Machine Learning

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Geprüft: Positiv beurteilt

Machine Learning, übersetzt maschinelles Lernen, ist eine Teildisziplin der künstlichen Intelligenz (KI) und verarbeitet sehr grosse Datenmengen, auch Big Data genannt (Pereira, 2020, S. 65). Dem Machine Learning liegen Methoden zugrunde, welche nicht von einer Programmiererin oder einem Programmierer vorgegeben sind, sondern algorithmisch mithilfe von bestehenden Daten erlernt werden (Baars, 2016, S. 175).

Definition und Begriffsabgrenzung

Grundsätzlich beschreibt Machine Learning das Verfahren zur maschinellen Wissensgenerierung (Mehler-Bicher & Mehler, 2019, S. 183). Darunter versteht man die Entwicklung von Algorithmen, welche das Ziel haben, Wissen aus Daten zu beschaffen und somit einen Lösungsansatz für ein Problem zu entwickeln (Pereira, 2020, S. 65). Machine Learning ist eng mit dem Data Mining verbunden und soll dazu dienen, das Wissen von Maschinen sowie Computerprogrammen zu erweitern (Sejdić, 2015, S. 519). Zudem müssen Anwendungen, welche auf Machine Learning basieren, vor dem Einsatz mithilfe von verfügbaren Ausgangsdaten getestet und trainiert werden. So soll sichergestellt werden, dass mit diesen Daten eine möglichst gute Prognose erstellt werden kann (Brühl, 2019, S. 37). Auf Basis dieser Erkenntnisse können anschliessend Entscheidungen getroffen, sowie Zusammenhänge und Vorhersagen abgeleitet werden (Heimel & Müller, 2019, S. 407; Langmann, 2019, S. 7). Wie bereits erwähnt, ist Machine Learning ein Bestandteil der künstlichen Intelligenz, auch KI genannt. Mithilfe des maschinellen Lernens werden der KI folgende Fähigkeiten verliehen (Mueller & Massaron, 2017, S. 35):

  • Anpassung an neue Umstände, welche so vom Entwickler einer KI nicht vorhersehbar waren
  • Erkennung von Mustern in Datenquellen
  • Auswahl von neuen Verhaltensweisen auf Basis der erkannten Muster
  • Entscheidungsfindungen, welche aus den Erfolgen und Misserfolgen dieser Verhaltensweisen resultieren
Abb. 1: Einordnung "Machine Learning" im Begriffsnetzwerk (Langmann, 2019, S.8)

Viele Autorinnen und Autoren brauchen den Begriff künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning (ML) oder Deep Learning (DL) oft gleichbedeutend. Dies darf aber nicht unbedingt gemacht werden. All diese Begriffe beruhen auf andersartigen Technologien und haben verschiedene Eigenschaften. KI ist lediglich der übergeordnete Begriff und bezieht sich auf die maschinelle Intelligenz, während es sich bei Machine Learning und Deep Learning um die Technologien handelt, welche die künstliche Intelligenz unterstützt und sie erst ermöglicht (Amann et al., 2020, S. 244).

Abbildung 1 soll den Zusammenhang der verschiedenen Begriffe aufzeigen. Hier ist ersichtlich, dass das Machine Learning ein Teil der Predictive (oder auch Business) Analytics ist.

Prinzipien des Machine Learnings

Über die letzten Jahre hinweggesehen sind verschiedene Verfahrensvarianten für das Machine Learning entstanden (Baars, 2016, S. 177). Folgend werden die drei Prinzipien erläutert (Pereira, 2020, S. 65):

Überwachtes Lernen

(Supervised Learning)

Hierbei werden Trainingsdaten verwendet, welche jeweils mit bekannten Outputwerten gekennzeichnet sind. Ein Beispiel hierfür ist der Ausfall einer Produktionsmaschine. Die Trainingsdaten werden hierbei in Ausfall sowie Nicht-Ausfall klassifiziert. Mithilfe des Machine Learning kann der Algorithmus nun vorhersehen, welcher Klasse ein neues Ereignis zuzuordnen ist. Je mehr Trainingsdaten vorhanden sind, desto genauer fällt die Prognose aus (Brühl, 2019, S. 37).
Unüberwachtes Lernen

(Unsupervised Learning)

Beim unüberwachten Lernen geht es darum, dass unbekannte Daten verwendet werden. Ziel ist es, mithilfe dieser Inputdaten verschiedene Muster oder Strukturen zu erkennen und diese in einem Cluster zu segmentieren (Baars, 2016, S. 37).
Verstärkendes Lernen

(Reinforcement Learning)

Das verstärkende Lernen funktioniert mit einem Belohnungssystem, welches verschiedene Aktionen unterschiedlich belohnt. Es soll dazu führen, dass das System durch das Ausprobieren von verschiedenen Aktionen diese erkennt, welche zu der höchsten Belohnung führen. Ein Beispiel hierfür ist das Schachspiel. Es wird die beste Stellung der Figuren bewertet und dies kann schlussendlich zu einem Sieg führen.

