Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Berichterstattung soll in übersichtlicher Kurzform über die Ist-Werte und deren Abweichungen von den Standardwerten Auskunft geben. Verwendet werden sowohl absolute Grössen (beispielsweise in CHF) als auch prozentuale Abweichungen vom Standardwert.
Die Berichterstattung soll in übersichtlicher Kurzform über die Ist-Werte und deren Abweichungen von den Standardwerten Auskunft geben. Verwendet werden sowohl absolute Grössen (beispielsweise in CHF) als auch prozentuale Abweichungen vom Standardwert.


Die Abweichungen werden ab einem bestimmten Ausmass (z. B. ± 5%) analysiert. Hier gilt die Wirtschaftlichkeitsüberlegung, dass der Nutzen der [[Abweichungsanalyse|Abweichungsanalyse]] die Kosten der Erstellung übersteigen soll. Falls diese Wirtschaftlichkeitsüberlegung gegeben ist, müssen die verantwortlichen Personen günstige und ungünstige Abweichungen analysieren und begründen. Die Erwartungen an die Zukunft sind dabei von grosser Bedeutung. Auf Grundlage dieser Erwartungen werden Massnahmen entwickelt und realisiert (Suter et al., 2021, S. 20–21; Trepp et al., 2018, S. 456).
Die Abweichungen werden ab einem bestimmten Ausmass (z. B. ± 5%) analysiert. Hier gilt die Wirtschaftlichkeitsüberlegung, dass der Nutzen der Abweichungsanalyse die Kosten der Erstellung übersteigen soll. Falls diese Wirtschaftlichkeitsüberlegung gegeben ist, müssen die verantwortlichen Personen günstige und ungünstige Abweichungen analysieren und begründen. Die Erwartungen an die Zukunft sind dabei von grosser Bedeutung. Auf Grundlage dieser Erwartungen werden Massnahmen entwickelt und realisiert (Suter et al., 2021, S. 20–21; Trepp et al., 2018, S. 456).


Mehrere Instanzen sind an der Berichterstattung beteiligt. Die Verantwortlichen in der Betriebsbuchhaltung und im Controlling bestimmen die Kontrollobjekte (z. B. Kostenstellen) und Kontrollinhalte (z. B. Kostenarten) sowie die Periodizität der Kontrolle (Tag, Woche, Monat, Quartal, Semester oder Jahr). Zudem entwickeln sie das Abrechnungssystem (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe und Speicherung der Daten). Sie sind verantwortlich für die Gegenüberstellung der Standard- und Ist-Werte und für die Ermittlung der Abweichungen. Sie unterstützen die Linien- bzw. Fachinstanz bei der Analyse der Abweichungen und beraten sie bei der Bestimmung von Korrekturmassnahmen (Trepp et al., 2018, S. 456).
Mehrere Instanzen sind an der Berichterstattung beteiligt. Die Verantwortlichen in der Betriebsbuchhaltung und im Controlling bestimmen die Kontrollobjekte (z. B. Kostenstellen) und Kontrollinhalte (z. B. Kostenarten) sowie die Periodizität der Kontrolle (Tag, Woche, Monat, Quartal, Semester oder Jahr). Zudem entwickeln sie das Abrechnungssystem (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe und Speicherung der Daten). Sie sind verantwortlich für die Gegenüberstellung der Standard- und Ist-Werte und für die Ermittlung der Abweichungen. Sie unterstützen die Linien- bzw. Fachinstanz bei der Analyse der Abweichungen und beraten sie bei der Bestimmung von Korrekturmassnahmen (Trepp et al., 2018, S. 456).

Version vom 4. Juli 2024, 09:50 Uhr

Unterschiede zwischen geplanten und tatsächlichen Umsätzen oder Kosten gibt es in jedem Unternehmen. Dieser Soll/Ist Vergleich bei Einzelmaterial- und Einzellohnkosten ist Bestandteil der Kontrollphase der Standardkostenrechnung. Dabei werden mittels Analyse die Ursachen von Mengen- und Preisabweichungen analysiert, um adäquate Gegenmassnahmen einzuleiten (Joos, 2014, S. 52–53).

