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Die Earned Value Analyse (EVA), auch Earned Value Methode, Ertragswertanalyse, Leistungswertanalyse oder Arbeitswertanalyse genannt, ist ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument im [[Projektcontrolling]]. Das Ziel ist es, den voraussichtlichen Endtermin sowie die voraussichtlichen Gesamtkosten eines Projekts zu ermitteln und daraus Kostenabweichungen (Cost Variance) und Zeitabweichungen (Schedule Variance) zu berechnen (Drews & Hillebrand, 2007, S. 232). Die Earned Value Analyse wird zu verschiedenen Zeitpunkten während eines Projekts durchgeführt und trägt damit zur Steuerung von Projekten und zur Verringerung von Abweichungen bei (Becker & Kunz, 2009, S. 419). | Die Earned Value Analyse (EVA), auch Earned Value Methode, Ertragswertanalyse, Leistungswertanalyse oder Arbeitswertanalyse genannt, ist ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument im [[Projektcontrolling]]. Das Ziel ist es, den voraussichtlichen Endtermin sowie die voraussichtlichen Gesamtkosten eines Projekts zu ermitteln und daraus Kostenabweichungen (Cost Variance) und Zeitabweichungen (Schedule Variance) zu berechnen (Drews & Hillebrand, 2007, S. 232). Die Earned Value Analyse wird zu verschiedenen Zeitpunkten während eines Projekts durchgeführt und trägt damit zur Steuerung von Projekten und zur Verringerung von Abweichungen bei (Becker & Kunz, 2009, S. 419). | ||
Version vom 25. November 2020, 12:50 Uhr
Die Earned Value Analyse (EVA), auch Earned Value Methode, Ertragswertanalyse, Leistungswertanalyse oder Arbeitswertanalyse genannt, ist ein in der Praxis weit verbreitetes Instrument im Projektcontrolling. Das Ziel ist es, den voraussichtlichen Endtermin sowie die voraussichtlichen Gesamtkosten eines Projekts zu ermitteln und daraus Kostenabweichungen (Cost Variance) und Zeitabweichungen (Schedule Variance) zu berechnen (Drews & Hillebrand, 2007, S. 232). Die Earned Value Analyse wird zu verschiedenen Zeitpunkten während eines Projekts durchgeführt und trägt damit zur Steuerung von Projekten und zur Verringerung von Abweichungen bei (Becker & Kunz, 2009, S. 419).
Überblick
Projekte verlaufen fast nie wie geplant, deshalb ist es wichtig, dass alle in einem Projekt involvierten Parteien Kenntnis und Überblick über die aktuelle Situation haben und diese entsprechend bewerten und einschätzen können (Meyer & Reher, 2016, S. 216). Um Projekte auf Kurs zu halten und allenfalls entsprechende Anpassungen vorzunehmen, ist das Projektcontrolling, als integraler Bestandteil eines jeden Projekts, unabdingbar (Becker, Daniel & Hofmann, 2007, S. 165). Es gibt verschiedene Projektcontrolling-Ansätze. Die Earned Value Analyse ist ein weit verbreitetes Verfahren, welches im Projektcontrolling angewendet wird. Ein wesentlicher Vorteil an dieser Methode ist, dass sie die drei Dimensionen des Magischen Dreiecks des Projektmanagements (Abb. 1) gleichermassen misst und Vorhersagen gemacht werden können. Dies ist im Multiprojektcontrolling von hoher Relevanz, weil bei jedem Projekt zwischen den drei Dimensionen Zeit, Qualität und Budget (Kosten) Zielkonflikte herrschen. Möchte in einem Projekt Zeit gewonnen werden, steigen die Kosten oder die Qualität leidet. Will die Qualität erhöht werden, braucht es dafür mehr Zeit, mehr Geld oder beides (Fiedler, 2020, S. 6). Zudem können mit Hilfe der Earned Value Analyse auch die darunter liegenden Teilprojekte eines grossen Projekts separat analysiert werden (Zirkler, Nobach, Hofmann & Behrens, 2019, S. 68-69).
Die Earned Value Analyse misst nicht nur die absoluten Kostengrössen, sondern stellt diese auch relativ dem Fertigstellungsgrad gegenüber. Sie wird während der Realisierung eines Projekts mehrmals durchgeführt, um den Überblick zu behalten und allenfalls notwenige Massnahmen ergreifen zu können.
