Einkreis- oder Zweikreissystem: Unterschied zwischen den Versionen

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== Betriebswirtschaftlicher vs. steuerlicher Aspekt ==
== Betriebswirtschaftlicher vs. steuerlicher Aspekt ==
Durch die unterschiedlichen Funktionen der [[Verrechnungspreise#Funktionen von Verrechnungspreisen|Verrechnungspreise]] können Zielkonflikte zwischen der Steueroptimierung und der internen Steuerungsfunktion entstehen.
Die Steuerbehörden wollen die Verschiebung der Unternehmensgewinne in steuergünstigere Länder vermeiden und fordern von den internationalen Unternehmen die festgelegten Verrechnungspreise nicht zu manipulieren. Die Unternehmen sollen ihre Preise nach dem Fremdvergleichsgrundsatz (Verlinkung: Fremdvergleichsgrundsatz  Internationale Verrechnungspreise), auch genannt „Dealing at arm’s legth-Prinzip“, festlegen (Paul, 2014, S. 219). Sie vereinbaren dabei die gleichen Bedingungen zur Festsetzung der Preise, wie sie mit unabhängigen Dritten zu Marktbedingungen zustande gekommen wären (Weber & Schäffer, 2014, S. 221).
Der Zielkonflikt zwischen dem steuerlichen und dem wirtschaftlichen Zweck entsteht, weil internationale Unternehmen versuchen die steuerlichen Gestaltungsspielräume möglichst gut auszunutzen. Im Gegensatz zur Steuerbehörde beabsichtigt der Controller betriebswirtschaftlich optimal zu handeln, indem die Preise die richtigen Anreize (Verlinkung: Anreizsystem) setzen. Den Controller interessiert eine korrekte Erfolgsdarstellung. Durch Transparenz soll erkennbar sein, wer die Leistungen im Markt tatsächlich erbracht hat (Paul, 2014, S. 219-220).
Die Unternehmen müssen selbst beurteilen, ob die festgelegten Verrechnungspreise die steuerlichen oder die betriebswirtschaftlichen Aspekte berücksichtigen. Die steuerlichen Aspekte bezwecken die Optimierung der Steuern und das Einhalten der Compliance-Richtlinien. Im Gegensatz verfolgt die betriebswirtschaftliche Sicht die Kriterien der Anreizwirkung, den Erfolgsausweis und das Gesamtoptimum im Konzern (Paul, 2014, S. 223).
Die detaillierte Erhebung der Verrechnungspreise und die Herleitung der Methoden sind unter folgendem Link (Verlinkung: Methoden der Preisermittlung  Verrechnungspreise) zu finden.


== Fallstudie ==
== Fallstudie ==

Version vom 1. Dezember 2015, 20:34 Uhr

Damit die Verrechnungspreise in einem Unternehmen bestimmt werden können, muss ein Verrechnungspreissystem definiert werden. Ein Unternehmen hat bezüglich Gestaltung des Verrechnungspreissystems die Möglichkeit ein Einkreis- oder ein Zweikreissystem (auch Mehrkreissystem genannt) zu verwenden (Darkow, 2014, S. 115). Das gewählte System muss sowohl betriebswirtschaftlichen, als auch steuerlichen Anforderungen genügen (Behringer, 2014, S. 202). Bei der Festlegung entscheidet sich das Unternehmen, ob es einheitliche oder verschiedene Verrechnungspreise verwendet (Darkow, 2014, S. 115). Dabei erfüllen die Verrechnungspreise ihre Funktion zum einen auf gesamtkonzernebene und zum anderen auf der Ebene der einzelnen Konzernunternehmen (Rieke, 2015, S. 22).

Einkreissystem

Beim Einkreissystem wird ein einheitlicher Verrechnungspreis für steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Zwecke verwendet (Rieke, 2015, S. 24-25). Der Verrechnungspreis wird anhand einer Ermittlungsmethode (beispielsweise der markt- oder kostenorientierten Ermittlungsmethode) in einer einheitlichen Höhe festgesetzt. Der festgesetzte Preis wird sowohl für die internen Steuerungs- und Koordinationszwecke, wie beispielweise dem Performance Measurement und strategischen Entscheidungen, als auch für die externe Bilanzierung und Besteuerung wie Financial Reportings verwendet (Behringer, 2014, S. 203; Darkow, 2014, S. 115; Clemens, 2008, S. 297; Smolenski, 2008, S. 180-181).