Die Einzelmaterial- und Einzellohnkosten sind Einzelkosten der Unternehmung. Für diese Kosten werden von den Planenden der Unternehmung (beispielsweise Produktverantwortliche oder Controller:innen) während der Budgetierungsphase Preis- und Mengenstandards festgelegt. Voraussetzung ist, dass die Planenden möglichst genaue Kenntnisse des Marktes und der Betriebsabläufe haben. Das Standardkostenmodell bezieht sich auf die Zukunft. Die Standards werden so geplant, dass sie bei wirtschaftlicher Arbeitsweise erfüllt werden können. Die Standardkostenrechnung soll die Mitarbeitenden motivieren, indem sich ihre Leistung in den Kosten tatsächlich widerspiegelt. Das Kostenbewusstsein wird durch den Vergleich der geplanten Standardeinzelkosten (Soll-Kosten) mit den tatsächlichen Kosten (Ist-Kosten) gefördert, da Abweichungen analysiert und erklärt werden müssen (Suter, Sutter & Baumann, 2021, S. 13).

Überblick

Das Thema der Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung ist Bestandteil der Abweichungsanalyse innerhalb der Standardkostenrechnung. Die Standardkostenrechnung ist ein in der Schweiz verbreiteter Begriff und wird im übrigen deutschsprachigen Raum als flexible Plankostenrechnung bezeichnet (Trepp, Hauri & Gehrig, 2018, S. 445–447). In den folgenden Ausführungen wird vom Begriff «Standardkostenrechnung» ausgegangen. Die Abweichungsanalyse unterteilt die Gesamtabweichung (Standard-/Ist-Abweichung) in Teilabweichungen. Es geht darum zu analysieren, inwiefern und wo Abweichungen zwischen den erwarteten Einzelkosten und den tatsächlichen Einzelkosten zustande gekommen sind (Suter et al., 2021, S. 13). Dafür stehen die Abweichungsmasse Preisabweichung und Mengenabweichung bei den Einzelmaterialabweichungen (Buchholz & Gerhards, 2016, S. 137) bzw. Lohnsatzabweichung und Arbeitszeitabweichung bei den Einzellohnabweichungen (Trepp et al., 2018, S. 457) zur Verfügung. Das Total der beiden Abweichungsmasse ergibt die Gesamtabweichung. Sowohl bei der Gesamtabweichung als auch bei den einzelnen Abweichungsmassen wird zwischen günstigen (Kosten sind geringer als erwartet) und ungünstigen (Kosten sind höher als erwartet) Abweichungen unterschieden. Die Abweichungsanalyse dient der Darstellung der gegenwärtigen Situation und der möglichen Auswirkungen auf die Zukunft. Sie liefert wichtige Daten für die operative und strategische Planung der Unternehmung und ist somit für Führungskräfte auf höheren Ebenen ein wichtiges Führungsinstrument (Suter et al., 2021, S. 20).

Einzelmaterialabweichungen

Berechnung

Um die Einzelmaterialabweichungen zu ermitteln, müssen zunächst die Kostengrössen Ist-Kosten und Ist-Soll-Kosten gemäss der untenstehenden Tabelle ausgerechnet werden.

Kostengrösse Formel Aussage
Ist-Kosten (IK) Ist-Menge * Ist-Preis Die tatsächlichen Kosten für die tatsächliche Menge.
Ist-Soll-Kosten (ISK) Standardpreis * Ist-Menge Wie viel hätte die tatsächlich produzierte Menge zu den erwarteten Preisen gekostet?

Zudem müssen die Standardkosten des Einzelmaterials auf Basis des Grundplans definiert werden. Er wird in einem umfassenden Planungsprozess entwickelt, der die Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger berücksichtigt. Dabei wird das Ziel verfolgt, verschiedene wert- und mengenmässige Standardwerte zu bestimmen (Wolfisberg, Röösli & Speck, 2022, S. 30).

