Einkreis- oder Zweikreissystem: Unterschied zwischen den Versionen
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Ist die Preisdifferenz zu hoch, kann dies zu einem Compliance-Problem führen. Dieses Problem entsteht, wenn im Falle einer Betriebsprüfung, bei sehr grossen Preisunterschieden zwischen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Preisen, der betriebswirtschaftliche Preis als angemessener angesehen wird. Als Folge wird der betriebswirtschaftliche Preis für steuerliche Zwecke herangezogen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Die Wahrscheinlichkeit einer Diskussion mit der Steuerverwaltung ist deshalb sehr hoch (Clemens, 2008, S. 298). Um dies zu verhindern, sollten die Preise in enger Abstimmung mit den verantwortlichen Abteilungen eines Unternehmens festgelegt werden (Weber & Schäffer, 2014, S. 221-222). Zudem können Unternehmen mit der Unterzeichnung eines Advance Pricing Agreement (APA) das Risiko minimieren, dass die Verrechnungspreise von der Steuerbehörde nicht akzeptiert werden (Milcev & Rus, 2011, S. 82-83). | Ist die Preisdifferenz zu hoch, kann dies zu einem Compliance-Problem führen. Dieses Problem entsteht, wenn im Falle einer Betriebsprüfung, bei sehr grossen Preisunterschieden zwischen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Preisen, der betriebswirtschaftliche Preis als angemessener angesehen wird. Als Folge wird der betriebswirtschaftliche Preis für steuerliche Zwecke herangezogen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Die Wahrscheinlichkeit einer Diskussion mit der Steuerverwaltung ist deshalb sehr hoch (Clemens, 2008, S. 298). Um dies zu verhindern, sollten die Preise in enger Abstimmung mit den verantwortlichen Abteilungen eines Unternehmens festgelegt werden (Weber & Schäffer, 2014, S. 221-222). Zudem können Unternehmen mit der Unterzeichnung eines Advance Pricing Agreement (APA) das Risiko minimieren, dass die Verrechnungspreise von der Steuerbehörde nicht akzeptiert werden (Milcev & Rus, 2011, S. 82-83). | ||
Das aufwendige Verfahren des Zweikreissystems wird laut der Umfrage von Flick Gocke Schaumburg und Horváth & Partners im Jahr 2015 von nur 9% der Unternehmen angewendet. Diese Unternehmen arbeiten einerseits mit einem Verrechnungspreis für die steuerlichen Zwecke, andererseits mit einem zweiten Verrechnungspreis für die interne Koordination (Horváth & Partners, online). Auch Behringer (2014) sieht in der Praxis eine geringe Relevanz der Zweikreis- oder Mehrkreissysteme (S. 204). Dieser Ansicht | Das aufwendige Verfahren des Zweikreissystems wird laut der Umfrage von Flick Gocke Schaumburg und Horváth & Partners im Jahr 2015 von nur 9% der Unternehmen angewendet. Diese Unternehmen arbeiten einerseits mit einem Verrechnungspreis für die steuerlichen Zwecke, andererseits mit einem zweiten Verrechnungspreis für die interne Koordination (Horváth & Partners, online). Auch Behringer (2014) sieht in der Praxis eine geringe Relevanz der Zweikreis- oder Mehrkreissysteme (S. 204). Dieser Ansicht widersprechen Hyde und Choe (2005), indem sie sagen, dass internationale Unternehmen sich auch dann für mehrere Verrechnungspreise entscheiden sollten, wenn sie Strafzahlungen in Kauf nehmen müssen. Denn mit mehreren Verrechnungspreisen können Unternehmen sowohl das Ziel der optimalen [[Anreizsystem|Anreizwirkung]] auf die Mitarbeitenden als auch das Ziel der [[Verrechnungspreise#Steuer-Minimierung|Steuerminimierung]] verfolgen (S. 166). Es gilt im Grundsatz bei allen Formen von Verrechnungspreisen situationsspezifisch die Vor- und Nachteile abzuwägen. Denn es gibt wohl nur selten einen Verrechnungspreis, der keine Nachteile aufweist. | ||
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Version vom 3. März 2016, 15:12 Uhr
Um Verrechnungspreise in einem Unternehmen zu bestimmen, muss ein Verrechnungspreissystem definiert werden. Ein Unternehmen hat bezüglich der Gestaltung des Verrechnungspreissystems die Möglichkeit, ein Einkreis- oder ein Zweikreissystem (auch Mehrkreissystem genannt) zu verwenden (Darkow, 2014, S. 115). Das gewählte System muss sowohl betriebswirtschaftlichen als auch steuerlichen Anforderungen genügen (Behringer, 2014, S. 202). Bei der Festlegung entscheidet das Unternehmen, ob es einheitliche oder verschiedene Verrechnungspreise für diese Funktionen verwendet (Darkow, 2014, S. 115). Abzugrenzen davon sind duale Verrechnungspreise, bei denen unterschiedliche Verrechnungspreise für die liefernde und die empfangende Einheit festgelegt werden (Friedl, Hofmann & Pedell, 2013, S. 575).
