Verknüpfung der Balanced Scorecard mit einem Anreizsystem
Gemäss Kaplan und Norton (1997) müssen sich die Unternehmen bewusst werden, ob und wie ihr Vergütungssystem mit der Balanced Scorecard (BSC) verknüpft werden soll (S. 209-214) . Es herrscht in der Praxis kein Konsens über die Verknüpfung der Vergütungssysteme mit den BSC-Kriterien. Jedoch ist die Kopplung des Anreizsystems mit den BSC-Zielen erforderlich, um das Mitarbeitendenverhalten konsequent auf die Strategieerreichung auszurichten. Die Anbindung der BSC an das Zielvereinbarungssystem ist deshalb ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei deren Implementierung. Zunächst ist zu prüfen, ob nicht schon Zielvereinbarungen in der BSC enthalten sind. Bei der Erstellung der Balanced Scorecard werden häufig noch keine Ziele vereinbart, sondern lediglich strategische Ziele bestimmt, die für einen Unternehmensbereich gelten sollen. Das BSC-basierte Anreizsystem (Abbildung 1) besteht schliesslich aus der eigentlichen Balanced Scorecard, dem direkt angeknüpften Zielvereinbarungs- sowie dem variablen Vergütungssystem (Schwertner et al., 2004, S. 13).
Vorgehensweise der Integration
Die Integration der Balanced Scorecard muss einerseits funktionell/inhaltlich und andererseits prozessual erfolgen. Die Verknüpfung der BSC mit dem Zielvereinbarungssystem ist erst dann effizient und effektiv, wenn die Inhalte und Prozesse aufeinander abgestimmt sind (Fink & Heineke, 2002, S. 158).
Funktionale/inhaltliche Integration
Ziel der funktionalen und inhaltlichen Integration ist es, Überschneidungen zu eliminieren und die verschiedenen Kernpunkte in den beiden Systemen zu nutzen. Die BSC-Ziele müssen in die Zielvereinbarung implementiert werden. Dies stellt den Prozess der "inhaltlichen Integration" dar (Abbildung 2).
Prozessuale Integration
Mithilfe der BSC werden strategische Ziele abgeleitet und diese fliessen neben den persönlichen Zielen und den Zielen der operativen Aufgabenerfüllung in die Zielvereinbarung mit ein. Somit entsteht ein integriertes Zielvereinbarungssystem. Die Verknüpfung der BSC mit dem Zielvereinbarungs- und Anreizsystem geschieht meistens nach dem Roll-out bzw. Herunterbrechen der strategischen Ziele (Abbildung 3).
Probleme bei der Integration |
Im Rahmen der Erstellung sowie Umsetzung der Balanced Scorecard haben die Mitarbeitenden wenig Anreize, sich an den herausfordernden Zielen messen zu lassen, was jedoch gerade dem Grundgedanken der BSC entspricht. Dies führt dazu, dass die Mitarbeitenden bei der Erstellung der BSC möglichst einfache Ziele vereinbaren möchten, um die im Performance Measurement gemessenen Zielwerte möglichst einfach zu erreichen. Hierbei besteht ein Zielkonflikt zwischen der Zielvereinbarung und der BSC. Bei der Integration der BSC in das Zielvereinbarungssystem muss deshalb der Freiheitsspielraum bei der Zielfestlegung eingeschränkt werden, um Fehlanreize zu vermeiden. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die BSC ständig an die Strategie bzw. an die Ergebnisse der Feedback-Schleifen adaptiert werden muss. Entsprechend muss auch das auf der BSC basierende Zielvereinbarungssystem für Anpassungen flexibel sein. Jedoch besteht die Gefahr, dass die Mitarbeitenden durch ständige Zielveränderungen die Orientierung verlieren (Fink & Heineke, 2002, S. 162).
Zeitpunkt der Integration
Damit der Fokus der Mitarbeitenden auf die strategischen Unternehmensziele gerichtet wird, empfiehlt sich die Integration der Balanced Scorecard und des Zielvereinbarungssystems unmittelbar nach der BSC-Erstellung sowie -Überarbeitung. Die BSC-Ziele müssen jedoch zuerst über Feedback-Schlaufen in Bezug auf ihre Eignung und Relevanz als Erfolgstreiber überprüft werden, bevor sie in die individuellen Zielvereinbarungen der Mitarbeitenden integriert werden können. Durch eine schnelle Integration der BSC und dem Zielvereinbarungssystem können sehr rasch Erfahrungen gesammelt und der Umgang mit der BSC erlernt werden (Fink & Heineke, 2002, S. 163). Gemäss Weber und Schäffer (2000) sollte die Anbindung der BSC mit dem Anreiz- und Vergütungssystem nicht zu früh erfolgen. Dadurch wäre der Entwicklungsprozess der BSC durch die vielen Eigeninteressen der Manager gestört. Es wird eine Wartezeit für die Integration von einem bis zwei Jahren empfohlen, nachdem die BSC umgesetzt wurde. Durch eine zu frühe Anknüpfung des Anreizsystems besteht die Gefahr, dass die BSC nicht erfolgreich bzw. zielgerichtet umgesetzt wird (S. 63-66).
Kaskadierung
Im Rahmen der Integration muss des Weiteren bestimmt werden, bis auf welche Hierarchieebene die BSC heruntergebrochen werden soll und ab welcher Stufe die BSC unmittelbar in die Zielvereinbarung übergeht (ohne vorheriges Herunterbrechen). Je nach Situation und Unternehmen kann die BSC nur auf der Gesamt-Unternehmensebene oder über alle Hierarchieebenen hinweg heruntergebrochen werden. Meistens werden die BSC-Ziele für die erste und zweite Führungsebene definiert. Die übrigen Hierarchiestufen können selber entscheiden, ob sie die BSC für die Steuerung ihres Bereichs verwenden möchten. Falls die BSC nicht weiter heruntergebrochen wird, werden individuelle (auf die BSC-Ziele abgestimmte) Ziele mit den Mitarbeitenden vereinbart (Fink & Heineke, 2002, S. 163-164).
Quellen
Literaturverzeichnis
- Fink, C. A. & Heineke, C. (2002). Die Balanced Scorecard mit dem Zielvereinbarungssystem verbinden. ZFO, Nr. 3/2002, S. 155-167.
- Kaplan, R. & Norton, D. (1997). Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
- Schwertner, K., Becker W. & Seubert, C.-M. (2004). Erfolgsgarant Balanced Scorecard. Personal Magazin, 12/2004, S. 12-15.
- Weber, J. & Schäffer, U. (2000). Balanced Scorecard & Controlling. Implementierung – Nutzen für Manager und Controller – Erfahrungen in deutschen Unternehmen (3. Aufl.). Wiesbaden: Gabler Verlag.
Weiterführende Literatur
- Speckbacher, G. & Bischof, J. (2000). Die Balanced Scorecard als innovatives Managementsystem. DBW 60, 4, S. 795-810.