Voraussetzungen
Gemäss Jenny (ohne Datum; 2019) sind folgende Voraussetzungen zwingend, um eine Earned Value Analyse durchführen zu können. (S. 407):
- Es muss eine detaillierte Planung existieren.
- Die Planung muss regelmässig kontrolliert und angepasst werden.
- Zeit und Leistung wird laufend von den Projektmitarbeitern rapportiert.
- Geeignete Tools zur Rapportierung und Planung sind vorhanden, um den Earned Value und andere Werte direkt ausrechnen zu können.
- Die gleichen Methoden werden für alle Projekte des Unternehmens verwendet.
- Richtige Interpretation des Earned Value durch die Manager und konsequent einleitenden Massnahmen.
Kennzahlen
Die Earned Value Analyse basiert auf der Gegenüberstellung der drei folgenden Basiswerten: Plankosten, Ist-Kosten und den Soll-Kosten. Diese ähneln den Basiswerten welche bei der Plankostenrechnung des Produktionscontrollings verwendet werden. Aus diesen Basiswerten lassen sich weitere relative und absolute Werte bzw. Grössen ermitteln (Zirkler et al., 2019, S. 69). In der untenstehenden Tabelle werden alle Kennzahlen zur Earned Value Analyse beschrieben und aufgezeigt, wie sie zu interpretieren sind.
Abkürzung | Bezeichnung Englisch | Bezeichnung Deutsch | Formel |
---|---|---|---|
BAC | Budget at Completion | Plangesamtkosten bei Fertigstellung | Keine Formel |
PV | Planned Value | Plankosten | Plankosten = Planpreis * Planmenge |
AC | Actual Cost | Ist-Kosten | Ist-Kosten = Ist-Preis * Ist-Menge |
EV | Earned Value | Soll-Kosten | Soll-Kosten = Planpreis * Ist-Menge |
CV | Cost Variance | Kostenabweichung | Kostenabweichung = Soll-Kosten – Ist-Kosten |
SV | Schedule Variance | Zeitabweichung | Zeitabweichung = Soll-Kosten - Plankosten |
CPI | Cost Performance Index | Kosteneffizienz | Kosteneffizienz = Soll-Kosten / Ist-Kosten |
SPI | Schedule Performance Index | Zeiteffizienz | Zeiteffizienz = Soll-Kosten / Plankosten |
CR | Crtitical Rate / Project Health | Projektgesundheit | Projektgesundheit = Kosteneffizienz * Zeiteffizienz |
EAC I | Estimated at Completion | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung = Ist-Kosten + (Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Soll-Kosten) / Kosteneffizienz |
EAC II | Estimated at Completion | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung | Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung = Ist-Kosten + (Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Soll-Kosten) / Projektgesundheit |
ETC | Estimated to Completion | Erwartete Restkosten | Erwartete Restkosten = geschätzte Gesamtkosten – Ist-Kosten |
VAC | Variance at Completion | Gesamtkostenabweichung | Gesamtkostenabweichung = Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung |
Plangesamtkosten bei Fertigstellung (Budget at Completion (BAC))
Diese Kennzahl zeigt auf, wie hoch die gesamten budgetierten Kosten für ein Projekt bei Fertigstellung sind.
Plankosten (Planned Value (PV))
Die Plankosten sind Kosten, die im Rahmen einer Projektrechnung zu Beginn eines Projekts geplant und über dessen gesamte Dauer auf die künftigen Abrechnungsperioden verteilt werden. Die Kostenplanung kann zu jedem Zeitpunkt aufzeigen, welches Budget für die einzelnen Arbeitspakete oder Projektabschnitte geplant ist (Zirkler et al., 2019, S. 69).
Plankosten = Planpreis * Planmenge
Ist-Kosten (Actual Cost (AC))
Die Ist-Kosten zeigen die tatsächlich angefallenen Kosten zum ausgewählten Stichtag auf. Ein Beispiel für solche Kosten sind die effektiven Lohn- und Materialkosten (Zirkler et al., 2019, S. 69).