Betriebswirtschaftlicher vs. steuerlicher Aspekt
Durch die unterschiedlichen Funktionen der Verrechnungspreise können Zielkonflikte zwischen der Steueroptimierung und der internen Steuerungsfunktion entstehen. Dies, weil internationale Unternehmen zum einen versuchen, die steuerlichen Gestaltungsspielräume möglichst gut auszunutzen und dabei die Compliance-Richtlinien einzuhalten. Im Gegensatz zur Steuerabteilung beabsichtigt der Controller zum anderen, betriebswirtschaftlich optimal zu handeln, indem die Preise die richtigen Anreize setzen. Den Controller interessiert zudem eine korrekte Erfolgsdarstellung; durch Transparenz soll erkennbar sein, wer die Leistungen im Markt tatsächlich erbracht hat. Die Steuerbehörden wiederum wollen die Verschiebung der Unternehmensgewinne in steuergünstigere Länder vermeiden und fordern von den Unternehmen die festgelegten Verrechnungspreise nicht zu manipulieren (Paul, 2014, S. 219-220).
Einkreissystem
Beim Einkreissystem wird ein einheitlicher Verrechnungspreis für steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Zwecke verwendet (Rieke, 2015, S. 24-25). Der Verrechnungspreis wird anhand einer Ermittlungsmethode in einer einheitlichen Höhe festgesetzt. Der festgesetzte Preis wird sowohl für die internen Steuerungs- und Koordinationszwecke, wie beispielweise dem Performance Measurement und strategischen Entscheidungen, als auch für die externe Bilanzierung und Besteuerung verwendet (Behringer, 2014, S. 203; Darkow, 2014, S. 115).
Zweikreissystem
Wenn für denselben Sachverhalt verschiedene Verrechnungspreise angewendet werden, spricht man von einem Zweikreissystem (Friedl et al., 2013, S. 575). Das heisst die Preise werden in unterschiedlicher Höhe und anhand verschiedener Ermittlungsmethoden nach ihrem Zweck festgesetzt. Es gibt einen Verrechnungspreis für steuerliche Zwecke und mindestens einen für die interne Koordination (Behringer, 2014, S. 203; Darkow, 2014, S. 116). Dabei erfüllen die Verrechnungspreise ihre Funktion zum einen auf Gesamtkonzernebene und zum anderen auf der Ebene der einzelnen Konzernunternehmen (Rieke, 2015, S. 22).
Anwendung der Systeme |
Es gibt unterschiedliche Gründe, weshalb ein Unternehmen sich für ein Einkreis- oder Zweikreissystem entscheidet. Wichtig ist, dass diese Entscheidung auf die Unternehmensstruktur und -strategie sowie die gelebte Kultur abgestimmt ist (Rieke, 2015, S. 23-24). Der Erfolg des gewählten Verrechnungspreissystems hängt vom Verständnis der Anwender ab. Nur wer das System in der Handhabung und seinen Konsequenzen verstanden hat, ist in der Lage, das System fehlerfrei zu nutzen und korrekte Entscheidungen zu treffen (Clemens, 2008, S. 298).
