EVA-Bonusplan
Der EVA®-Bonusplan ist dazu da, das Management zu Entscheidungen zu bewegen, die den Unternehmenswert langfristig steigern. Um dies zu erreichen, werden der Unternehmensleitung Anreize gesetzt, ihre Entscheidungen im Sinne der Aktionäre zu fällen. Das bedeutet, dass die geschaffenen Werte des Managements mit den beteiligten Personen geteilt werden (Goldberg, 1999, S. 63).
Bonusplan als Motivationsfunktion |
Das Management hat im Allgemeinen eine natürlich hohe intrinsische Motivation. Somit hat der EVA®-Bonusplan weniger das Ziel den Arbeitseinsatz zu erhöhen, sondern vielmehr ein gewünschtes Verhalten im Sinne einer Steigerung des Unternehmenswertes durch zusätzliche Belohnung zu verstärken. Unerwünschtes Verhalten soll durch eine Bestrafung verhindert werden (Gundel, 2012, S. 195-196). Ein Bonusplan basierend auf einer Kennzahl wie Economic Value Added (EVA®) kann das Verhalten einer Unternehmung resp. deren Führung grundlegend verändern. Die neuen Massstäbe fokussieren das Verhalten jedes Einzelnen mit dem Ziel, den Aktionärsnutzen zu maximieren (Stephens & Bartunek, 1997, S. 39). Dies unterstreicht der Erfinder und Förderer des EVA®, Joel M. Stern in einem Interview mit Prof. Astrid Ayala an der Universität Francisco Marroquín in Guatemala (Online, 29.10.2013).
Eine Fokussierung auf extrinsische Motivatoren hat allerdings den entscheidenden Nachteil, dass die intrinsische Motivation nach und nach verdrängt wird. Somit ist es entscheidend, ein gut konstruiertes Anreizsystem zu schaffen. Der EVA®-Bonusplan hat zusätzlich den Vorteil, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung schlechter Arbeitsleistung erhöht. So werden minderleistende Mitarbeitende eine geringere Entschädigung erwarten als in alternativen Arbeitsverhältnissen und deshalb von einer Bewerbung absehen. So können leistungsstarke Angestellte akquiriert und weniger leistungsfähige Führungskräfte an die Mitbewerber abgegeben werden (Gundel, 2012, S. 195-196).
Anforderungen an einen wertorientierten Bonusplan
Ein Bonusplan aufbauend auf EVA® stellt sicher, dass die Entscheidungen im Unternehmen zur langfristigen Wertsteigerung beitragen. Der Leistungslohn sollte so ausgelegt sein, dass er diejenigen Leistungen honoriert, die das Wachstum nachhaltig fördern. Der Bonusplan muss deshalb folgenden Anforderungen genügen:
- Bonusplan langfristig auslegen
Eine kurzfristige Gewinnorientierung ist nicht im Sinne der Investoren und Aktionäre. Mit einer langfristigen Orientierung wird das Management ambitiöser in der Zielsetzung und bereitwilliger, ihre Budgets realitätsnah zu gestalten. Die Budgets sollen im Bereich des Möglichen und nicht im Bereich des erwünschten Bonus angesiedelt werden. Somit sollten die Kosten der Vergütung auf das notwendige Niveau begrenzt werden, um den Nutzen für den Aktionär zu maximieren (Hostettler, 2003, S. 122). Dies führt dazu, dass das Management die Manipulationen an den Werttreibern des Bonusplans unterlässt und auf die langfristige Wirkung der Entscheidungen baut. Damit sich das Management allerdings auf eine solche Langfristplanung einlässt, muss diesem schon heute bekannt sein, welcher Bonus unter welchen Bedingungen in Zukunft möglich ist. Mit einem Bonusplan, der auf die langfristige Wertschaffung ausgerichtet ist, löst sich der Konflikt zwischen heute und später realisierten Gewinnen auf (Hostettler & Stern, 2004, S. 175).
- Bonusplan vereinfachen
Eine einzige, aber umfassende finanzielle Kennzahl wie EVA® genügt für die Bonusberechnung. Damit wird das mehr oder weniger willkürlich gewählte Nebeneinander verschiedener Kennzahlen umgangen. Zudem können so Konflikte verhindert werden. Viele unterschiedliche Kennzahlen erhöhen die Sicherheit eines Bonusplans nicht, da eine ungewollte Eigenschaft einer Kennzahl nicht durch eine andere kompensiert werden kann (Hostettler & Stern, 2004, S. 175).