Ist-Kosten = Ist-Preis * Ist-Menge
Soll-Kosten (Earned Value (EV))
Becker & Kunz (2009) definieren den Earned Value wie folgt: "Der EV bezeichnet den mit Plankosten bewerteten Projektfortschritt zu einem spezifischen Berichtszeitpunkt" (S. 419). Eine weitere Definition ist die folgende: "Earned Value ist der Wert, der laut Plan für die geleistete Arbeit anfallen darf" (Zirkler et al., 2019, S. 70). Der Earned Value ist eine der wichtigsten Messgrössen bei der Earned Value Analyse.
Soll-Kosten = Planpreis * Ist-Menge
Kostenabweichung (Cost Variance (CV))
Die Kostenabweichung gibt denjenigen Kostenbetrag an, um den das Projekt aufgrund von Kostenüber- bzw. Kostenunterschreitungen in den einzelnen Arbeitspaketen vom Planwert abweicht (Becker et. al., 2007, S. 170). Resultiert eine positive Kostenabweichung, ist das Projekt günstiger als geplant. Bei einer negativen Kostenabweichung wurden die Kosten bis zum Stichtag überschritten.
Kostenabweichung = Soll-Kosten - Ist-Kosten
Zeitabweichung (Schedule Variance (SV))
Die Zeitabweichung ergibt sich aus der Differenz der Soll-Kosten (EV) und den Plankosten. Zusätzlich stellt die Zeitabweichung das mit Kosten bewertete Äquivalent dar, um welches das Projekt aufgrund von Verzögerungen resp. Beschleunigungen in den einzelnen Arbeitspaketen vom Planwert abweicht (Anbari, 2003, S. 14–15, zit. in Becker & Kunz, 2009, S. 420). Resultiert eine positive Zeitabweichung, so ist das Projekt schneller vorangekommen als geplant. Falls das Resultat negativ ist, liegt das Projekt hinter dem Zeitplan.
Zeitabweichung = Soll-Kosten - Plankosten
Kosteneffizienz (Cost Performance Index (CPI))
Die Kosteneffizienz ist eine relative Grösse und sagt aus, ob die Kosten des laufenden Projekts höher oder tiefer ausgefallen sind als geplant. Ein CPI kleiner 1 heisst, dass mehr Kosten als geplant verursacht wurden. Umgekehrt bedeutet ein CPI grösser 1, dass weniger Kosten als geplant verursacht wurden (Zirkler et al., 2019, S. 70).
Kosteneffizienz = Soll-Kosten / Ist-Kosten
Zeiteffizienz (Schedule Performance Index (SPI))
Die Zeiteffizienz ist auch eine relative Grösse, welche angibt, ob das laufende Projekt in Verzug ist oder nicht. Ein SPI kleiner 1 bedeutet, dass das laufende Projekt in Verzug ist. Ein SPI grösser 1 bedeutet, dass das Projekt schneller vorangekommen ist als geplant (Zirkler et al., 2019, S. 69-70).
Zeiteffizienz = Soll-Kosten / Plankosten
Projektgesundheit (Project Health / Critical Rate (CR))
"Die Indexwerte CPI und SPI können zudem gemeinsam zur Berechnung der Project Health bzw. Critical Rate (CR) genutzt werden […]. Die Project Health – welche möglichst den Wert 1 annehmen sollte – berücksichtigt speziell die Abhängigkeit von Kosten- und Zeitabweichungen. Dies ist zur Gesamtbewertung eines Projektes notwendig, da oftmals Terminüberschreitungen mithilfe des Einsatzes zusätzlicher Projektressourcen und damit auch -kosten kompensiert werden" (Anbari, 2003, S. 15, zit. In Becker & Kunz, 2009, S. 420). Diese Kennzahl ist somit nützlich, wenn viele Projekte gleichzeitig durchgeführt werden.
Projektgesundheit = Kosteneffzienz * Zeiteffizienz
Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung (Estimated at Completion (EAC))
Mit der Schätzung der Gesamtkosten wird am Stichtag prognostiziert, wie viele Kosten das gesamte Projekt verursachen wird. Dazu müssen Annahmen zur Wirtschaftlichkeit und Performance des Projektes in Zukunft getroffen werden (Fiedler, 2020, S. 150-151). Die Aussagekraft des EAC hängt davon ab, welche Berechnungsmethode angewendet wird. So kann der EAC errechnet werden, unter der Annahme, dass die Kosteneffizienz (CPI) während des gesamten Projekts konstant bleiben wird. Oder es kann eine pessimistischere Methode gewählt werden, in dem die Kennzahl Project Health herangezogen wird (Becker & Kunz, 2009, S. 421).