Zweikreissystem

Wenn für denselben Sachverhalt verschiedene Verrechnungspreise angewendet werden, spricht man von einem Zweikreissystem (Friedl, Hofmann & Pedell, 2013, S. 575). Das heisst die Preise werden in unterschiedlicher Höhe und anhand verschiedener Ermittlungsmethoden nach ihrem Zweck festgesetzt. Es gibt einen Verrechnungspreis für steuerliche Zwecke und mindestens einen für die interne Koordination (Behringer, 2014, S. 203; Darkow, 2014, S. 116; Smolenski, 2008, S. 181).

Abgrenzung zum Thema „Duale Verrechnungspreise“

Im Zweikreissystem werden unterschiedliche Verrechnungspreise für unterschiedliche Funktionen von Verrechnungspreisen eingesetzt (Friedl, Hofmann & Pedell, 2013, S. 575). Bei der Anwendung von dualen Verrechnungspreisen werden bei innerbetrieblichen Leistungen unterschiedliche Verrechnungspreise für die liefernde und die empfangende Einheit festgelegt (Paul, 2014, S. 220; Friedl et al., 2013, S. 575).

Anwendung der Systeme

Strategie Kultur

Es gibt unterschiedliche Gründe weshalb ein Unternehmen sich für ein Einkreis- oder Zweikreissystem entscheidet. Wichtig ist, dass diese Entscheidung auf die Unternehmensstruktur und -strategie sowie die gelebte Kultur abgestimmt ist (Rieke, 2013, S. 23, 24). Der Erfolg des gewählten Verrechnungspreissystems hängt vom Verständnis der Anwender ab. Nur wer das System in der Handhabung und seinen Konsequenzen verstanden hat, ist in der Lage das System fehlerfrei zu nutzen und die korrekten Entscheidungen zu treffen (Clemens, 2008, S. 298).

Einkreissystem

Gemäss einer Studie von Ernst & Young verwenden im Jahr 2001 zirka 75% der Unternehmen ein Einkreissystem (Ernst & Young, 2001, S. 6, zit. in Rieke, 2013, S. 30). Im Jahre 2003 waren es bereits über 80% der Unternehmen (Ernst & Young, 2003). Dabei steuert bei 25% die Geschäftsstrategie die Festsetzung des Systems (S. 17). Je plausibler und transparenter ein Verrechnungspreissystem ist, desto höher ist die Akzeptanz im Unternehmen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Das Einkreissystem zeichnet sich vor allem durch Kostenersparnis und einer hohen Glaubwürdigkeit aus (Rieke, 2013, S. 26). Die Vor- und Nachteile des Einkreissystems sind:

Vorteile
  • einfacherer Aufbau des Systems
  • geringerer Aufwand zur Systempflege
  • geringere Systemkommunikation (Clemens, 2008, S. 297)
Nachteile
  • mögliche Konflikte zwischen den betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Zielen
  • durchschnittliche Berücksichtigung der verschiedenen Zielsetzungen (Darkow, 2014, S. 115)
  • falsche strategische Handlungsweisen aufgrund eines steuerlich motivierten Konzernverrechnungspreises (Clemens, 2008, S. 297)

Gemäss Dürr und Göx (2011) ist das Einkreissystem ideal für Unternehmen, welche sich in einem Markt mit wenigen Wettbewerbern und gleichen Produkten befinden (S. 271). Aufgrund der möglichen Gefahren von Bestrafungen, Doppelbesteuerungen sowie Finanz- und Reputationsschäden, bei Nichteinhaltung der Compliance-Richtlinien, entscheiden sich die meisten Unternehmen für ein Einkreissystem (Ernst & Young, 2003, 2005, zit. in Cools & Slagmulder, 2009, S. 152).

Der Entscheid zur Wahl eines Einkreissystems wird anhand dieser Fallstudie verdeutlicht.

Zweikreissystem

Der Zielkonflikt zwischen betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Zielen wird im Zweikreissystem durch die Festlegung verschiedener Verrechnungspreise umgangen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221).