- Bonusplan transparent gestalten
Nur ein transparenter Bonusplan wird als fair betrachtet. Jedes Mitglied des Managements muss nachvollziehen können, wie der Bonus berechnet wird und wie er mit der Performance des Unternehmens zusammenhängt (Hostettler & Stern, 2004, S. 176). Zudem müssen Abweichungen zum Zielwert anhand eines Treiberbaums erkannt werden können und die Auswirkungen einer möglichen Verbesserung resp. Verschlechterung einzelner Werttreiber schon im Voraus bekannt sein. Des Weiteren muss die Bemessungsgrundlage auch für einzelne Teilbereiche des Unternehmens ermittelt werden können, um die einzelnen Führungsstufen entsprechend honorieren zu können (Gundel, 2012, S. 198-199).
- Bonusplan signifikant machen
Nur ein signifikanter Bonus wird ausreichend wahrgenommen und kann einen motivierenden Effekt entfalten. Gerade bei den Löhnen des Top-Managements muss deshalb der variable Anteil eine bestimmte Grösse erreichen, damit er aus Sicht des Managements auch Gewicht hat (Hostettler & Stern, 2004, S. 176). Die Managementvergütung muss angemessen hoch sein, damit kompetente Führungskräfte rekrutiert und trotz Perioden schlechter Performance an das Unternehmen gebunden werden können (Hostettler, 2003, S. 122).
Nachteile traditioneller Bonussysteme
In der Wirtschaft sind verschiedene Anreizsysteme anzutreffen. Obwohl die nachfolgenden Messgrössen in der Realität oft angewendet werden, sind sie mit einigen Designfehlern versehen (Hostettler & Stern, 2004, S. 167-174).
- Nicht-wertorientierte finanzielle Kennzahlen
Liegt der Fokus auf einer traditionellen Kennzahl, kann dies ein Verhalten fördern, das die Kennzahl verbessert, jedoch dem Wachstum des Unternehmens entgegensteuert. Beispielsweise wird der EBITDA konstant verbessert, jedoch werden Kapital- und Abschreibungskosten völlig ausser Acht gelassen. Durch diesen Umstand kann der Wert eines Unternehmens vernichtet werden, wie Abbildung 1 verdeutlichen soll. Trotz der Rentabilität beider Projekte wird mit dem Projekt in der linken Spalte Wert vernichtet, da die Kapitalkosten den Gewinn übersteigen (Hostettler & Stern, 2004, S. 168).
- Kombination finanzieller Kennzahlen
Oftmals werden Bonuspläne durch eine Kombination von verschiedenen Kennzahlen, die sich teilweise sogar konkurrieren, ausgestaltet. Dies sorgt bei Führungskräften für Verwirrung und führt zur sukzessiven Verwässerung der leistungsbasierten Entlöhnung (Hostettler & Stern, 2004, S. 169-171).
- Subjektive Komponenten
Vergütungen, die auf persönlicher Zielerreichung basieren, belohnen oftmals nicht das Resultat des Einsatzes, sondern nur die Anstrengung der Führungskraft. Natürlich sind diese wichtig für die Mitarbeiterführung, sind aber als Massstab für einen Bonus nicht geeignet (Hostettler & Stern, 2004, S. 171-172).
- Orientierung am Budget
Vergütungssysteme, die auf Budget-Erreichung ausgerichtet sind, tendieren zu kurzfristiger Denkweise und verhindern somit das langfristige wertorientierte Wachstum (Hostettler & Stern, 2004, S. 172-173).
- Ober- und Untergrenzen
Viele traditionelle Bonuspläne beinhalten Ober- und Untergrenzen („caps“ und „floors“). Dabei werden ab einer bestimmten Höhe keine zusätzlichen Boni mehr ausbezahlt, um den Aktionär zu schützen. Ebenso wird das Verlustrisiko des Managements nach unten begrenzt. Diese Ausgangslage kann zum Phänomen der „Jahresend-Kosmetik“ führen. Dies bedeutet, dass zum Beispiel Führungskräfte (bei bereits erreichtem „cap“) gewinnbringende Geschäfte in das neue Jahr transferieren, da diese auf die aktuelle Bemessungsperiode keinen Einfluss mehr haben. Auf der anderen Seite können beispielsweise auch Verlustgeschäfte noch im alten Jahr eingebracht werden, da dank dem bereits erreichten „floor“ gar keine weiteren Bonussanktionen zu befürchten sind (Hostettler & Stern, 2004, S. 173-174).
