Benchmarking

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Geprüft: Positiv beurteilt

Um im Bereich des strategischen Managements eine Unternehmensanalyse durchzuführen, stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Eines dieser Instrumente ist das Benchmarking (Lombriser & Abplanalp, 2018, S. 115). Als Benchmarking wird der systematische und kontinuierliche Vergleich der eigenen Leistungen mit denen der Konkurrenz innerhalb oder auch mit Unternehmen ausserhalb der eigenen Branche bezeichnet (Lombriser & Abplanalp, 2018, S. 196). Durch den Vergleich der sogenannten Gestaltungsvariablen (z.B. Methoden, Prozesse oder Produkte) werden Unterschiede zu anderen Unternehmen offengelegt, Ursachen für solche Unterschiede analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten erarbeitet (Joos, 2014, S. 22).

Definition und Ziele

Benchmarking ist ein Managementinstrument, um anhand von Kennzahlen die Kosten, Prozesse oder Produkteigenschaften zwischen verschiedenen Unternehmen zu vergleichen. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess des Vergleichens und Messens mit den Besten, dem sog. «Best-Practice» (Hastreiter et al., 2015, S. 66-68). Damit nützliche Veränderungen mit Hilfe des Benchmarkings erzielt werden können, müssen folgende Prinzipien beachtet werden:

  • Die internen Prozesse und Aktivitäten müssen transparent sein und hinterfragt werden.
  • Der Denkanstoss für die Veränderung muss seinen Ursprung ausserhalb der Unternehmung haben.
  • Die Kundenbedürfnisse setzen den Massstab der Verbesserungen (Zdrowomyslaw & Kasch, 2010, S. 145).

Gemäss Robert C. Camp (1989, zit. in Paul & Wollny, 2014, S. 145) tragen die folgenden Kriterien zum Erreichen von Spitzenleistungen bei: das Setzen effektiver Ziele, das Erkennen und Erfüllen der Kundenwünsche, die objektive Bewertung der eigenen Leistung, die Entwicklung aussagefähiger Produktivitätskennzahlen sowie die gezielte Suche nach den besten Methoden. Als allgemeines Hauptziel des Benchmarkings gilt es, die beste Praxis auf die eigene Unternehmung zu übertragen. Diese neu angewendete Praxis sollte den Prozess der Wertschöpfung unterstützen sowie die Leistung im Verhältnis zu den Kundenerwartungen verbessern (Leibfried & Mc Nair, 1993).

Arten des Benchmarkings

Abb. 1: Arten des Benchmarkings

Innerhalb des Benchmarkings kann zwischen internem und externem Benchmarking unterschieden werden, wobei das externe Benchmarking noch weiter in wettbewerbsorientiertes und funktionales Benchmarking unterteilt wird. Die in Abbildung 1 ersichtlichen Grundtypen unterscheiden sich vor allem hinsichtlich den Vergleichspartnern sowie den Benchmarking-Objekten (Hardt, 2002, S. 95).

Benchmarking-Objekte

Als Benchmarking-Objekte können jegliche betriebswirtschaftliche Handlungen oder Resultate eingesetzt werden. Beispielsweise können dies Produkte, Prozesse, Funktionen oder Strategien sein, welche mittels Benchmarking untersucht werden. Auch Organisationsstrukturen, Kennzahlen oder Kosten eignen sich für das Benchmarking. Die Wahl des Benchmarking-Objekts ist abhängig von den Prioritäten der Geschäftsleitung. Die Entscheidung wird auf das Objekt fallen, in welchem die Unternehmung die eigene Leistung als erstes steigern möchte (Hastreiter et al., 2015, S. 70). Dafür sollte das Unternehmen seine grössten Schwachpunkte und Probleme gut kennen. Die Bewertung dieser Schwachpunkte erfolgt aus Kundensicht oder im Vergleich zur Konkurrenz (Paul & Wollny, 2014, S. 156). In Abhängigkeit von den Benchmarking-Objekten ergeben sich die Messgrössen für die Leistung. Die häufigsten Messgrössen sind Kosten pro Einheit, Kundenzufriedenheit, Durchlaufs- und Reaktionszeit sowie Kapitaleinsatz (Paul & Wollny, 2014, S. 156).