Es gibt zwei Dimensionen von Einzelmaterialabweichungen: die Preisabweichung und die Mengenabweichung. Diese definieren sich jeweils aus der Differenz zwischen zwei Kostengrössen. Die Preisabweichung ist vom Ist- und Standard-Materialpreis abhängig. Falls der Ist-Materialpreis kleiner als der Standard-Materialpreis ist, fällt die Abweichung günstig aus. Die Mengenabweichung hängt von der Ist- und Standard-Materialmenge ab. Falls die Ist-Materialmenge < die Standard-Materialmenge ist, fällt die Abweichung günstig aus (Suter et al., 2021, S. 14).

Die folgende Tabelle stellt eine Übersicht über die Einzelmaterialabweichungen dar und zeigt auf, wann die Abweichungen günstig bzw. ungünstig sind.

Preisabweichung Mengenabweichung
Motiv Wie viel teurer / günstiger war die tatsächliche Menge als erwartet? Wie viel teurer / günstiger als erwartet war das eingekaufte Material bewertet zu Standardpreisen?
Formel IK – ISK SK – ISK
Günstig wenn Ist-Soll-Kosten > Ist-Kosten Ist-Soll-Kosten < Standardkosten
Ungünstig wenn Ist-Soll-Kosten < Ist- Kosten Ist-Soll-Kosten > Standardkosten

Die Summe aus Mengenabweichung und Preisabweichung ergibt die Gesamtabweichung der Einzelmaterialkosten. Sie gibt an, um wie viel das Total der geplanten Einzelmaterialkosten vom Total der tatsächlichen Einzelmaterialkosten abweicht.

Prozentuale Abweichung

Die absolute Grösse einer Abweichung ist nur eine Information. Um eine fundierte Bewertung vornehmen zu können, ist es stets ratsam, auch die relativen Grössen (in Prozent) zu ermitteln (Nadig & Zupan, 2007, S. 312). Nach Trepp et al. (2018) lassen sich diese prozentualen Einzelmaterialabweichungen wie folgt ermitteln (S. 456):

Preisabweichung als relative Grösse:
Preisabweichung / (Ist-Materialmenge des Verbrauchs * Standard-Materialpreis)
Mengenabweichung als relative Grösse:
Mengenabweichung / (Standard-Materialmenge des Verbrauchs * Standard-Materialpreis)
Gesamtabweichung auf der verbrauchten Materialmenge als relative Grösse:
Gesamtabweichung auf der verbrauchten Materialmenge / (Standard-Materialmenge des Verbrauchs * Standard-Materialpreis)

Ursachen

Gemäss Trepp et al. (2018) sind die Ursachen von Preis- und Mengenabweichung unterschiedlich (S. 457). Die Preisabweichungen werden in erster Linie durch ausserbetriebliche Faktoren hervorgerufen. Dazu gehören Schwankungen im allgemeinen Preisniveau bzw. Geldwertänderungen, Preisvariationen im Beschaffungsmarkt, Öffnung neuer und Ausfall bisheriger Bezugsquellen. Zusätzlich beeinflussen aber auch Massnahmen verschiedener Abteilungen des Unternehmens die Preisabweichungen. Dazu zählen die Wahl neuer Lieferanten oder alternativer Transportwege, die Nutzung günstiger Einkaufsmöglichkeiten, Verhandlungstaktiken und das Zahlungsverhalten (s. auch Weygandt, Kimmel & Kieso, 2015, S. 366).

Die Mengenabweichung kann durch diverse Faktoren beeinflusst werden. Dazu zählen Einsatz anderer Maschinen und Verfahren als geplant, Unterschiede in der Sorgfalt bei der Ausführung von Arbeiten, Veränderung der Rohstoffqualität, Anpassungen bei Material- oder Produktkontrollen sowie das Auftreten von Abfall, Ausschuss oder Diebstahl (Suter et al., 2021, S. 18; Trepp et al., 2018, S. 457).

Abweichungen können zudem aufgrund von Buchungs- oder Rechnungsfehlern entstehen. Wenn die Ursachen für Abweichungen auf unrealistisch festgelegte Standards zurückzuführen sind, sollte in Betracht gezogen werden, diese Standards zu überarbeiten oder den Prozess ihrer Festlegung zu überdenken (Nadig & Zupan, 2007, S. 313).