Welches Prinzip angewendet wird, wird jeweils automatisch anhand der gewünschten Ergebnisse von den Data-Mining-Tools vorgeschlagen. Trotzdem muss ein gewisses Verständnis für die verschiedenen Methoden vorhanden sein (Baars, 2016, S. 177).

Anwendungsbereiche von Machine Learning

Machine Learning wird in vielen Teilbereichen unseres Lebens eingesetzt. Nachfolgender Abschnitt soll die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von maschinellem Lernen aufzeigen.

Anwendungsbereiche im Alltag

Selbstverständlich wird maschinelles Lernen bereits an vielen Orten im Alltag eingesetzt. Da die Technik bereits so gut funktioniert, sind wir uns dieser kaum bewusst (Mueller & Massaron, 2017, S. 33). Nachfolgend einige Beispiele aus dem Alltag (Alpaydin, 2019, S. 4-10):

Abb. 2: Maschinelles Lernen im Überblick (Wuttke, online)
  • Beim Onlineshopping trifft man oftmals auf den Satz «Kunden, welche Produkt X gekauft haben, haben auch Produkt Y gekauft». Diese Cross-Selling-Versuche beziehungsweise die dazugehörige Warenkorbanalysen basieren meist auf Machine Learning. So ähnlich funktioniert dies auch bei Filmvorschlägen von Netflix oder Amazon Prime.
  • Auch bei der Gesichtserkennung im Smartphone kommt maschinelles Lernen zur Anwendung. Dabei versucht Machine Learning mittels Klassifikationen von Identitäten nur Personen den Zugriff auf das Smartphone zu gewähren, welche ihr Gesicht im Setup-Prozess mit einem Bild hinterlegt haben.
  • Ausserdem kommt auch bei der Spracherkennung maschinelles Lernen zum Einsatz. Man denke hierbei an die digitalen Assistenten von Apple (Siri) oder Amazon (Alexa). Bei der Spracherkennung werden akustische Laute (gesprochene Sätze) diversen Klassen von Wörtern zugeordnet. Dadurch, dass die individuelle Stimme von vielen Faktoren wie zum Beispiel Alter, Geschlecht oder Akzent abhängt, muss sich Machine Learning immer weiterentwickeln.

Nebenstehende Grafik veranschaulicht, welche Anwendungsbereiche am besten mit welchen Prinzipen des Machine Learnings vermittelt werden.

Anwendungsbereiche in der Praxis einer Controllerin oder eines Controllers

Mithilfe von Machine Learning ist der Controlling Business Partner in der Lage, innerhalb eines kurzen Zeitfensters, eine grosse Menge an Informationen bereitzustellen, egal ob die Daten strukturierter oder unstrukturierter Natur sind. Deshalb eignet sich Machine Learning hervorragend für einige spezifische Aufgaben im Berufsalltag einer Controllerin oder eines Controllers. Diese werden nachfolgend aufgezeigt. Aktuell ist Machine Learning im Controlling jedoch eine Alternative, welche eher wenig eingesetzt wird. Dies soll sich in der Zukunft ändern (Pereira, 2020, S. 65–66). Machine Learning ist nämlich die Form des Data Mining, welche am häufigsten eingesetzt wird (Baars, 2016, S. 176).