Anwendung des Einkreissystems
Gemäss einer Studie von Ernst & Young verwendeten im Jahr 2001 ungefähr 75% der Unternehmen ein Einkreissystem (Rieke, 2015, S. 30). Im Jahr 2003 waren es bereits über 80% der Unternehmen. Dabei steuert bei 25% der Unternehmen die Geschäftsstrategie die Festsetzung des Systems (Ernst & Young, 2003, S. 17). Je plausibler und transparenter ein Verrechnungspreissystem ist, desto höher ist die Akzeptanz im Unternehmen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Das Einkreissystem zeichnet sich vor allem durch Kostenersparnis und eine hohe Glaubwürdigkeit aus (Rieke, 2015, S. 26).
Die Vor- und Nachteile des Einkreissystems sind:
Vorteile |
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Nachteile |
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Gemäss Dürr und Göx (2011) ist das Einkreissystem ideal für Unternehmen, welche sich in einem Markt mit wenigen Wettbewerbern und gleichen Produkten befinden (S. 271). Aufgrund der möglichen Gefahren von Bestrafungen, Doppelbesteuerungen sowie Finanz- und Reputationsschäden bei Nichteinhaltung der Compliance-Richtlinien entscheiden sich die meisten Unternehmen für ein Einkreissystem (Ernst & Young, 2003).
Anwendung des Zweikreissystems
Der Zielkonflikt zwischen betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Zielen wird im Zweikreissystem durch die Festlegung verschiedener Verrechnungspreise umgangen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221).
Die Vor- und Nachteile des Zweikreissystems sind:
Vorteile |
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Nachteile |
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Wird neben dem steuerlich angesetzten Verrechnungspreis ein zusätzlicher Preis für die Verhaltenssteuerung festgelegt, eröffnet dies bei der Steuerung von dezentralen Unternehmen Freiheitsgrade. Das Verrechnungspreissystem kann speziell auf die im Unternehmen vorliegenden Zielkonflikte und Informationsasymmetrien ausgerichtet werden (Lengsfeld, 2005, S. 140).
Ist die Preisdifferenz zu hoch, kann dies zu einem Compliance-Problem führen. Dieses Problem entsteht, wenn im Falle einer Betriebsprüfung, bei sehr grossen Preisunterschieden zwischen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Preisen, der betriebswirtschaftliche Preis als angemessener angesehen wird. Als Folge wird der betriebswirtschaftliche Preis für steuerliche Zwecke herangezogen (Weber & Schäffer, 2014, S. 221). Die Wahrscheinlichkeit einer Diskussion mit der Steuerverwaltung ist deshalb sehr hoch (Clemens, 2008, S. 298). Um dies zu verhindern, sollten die Preise in enger Abstimmung mit den verantwortlichen Abteilungen eines Unternehmens festgelegt werden (Weber & Schäffer, 2014, S. 221-222). Zudem können Unternehmen mit der Unterzeichnung eines Advance Pricing Agreement (APA) das Risiko minimieren, dass die Verrechnungspreise von der Steuerbehörde nicht akzeptiert werden (Milcev & Rus, 2011, S. 82-83).
Das aufwendige Verfahren des Zweikreissystems wird laut der Umfrage von Flick Gocke Schaumburg und Horváth & Partners im Jahr 2015 von nur 9% der Unternehmen angewendet. Diese Unternehmen arbeiten einerseits mit einem Verrechnungspreis für die steuerlichen Zwecke, andererseits mit einem zweiten Verrechnungspreis für die interne Koordination (Horváth & Partners, online). Auch Behringer (2014) sieht in der Praxis eine geringe Relevanz der Zweikreis- oder Mehrkreissysteme (S. 204). Dieser Ansicht widersprechen Hyde und Choe (2005), indem sie sagen, dass internationale Unternehmen sich auch dann für mehrere Verrechnungspreise entscheiden sollten, wenn sie Strafzahlungen in Kauf nehmen müssen. Denn mit mehreren Verrechnungspreisen können Unternehmen sowohl das Ziel der optimalen Anreizwirkung auf die Mitarbeitenden als auch das Ziel der Steuerminimierung verfolgen (S. 166). Es gilt im Grundsatz bei allen Formen von Verrechnungspreisen situationsspezifisch die Vor- und Nachteile abzuwägen. Denn es gibt wohl nur selten einen Verrechnungspreis, der keine Nachteile aufweist.