Benchmarking-Partner und Grundtypen

Der Vergleichspartner für die Benchmarking-Untersuchung kann innerhalb oder ausserhalb des Unternehmens sein. Für einen sinnvollen Vergleich der Benchmarking-Objekte ist die Ähnlichkeit des Benchmarking-Partners aber zentral (Kohl, 2009, S. 92). Das interne Benchmarking kann zwischen Tochtergesellschaften oder anderen dezentralen Verantwortlichkeitsbereichen stattfinden. Bei externen Vergleichspartnern kann im gleichen Marktsegment, in der Branche oder auch ausserhalb der Branche gesucht werden (Hastreiter et al., 2015, S. 70). Daraus lassen sich die drei Grundtypen des Benchmarkings ableiten:

Beim internen Benchmarking werden einzelne Geschäftsbereiche oder Niederlassungen innerhalb des eigenen Unternehmens miteinander verglichen. Gesucht wird der sogenannte «Klassenbeste». Durch den Vergleich mit dem Klassenbesten und durch die Gewinnung wichtiger Informationen werden Lücken innerhalb des Geschäftsbereichs oder der Niederlassung geschlossen. Dank der einfachen Datenerhebung ist das interne Benchmarking einfach durchzuführen, bietet aber nur ein beschränktes Verbesserungspotenzial. Für das interne Benchmarking können mit einer Data Envelopment Analysis (DEA) wichtige Kennzahlen gewonnen werden (Joos, 2014, S. 22).

Mithilfe des externen, wettbewerbsorientierten Benchmarkings werden einzelne Betriebsvorgänge, Produkte oder Dienstleistungen entweder mit direkten Konkurrenten (konkurrenzbezogen) oder mit anderen Unternehmen in der gleichen Branche (branchenbezogen) verglichen. Gesucht wird dabei der beste Mitbewerbende. Das Ziel ist es schlussendlich die Lücke zum Mitbewerbenden zu schliessen. Die Schwierigkeit liegt hier oft in der Suche nach den geeigneten Vergleichspartnern, welche auch bereit sind, die wichtigen Daten herauszugeben. Diese Daten liefern aber eine wesentlich höhere Erkenntnis als beim internen Benchmarking (Joos, 2014, S. 22).

Das externe, funktionale Benchmarking hingegen vergleicht sich ähnelnde Prozesse branchen- oder unternehmensübergreifend. Eigene Produkte, Prozesse oder Methoden werden grundlegend hinterfragt und den ähnlichen Produkten, Prozessen oder Methoden der branchenübergreifenden Konkurrenz gegenübergestellt (Waser & Peter, 2020, S. 254). Die Schwierigkeit liegt hier in der Suche nach den geeigneten Prozessen und den Benchmarking-Partnern.

Die untenstehende Tabelle (eigene Darstellung in Anlehnung an Mertins & Kohl, 2009, S. 41 und Zdrowomyslaw & Kasch, 2010, S. 148) stellt die Vor- und Nachteile der verschiedenen Benchmarking-Typen des externen Benchmarkings einander gegenüber.

Typen des externen Benchmarkings Vorteile Nachteile
wettbewerbsorientiert (konkurrenzbezogen)
  • Gute Vergleichbarkeit der Objekte
  • Verbesserung der Wettbewerbsposition
  • Datenbeschaffung schwierig
  • Gefahr manipulierter Daten
  • Best-Practice wird nicht zwingend gefunden
wettbewerbsorientiert (branchenbezogen)
  • Gute Vergleichbarkeit
  • Hohe Akzeptanz
  • Geschäftsrelevante Informationen
  • Datenbeschaffung eher schwierig
  • Gefahr von branchenorientierten Kopien
funktional
  • Innovative Lösungen
  • Vergrösserung des Ideenspektrums
  • Best-Practice
  • Hoher Zeitaufwand
  • Schwierige Transformation ins eigene Unternehmen

