Vertikale Integration: Unterschied zwischen den Versionen

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* '''Mangelende Kapazitätsauslastung'''
* '''Mangelende Kapazitätsauslastung'''
Unterschiedliche Wertschöpfungsstufen verzeichnen vermehrt unterschiedlich effiziente Betriebsgrössen. Die überschüssigen Outputs müssen extern verkauft und die nicht gedeckten Inputs der einzelnen Stufen eingekauft werden. Ziel ist die Angleichung der Produktionskapazitäten der vor- und nachgelagerten Fertigungs- und Absatzstufen (Wingert, 1997, S. 139).
Unterschiedliche Wertschöpfungsstufen verzeichnen vermehrt unterschiedlich effiziente Betriebsgrössen. Die überschüssigen Outputs müssen extern verkauft und die nicht gedeckten Inputs der einzelnen Stufen eingekauft werden. Ziel ist die Angleichung der Produktionskapazitäten der vor- und nachgelagerten Fertigungs- und Absatzstufen (Wingert, 1997, S. 139; Porter, 2013, S. 389).


* '''Tiefere Skaleneffekte und Spezialisierungsverluste'''
* '''Tiefere Skaleneffekte und Spezialisierungsverluste'''

Version vom 5. März 2016, 11:56 Uhr

Geprüft: Positiv beurteilt

Unter vertikaler Integration versteht man einen unternehmerischen Zusammenschluss aller Aktivitäten von der Rohstoffgewinnung bis hin zum Verkauf an die Endkunden (Abplanalp & Lombriser, 2010, S. 323-324). Dabei findet eine Kombination von zwei oder mehr Produktions- oder/und Distributionsstufen in der Wertschöpfungskette, die der gleichen rechtlichen Einheit angehören, statt (Buzzell, 1983). Ziel ist die Optimierung der Wertschöpfungskette und der Lieferkette eines Unternehmens. Die vertikale Integration beschäftigt sich somit mit dem Verschmelzen bisher unabhängiger Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. Zudem existiert neben der vertikalen Integration die horizontale Integration, welche sich auf die komplementäre Wertschöpfungsstufe fokussiert (Hoitsch, 1993, S. 145).

Arten der vertikalen Integration

Strategie
Datei:Optionen einer verbundenen Diversifikation für einen Hersteller.jpg
Abb. 1: Optionen einer verbundenen Diversifikation für einen Hersteller (in Anlehnung an Johnson, Scholes & Whittington, 2011, S. 331)

Die Unternehmensstrategie stellt die Grundlage der vertikalen Integration dar. Davon abgeleitet weitet ein Unternehmen ihr Produkt- und Leistungsprogramm resp. seine Geschäftstätigkeit über bestehende Märkte und Produkte aus oder reduziert die vertikale Integration. Dabei kann sich die Unternehmung auf bestehende Fähigkeiten oder Wertschöpfungsaktivitäten stützen (Abplanalp & Lombriser, 2010, S. 309-310). Abbildung 1 zeigt die vertikale und die horizontale Integration grafisch auf. Die vertikale Integration bezieht sich auf die angrenzenden Aktivitäten der Wertschöpfungskette. Dabei können die Vorwärtsintegration und die Rückwärtsintegration unterschieden werden. Im Gegensatz dazu bezieht sich die horizontale Integration auf komplementäre Wertschöpfungsstufen (Hoitsch, 1993, S. 145).

Rückwärtsintegration

Bei der Rückwärtsintegration weitet eine Unternehmung die Geschäftstätigkeiten um eine oder mehrere vorgelagerte Fertigungsstufen aus (Hoitsch, 1993, S. 145). Die Rückwärtsintegration (backward integration) konzentriert sich auf die Input-Seite der Wertschöpfungskette einer Unternehmung. Beispielsweise kauft ein Automobilhersteller die vorgelagerte Stufe Zulieferer von Einzelteilen auf (siehe dazu Abbildung 2). Dies kann als verbundene Diversifikation durch Rückwärtsintegration bezeichnet werden (Johnson, Scholes & Whittington, 2011, S. 330).

