Internationale Verrechnungspreise

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Verrechnungspreise sind Wertansätze für innerbetrieblich erstellte Leistungen, die von anderen, rechnerisch abgrenzbaren Unternehmensbereichen bezogen werden (Ewert & Wagenhofer, 2008, S. 573). Sie zählen heute zu den wichtigsten Instrumente in der Führung von dezentralen Organisationen (Pfaff & Stefani, 2006, S. 1). Im internationalen Kontext haben Verrechnungspreise im Rahmen der (Konzern-)Besteuerung eine besondere Bedeutung. Mit dem Ansetzen von Verrechnungspreisen kann die Erfolgshöhe zwischen den grenzüberschreitenden Geschäftseinheiten und somit der national anfallende Steueraufwand beeinflusst werden (Weber & Schäffer, 2011, S. 209). Um dieser grenzüberschreitenden Steuerverschiebung entgegenzusetzen, haben insbesondere westliche Industrieländer mit vergleichsweise hohen Steuersätzen in den letzten Jahren die Vorschriften zur Verrechnungspreisbestimmung und zur Dokumentationspflicht deutlich verschärft (Baumhoff, Dücker & Köhler, 2010, S. 301).

Internationaler Leistungsaustausch und Verrechnungspreise

Innerhalb des Konzerns werden verschiedene Leistungen unter den Konzerngesellschaften ausgetauscht. Die wichtigsten grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen innerhalb eines Konzerns sind folgende (Brähler, 2010, S. 407):

  • Übertragung von Wirtschaftsgütern
  • Gebrauchsüberlassung von materiellen Wirtschaftsgütern
  • Gebrauchsüberlassung von immateriellen Gütern
  • Dienstleistungen
  • Kapitalverkehr

Diese grenzüberschreitenden Leistungen werden mit Hilfe von sogenannten internationalen Verrechnungspreisen gegenseitig verrechnet. Die Funktion von internationalen Verrechnungspreisen besteht in der Optimierung der Steuerlast für den Gesamtkonzern. Über die Ausgestaltung und Festlegung von Verrechnungspreisen lassen sich Gewinne einzelner Konzerngesellschaften direkt steuern, wodurch Gewinne in steuerlich vorteilhafte Länder verschoben werden können (Brähler, 2010, S. 413). Das Fallbeispiel „Wirkung von internationalen Verrechnungspreisen“ zeigt mit einem Zahlenbeispiel die Auswirkungen von internationalen Verrechnungspreisen auf die Steuerbelastung und somit wiederum auf den Konzerngewinn auf. Zur Vermeidung extremer steuerliche Gestaltungen durch die Unternehmen haben jedoch Fisken sowie internationale Organisation wie die OECD Gestaltungsempfehlungen und steuerliche Vorschriften erlassen (Weber & Schäffer, 2011, S. 209-210).

Des Weiteren erfüllen Verrechnungspreis zur Reduzierung aussenhandelsspezifischer Kosten bzw. Risiken im grenzüberschreitenden Leistungsaustausch folgende weitere Funktionen (Metz, 2011, S. 14):

  • Begrenzung von Wechselkursrisiken
  • Reduzierung von Zollzahlungen
  • Einhaltung von Import- und Exportbeschränkungen

Rechtliche Grundlagen

Gewinnverlagerung ins Ausland durch unangemessene konzerninterne Verrechnungspreise werden von dem betroffenen Fiskus verständlicherweise nicht akzeptiert, da ihnen dadurch erhebliche Steuereinnahmen entfallen (Bähler, 2010, S. 410). Um dieser Steuerverschiebung entgegenzusetzen, haben insbesondere westliche Industrieländer mit vergleichsweise hohen Steuersätzen in den letzten Jahren die Vorschriften zur Verrechnungspreisbestimmung und zur Dokumentationspflicht deutlich verschärft (Baumhoff & Dücker & Köhler, 2010, S. 301).


In diesem Zusammenhang hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (engl. Organisation for Economic Co-operation and Development) OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen aufgestellt. Die OECD-Leitzsätze stellen Verhaltensnormen und Empfehlungen von Regierungen an die Unternehmen für ein verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten dar. Ziel der OECD-Leitsätze ist es unter anderem die Aktivitäten der multinationalen Unternehmen im Einklang mit den staatlichen Politiken (insbesondere Steuerpolitik) zu bringen. Die Leitsätze beruhen auf Freiwilligkeit und haben keinen rechtlich verbindlichen Charakter. Es besteht jedoch einen von den Mitgliedsstaaten geführter nationalen Kontaktpunkt, bei welchem Verstösse gegen die Leitsätze gemeldet werden können (SECO, online). Neben den OECD-Leitsätzen sind weitere nationale sowie internationale Vorschriften und Regelungen wie zum Beispiel das EU-Übereinkommen anwendbar (Bähler, 2010, S. 425).