EAC I: Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung I = Ist-Kosten + (Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Soll-Kosten) / Kosteneffizienz EAC II: Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung II = Ist-Kosten + (Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Soll-Kosten) / Projektgesundheit
Erwartete Restkosten (Estimated to Completion (ETC))
Diese Schätzung zeigt wie viele Kosten bis zum Abschluss dieses Projekts noch anfallen werden.
Erwartete Restkosten = geschätzte Gesamtkosten – Ist-Kosten
Gesamtkostenabweichung (Variance at Completion (VAC))
Die Gesamtkostenabweichung schätzt am Stichtag ab, wie hoch die Abweichung der Gesamtkosten zu den Plangesamtkosten sein wird (Meyer & Reher, 2016, S. 218).
Gesamtkostenabweichung = Plangesamtkosten bei Fertigstellung – Geschätzte Gesamtkosten bei Fertigstellung
Weitere Bemerkungen zu den Kennzahlen
Zukunftskennzahlen:
Ebenfalls können anhand der Earned Value Analyse viele Kennzahlen und Werte für den zukünftigen Verlauf des Projektes berechnet werden und so Projektprognosen getätigt werden.
Projekt-Portfolio:
Für einen guten Überblick über den Verlauf sämtlicher Projekte einer Unternehmung, ist die Portfolio-Analyse (siehe Abb. 2) eine gute Hilfe, als ein Teil des Multiprojektcontrollings. Sämtliche Projekte werden entsprechend ihres CPI- und SPI-Wertes in die Matrix eingetragen. Die Grösse des Kreises veranschaulicht die Grösse des Projekts. Während Projekte oben rechts äusserst positiv verlaufen, müssen Projekte im unteren linken Viertel genauer unter die Lupe genommen werden. Es ist ersichtlich, dass es sich beim sehr schlecht verlaufenden Projekt C lediglich um ein kleines Projekt handelt. Doch die Grafik zeigt auf, dass zumindest auf Leistungsebene auch mehrere grössere Projekte in Verzug sind (Fiedler, 2020, S. 153-155).
Ablauf
Um eine Earned Value Analyse zu erstellen und anwenden zu können, sind im Wesentlichen sechs Schritte notwendig (Schreckeneder, 2013, S. 180).
Projektplan
In einer ersten Phase muss das Projekt mittels eines Projektstrukturplans in verschiedene Arbeitspakete aufgeteilt werden. Diesen Arbeitspaketen müssen bereits bei der Planung Leistungsumfang, Plankosten und Endtermin detailliert zugeordnet werden. Zusätzlich müssen die im Verlauf des Projekts geplanten Stichtage definiert werden. Wenn dies für alle Arbeitspakete gemacht wurde, kann eine Referenzlinie, auch Baseline genannt, für das ganze Projekt erstellt werden. Diese wird an einem Stichtag als Grundlage zur Berechnung der Abweichung herangezogen (Becker & Kunz, 2009, S. 419).
Stichtag bestimmen
Am Stichtag wird der Fortschritt aller Arbeitspakete angeschaut und die Daten aufgearbeitet. In der Periode vor dem Stichtag ist es wichtig, dass die Arbeitspaket-Verantwortlichen regelmässig und wahrheitsgemäss den Stand des Arbeitspakets dem Projektleitenden melden. Falls dies nicht geschieht, lässt sich eine Earned Value Analyse nicht richtig interpretieren. Zum Zeitpunkt des Stichtags müssen für alle Arbeitspakete die aktuellen Kosten zusammengetragen werden. Zusätzlich zu den Kosten muss auch der Fertigstellungsgrad der verschiedenen Arbeitspakete bekannt sein. Zur Bewertung des Fertigstellungsgrades gibt es verschiedene Methoden.
Ist-, Plan- und Sollkosten ausrechnen
Wenn alle Daten aus den verschiedenen Arbeitspaketen zusammengetragen wurden, lassen sich die Plankosten, die Ist-Kosten und die Soll-Kosten (Earned Value), welche bis zum Stichtag angefallen sind, ausrechnen (Zirkler et al., 2019, S. 71).