Vorwärtsintegration

Bei der Vorwärtsintegration weitet eine Unternehmung seine Aktivitäten um eine oder mehrere nachgelagerte Wertschöpfungsstufen aus (Hoitsch, 1993, S. 145). Die Vorwärtsintegration (forward integration) fokussiert sich auf die Output-Seite der Wertschöpfungskette. Beispielsweise weitet der Automobilhersteller sein Geschäftsfeld auf Automobilhändler aus (siehe dazu Abbildung 2) (Johnson, Scholes & Whittington, 2011, S. 330).

Abb. 2: Rückwärts- und Vorwärtsintegration am Beispiel eines Automobilherstellers (in Anlehnung an Johnson, Scholes & Whittington, 2011, S. 331)

Grad der vertikalen Integration

Ein Unternehmen kann verschieden stark vertikal integriert sein. Je nach Anzahl der in der Wertschöpfungskette selbst ausgeführter Schritte variiert die Stärke der Integration (Harrigan, 1983, S. 30). Je mehr dieser Schritte übernommen werden, desto höher ist die Wertschöpfungstiefe. Mit der Übernahme von vor- und nachgelagerten Stufen der Produktion wird der Integrationsgrad erhöht (Schierenbeck & Wöhle, 2012, S. 50).

Der vertikale Integrationsgrad basiert in der Praxis vielfach auf der Wertschöpfungsquote. Diese Verhältniskennzahl setzt die Wertschöpfung dem Umsatz bzw. der Gesamtleistung gegenüber. Die Wertschöpfung berechnet sich aus dem Umsatz, korrigiert um die Bestandsveränderungen an Erzeugnissen, abzüglich der Vorleistungen für Materialien und Handelswaren. Der Integrationsgrad, die Leistungstiefe und die Wertschöpfungstiefe können somit als Synonym verwendet werden (Schierenbeck & Wöhle, 2012, S. 50).


Integrationsgrad = [math]\displaystyle{ \frac{Wertschöpfung(Umsatz-Einkäufe)}{Umsatz} }[/math]


Bei der Berechnung des Integrationsgrades wird also die Wertschöpfung dem Umsatz gegenübergestellt. Es resultiert eine Masszahl zwischen 0 und 1. Liegt das Resultat näher bei 1, so spricht man von einem hohen Grad vertikaler Integration. Resultiert eine Masszahl mit Tendenz gegen 0, ist die Wertschöpfungstiefe gering. Die Konstruktion dieser Masszahl ist jedoch problematisch. Nicht nur eine veränderte Fertigungstiefe wirkt auf sie ein, sondern auch Veränderungen der Beschaffungs- und Absatzpreise. Diese sagen jedoch nichts über den Grad der vertikalen Integration aus (Adam, 1998, S. 198; Buzzell, 1983, S.95).

Der Grad der vertikalen Integration ist von der Fertigungstiefe abzugrenzen. Während sich die Fertigungstiefe ausschliesslich auf den Fertigungsprozess bezieht, gehören bei der vertikalen Integration auch die der Fertigungsstufe vorgelagerten Prozessschritte dazu (z. B. die Phase der Forschung und Entwicklung (Nebl, 2011, S. 60).

Stufen der vertikalen Integration

Struktur

In Abhängigkeit des Integrationsgrades unterscheidet die Praxis vier Stufen der Integration, die in Abbildung 3 dargestellt sind. Der Begriff der vertikalen Integration wird nicht nur für die volle Unternehmensintegration verwendet, sondern beinhaltet alle Integrationsstufen. Die Grenzen der Stufen der Integration verlaufen fliessend (Adam, 1998, S. 200).

