IIe Concerto de clarinette. (2005), P. 40
  3. Joe Wolwe: Clarinet Acoustics. http://www.phys.unsw.edu.au/jw/z.html
  4. Keith Stein: The Art of Clarinet Playing. Summy-Birchard, 1958.
  5. John Patrick Graulty: The status of the double-lip clarinet embouchure in present-day pedagogy and performance: A study of college clarinet instructors and symphony orchestra clarinetists. EdD from Columbia University, Teachers College 1989
  6. Frédéric Berr, Prospère Mimart: Méthode complet de clarinette, Leduc, Paris 1836, S.4 und 1907 S.4