Abweichungen ausrechnen
Nachdem die Plankosten, die Ist-Kosten und die Soll-Kosten (Earned Value) bis zum Stichtag ausgerechnet worden sind, lassen sich die entsprechenden Abweichungen und Prognosen kalkulieren. In der Abb. 4 ist die Kostenabweichung als CV, die Zeitabweichung als SV und die Gesamtkostenabweichung als VAC gekennzeichnet. Diese fungieren anschliessend als Basis, um den Projektfortschritt zu bewerten und allenfalls Massnahmen zu treffen.
Visualisierung der Werte
Es empfiehlt sich, die Daten grafisch darzustellen, denn wenn nur die nackten Zahlen betrachtet werden, können sich die verantwortlichen Personen den aktuellen Projektfortschritt nicht besonders gut vorstellen. Mittels einer Excel-Datei ist es möglich, die aufbereiteten Daten zu visualisieren. Ein Beispiel dazu ist die Abbildung 4. Eine andere Möglichkeit ist die aufbereiteten Daten in einem Ampelsystem zu visualisieren. Die Visualisierung der Daten funktioniert jedoch am besten mit einer Projektmanagement-Software (Schreckeneder, 2013, S. 180).
Massnahmen ableiten
Wenn alle obigen Schritte gemacht wurden, dann können die Zahlen bewertet werden. Falls grosse Differenzen zum Plan auftauchen, sollten Massnahmen getroffen werden, um das Projekt zeitlich oder kostentechnisch wieder in die richtige Bahn zu bringen. Es folgt eine nicht abschliessende Aufzählung von möglichen Massnahmen.
- Mehr Mitarbeiter für Projekt einsetzen.
- Überstunden für die derzeit am Projekt beschäftigten Mitarbeiter anordnen.
- Das Anreizsystem für Projektmitarbeiter anpassen.
- Mögliche Tätigkeiten outsourcen.
- Die Qualität vom Produkt mindern (Vgl. Magisches Dreieck, Abb. 1)
- Lieferantenkonditionen neu aushandeln oder neue Lieferanten suchen.
- Arbeiten, welche nicht zwingend sind, streichen.
Jedoch könnten diese Massnahmen das Projekt auch negativ beeinflussen. Es ist also je nach Projekt abzuwägen, ob sich eine solche Massnahme positiv oder negativ auf das Projekt auswirkt, bevor sie umgesetzt wird. Auch haben alle Massnahmen ihren Preis, was eine Abwägung der Massnahmen vor dem Entscheid nötig macht. (Schreckeneder, 2013, S. 182)
Kritische Würdigung
Stärken und Schwächen
Wie jede Methode oder Konzept hat die Earned Value Analyse seine Stärken wie auch Schwächen. Die Stärken der Earned Value Analyse ist die transparente Darstellung sowie die Ausrichtung auf kritische Projekte. Die Analyse ist zudem auch geeignet für die Bilanzierung von langfristigen Fertigungsaufträgen und ist auch für kleine Projekte einsetzbar. Zudem bietet die Earned Value Analyse eine übersichtliche Darstellung der Analyse- und Prognosewerte (Becker & Kunz, 2009, S. 421-422).
Die Schwächen der Earned Value Analyse sind, dass die Arbeitspakete der Projekte schon zu Beginn exakt & detailliert geplant werden sein muss. Ein umfassender Projektplan mit Aufteilung des Projekts in Arbeitspakete ist daher eine Voraussetzung für die Earned Value Analyse. Ebenfalls muss der Fertigstellungsgrad immer aktuell sein, damit eine regelmässige Analyse durchgeführt werden kann. Weshalb die Durchführung der Analyse ohne Softwareunterstützung kaum möglich ist. Die Earned Value Analyse ist somit nicht aussagekräftig, wenn die Erfassung der Fortschritte in den einzelnen Arbeitspakete vernachlässigt wird. Des Weiteren ist die Earned Value Analyse auch abhängig von einem bereits funktionierenden Projektmanagement (Becker & Kunz, 2009, S. 419-422). Die Methode der Earned Value Analysis ist ausserdem sehr komplex und basiert auf sehr vielen englischsprachigen Begriffen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass diese Analyse vor rund 50 Jahren in den Vereinigten Staaten entwickelt und implementiert wurde (Drews & Hillebrand, 2007, S. 231–232).