Abb. 3: Integrationsstufen (In Anlehnung an Harrigan, 1983, S. 31-32)
  • Volle Integration

Die volle Integration ist die höchstmögliche Integrationsstufe. Die nachgelagerte Stufe übernimmt den ganzen Produktionsumfang der vorgelagerten Stufe oder umgekehrt. Des Weiteren unterliegen beide Produktionsstufen meistens einer einheitlichen Eigentumsstruktur (Grant & Nippa, 2006, S. 492). Grundsätzlich herrscht vollkommene Integration, wenn die Massgrösse vertikaler Integration einen Wert von mehr als 0.85 annimmt. In Marktwirtschaften ist die vollkommene Integration eher selten (Adam, 1998, S.199).

  • Partielle Integration

Die partielle Integration definiert den Zukauf von Rohstoffen, Bauteilen und Komponenten von Dritten für die nachgelagerte Stufe, da die eigene Produktion nicht ausreicht. Die Massgrösse weist mittlere Ausprägungen auf (Grant & Nippa, 2006, S. 492). Die Marktmacht gegenüber den Zulieferern bleibt dem Unternehmen erhalten. Hier sind langfristige Verträge, Kooperationen und Gemeinschaftsunternehmen als Organisationsformen vorzufinden (Adam, 1998, S. 200).

  • Quasi-Integration

Bei der Quasi-Integration bezieht das Unternehmen einen Grossteil der Wertschöpfung von externen Lieferanten. Der Integrationsgrad ist entsprechend tief. Allerdings besitzt das Unternehmen über eine derart dominierende Marktmacht, dass es die Bedingungen massgeblich beeinflussen kann. Somit ist der Einfluss auf den externen Vertragspartner „quasi“ genauso hoch, als würde dieser zum eigenen Unternehmen gehören (Adam, 1998, S. 210).

  • Verträge

Von Verträgen ist die Rede, wenn der Integrationsgrad hin zu Null tendiert und eine Unternehmung somit keine eigene Wertschöpfung generiert. Die Verträge weisen eine mit der Quasi-Integration vergleichbar geringe Massgrösse der Wertschöpfung auf. Auch hier werden viele Komponenten von Dritten eingekauft. Allerdings fehlt die Marktposition des Unternehmens, weshalb hier Verträge die Grundlagen der Zusammenarbeit regeln (Adam, 1998, S. 200).

Als Alternative zur vertikalen Integration wählen Unternehmungen oft strategische Allianzen. Mit einer Unternehmung der vor- oder nachgelagerten Fertigungsstufe wird eine Kooperation resp. eine enge Partnerschaft eingegangen. Jedes Unternehmen konzentriet sich weiterhin auf seine Kernkompetenzen. Ein Joint Venture stellt eine weitere Alternative zur vertikalen Integration dar (Bronder & Pritzl, 1992, S. 17-18).

Vor- und Nachteile der vertikalen Integration

Strategie

Mit der vertikalen Integration erhofft sich ein Unternehmen mehr oder weniger Mehrwert zu schaffen. Die bestehenden Ressourcen und Fähigkeiten können die Unternehmung auf neue Märkte, Produkte oder Dienstleistungen übertragen. Die Steigerung der Effizienz und Synergien sind willkommene Nebeneffekte. Die Verbundenheit eröffnet Chancen, birgt gleichzeitig aber auch Risiken. Rund um die vertikale Integration zählt die Literatur Vorteile, Nutzen oder Chancen sowie Nachteile, Kosten und Risiken auf (Wingert, 1997, S. 139-140).

Vorteile der vertikalen Integration

Die Vorteile einer hohen vertikalen Integration umfassen folgende Aspekte:

  • Kosteneinsparungen innerhalb der Wertschöpfungskette

Die Integration der vor- und nachgelagerten Stufen des Wertschöpfungssystems ermöglichen Kosteneinsparungen (Koch, 2011, S. 26). In der vorgelagerten Stufe entfallen Vertriebs-, Werbe- und Marktforschungskosten, während in der nachgelagerten Stufe die Kosten für den Einkauf eingespart werden können (Wingert, 1997, S. 138). Zudem fallen die Kosten für das Aushandeln und Überwachen von Verträgen mit Partnern weg (Schumann, Meyer & Ströbele, 2011, S. 29).  