Forecasting / Planung & Budgetierung mit Machine Learning

Eine der Kernaufgaben eines Controlling Business Partners ist die Ermittlung von Prognosewerten für verschiedene zentrale Erfolgsgrössen eines Unternehmens. Dazu gehört zum Beispiel der Absatz, der Umsatz und der Gewinn (Friedel, 2019, S. 36). Dies wird unter den Begriffen Forecasting, Planung und Budgetierung zusammengefasst. Die Praxis zeigt, dass vor allem die operative Einjahresplanung und das damit oft einhergehende unterjährige Forecasting, siehe auch Rolling Forecast & Rolling Budget, viel Kapazität beansprucht (Langmann, 2019, S. 20). Zusätzlich erhöht sich der Zeitaufwand mit dem Einbezug von unternehmensexternen Daten, wie zum Beispiel Big Data. Die Integration dieser Daten erhöht zwar die Planungsgenauigkeit und die Planungsaktualität deutlich, jedoch wird die Controllerin und der Controller von noch mehr Daten überschwemmt (Langmann, 2019, S. 22). All diese Punkte führen dazu, dass die Vorhersagen einen grossen Teil der Arbeitszeit einer Controllerin oder eines Controllers in Anspruch nimmt (Friedel, 2019, S. 36). Genau hier soll das Machine Learning unterstützen.

Methoden des maschinellen Lernens finden bereits jetzt schon Anwendungen in gewissen Unternehmungen. Denn im Hinblick auf ihre Fähigkeit – gute Forecasts zu liefern - ist diese Technologie bereits sehr ausgereift. Studien haben gezeigt, dass für zahlreiche Anwendungsbereiche die Prognosen, welche auf Basis einer künstlichen Intelligenz getroffen wurden, den Prognosen von einem Menschen weit überlegen sind (Friedel, 2019, S. 36).

Folgendes Beispiel verdeutlicht den Zusammenhang von Big Data und Machine Learning in Bezug zur Planung und Budgetierung anhand einer Absatplanung.

Der geplante Umsatz lässt sich direkt aus den beiden Werttreibern Absatz und Preis berechnen. Wobei der Absatz auf einer Mengenplanung basiert, welche wiederum meist nur ein Fortschreiben der Zahlen des letzten Jahres ist und mit Veränderungen bei den Werttreibern wie dem Produktprogramm, Absatzkanäle oder Kundenstruktur ergänzt wird. Technologien, welche auf Big Data basieren, sind in der Lage meist eher weichere Werttreiber zu qualifizieren und in eine verwendbare Form für die Planung und Budgetierung zu bringen. Beispiele für weiche Werttreiber sind: Veränderungen im Konsumverhalten, Veränderungen in der Demografie, Veränderungen in der gesellschaftlichen Sozialstruktur, Diskussionen in Fachmedien, aber auch Meinungen in Social-Media-Netzwerken. Nur mit der Kombination aus statistischen Analyseverfahren und Algorithmen aus den Bereichen Predictive (oder auch Business) Analytics und Machine Learning ist die Controllerin oder der Controller in der Lage, diese oben genannten Werttreiber nicht nur in der sachlogischen Beziehung mit der zu planenden Grösse zu setzten, sondern auch in ein validierbares Modell. Ob die Erkenntnisse, welche aus Big Data gewonnen werden, nur für die Plausibilisierung der Werttreiber herangezogen werden oder als eigenständige Berechnungsgrundlage für diese Werttreiber dient, muss jedes Unternehmen individuell für sich entscheiden (Langmann, 2019, S. 22).

Nicht nur die Absatzplanung kann mithilfe von Machine Learning effizienter und effektiver gestaltet werden, auch das Zahlungsverhalten der Kundinnen und Kunden kann durch Machine Learning beziehungsweise Predictive (oder auch Business) Analytics besser prognostiziert werden. Hierbei spielen verschiedene Einflussfaktoren, wie beispielsweise die Postleitzahl oder auch die Nutzung von Social-Media, eine Rolle. Der Algorithmus erlernt auf Basis solcher Einflussfaktoren, die Ausfallwahrscheinlichkeit vorhersagen zu können (Langmann, 2019, S. 7).

Abschliessend lässt sich sagen, dass im Controlling die Modellierungen besonders weit gefasst sind. Solche Modelle sind sehr komplex und sollten dementsprechend mit Vorsicht eingesetzt werden. Die Treiberorientierung ist hierbei besonders zielführend. Mithilfe von maschinellem Lernen können mehrere Einflussfaktoren einen eindeutigen Output erzeugen. Beispielsweise können Kapazitätsbeschränkungen nicht nur auf die Herstellkosten und den Umsatz abgeleitet werden, sondern auch auf weitere Faktoren. Durch empirische Daten können auch Einflüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit oder Konkurrenz gedeutet werden (Friedl, 2019, S. 36).