Anwendungsbeispiel

Eine fiktive Firma handelt mit Holzschränken. Sie kauft Holz ein, verarbeitet es zu Schränken und verkauft diese den Einzelhändlern. Bezüglich der Einzelmaterialkosten geht die Geschäftsleitung von den folgenden Zahlen für das Jahr 20x2 aus:

Einkaufspreis pro m3 Holz: CHF 120.00
Holzbedarf pro Schrank: 0.45m3
Anzahl zu produzierende Schränke: 1’000

Ende 20x2 präsentieren sich die tatsächlichen Werte wie folgt:

Einkaufspreis pro m3 Holz: CHF 123.00
Holzbedarf pro Schrank: 0.4m3
Anzahl produzierte Schränke: 995


Die Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Herleitung der Preis,- Mengen- und Gesamtabweichung.

Abb. 1: In Anlehnung an (Nadig & Zupan, 2007, S. 314)

Einzellohnabweichungen

Berechnung

Um die Einzellohnabweichungen zu ermitteln, müssen zunächst die Kostengrössen Ist-Kosten und Ist-Soll-Kosten gemäss der untenstehenden Tabelle ausgerechnet werden.

Kostengrösse Formel Aussage
Ist-Kosten (IK) Ist-Arbeitsstunden * Ist-Lohnsatz Die tatsächlich angefallenen Lohnkosten.
Ist-Soll-Kosten (ISK) Standardlohnsatz * Ist-Arbeitsstunden Wie viel Einzellohnkosten hätten wir mit dem Standardlohnsatz gehabt?

Zudem müssen die Standardkosten der Einzellöhne auf Basis des Grundplans definiert werden. Er wird in einem umfassenden Planungsprozess entwickelt, der die Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger berücksichtigt, welcher das Ziel verfolgt, verschiedene wert- und mengenmässige Standardwerte zu bestimmen (Wolfisberg, Röösli & Speck, 2022, S. 30).

Es gibt zwei Arten von Einzellohnabweichungen: die Lohnsatzabweichung und die Arbeitszeitabweichung. Diese definieren sich jeweils aus der Differenz zwischen zwei Kostengrössen. Weiter hängt die Lohnsatzabweichung vom Ist- und Standard-Lohnsatz ab. Falls der Ist-Lohnsatz kleiner als der Standard-Lohnsatz ist, fällt die Abweichung günstig aus. Die Arbeitszeitabweichung ist von der Ist- und der Standard-Fertigungszeit abhängig. Falls die Ist-Fertigungszeit kleiner als die Standard-Fertigungszeit ist, fällt die Abweichung günstig aus (Suter et al., 2021, S. 14).

Die folgende Tabelle stellt eine Übersicht über die Einzellohnabweichungen dar und zeigt auf, wann die Abweichungen günstig bzw. ungünstig sind.

Lohnsatzabweichung Arbeitszeitabweichung
Motiv Wie viel teurer / günstiger war die tatsächliche Arbeitsleitung als erwartet? Wie viel höher / tiefer wäre die Arbeitsleistung zum Standardlohnsatz gewesen?
Formel IK – ISK SK – ISK
Günstig wenn Ist-Soll-Kosten > Ist-Kosten Ist-Soll-Kosten < Standardkosten
Ungünstig wenn Ist-Soll-Kosten < Ist- Kosten Ist-Soll-Kosten > Standardkosten

Die Summe aus Arbeitszeitabweichung und Lohnsatzabweichung ergibt die Gesamtabweichung der Einzellohnkosten. Sie gibt an, wie viel das Total der geplanten Einzelmaterialkosten vom Total der tatsächlichen Einzelmaterialkosten abweicht.