  • Verbesserte Kompetenzen in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Technologie

Die Unternehmung profitiert vom erleichterten Zugang zu wichtigen Marktinformationen. Die vertikale Integration ermöglicht es auch, neue Kenntnisse über Technologien der vor- oder nachgelagerten Geschäftseinheit zu erlangen. Diese können für den Erfolg des eigentlichen Kerngeschäfts von grosser Bedeutung sein (Wingert, 1997, S. 138).

  • Vorteile bezüglich Produktdifferenzierung

Eine erhöhte Qualität oder kundenorientierte Leistung differenziert die Unternehmung von seinen Mitbewerbern und eröffnet somit bessere Vermarktungsmöglichkeiten (Wingert, 1997, S. 138; Harrigan, 1984, S. 639).

  • Sicherstellung der Produktion

Durch Rückwärtsintegration kann sichergestellt werden, dass Komponenten mit Schlüsselfunktion stets verfügbar sind (Buzzell, 1983, S. 93).

  • Verbesserte Koordination

Vertikale Integration ermöglicht die verbesserte Koordination von Produktions- und Bestandesplanung. Beispielsweise können die Kosten für Vorratsbestände reduziert werden (Harrigan, 1984, S. 639).  

Nachteile der vertikalen Integration

Den Vorteilen stehen folgende Nachteile gegenüber, welche durch die neuen Beziehungen innerhalb der Wertschöpfungskette entstehen:

  • Mangelnde Flexibilität

Die Abhängigkeit von den eingesetzten Technologien, den Verfahren und vom Know-how in den einzelnen Wertschöpfungsstufen verringert die Flexibilität der Unternehmung (Mitzkat, 1996, S. 24; Wingert, 1997, S. 139).

  • Mangelende Kapazitätsauslastung

Unterschiedliche Wertschöpfungsstufen verzeichnen vermehrt unterschiedlich effiziente Betriebsgrössen. Die überschüssigen Outputs müssen extern verkauft und die nicht gedeckten Inputs der einzelnen Stufen eingekauft werden. Ziel ist die Angleichung der Produktionskapazitäten der vor- und nachgelagerten Fertigungs- und Absatzstufen (Wingert, 1997, S. 139; Porter, 2013, S. 389).

  • Tiefere Skaleneffekte und Spezialisierungsverluste

Die Kostenvorteile, die ein unabhängiges vor- oder rückgelagertes Unternehmen zuvor durch Spezialisierung erzielen konnte, können durch eine vertikale Integration verringert werden oder sogar entfallen. Neu muss die Produktionsmenge auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgerichtet werden und es entstehen Zielkonflikte (Buzzell, 1983, S. 94).

  • Versperrter Zugang zur Forschung oder zum Know-how von Kunden

Sobald sich ein Unternehmen dafür entscheidet vertikal zu integrieren, werden aus bisherigen Geschäftspartner Konkurrenten. Als Folge wird dem Unternehmen oftmals der Zugang zu Informationen aus der Forschung und zum Know-How der Kunden versperrt. Insbesondere in Märkten mit zahlreichen unabhängigen Lieferanten oder Kunden, welche in grossem Masse Forschung betreiben oder über spezielles, schwer nachzuahmendes Know-how verfügen, ist ein Ausschluss vom Zugang zu Technologien besonders riskant (Porter, 2013, S. 389).  

  • Erhöhter Bedarf an Kapitalinvestitionen

Eine Integration kostet Geld. Dieses Geld kann aus der unternehmenseigenen Tätigkeit oder von externen Kapitalgebern stammen. Das investierte Kapital muss eine bestimmte Rendite abwerfen, sei dies in Form von Zinsen (Fremdkapital und Eigenkapital) oder durch das Decken von Opportunitätskosten (Porter, 2013, S. 388).