Zukunftsaussichten

Verschiedene Controlling-Prozesse werden durch das Aufkommen von neuen Technologien immer weiter automatisiert (Heimel & Müller, 2019, S. 415). Die Verarbeitung der Daten in Echtzeit, auch mithilfe des Machine Learning, ist ein sehr aktueller Trend im Bereich des Controllings. Durch die Anwendung von solchen zukunftsausgerichteten Analysemethoden aus dem Bereich Predictive Analytics wird der Controller oder die Controllerin als Business Partner gestärkt (Sejdić, 2015, S. 519). Zudem wird die eigentliche Rolle des Controllers bzw. der Controllerin verändert. Diese Veränderung hat zwei mögliche Richtungen. Zum einen in die Richtung des Data Scientist oder zum anderen in die Rolle als «Exception-on-Handlers», welcher für die Interpretationen der gewonnen Daten zuständig ist (Baars, 2016, S. 179). Mit der zunehmenden Bedeutung der Digitalisierung nimmt auch die Bedeutung des Machine Learnings zu (Brühl, 2019, S. 40). Beispielsweise können Forecastings aufgrund der immer aktueller werdenden Technologien genauer erstellt werden. Zudem werden Reaktionszeiten verkürzt und somit können Entscheidungen schneller getroffen werden (Heimel & Müller, 2019, S. 415).

Chancen und Herausforderungen

Machine Learning bietet eine Reihe von Chancen und Möglichkeiten für ein Unternehmen. Die Chancen liegen auf der Hand: Wird Machine Learning richtig eingesetzt, lassen sich innert Sekunden komplexe Sachverhalte abbilden, welche eine ganze Gruppe von Menschen über Stunden beschäftigen würden. Gerade Zukunftsprognosen sind schwierig zu treffen und können mittels mathematischer und statistischer Modelle ausgegeben werden (Alpaydin, 2019, S. 4-10). Machine Learning bietet ebenfalls die Möglichkeit die Qualität der Datensammlung zu verbessern. Dabei können gängige Fehlerquellen weitgehend minimiert werden, indem das System lernt, Datenduplikate oder Daten aus falschen Zeitabschnitten zu erkennen und zu korrigieren (Oehler, 2020, S. 24-25).

Nicht zu vernachlässigen sind jedoch auch die Herausforderungen. Häufig herrscht Unklarheit über gewisse Begriffe. Zudem sind IT-Kenntnisse, vor allem Programmier-Kenntnisse, essenziell. Auch die Implementierung von Machine Learning ist eine grosse Herausforderung. Sollten die Algorithmen oder Datensätze nicht korrekt sein, muss das Ganze nochmals von Beginn an überarbeitet werden (Kepler, 2021, S. 17-20).

Fehlende Investitionen in die Informatik und deren Software können weitreichende Folgen haben. Sofern das Datenmanagement nicht optimal in die Unternehmungsführung integriert werden kann, sind die Business-Intelligence-Systeme weitgehend wirkungslos. Wenn der Datenpflege zu wenig Ressourcen zugesprochen und diese zusätzlich noch vernachlässigt werden, sind die erhaltenen Daten nicht aussagekräftig (Kepler, 2021, S. 20). Die Bereiche Digitalisierung und Big Data spielen bei vielen Unternehmen erst seit kurzer Zeit eine zentrale Rolle bei der Entscheidungsfindung. Daher wurde in der Vergangenheit der Fokus zu wenig auf die Beschaffung und Aufbewahrung der Daten gelegt. KI-Systeme sind dabei bereits in der Lage, teilweise fehlende oder falsche Daten zu extrahieren. Um Machine Learning effizient einsetzen zu können, sind jedoch Vergleichsdaten von grosser Bedeutung. Beispielsweise können aufgrund von vergangenen Krisen oder Ereignissen neue Probleme vorhergesehen werden. Die hohe Qualität der Basisdaten ist dabei zentral. Um die Qualität der Rohdaten sicherzustellen kann ein Data Steward beigezogen werden. Dessen Aufgabe besteht darin, die benötigten Informationen zu sammeln und sich anschliessend um die Datenpflege, Beobachtung und Verarbeitung zu kümmern. Die Zusammenarbeit zwischen Controlling und der IT-Abteilung muss dabei gut funktionieren (Kepler, 2021, S. 19).

Lern- und Praxismaterialien

Quiz Lernvideo
Machine Learning - Quiz Machine Learning Basics (What Is Machine Learning?)

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

Autoren

Amoros Constantin, Blatter Simon, Bucher Sebastian, Oertig Vanessa