Prozentuale Abweichungen

Die absolute Grösse einer Abweichung ist nur eine Information. Um eine fundierte Bewertung vornehmen zu können, ist es stets ratsam, auch die relativen Grössen (in Prozent) zu ermitteln (Nadig & Zupan, 2007, S. 312). Laut Trepp et al. (2018) lassen sich die relativen Grössen bei der Einzellohnabweichung wie folgt ermitteln (S. 459):

Lohnsatzabweichung als relative Grösse:
Lohnsatzabweichung / (Ist-Fertigungszeit * Standard-Lohnsatz)
Arbeitszeitabweichung als relative Grösse:
Arbeitszeitabweichung / (Standard-Fertigungszeit * Standard-Lohnsatz)
Gesamtabweichung Einzellöhne als relative Grösse:
Gesamtabweichung Einzellöhne / (Standard-Fertigungszeit * Standard-Lohnsatz)

Ursachen

Die Ursachen von Lohnsatz- und Arbeitszeitabweichungen sind unterschiedlich. Die Lohnsatzabweichung wird aufgrund verschiedener Faktoren beeinflusst. Dazu gehören Lohnanpassungen, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, Prämien, Teuerungszulagen, Anpassungen der Sozialleistungskosten und der Einsatz von Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Gehaltsstrukturen.

Die Arbeitszeitabweichung unterliegt einer Vielzahl von Einflussfaktoren. Dazu gehören schlecht qualifizierte oder neue Mitarbeitende, die Arbeitsintensität, Personalschulungen, Effekte der Erfahrungskurve, technischer Fortschritt, Überstunden, mangelnde Instruktionen, Verzögerungen bei der Materialversorgung, Stromausfälle, Maschinendefekte sowie zusätzliche Umrüst- und Einrichteoperationen (Suter et al., 2021, S. 20; Trepp et al., 2018, S. 459).

Anwendungsbeispiel

Eine fiktive Firma handelt mit Holzschränken. Sie kauft Holz ein, verarbeitet es zu Schränken und verkauft diese den Einzelhändlern. Bezüglich der Einzellohnkosten geht die Geschäftsleitung von den folgenden Zahlen für das Jahr 20x2 aus:

Standardwerte

Benötigte Arbeitszeit pro Schrank: 15h
Anzahl zu produzierende Schränke: 1000
Standardlohnsatz / Stunde: CHF 25.00

Ende 20x2 präsentieren sich die tatsächlichen Werte wie folgt:

Tatsächliche Arbeitszeit pro Schrank: 15.4h
Anzahl produzierte Schränke: 995
Tatsächlicher Lohnsatz / Stunde: CHF 24.00

Die Abbildung 2 zeigt beispielhaft die Herleitung der Lohnsatz-, Stunden- und Gesamtabweichung.

Abb. 2: In Anlehnung an (Nadig & Zupan, 2007, S. 314)


Berichterstattung über die Abweichungen

Die Berichterstattung soll in übersichtlicher Kurzform über die Ist-Werte und deren Abweichungen von den Standardwerten Auskunft geben. Verwendet werden sowohl absolute Grössen (beispielsweise in CHF) als auch prozentuale Abweichungen vom Standardwert.

Die Abweichungen werden ab einem bestimmten Ausmass (z. B. ± 5%) analysiert. Hier gilt die Wirtschaftlichkeitsüberlegung, dass der Nutzen der Abweichungsanalyse die Kosten der Erstellung übersteigen soll. Falls diese Wirtschaftlichkeitsüberlegung gegeben ist, müssen die verantwortlichen Personen günstige und ungünstige Abweichungen analysieren und begründen. Die Erwartungen an die Zukunft sind dabei von grosser Bedeutung. Auf Grundlage dieser Erwartungen werden Massnahmen entwickelt und realisiert (Suter et al., 2021, S. 20–21; Trepp et al., 2018, S. 456).

Mehrere Instanzen sind an der Berichterstattung beteiligt. Die Verantwortlichen in der Betriebsbuchhaltung und im Controlling bestimmen die Kontrollobjekte (z. B. Kostenstellen) und Kontrollinhalte (z. B. Kostenarten) sowie die Periodizität der Kontrolle (Tag, Woche, Monat, Quartal, Semester oder Jahr). Zudem entwickeln sie das Abrechnungssystem (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe und Speicherung der Daten). Sie sind verantwortlich für die Gegenüberstellung der Standard- und Ist-Werte und für die Ermittlung der Abweichungen. Sie unterstützen die Linien- bzw. Fachinstanz bei der Analyse der Abweichungen und beraten sie bei der Bestimmung von Korrekturmassnahmen (Trepp et al., 2018, S. 456).