Die vertikale Integration generiert für das integrierte Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil in Form eines höheren Preises, tieferen Produktionskosten oder kleinerem Risiko gegenüber einem nicht-integrierten Mitbewerber. Entscheidet sich ein Unternehmen für die vertikale Integration, werden aus bisherigen Geschäftspartner Konkurrenten. Als Folge wird dem Unternehmen oftmals der Zugang zu Informationen aus der Forschung und zum Know-How der Kunden versperrt (Porter, 2013, S. 384-389).

Entscheidungskriterien der vertikalen Integration

Durch die zunehmende Globalisierung steigt in vielen Wirtschaftszweigen der Kostendruck. Neue Technologien haben im letzten Jahrzehnt zu einer verstärkten Integration der Vertriebsprozesse und somit zur vermehrten vertikalen Integration beigetragen (Koch, 2006, S. 237-239). Der Entscheid zur vertikalen Integration basiert auf verschiedenen Analysen und Folgerungen:

Beurteilung Lieferantenstruktur. Eine vertikale Integration ist wünschenswert resp. zwingend, wenn der Markt über ungenügend qualifizierte Lieferanten verfügt (Abplanalp & Lombriser, 2010, S. 324-325). Zur Sicherstellung der Quantität integrierte beispielsweise die Lonza AG die Stromproduktion in ihre Geschäftstätigkeit. Hierbei handelte es sich um eine Rückwärtsintegration. Aufgrund der fehlenden Stromkapazitäten hat die LONZA AG beim Aufbau des Chemiewerkes in Visp massiv in die lokale Stromproduktion investiert und somit gezwungenermassen eine Rückwärtsintegration aufgebaut (Wyer, 2008, S. 109-112).

Strategische Relevanz. Erweist sich eine Teilkomponente als bedeutender Erfolgsfaktor, entscheiden sich die Unternehmen vermehrt für die Eigenerstellung. Die Überlegungen dahinter sind von strategischer Bedeutung und ermöglichen eine Differenzierung (Abplanalp & Lombriser, 2010, S. 324-325). TESLA produziert beispielsweise die Batterien für ihre Elektrofahrzeuge selber. Tesla gilt heute als Marktführer im Bereich der Batterieentwicklung für den Mobilitätsbereich. Diese Sonderstellung ermöglicht es der Unternehmung auch in benachbarte Märkte einzusteigen und somit das Potential in ganzer Breite zu nutzen (Vezzini, 2009, S. 1-4).

Eigenerstellung vs. Fremdbezug (Make or buy). Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob die Eigenerstellung oder der Fremdbezug wirtschaftlicher ist. Fokussiert sich ein Unternehmen auf die Eigenerstellung, strebt der vertikale Integrationsgrad gegen eins. Je höher der Integrationsgrad, desto weniger bezieht die Unternehmung fremd. Entgegengesetz tendiert der vertikale Integrationsgrad mit zunehmendem Fremdbezug gegen null. Durch den wachsenden Anteil der zugekauften Komponenten und Leistungen einer vor- oder nachgelagerten Produktionsstufe sinkt die Wertschöpfung der Unternehmung und somit der Integrationsgrad (Wingert, 1997, S. 140-141).

Vertikale Integration von Finanzprozessen (Controllingprozessen)

Finanzprozesse können ebenfalls sowohl vertikal als auch horizontal integriert werden. Wie die Abbildung 4 aufzeigt, ist von einer horizontalen Integration die Rede, wenn eine Unternehmung verschiedene Finanztätigkeiten (Accounting, Controlling etc.) der gleichen Stufe konzentriert. Die vertikale Integration hingegen beschreibt die Zentralisierung von gleichen Controllingprozessen von dezentralen zu zentralen Einheiten (Krüger, 2006, S. 81). Je mehr Aufgaben die Unternehmung zentralisiert, umso grösser ist der Integrationsgrad. Zentrale Einheiten stellen Shared Service Center dar (Organisation des Controlling: Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven, S. 264).