Zudem liefert eine Earned Value Analyse keine Hilfestellungen zur Risikoanalyse eines Projektes. Dazu müsste zusätzlich beispielsweise noch eine Monte-Carlo-Simulation durchgeführt werden. Mithilfe der Monte-Carlo-Simulation können auch z. B. Fragen wie die Wahrscheinlichkeitshöhe, dass ein Projekt in weniger als 18 Monaten abgeschlossen sein wird, beantwortet werden. Zudem kann die Monte-Carlo-Simulation auch jederzeit während der Projektausführung verwendet werden, um Dauer sowie auch Kosten des aktuellen Projekts auszurechnen (Pajares & López-Paredes, 2011, S. 616 - 617).
Fazit
Trotz all diesen erschwerenden Punkten darf man den Nutzen bei erfolgreicher Implementierung der Earned Value Analyse nicht vergessen. Aus der Analyse gehen sehr hilfreiche Daten für das Projektcontrolling hervor. Mithilfe der Resultate der Earned Value Analyse können mit dem Aufwand, der Leistung und der Zeit die wichtigsten Ziele eines Projektes gemessen und laufend überwacht werden (Drews & Hillebrand, 2007, S. 231). Es ist wichtig, dass nicht nur wie bei der einfachen Kostenkontrolle die Plan- und Ist-Kosten miteinander verglichen werden. Um aussagekräftige Erkenntnisse zu gewinnen, muss auch der Projektfortschritt in die Analyse miteinbezogen werden. Mehrkosten könnten begründet sein durch einen grösseren Projektfortschritt als geplant und überhaupt nichts mit der Wirtschaftlichkeit des Projektes zu tun haben. Ebenfalls garantieren tiefere Ist-Kosten als Plankosten noch lange nicht, dass wirtschaftlich gearbeitet wird. Es ist auch möglich, dass das Projekt stark in Verzug ist und zusätzlich auch unwirtschaftlich vorangeht. Genau diese einfachen Täuschungen können durch Implementierung einer Earned Value Analyse eliminiert werden (Fiedler, 2020, S. 135).
Lern- und Praxismaterialien
Aufgaben | Fallstudien |
---|---|
Waldhaus Bau AG – Earned Value Analyse | Meier AG – Earned Value Analyse |
Quellen
Literaturverzeichnis
- Becker, W. & Kunz, C. (2009). Earned Value Methode. Die Betriebswirtschaft, 2009 (3), S. 419-422.
- Becker, W., Daniel, K., & Hofmann, M. (2007). Performance-orientiertes Projektcontrolling. Controlling, 19(3), 165–174.
- Drews, G. & Hillebrand, N. (2007). Lexikon der Projektmanagement-Methoden. München: Rudolf Haufe Verlag.
- Fiedler, R. (2020). Controlling von Projekten. Mit konkreten Beispielen aus der Unternehmenspraxis – Alle controllingrelevanten Aspekte der Projektplanung, Projektsteuerung und Projektkontrolle (8. Aufl.). Wiesbaden: Springer Vieweg.
- Jenny, B. (2019). Projektmanagement: Das Wissen für den Profi. Zürich: vdf.
- Jenny, B. (ohne Datum). Earned Value. Abgerufen am 07.05.2020 von https://brunojenny.ch/wp-content/uploads/2019/05/Earned_Value.pdf.
- Meyer, H. & Reher, H. (2016). Projektmanagement. Von der Definition über die Projektplanung zum erfolgreichen Abschluss. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Pajares, J. & López-Paredes, A. (2011). An extension of the EVM analysis for project monitoring: The Cost Control Index and the Schedule Control Index. International Journal of Project Management, 5 (29), 615-621.
- Schreckeneder, B. C. (2013). Projektcontrolling. Projekte überwachen, steuern, präsentieren (4. Aufl.). Freiburg: Haufe-Lexware.
- Zirkler, B., Nobach, K., Hofmann, J., & Behrens, S. (2019). Projektcontrolling: Leitfaden für die betriebliche Praxis. Wiesbaden: Springer Gabler.
Weiterführende Literatur
- Hirzel, M., Alter, W. & Niklas, C. (Hrsg.) (2019). Projektportfolio-Management: Strategisches und operatives Multi-Projektmanagement in der Praxis (4. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler.
Autoren
Niklaus Samuel Balz, Alexander Bitterli, Manuel Camenzind, Giuliano Cucciolillo