Dezentralisierung

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Zielsetzungen der Bildung dezentraler Einheiten (Jung, 2011, S. 40)

Der Zweck der Dezentralisierung gründet zum einen darin, Freiheiten zu eigenen lokalen Entscheidungen zu gewähren und zum anderen, Aufgabenbereiche gezielt zu delegieren (Merchant & Van der Stede, 2012, S. 30-32). Eine dezentrale Organisation der Unternehmung verdeutlicht sich an regionalen, produkt- oder kundenorientierten Einheiten. Durch die Marktnähe können damit Kundenbedürfnisse besser wahrgenommen und befriedigt werden (Horngren, Harrison & Oliver, 2008, S. 1152). Die weiteren Zielsetzungen der Dezentralisierung, die zugleich auch den Ausgangspunkt der Center-Konzepte bilden, listet die nebenstehende Darstellung auf.

Formen der Dezentralisierung

Struktur
Formen der Dezentralisierung

Die Ausprägung der Dezentralisierung oder Zentralisierung ist unternehmensspezifisch ausgestaltet. Obwohl in der Praxis häufig Mischformen vorzufinden sind und gewisse Funktionen zentral bleiben (z. B. in Form von Shared Service Centern), sollen hier die beiden reinen Formen anhand der Abbildung dargestellt werden.

Die vollständige Dezentralisierung ermöglicht maximale lokale Entscheidungsfreiheiten und ein Minimum an Restriktionen der Obergesellschaft. In diesem Modell dominiert die Zielsetzung der Effektivität: Die lokalen Bedürfnisse sind zu erfüllen und die Flexibilität ist sicherzustellen. Als Beispiel dafür dient ein Konzern, der eine neu akquirierte Tochtergesellschaft als rechtlich unabhängige Organisation in die Konzernstruktur integriert.

Die vollständige Zentralisierung strebt gegenteilig eine minimale lokale Entscheidungsfreiheit dafür jedoch ein Maximum an Restriktionen der Obergesellschaft an. Bei diesem Modell überwiegt die Forderung nach Effizienz, Synergien und Standards. Oftmals dienen inhabergeführte KMU oder Unternehmen mit verhältnismässig vielen Hierarchiestufen als Vergleichsbeispiel.

Vorteile der Dezentralisierung

Abgeleitet von den Zielen der Dezentralisierung ergeben sich die folgenden spezifischen Vorteile, sofern das Unternehmen Entscheidungen delegiert und die dezentrale Führung selbstständig agieren kann (Horngren, Datar & Rajan, 2012, S. 799-800).

  • Schaffung grösserer Verantwortlichkeit für lokale Bedürfnisse
  • Bessere Entscheide auf unterem Management-Level dank besseren (lokalen) Informationen
  • Schnellere Entscheidungsfindung und kürzere Durchlaufzeiten (aufgrund geringerer Anzahl Schnittstellen)
  • Verstärkung der Motivation aufgrund klar definierter Aufgabenbereiche
  • Fokussiertes Wirken der Manager auf ihren Verantwortungsbereich
  • Erfolgslokalisierung anhand von spezifischen Messgrössen

Nachteile der Dezentralisierung

Abhängig von der Ausprägung der Dezentralisierung äussern sich die Nachteile allesamt in der fehlenden Übereinstimmung von Teilbereichs- und Gesamtzielen (Horngren et al., 2008, S. 1153; Weilenmann, 1989, S. 934-936). Dazu führen fehlende Richtlinien zur Zusammenarbeit zwischen den Teilbereichen und der Zentrale zu folgenden wesentlichen Problembereichen:

  • Suboptimale (disfunktionale) Entscheidungsfindung
  • Doppelspurigkeiten (z. B. Stabsfunktionen), Effizienzverluste
  • Abnahme der Loyalität zur Gesamtunternehmung
  • Probleme in der Verantwortungsabgrenzung
  • Kosten der Informationsgewinnung und -verarbeitung
  • Innerbetriebliche Konflikte aufgrund unterschiedlicher Zielsetzungen
  • Ergebnislokalisierung schürt die Diskussion um Verrechnungspreise

Voraussetzungen zur Dezentralisierung

Kultur

Zur erfolgreichen Umsetzung einer Dezentralisierung von Organisationseinheiten sind spezifische Bedingungen zu erfüllen. So müssen die Mitarbeitenden bereit sein, Verantwortung zu übernehmen („wollen“). Ferner benötigen die Mitarbeitenden die richtigen Fähigkeiten, um die Entscheidungskompetenz wahrzunehmen („können“). Der Aufgabenbereich muss dementsprechend mit dem Kompetenzbereich übereinstimmen („dürfen“). Zudem können innerhalb der Organisation die Aufgabenbereiche klar abgegrenzt werden und zuletzt muss es auch möglich sein, die dezentralen Entscheidungen auf Ebene der Gesamtunternehmung zu koordinieren.

Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Horngren, C.T., Datar, S.M. & Rajan, M.V. (2012). Cost Accounting. A Managerial Emphasis (14th Ed.). Harlow: Pearson Education Limited.
  • Horngren, C.T., Harrison, W.T. & Oliver, S.O. (2008). Financial & Managerial Accounting. Upper Saddle River, NJ: Prentice Hall.
  • Jung, H. (2011). Controlling (3. Aufl.). München: Oldenbourg.
  • Merchant, K.A. & Van der Stede, W.A. (2012). Management Control Systems. Performance Measurement, Evaluation and Incentives (3rd Ed.). Harlow, UK: Prentice Hall.
  • Weilenmann, P. (1989). Dezentrale Führung: Leistungsbeurteilung und Verrechnungspreise. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 59. Jg., S. 932-956.

Weiterführende Literatur

  • Bea, F.X. & Göbel, E. (2010). Organisation. Theorie und Gestaltung (4. Aufl.). Stuttgart: Lucius & Lucius.
  • Picot, A. & Böhme, M. (1999). Controlling in dezentralen Unternehmensstrukturen. München: Vahlen.
  • Roth, A. & Behme, W. (Hrsg.). (1997). Organisation und Steuerung dezentraler Unternehmenseinheiten. Wiesbaden: Gabler.

Autoren

Marcel Fallegger, Viviane Trachsel