Lern- und Praxismaterialien
Fallstudien |
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Behringer, S. (2014). Konzerncontrolling (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Clemens, R. (2008). Verrechnungspreise in internationalen Konzernen – Aufgabenstellungen für das Controlling. In W. Funk & J. Rossmanith (Hrsg.). Internationale Rechnungslegung und Internationales Controlling. Herausforderungen – Handlungsfelder – Erfolgspotenziale (S. 285-318). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Darkow, J. (2014). Problemfelder des deutschen Konzernsteuerrechts. Betrachtung der Verrechnungspreise in international agierenden Konzernen. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Dürr, O. M. & Göx, R. F. (2011). Strategic Incentives for Keeping One Set of Books in International Transfer Pricing. Journal of Economics & Management Strategy, Vol. 20, No. 1, S. 269-298.
- Ernst & Young (2003). Transfer Pricing 2003 Global Survey. EYGM Limited.
- Friedl, G., Hofmann, C. & Pedell, B. (2013). Kostenrechnung. Eine entscheidungsorientierte Einführung (2. Aufl.). München: Vahlen.
- Horváth & Partners (2015). Studien. Spannungsfeld Transferpreise. Zwischen Steuerung und rechtlichen Anforderungen. Online (01.03.2016) http://www.horvath-partners.com/de/publikationen/studien/detail/spannungsfeld-transferpreise/
- Hyde, C. E. & Choe, C. (2005). Keeping Two Sets of Books: The Relationship Between Tax and Incentive Transfer Prices. Journal of Economics & Management Strategy, Vol. 14, No. 1, S. 165-186.
- Lengsfeld, S. (2005). Verrechnungspreise und Organisationsstrukturen in multinationalen Unternehmen – Zum Erkenntnisstand formaltheoretischer Analysen. Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (BFuP), 57. Jg., H. 2, S. 137-155.
- Milcev, A. & Rus, A. (2011). Rules on Transfer Pricing and Advance Pricing Agreements. International Tax Review, 2011 (18), S. 82-83.
- Paul, J. (2014). Beteiligungscontrolling und Konzerncontrolling. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Rieke, S. (2015). Verrechnungspreise im Spannungsfeld zwischen Konzernsteuerung und internationalem Steuerrecht. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Weber, J. & Schäffer, U. (2014). Einführung in das Controlling (14. Aufl.). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Weiterführende Literatur
- Cools, M. & Slagmulder, R. (2009). Tax-Compliant Transfer Pricing and Responsibility Accounting. Journal of Management Accounting Research, Vol. 21, No. 1, S. 151-178.
- Nevries, P., Gebhardt, R. & Clausen, T. (2015). Distanz ist oft ein unterschätzter Faktor. Controlling & Management Review, 3, S. 50-59.
- Risse, R. (2015). Steuercontrolling und Reporting. Tax Compliance, Prozessmanagement, Steuerplanung und Konzernsteuerquote (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler.
- Schön, W. (2013). Transfer Pricing, the Arm’s Length Standard and European Law. In I. Richelle, W. Schön & E. Traversa (Hrsg.). Allocating Taxing Powers within the European Union (S. 73-99). Berlin Heidelberg: Springer.
- Weber, J., Stoffels, M. & Kleindienst, I. (2004). Internationale Verrechnungspreise im Konzern. Altes Problem - neuer Fokus. Schriftenreihe Advanced Controlling, Band 40, Vallendar.
Autoren
Tanja Tobler, Ramona Valentin, Janine Züsli