Der EVA®-Bonusplan gilt daher als modernes Vergütungssystem, da er unter anderem die erwähnten Schwachstellen beseitigt und sich über einen Bemessungszeitraum von drei bis fünf Jahren erstreckt. Traditionelle Bonuspläne hingegen sind oft auf eine einjährige Zeitspanne ausgelegt (Hostettler, 2003, S. 121).
Bonusfunktion |
Die Bonusfunktion ist der zentrale Punkt in einem EVA®-Bonusplan. Diese wertorientierte Funktion besitzt vier grundsätzliche Stellhebel, die auch in den Abbildungen 2 und 3 abgebildet sind:
- Value Added Ziel (VAZ)
- Zielbonus
- Steigung der Bonusfunktion
- Bonusbank als Auszahlungsfunktion
Jeder dieser Punkte sollte jeweils der Situation des Unternehmens angepasst werden (Hostettler & Stern, 2004, S. 182). Die Funktionsweise der einzelnen Werttreiber ist in Abbildung 3 grafisch dargestellt und wird nachfolgend einzeln erläutert.
Value Added Ziel (VAZ)
Die Zielperformance ist das Soll des Managements, welches erreicht werden sollte. Grundsätzlich widerspiegelt das Value Added Ziel (VAZ) die Investorenerwartungen. Diese Kenngrösse darf jedoch nicht als Maximum oder als Budget aufgefasst werden, sondern sollte als Richtgrösse der erwarteten Unternehmensleistung betrachtet werden. Das gesteckte Ziel kann ohne weiteres übertroffen oder aber auch nicht erreicht werden. Jede Abweichung von der Zielperformance hat eine Auswirkung auf den Bonus der Führungskräfte. Falls im Unternehmen eine Kultur besteht, dass die Budgeterwartungen jeweils gerade so erfüllt werden, sollte eine ambitioniertere Zielsetzung im Sinne von "Stretched Goals" (ausgedehnte und überhöhte Zielvorgabe) in Betracht gezogen werden. Das VAZ muss dafür nicht angehoben werden; lediglich das Management sollte sich die Ziele höher setzen und somit auch die Planung und Budgetierung entsprechend den höheren Erwartungen anpassen (Hostettler & Stern, 2004, S. 183). Die Festlegung der Ziele ist von grosser Bedeutung, denn zu hohe bzw. zu tiefe Ziele können demotivierend wirken. Das VAZ kann von den jeweiligen Vorgesetzten ohne Diskussion festgelegt werden. Es kann aber auch in einem Verhandlungsprozess bestimmt werden, wobei der Vorgesetzte letztendlich den Entscheid trifft. Zudem ist es möglich, das VAZ anhand eines internen oder externen Benchmarks zu bestimmen. Die Festlegung des VAZ per Entscheidung der Vorgesetzten hat zum Nachteil, dass die Grösse vom Stelleninhaber als nicht realistisch angesehen wird und damit das Ziel der Motivationssteigerung verfehlt. Bei einer Festlegung durch die Arbeitnehmenden besteht die Gefahr von möglichst einfach erreichbaren Zielen, damit diese garantiert erreicht oder übertroffen werden können (Gundel, 2012, S. 210).
Zielbonus
Unter dem Zielbonus wird der vom Empfänger erwartete Bonus bei Erfüllung der vereinbarten Leistung verstanden. Der Zielbonus kann je nach Führungsebene unterschiedlich hoch ausfallen. Das Verhältnis von Fixlohn und Zielbonus kann für jede Führungsstufe variieren. So können die jeweiligen Risikopräferenzen abgefangen werden. Die Erhöhung des Zielbonus ist schliesslich eine Personalentwicklungsmassnahme, die bei Beförderungen oder bei ausgezeichneten Leistungen eingesetzt werden kann. So ermöglicht der Zielbonus eine individuelle und stufengerechte Anpassung des Bonusplans (Hostettler & Stern, 2004, S. 183).
Steigung der Bonusfunktion
Die Steigung der Bonusfunktion widerspiegelt die Sensitivität des Bonus auf Veränderungen des EVA®. Gestaltet sich die Bonusgerade sehr steil, ist das Intervall klein und der Bonus reagiert schnell auf eine Veränderung des EVA®. Eine flache Bonusfunktion ist resistenter gegenüber Schwankungen. Grundsätzlich sollte die Steigung der Bonusfunktion auf das Geschäftsrisiko und dessen Volatilität angepasst werden. In einem etablierten, traditionellen Markt darf die Bonuskurve steiler ausfallen, sodass das Management einen grossen Anreiz hat, eine kleine Steigerung des EVA® zu realisieren. In einem volatilen Marktumfeld ist ein grösseres Intervall und somit eine flachere Kurve sinnvoll. Neben dem Risiko der Branche und des Unternehmens sollten auch Überlegungen der Managementmotivation sowie des Verlustrisikos des Managements in einem schwierigen Marktumfeld berücksichtigt werden (Hostettler & Stern, 2004, S. 183).