Die Linien- bzw. Fachinstanzen, bei welchen die Kostenkontrollen durchgeführt werden, arbeiten vorzugsweise bei der Festlegung der Soll-Werte mit. Sie haben die berechneten Abweichungen zu analysieren und Korrekturmassnahmen vorzuschlagen. Deren Umsetzung wird in der Regel durch hierarchisch höher eingestufte Instanzen angeordnet (Trepp et al., 2018, S. 456).

Die Verbuchung der Einzelmaterialabweichung kann unterschiedlich erfolgen. Eine Lösung stellt die Verbuchung der Preisabweichung über das Finanzbuchhaltungskonto Materialaufwand und die Verbuchung der Mengenabweichung über das Betriebsbuchhaltungskonto Fabrikate in Arbeit dar (Suter et al., 2021, S. 18–19). Alternativ können Konten über Preis- und Mengenabweichung geführt werden. Am Ende des Jahres spiegeln die Salden der Abweichungskonten die Unterschiede zwischen den geplanten und tatsächlich angefallenen Kosten über das Jahr wider. In der Regel werden diese Abweichungskonten entweder über das Konto "Herstellkosten" oder das Betriebsergebniskonto abgeschlossen (Friedl, Hofmann & Pedell, 2022, S. 394–395).

Die Verbuchung der Einzellohnabweichung bietet ebenfalls verschiedene Lösungen. Einerseits kann die Lohnsatzabweichung über das Finanzbuchhaltungskonto Lohnaufwand und die Arbeitszeitabweichung über das Betriebsbuchhaltungskonto Fabrikate in Arbeit verbucht werden (vgl. Fallstudie & Suter et al., 2021, S. 19–20). Andererseits können analog zur Einzelmaterialabweichung Lohnsatz- und Arbeitszeitabweichungskonten geführt werden (Weygandt et al., 2015, S. 377).

Beurteilung Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung

Die Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen sind Bestandteil einer umfassenden Abweichungsanalyse im Rahmen der Standardkostenrechnung. Diese leistet einen bedeutenden Beitrag zur Wirtschaftlichkeitsüberwachung einer Unternehmung. Der Vergleich in Form der Abweichungsanalyse zwischen Standard- und Ist-Werten stellt einen wichtigen Teil des Führungsinstrumentariums dar. Die Analyse der Kosten schafft ein Kostenbewusstsein. Darüber hinaus ermöglicht die präzise Struktur der Standardkostenrechnung eine detaillierte Analyse der Ursachen von Abweichungen. Die Identifizierung der tatsächliche(n) Ursache(n) einer Abweichung ist ein zentrales Element jeder Abweichungsanalyse, da andernfalls das Risiko besteht, falsche Korrekturmassnahmen zu treffen (Suter et al., 2021, S. 41). Die Abweichungsanalyse kann für Mitarbeitende motivierend wirken und sich auf unterschiedliche Arten ausprägen. Zum einen können Mitarbeitende im Rahmen der Planung der Standardwerte miteinbezogen werden. Des Weiteren wirkt es motivierend, wenn Standardwerte unterschritten werden und dies in Kombination mit Anreizsystemen belohnt wird (Trepp et al., 2018, S. 457). Eine weitere positive Eigenschaft prägt sich dadurch aus, dass bei der Ermittlung der Standardwerte erzielte Erfahrungskurveneffekte wie Ausbeute- und Produktivitätsfortschritte miteinbezogen werden können. Somit wird eine sehr objektive und zuverlässige Berechnung ermöglicht (Trepp et al., 2018, S. 497).

Jedoch sind der Abweichungsanalyse auch einige Grenzen gesetzt. Die Anwendung der Standardkostenrechnung und der damit verbundenen Abweichungsanalyse ist in erster Linie auf Unternehmen mit Massen- und Sortenfertigung beschränkt. Der Aufbau einer Standardkostenrechnung ist nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn wiederkehrende Arbeitsprozesse vorliegen. Dies aufgrund der Tatsache, dass die Ermittlung und periodische Anpassung der Standardkosten und Standardkalkulationen (Preis- und Mengenstandards) arbeits- und kostenintensiv sind (Trepp et al., 2018, S. 497).