Die Vor- und Nachteile des Zweikreissystems sind:

Vorteile
  • Verhinderung von Zielkonflikten zwischen der Steuergestaltungsfunktion und der Lenkungsfunktion (Behringer, 2014, S. 202-203)
  • Zielorientierte Verrechnungspreise (Clemens, 2008, S. 297)
  • weniger Fehlsteuerungen und falsche Anreize (Darkow, 2014, S. 116)
Nachteile
  • erhebliche Komplexitätssteigerung (Clemens, 2008, S. 297)
  • Zusatzaufwand für den Systemaufbau und die Systempflege (Weber & Schäffer, 2014, S. 222)
  • überproportionaler Anstieg der Kommunikationsanforderung der Verrechnungspreisverantwortlichen (Weber & Schäffer, 2014, S. 222)
  • Risiko der Nichtanerkennung der steuerlichen Verrechnungspreise durch die Finanzbehörden (Friedl et al., 2013, S. 575)

Wird neben dem steuerlich angesetzten Verrechnungspreis ein zusätzlicher Preis für die Verhaltenssteuerung festgelegt, eröffnet dies bei der Steuerung von dezentralen Unternehmen Freiheitsgrade. Das Verrechnungspreissystem kann speziell auf die im Unternehmen vorliegenden Zielkonflikte und Informationsasymmetrien ausgerichtet werden (Lengsfeld, 2005, S. 140).

Ist jedoch die Preisdifferenz zu hoch, kann dies zu einem Compliance-Problem führen. Dieses Problem entsteht, wenn im Falle einer Betriebsprüfung, bei sehr grossen Preisunterschieden zwischen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Preisen, der betriebswirtschaftliche Preis als angemessener angesehen wird. Als Folge wird der betriebswirtschaftliche Preis für steuerliche Zwecke herangezogen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Die Wahrscheinlichkeit einer Diskussion mit der Steuerverwaltung ist deshalb sehr hoch (Clemens, 2008, S. 298). Um dies zu verhindern, sollten die Preise in enger Abstimmung der verantwortlichen Abteilungen eines Unternehmens festgesetzt werden (Weber & Schäffer, 2014, S. 221-222).

Das aufwändige Verfahren des Zweikreissystems wird laut der Umfrage von Flick Gocke Schaumburg und Horváth & Partners nur von 9% der Unternehmen angewendet. Diese Unternehmen arbeiten einerseits mit einem Verrechnungspreis für die steuerlichen Zwecke, andererseits mit einem zweiten Verrechnungspreis für die interne Koordination (Horváth & Partners, online). Auch Behringer sieht in der Praxis eine geringe Relevanz der Zweikreis- oder Mehrkreissysteme (2014, S. 204). Dieser Ansicht wiedersprechen Hyde und Choe (2005) indem sie sagen, dass internationale Unternehmen sich auch dann für mehrere Verrechnungspreise entscheiden sollten, wenn sie Strafzahlungen in Kauf nehmen müssen. Denn mit mehreren Preisen können Unternehmen sowohl das Ziel der optimalen Anreizwirkung auf die Mitarbeitenden als auch das Ziel der Steuerminimierung verfolgen (S. 166). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Transferpreise von den Steuerbehörden überprüft werden ist sehr gross. Gemäss einer Umfrage sagten mehr als 60% der Unternehmen, dass ihre Transferpreise von den Steuerbehörden überprüft wurden (QUELLE)

Es gilt bei allen Formen von Verrechnungspreisen situationsspezifisch die Vor- und Nachteile abzuwägen. Denn es gibt wohl nur selten einen Verrechnungspreis der keine Nachteile aufweist (Beissel, 2005, S. 119).


Anwendungsbeispiel

Datei:Ausgangslage Anwendungsbeispiel.png
Ausgangslage: Internationale Transaktionen (Hjertberg & Pettersson, 2010, S. 24)

Auswirkungen von Verrechnungspreisen auf die steuerliche Belastung anhand eines Rechnungsbeispiels (Hjertberg & Pettersson, 2010, S. 24-26).

Beispiel 1: Nicht korrekte Preisabsprachen zwischen dem Unternehmen A und B

Unternehmen A stellt die Ware für 50.- her und verkauft diese für 100.- an Unternehmen B. Auf dem Gewinn von 50.- bezahlt das Unternehmen A (50*0.25=) 12.5 Einkommenssteuern. Das Unternehmen B verkauft die Ware für 80.- und macht dabei einen Verlust von 20.- wobei der steuerbare Gewinn um (-20*0.35=) -7 gesenkt werden kann. Kommt die Steuerbehörden in Land B dem Unternehmen auf die Schliche wird der bezahlte Preis angepasst, beispielweise auf 60.-, somit muss Unternehmen B (80-60=) 20.- Steuern nachbezahlen. Das heisst (20*0.35=) 7.-. Der gesamte Steuerbetrag von Unternehmen A und B steigt somit von (12.5-7=) 5.5 auf (12.5+7=) 19.5.