Abb. 4: Vertikale und horizontale Integration (In Anlehnung an Hofmann & Munz, 2007, S. 264)

Ein Shared Service Center fasst nicht nur verschiedene Prozesse zusammen, oft können dabei Finanzdienstleistungen verschiedener Gruppen bzw. Standorte zusammengefasst werden. Dabei resultieren Kostenvorteile, welche den Anstoss zur Schaffung eines Shared Service Centers darstellen. Ein Shared Service Center generiert Kompetenz-, Kosten-, und Qualitätsvorteile (Butwschal, Buck & Rau, 2012, S. 63). Zudem lassen sich verschiedene Prozesse in einem Shared Service Center integrieren. Insbesondere das Management-Reporting und die Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung eignen sich für eine Integration. Operative und strategische Planungsprozesse eignen sich weniger für ein Shared Service Center (KPMG, Shared Services für Controlling-Prozesse, S. 24). Ein Shared Service Center definiert seine Aufgaben und Kompetenzen und grenzt diese klar ab. Schimank & Strobel (2002) weisen darauf hin, dass ein Shared Service Center das Aufgabengebiet der Unternehmensführung, der dezentralen Einheit und des Shared Service Center bei einer Einführung neu definieren muss (S. 14). Der Entscheidungsbaum in Abbildung 5 erleichtert die Aufgabenzuordnung.


Eine folgende Aufgabenverteilung ist denkbar (S.14):

  • Konzernführung

Jene Aufgaben, die unmittelbar die Konzernleitung betreffen (Konzerncontrolling, Revisionsabteilung, strategischer Einkauf etc.).

  • Shared Service Center

Aufgaben, welche standardisiert werden können und geschäftsübergreifend sind (Finanz- und Rechnungswesen etc.).

  • Dezentrale Einheit

Alle Aufgaben, die spezifisch einer Einheit dienen.


Datei:Entscheidungsbaum für Zuordnung von Funktionen.jpg
Abb. 5: Entscheidungsbaum für Zuordnung von Funktionen (In Anlehnung an Schimank & Strobl, 2002, S. 14)



Shared service Center lassen sich in zwei Typen unterscheiden:

  • Center of Scale

Center of Scale sind transaktionsbezogen. Sie führen repetitive, einfache und standardisierte Prozesse aus. Tätigkeiten mit einer hohen Prozessreife und einer geringen Komplexität eignen sich besonders gut (Gschmack & Weber, 2012, S. 47). Center of Scale entstehen meist aufgrund von Kostensenkungsmassnahmen und haben somit die Realisierung von Economies of Scale als Ziel. Typische Controllingaktivitäten sind beispielsweise Reportingaufgaben, Koordination und Abstimmung von Abschlüssen oder Bereitstellung und Zusammenfassung von Planungsrechnungen (Michel, 2007, S. 282).

  • Center of Expertise

Center of Expertise sind expertisebasiert. Sie vereinen variierende Prozesse und komplexe Tätigkeiten, welche eine Basis für Unternehmensentscheide schaffen. Dies erhöht somit den Qualitätsstandard für sämtliche Einheiten (Gschmack & Weber, 2012, S. 47). Beispiele für Center of Expertise im Controlling sind Investionts-Controlling, Transfer Pricing oder Planungssimulationsrechnungen (Michel, 2007, S. 283).