Um die Wirtschaftlichkeit einer Kostenstelle mittels der Standardkostenrechnung zu ermitteln, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Die Kostenstellenleistung muss quantifizierbar sein, der Kostenstellenleiter*in muss die Kosten beeinflussen können und die nicht berücksichtigten Kosteneinflussgrössen müssen konstant sein. Die Aussagekraft der Standardkostenrechnung und somit auch die errechneten Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen sind stark von diesen Faktoren abhängig. Es gilt also zu bewerten, ob diese Faktoren unter veränderten Produktionsbedingungen noch erfüllt sind (B. Friedl, 2010, S. 283). In Bezug auf die Beeinflussung der Kosten lässt sich festhalten, dass jener Kostenanteil, der vom / von der Kostenstellenleiter:in beeinflusst werden kann, tendenziell abnimmt, da Produktionsprozesse aufgrund zunehmender Automatisierung weniger flexibel ausgelegt werden können (B. Friedl, 2010, S. 284).

Des Weiteren hat sich die Anzahl der Faktoren, welche sich auf die Kosten auswirken, durch die Flexibilität und die Programmvielfalt erhöht. Infolge hoher Komplexität wird in der Praxis jedoch oft auf die Erfassung dieser Einflüsse verzichtet. In der Kostenplanung geht man davon aus, dass viele dieser Kostenfaktoren konstant bleiben, auch wenn sie sich während des Abrechnungszeitraums ändern können. Dies führt dazu, dass die Aussagekraft abnimmt. Zudem hat die Integration der Prozesse zur Folge, dass die Kostenstellen abhängiger voneinander sind. Dies kann dazu führen, dass Probleme einer Kostenstelle auf weitere Kostenstellen übertragen werden und dort zu Kostenabweichungen führen. Dementsprechend kann der / die Kostenstellenleiter:in nur noch begrenzt für entstandene Abweichungen verantwortlich gemacht werden (B. Friedl, 2010, S. 284–285). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Einzelmaterial- und Einzellohnabweichungen wichtige Instrumente im Controlling und in der Kostenrechnung von Unternehmen sind. Sie tragen dazu bei, Abweichungen frühzeitig zu identifizieren und Massnahmen zu ergreifen, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Dennoch müssen die Grenzen und Herausforderungen bei der Anwendung berücksichtigt werden, um die Aussagekraft beurteilen zu können.

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudie Aufgaben
Fallstudie - Muster Bettwaren AG Quiz Einzelmaterial- und Einzellohnabweichung

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Friedl, B. (2010). Kostenrechnung: Grundlagen, Teilrechnungen und Systeme der Kostenrechnung (2., überarbeitete und erweiterte Auflage) . München: Oldenbourg. https://doi.org/10.1524/9783486710267
  • Nadig, L., & Zupan, L. (2007). Kostenrechnung als Führungsinstrument: Grundlagen. Zürich: Schulthess.
  • Suter, S., Sutter, E., & Baumann, M. (2021). Standardkostenrechnung: Abweichungsanalyse in der Standardkostenrechnung mit Übungsfällen (1. Auflage). Zürich: Orell Füssli Verlag.
  • Trepp, G., Hauri, M., & Gehrig, M. (2018). Betriebliches Rechnungswesen mit Controlling: Ist-, Normal-, Standard- und Prozesskostenrechnung, Target Costing, Product Life Cycle Costing, Benchmark Costing, Öko Costing, Fixkostenmanagement (6. Auflage, Ungekürzte Ausgabe). Bern: Hirschi/Trepp/Zulliger.
  • Weygandt, J. J., Kimmel, P. D., & Kieso, D. E. (2015). Managerial accounting: Tools for business decision making (7th. ed, International student version). New York: Wiley.
  • Wolfisberg, A., Röösli, B., & Speck, M. (2022). Das betriebliche Rechnungswesen 2: Weiterführende Themen (9. Auflage). Zürich: Verlag SKV.

Autoren

Philip Armah, Lucas Matzinger, Noah Vögeli, Janik Willmann