Prozess

Aus der Literatur ist erkennbar, dass kein einheitlicher und allgemeingültiger Ablauf definiert ist. Die Grundlagen basieren aber immer auf einem strukturierten und mehrstufigen Prozess (Paul & Wollny, 2014, S. 155). In der Praxis kann der Prozess um unternehmensspezifische Schwerpunkte erweitert werden. Wichtig ist aber, dass der Benchmarking-Prozess immer einem formalisierten Ablauf folgt, damit durch das Controlling die vereinbarten Meilensteine und erzielten Ergebnisse besser überprüft werden können (Mertins & Kohl, 2009, S. 43). Benchmarking kann in die auf der Abbildung 2 ersichtlichen vier grundlegenden Phasen unterteilt werden:

Abb. 2: Benchmarkingprozess (eigene Darstellung in Anlehnung an Schawel & Billing, 2009, S. 40)

1. Vorbereitung/Planung

In der ersten Phase werden die eigenen Leistungen bzw. Prozesse analysiert. Die richtigen Objekte und Leistungslücken im Unternehmen werden definiert und es wird sichergestellt, dass die Objekte (z.B. Produkte) vergleichbar sind (Schawel & Billing, 2009, S. 40). Das Ziel dieser ersten Phase ist es, die Benchmarking-Ziele zu definieren, den Untersuchungsumfang abzugrenzen und die Benchmarking-Partner zu wählen (Billing & Schawel, 2009, S. 40). Des Weiteren wird in dieser Phase des Projektes entschieden, ob die Datenerhebung auf Primär- oder Sekundärquellen basiert (Hardt, 2002, S. 101). Dazu werden im gleichen Schritt auch bereits die Hilfsmittel vorbereitet, wie beispielsweise ein Interviewleitfaden (Billing & Schawel, 2009, S. 40). Für den gesamten Benchmarking-Prozess ist die Planung und Vorbereitung sehr zentral, denn gemäss Mertins & Kohl (2009, S. 47) sollte die Beurteilung der eigenen Prozesse fast die Hälfte des gesamten Projektes einnehmen.

2. Sammlung der Benchmarking-Daten

Nach Abschluss der Planungsphase werden mithilfe der definierten Analyseinstrumente bereits vorhandene oder neue Daten intern oder extern über die Benchmarking-Partner beschafft (Kohlert, 2016, S. 104).

3. Analyse der Benchmarking-Daten

In der dritten Phase werden die gewonnenen Daten ausgewertet und wichtige Ursachen für die Unterschiede identifiziert. Das Ziel ist, Leistungs- oder Kostenlücken zu entdecken und den «Best-Practice»-Ansatz zu identifizieren. Dabei sollte auch eine Ursachenanalyse durchgeführt werden (Billing & Schawel, 2009, S. 40). Stellt man beispielsweise fest, dass Mitbewerbende in der Fertigung eines Produkts viel günstiger produzieren, geht es darum, die Zahlen zu analysieren und die Gründe dafür abzuleiten. Haupteinflussfaktoren sind hier z.B. unterschiedliche Technologien oder andere Geschäftsprozesse. Durch Erkennung dieser Unterschiede zeigt sich, welche Verbesserungen nötig sind, um die eigene Leistung wettbewerbsfähiger zu machen (Kohlert, 2016, S. 104).

4. Umsetzung

Nach der Analyse der Daten werden die betroffenen Unternehmensbereiche über die Ergebnisse informiert. Auf Basis der Erkenntnisse sollten dann gemeinsam Ziele zur Verbesserung definiert und Aktions- und Massnahmenpläne abgeleitet werden (Billing & Schawel, 2009, S. 40). Mögliche Massnahmen könnten sein, dass in effizientere Maschinen investiert oder die Produktivität durch Schulungen der Mitarbeitenden erhöht wird. Nach der Umsetzung dieser Massnahmen ist es von hoher Wichtigkeit den weiteren Verlauf zu überwachen, bestenfalls Fortschritte zu erkennen und eine Unternehmensanalyse rollierend wieder aufzunehmen (Kohlert, 2016, S. 104).