Vertikale Integration in der Praxis

Kultur

Die vertikale Integration im Bereich der Mobilität mit Elektrofahrzeugen ermöglicht die technologischen Unsicherheiten in Schlüsselkomponenten zu integrieren. Diese Geschäftsmodelle versprechen eine Möglichkeit zur Zweitverwendung und eine breitere Akzeptanz eines Produktes oder einer Dienstleistung. Die Unternehmungen beabsichtigten mit den gegeben Ressourcen einen höheren Kundennutzen zu schaffen (Birke, Möhrstädt, Keller & Schiemann, 2009, S. 16-17).

Die Batterietechnologie bzw. die Traktionsbatterie stellt einen zentralen Prozessschritt der Wertschöpfungskette für Tesla dar. Elemente wie Speicherkapazität, Ladedauer, Energiedichte oder Material- und Fertigungskosten beeinflussen das Fahrzeugkonzept resp. den Preis. Das eigene Batteriesystem von Tesla ermöglicht mit einem 450 kg schweren Batteriesystem eine Reichweite von 350 km zurückzulegen. Dies unter Annahme einer moderaten Fahrweise. Tesla integrierte somit rückwärts. Zudem schafft Tesla mit Hilfe der Vorwärtsintegration eine breitere Akzeptanz der Kunden. Das Risiko einer unsicheren Batterielebensdauer lässt sich mit Hilfe eines Leasingangebots auf mehrere Vertragsnehmer verteilen (Kampker, Schnettler & Vallée, 2013, S. 105-110).

Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Abplanalp, P. A. & Lombriser, R. (2010). Strategisches Management. Visionen entwickeln – Erfolgspotenziale aufbauen – Strategien umsetzen (5. Aufl.). Zürich: Versus.
  • Adam, D. (1998). Produktions-Management (9. Aufl.). Wiesbaden: Springer.
  • Albers, S. & Peters, K. (1997). Die Wertschöpfungskette des Handels im Zeitalter des Electronic Commerce. Marketing-Zeitschrift für Forschung und Praxis, 19, S. 69-80.
  • Birke, P., Möhrstädt, U., Keller, M. & Schiemann, M. (2009). Lithium-Ionen-Batterie – Entwicklung für Hybrid- und Elektrofahrzeuge. ATZelektronik, März, Volume 4, Issue 2, S. 16-23.
  • Bronder, C. & Pritzl, R. (1992). Wegweiser für Strategische Allianzen. Meilen- und Stolpersteine bei Kooperationen. Wiesbaden: Gabler.
  • Butschal, C., Buck, S. & Rau, T. (2012). Effizienzsteigerung durch Prozess-Controlling im Shared Service Center. Zeitschrift für Controlling & Management, 56.3, S. 63-68.
  • Buzzell, R. D. (1983). Is vertical integration profitable? Harvard Business Review, January-February 1983, S. 92-102.
  • Grant, R. M. & Nippa, M. (2006). Strategisches Management. Analyse, Entwicklung und Implementierung von Unternehmensstrategien (5. Aufl.). München: Pearson Studium.
  • Gschmak, S. & Weber, J. (2012). Zentralisierung von Unterstützungsprozessen: Shared Service Center für finanznahe Funktionen. Zeitschrift für Controlling & Management, 56.3. S. 44-51.
  • Harrigan, K. R. (1983). A framework for looking at vertical integration. Journal of Business Strategy, 1986, S. 30-37.
  • Harrigan, K. R. (1984). Formulating Vertical Integration Strategies. The Academy of Management Review, Vol. 9, No. 4, S. 638-652.
  • Hofmann, N. & Munz, S. (2007). Die CFO-Organisation im Umbruch - Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen. In: R. Gleich & U. Michel (Hrsg.). Organisation des Controlling. Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven (S. 241-268). Freiburg: Haufe.
  • Hoitsch, H. (1993). Produktionswirtschaft (2. Aufl.). München: Vahlen.
  • Johnson, G., Scholes, K. & Whittington R. (2011). Strategisches Management. Eine Einführung: Analyse, Entscheidung und Umsetzung (9. aktualisierte Aufl.). München: Pearson Education Deutschland GmbH.
  • Kampker, A., Schnettler, A. & Vallée D. (Hrsg.). (2013). Elektromobilität. Grundlagen einer Zukunftstechnologie. Heidelberg: Springer.
  • Koch, W. (2011). Zur Wertschöpfungstiefe von Unternehmen. Die strategische Logik der Integration (9. Aufl.). Wiesbaden: GWV.
  • KPMG AG. (2013). Shared Services für Controlling-Prozesse. Ergebnis einer empirischen Erhebung zu Status quo und Perspektiven. Düsseldorf & St. Gallen.
  • Krüger, W. (2006). Kernkompetenzbeiträge und Rollen von Shared-Service-Centern im strategiefokussierten Konzern. In: F. Keuper & C. Oecking (Hrsg.). Corporate Shared Services. Bereitstellung von Dienstleistungen im Konzern (S. 76–96). Wiesbaden: GWV.
  • Leschke, M. & Pies, I. (Hrsg.). (2001). Oliver Williamsons Organisationsökonomie. Konzepte der Gesellschaftstheorie. Tübingen: Mohr Siebeck.
  • Michel, U. (2007). Shared Services als Organisationsform für das Controlling. In: R. Gleich & U. Michel (Hrsg.). Organisation des Controlling. Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven (S. 269-294). Freiburg: Haufe.
  • Mitzkat, M. (1996). Kaufverhaltenorientierte Gestaltung der Fertigungstiefe. Wiesbaden: Gabler Verlag/Deutscher Universitäts-Verlag.
  • Nebl, T. (2011). Produktionswirtschaft. München: Oldenbourg.
  • Picot, A. & Reichwald, R. (1994). Auflösung der Unternehmung?. Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 5, S. 547-570.
  • Porter, M. E. (2013). Wettbewerbsstrategien. Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten (12. Aufl.). Frankfurt: Campus.
  • Schierenbeck, H. & Wöhle C. B. (2012). Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre (18. Aufl.). München: Odelbourg.
  • Schimank, C. & Strobl, G. (2002). Controlling in Shared Services. In R. Gleich, K. Möller, W. Seidenschwarz & R. Stoi (Hrsg.). Controlling Fortschritte (S. 283-301). München: Verlag Vahlen.
  • Schumann, J., Meyer, U. & Ströbele, W. (2011). Grundzüge der mikroökonomischen Theorie (9. Aufl.). Heidelberg: Springer.
  • Wicharz, R. (2012). Strategie: Ausrichtung von Unternehmen auf die Erfolgslogik ihrer Industrie. Unternehmensstrategie – Geschäftsfeldstrategie – Konzernstrategie. Wiesbaden: Springer.
  • Wingert, G. M. (1997). Wettbewerbsvorteile durch Lieferantenintegration. Strategische und operative Gestaltung des Wertschöpfungssystems in der Elektronikindustrie. Wiesbaden: Gabler Vieweg Westdeutscher.
  • Wyer, H. (2008). Die Nutzung der Wasserkraft im Wallis. Geschichte – Recht – Heimfall. Visp: Rotten.
  • Vezzini, A. (2009). Lithiumionen-Batterien als Speicher für Elektrofahrzeuge. Teil 2: Technischer Einsatz in Elektro- und Hybridfahrzeugen. Bulletin SEV, AES 6, S. 1 -8.

Weiterführende Literatur

  • Bandyk, C. (1988). Vertikale Integration als wettbewerbspolitisches Problem. St. Gallen: Hochschule St. Gallen.
  • Schumacher, T. (2011). Vertikale Integration im Erdgasmarkt. Eine industrieökonomische Betrachtung. Wiesbaden: Gabler.
  • Wrona, T. (2013). Globalisierung und Strategien der vertikalen Integration. Analyse – empirische Befunde – Gestaltungsoptionen. Berlin: Springer.

Autoren

Marco Agner, Romaine Amacker, Michael Graf, Stephanie Haas