Beispiel 2: Korrekte Preisabsprachen zwischen dem Unternehmen A und B

Es wird die Annahme getroffen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz 20% von den Kosten beträgt. Dann würde das Unternehmen A die Waren für 60.- an Unternehmen B verkaufen und darauf (10*0.25=) 2.5 Einkommenssteuern bezahlen. Das Unternehmen B verkauft die Ware für 80 und bezahlt Einkommensteuern von (20*0.35=) 7. Die gesamte Steuerbelastung wäre somit (2.5+7=) 9.5 und damit um 10.- tiefer als beim Beispiel 1.

Bezug zur Praxis

Gemäss der Studie im 2015 von Flick Gocke Schaumburg und Horváth & Partners nutzen knapp 50% von 250 befragten Unternehmen Verrechnungspreise nur zur Erfüllung von steuerrechtlichen Anforderungen. Die anderen Unternehmen versuchen gleichzeitig zu den steuerlichen, auch die betriebswirtschaftlichen Anforderungen abzudecken. Das Verrechnungspreis- und das Steuerungskonzept beeinflussen sich aber in beiden Fällen gegenseitig (Horváth & Partners, online).

In der Praxis treten oftmals Mischformen der Einkreis- und Zweikreissysteme auf. Durch die Anwendung beider Systeme können die Vorteile miteinander verbunden werden (Kleindienst, Stoffels & Weber, 2004, S. 26, zit. in Darkow, 2014, S. 117).

Betriebswirtschaftlicher vs. steuerlicher Aspekt

Durch die unterschiedlichen Funktionen der Verrechnungspreise können Zielkonflikte zwischen der Steueroptimierung und der internen Steuerungsfunktion entstehen.

Die Steuerbehörden wollen die Verschiebung der Unternehmensgewinne in steuergünstigere Länder vermeiden und fordern von den internationalen Unternehmen die festgelegten Verrechnungspreise nicht zu manipulieren. Die Unternehmen sollen ihre Preise nach dem Fremdvergleichsgrundsatz (Verlinkung: Fremdvergleichsgrundsatz  Internationale Verrechnungspreise), auch genannt „Dealing at arm’s legth-Prinzip“, festlegen (Paul, 2014, S. 219). Sie vereinbaren dabei die gleichen Bedingungen zur Festsetzung der Preise, wie sie mit unabhängigen Dritten zu Marktbedingungen zustande gekommen wären (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Der Zielkonflikt zwischen dem steuerlichen und dem wirtschaftlichen Zweck entsteht, weil internationale Unternehmen versuchen die steuerlichen Gestaltungsspielräume möglichst gut auszunutzen. Im Gegensatz zur Steuerbehörde beabsichtigt der Controller betriebswirtschaftlich optimal zu handeln, indem die Preise die richtigen Anreize (Verlinkung: Anreizsystem) setzen. Den Controller interessiert eine korrekte Erfolgsdarstellung. Durch Transparenz soll erkennbar sein, wer die Leistungen im Markt tatsächlich erbracht hat (Paul, 2014, S. 219-220). Die Unternehmen müssen selbst beurteilen, ob die festgelegten Verrechnungspreise die steuerlichen oder die betriebswirtschaftlichen Aspekte berücksichtigen. Die steuerlichen Aspekte bezwecken die Optimierung der Steuern und das Einhalten der Compliance-Richtlinien. Im Gegensatz verfolgt die betriebswirtschaftliche Sicht die Kriterien der Anreizwirkung, den Erfolgsausweis und das Gesamtoptimum im Konzern (Paul, 2014, S. 223). Die detaillierte Erhebung der Verrechnungspreise und die Herleitung der Methoden sind unter folgendem Link (Verlinkung: Methoden der Preisermittlung  Verrechnungspreise) zu finden.

Fallstudie

Quellen

Literaturverzeichnis

Weiterführende Literatur

  • Ernst & Young. (2003). Transfer Pricing 2003 Global Survey. EYGM Limited.

Autoren

Tanja Tobler, Ramona Valentin, Janine Züsli