Kritische Würdigung

Nebst den vielen positiven Aspekten des Benchmarkings gibt es auch Stimmen, welche auf die Schwierigkeiten des Benchmarkings aufmerksam machen. Ein Beispiel dafür sind Leinwand & Mainardi (2010, zit. in Paul & Wollny, 2014, S. 162). Sie betonen, dass ein Benchmarking ohne strategische Ziele nur eine Verschwendung der eingesetzten Ressourcen ist, da lediglich die Strategie des Benchmarking-Partners kopiert wird und kein Wettbewerbsvorteil erzeugt werden kann.

Weiter erklären Wheelen und Hunger (2012, zit. in Paul & Wollny, 2014, S. 162) das Problem bei Unternehmen mit schlechten Leistungen. Diese Unternehmen können nach den erhobenen Daten des Benchmarking-Partners von der Leistungsdiskrepanz überwältig sein und die Spitzenleistung als unerreichbar ansehen. Zudem erbringen Unternehmen meist nur in einem Bereich Spitzenleistungen, daher müssen oft mehrere Benchmarking-Partner gesucht werden, was den Aufwand stark erhöht (Paul & Wollny, 2014, S. 163).

Auch stellt die Wahl der richtigen Benchmarks eine Herausforderung für Unternehmen dar. Spitzenleistungen können schnell zum neuen Standard werden oder sinken teilweise sogar darunter. Die Benchmarks müssen daher laufend aufgefrischt oder neu definiert werden. Es ist darauf zu achten, dass sich die aktualisierten Benchmarks nicht auf die gleichen Unternehmen beschränken, sondern auch laufend nach neuen Spitzenunternehmen gesucht wird (Joos, 2014, S. 25).

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudie Aufgaben
Kisten AG - Benchmarking Benchmarking - Quiz

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Hardt, R. (2002). Kostenmanagement (2. Auflage). R. Oldenbourg Verlag München Wien.
  • Hastreiter, S., Buck, M., & Jehle, F. (2015). Grundlagen des Benchmarkings. In H. Woratschek, J. Schröder, T. Eymann, & M. Buck (Hrsg.). Wertschöpfungsorientiertes Benchmarking: Logistische Prozesse in Gesundheitswesen und Industrie (1st ed. 2015.). Berlin: Springer Vieweg.
  • Joos, Thomas. (2014). Controlling, Kostenrechnung und Kostenmanagement: Grundlagen – Anwendungen – Instrumente (5th ed. 2014.). Wiesbaden: Springer Gabler.
  • Kohl, H. (2009). Der richtige Benchmarking-Partner. In K. Mertins & H. Kohl (Hrsg.), Benchmarking: Leitfaden für den Vergleich mit den Besten (2. Auflage) (S. 89-106) . Symposion Publishing GmbH.
  • Kohlert, H. (2016). Unternehmensanalyse und strategische Planung (1. Auflage). W. Kohlhammer.
  • Leibfried, K. H. J., & Mc Nair, C. J. (1993). Benchmarking Von der Konkurrenz lernen, die Konkurrenz überholen. Rudolf Haufe Verlag.
  • Lombriser, R., & Abplanalp, P. A. (2018). Strategisches Management: Visionen entwickeln, Erfolgspotenziale aufbauen, Strategien umsetzen (7. Auflage). Versus.
  • Mertins, K., & Kohl, H. (2009). Benchmarking - der Vergleich mit den Besten. In K. Mertins & H. Kohl (Hrsg.), Benchmarking: Leitfaden für den Vergleich mit den Besten (2. Auflage) (S. 19-62) . Symposion Publishing GmbH.
  • Paul, H., & Wollny, V. (2014). Instrumente des strategischen Managements: Grundlagen und Anwendung (2. Auflage). De Gruyter Oldenbourg.
  • Schawel, C., & Billing, F. (2009). Top 100 Management Tools: Das wichtigste Buch eines Managers Springer Gabler.
  • Waser, B. R., & Peter, D. (2020). Prozess- und Operations-Management: Strategisches und operatives Prozessmanagement in Wertschöpfungsnetzwerken. Versus.
  • Zdrowomyslaw, N., & Kasch, R. (2010). Betriebsvergleiche und Benchmarking für die Managementpraxis. Oldenbourg Wissenschaftsverlag.

Weiterführende Literatur

Autoren

Nadja Bucher, Musa Haljimi, Trim Hasanaj, Selina Vuichard