Das folgende Zahlenbeispiel in Abbildung 4 und 5 zeigt die Auswirkungen der vorhergehend beschriebenen Intervalle auf den Bonus in einem volatilen Marktumfeld bei sonst gleichen Bedingungen. In Abbildung 6 ist die unterschiedliche Entwicklung der ausbezahlten Boni grafisch dargestellt.
Bonusbank als Auszahlungsfunktion
Die Bonusbank kann, wie in Abbildung 7 dargestellt, als zusätzliches Lenkungsinstrument zur Ausbalancierung von kurz- und langfristigen Perspektiven verwendet werden. Mit diesem Steuerungsinstrument wird nur ein Teil des erzielten Bonus direkt ausbezahlt. Der Rest wird auf der Bonusbank über eine bestimmte Dauer blockiert und mit den zukünftigen Boni oder Mali verrechnet. Damit soll das langfristige Denken des Managements gefördert und ein Anreiz zum Verbleib in der Unternehmung geschaffen werden (Plaschke, 2006, S. 562-563, 575).
Lern- und Praxismaterialien
Fallstudien |
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Goldberg, S. R. (1999). Economic Value Added: A better Measure for Performance and Compensation? The Journal of Corporate Accounting & Finance, Nr. 11, S. 55-67.
- Gundel, T. (2012). Der EVA als Management und Bewertungsinstrument. Wiesbaden: Gabler.
- Hostettler, S. (2003). Economic Value Added – Lektionen aus der Praxis. Der Schweizer Treuhänder, Nr. 3, S. 117-122.
- Hostettler, S. & Stern, H. (2004). Das Value Cockpit. Sieben Schritte zur wertorientierten Führung für Entscheidungsträger. Weinheim: Wiley.
- Plaschke, F. J. (2006). Wertorientierte Management-Incentivesysteme auf Basis interner Wertkennzahlen und Bonusbanken. In N. Schweickart & A. Töpfer (Hrsg). Wertorientiertes Management (S. 561-583). Berlin/Heidelberg: Springer.
- Stephens, K. R. & Bartunek, R. R. (1997). What is Economic Value Added? A Practitioner’s View. Business Credit, Nr. 4, S. 39-42.
- Stern, M. (2011). Corporate Governance by Joel M. Stern, creator of Economic Value Added (EVA). Online (25.02.2016): http://www.youtube.com/watch?v=ePMYBgPSoOI.
Weiterführende Literatur
- Currle, M. & Witzemann, T. (2004). Bonusbanken: Unternehmenswertsteigerung und Managementvergütung langfristig verbinden. Controlling, Heft 11, S. 631-638.
- Dahlhaus, C. (2009). Investitions-Controlling in dezentralen Unternehmen: Anreizsysteme als Instrument zur Verhaltenssteuerung im Investitionsprozess. Wiesbaden: Gabler.
- Fischer, M. (1999). Economic Value Added (EVA®) – Information aus der externen Rechnungslegung zur internen Unternehmenssteuerung? Leipzig: Handelshochschule-Arbeitspapier, Nr. 27.
- Girotra, A. & Yadav, S. S. (2001). Economic Value Added (EVA): A New Flexible Tool for Measuring Corporate Performance. Global Journal of Flexible Systems Management, Vol. 2, No. 1, S. 7-18.
- Mamun, A. A., Entebang, H. & Mansor, S. A. (2012). EVA as Superior Performance Measurement Tool. Modern Economy, Nr. 3, S. 310-318.
- Schultze, W. & Weiler, A. (2007). Performancemessung und Wertgenerierung. Entlohnung auf Basis des Residualen Ökonomischen Gewinns. Zeitschrift für Planung & Unternehmenssteuerung, Nr. 18, S. 133-159.
- Sharma, A. & Kumar, S. (2010). Economic Value Added (EVA). Literature Review and Relevant Issues. International Journal of Economics and Finance, Nr. 2, S. 200-220.
Autoren
David Kronig, Lukas Leuenberger, Branka Maric, Tobias Müller