In der Schweiz existieren bisher keine spezifischen Verrechnungspreisvorschriften, jedoch beinhalten das geltende schweizerische Steuerrecht und verschiedene Verwaltungsanweisungen zahlreiche Hinweise, wie in der Schweiz Verrechnungspreisfragen gehandhabt werden. Die OECD Richtlinien sowie der Fremdvergleichsgrundsatz finden dabei ebenfalls Anwendung (Stocker & Studer, 2009, S. 386-387).

Methoden der Preisermittlung

In Theorie und Praxis ist eine Vielzahl von Methoden bekannt, wie Verrechnungspreise zu bestimmen sind. Als Alternativen werden dabei ganz grob die folgenden vier Arten unterschieden:

  • Marktbasierte Verrechnungspreise basieren die Bestimmung des Verrechnungspreises auf dem Preis, den bei vergleichbaren Verhältnissen zwei unabhängige Unternehmen vereinbaren würden. Im optimalen Fall existiert bereits ein Markt, auf dem das Zwischenprodukt zu einem einheitlichen Preis angeboten wird.
  • Kostenbasierte Verrechnungspreise gehen von Ist- oder Standardkosten der leistungsabgebenden Einheit aus. Die Verrechnung erfolgt dabei zu reinen Grenzkosten (variablen Kosten), vollen Kosten oder Vollkosten zuzüglich eines Gewinnaufschlags.
  • Verhandlungsbasierte Verrechnungspreise sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen leistungsabgebenden und -beziehenden Teileinheiten. Die Bereiche geniessen bei dieser Methode eine grosse Autonomie, weshalb es auch möglich sein muss, interne Geschäfte ablehnen zu können.
  • Internationale Verrechnungspreise bezeichnen Preise, die der Bewertung von grenzüberschreitenden Lieferungen und Leistungen zwischen Konzerngesellschaften dienen. Den steuerrechtlichen Aspekten kommt daher eine bedeutende Rolle zu.

Die effektive Gestaltung und Implementierung einer Verrechnungspreispolitik erweist sich als überaus schwierig. Die aus der Theorie bekannten konzeptionellen Ansätze erweisen sich nicht selten als ungeeignet für spezifische Situationen. Daraus wächst die Erkenntnis, dass es den richtigen Verrechnungspreis nicht gibt. Trotzdem ist es möglich, anhand einiger Kriterien eine Empfehlung zur Wahl eines geeigneten Ansatzes zu machen.

Sofern ein kompetitiver Markt vorhanden ist, sind Marktpreise (gegebenenfalls ohne Verkaufs- und Distributionskosten) anzuwenden. Bei schlecht spielenden bzw. intransparenten Märkten, differenzierten Produkten oder kleinen Mengen bieten ausgehandelte Preise auf Grundlage von Marktpreisen (Opportunitätskosten) eine Lösungsmöglichkeit. Wenn gar kein Markt existiert, können Verrechnungspreise auf Basis der variablen Kosten mit zusätzlichem Fixkostenbeitrag weiterhelfen.

Dokumentation

Das schweizerische Steuerrecht beinhaltet für Unternehmen keine spezifischen Verpflichtungen zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation. Die Unternehmen sind jedoch verpflichtet, eine vollständige und richtige Veranlagung gemäss DBG Art. 126 (Link zu Unterseite) zu ermöglichen und auf Verlangen der Veranlagungsbehörden mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen sowie die dafür benötigten Dokumente vorlegen zu können. Die Ausgestaltung der Verrechnungspreisdokumentation kann frei gewählt werden. Ein möglicher Aufbau ist auf der Seite Dokumentation von Verrechnungspreise zu finden. Jedoch verweist das ESTV im Kreisschreiben von 1997 (Link extern), dass sich die Steuerbehörden auf den OECD-Leitsätzen und dessen Verrechnungspreisdokumentation abstützen können. Diese beinhalten folgende Punkte:

  • Funktions- und Risikoanalyse
  • Definition von Vergleichsunternehmen
  • Anpassungsrechnung
  • Verprobung der Fremdvergleichsgrundsätze

(Stocker & Studer, 2009, S. 390)

Korrekturen und Gegenberichtigungen

Die Schweizer Steuerbehörde kann Korrekturen von Transaktionen nur vornehmen, wenn sie ein klares Missverhältnis beweisen kann (LINK zur Unterseite). Die Korrektur kann bis auf 5 Jahre zurück vorgenommen werden und wird hauptsächlich für Gewinnkorrekturen angewendet (Stocker & Studer, 2009, S.2-4).

Die OECD-Richtlinien (im DBA-Musterabkommen Art. 9 Abs. 1 (LINK extern) festgelegt) gibt eine ähnliche Gewinnkorrektur vor, wie die Schweiz im OR. Der OECD-Bewertungs-Ansatz ist, wie bereits beschrieben, nach Arm’s length. Um Doppelbesteuerungen bei Korrekturen zu vermeiden, werden die OECD-Vertragsstaaten im Abs. 2 (LINK extern) darauf angehalten, die Anpassungen bei einer begründeten Gegenberichtigung zu akzeptieren. Diese Korrektur ist allerdings keine rechtliche Verpflichtung und wird in den meisten Fällen in den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen geregelt (Brähler, 2010, S.167). Ein mögliches Beispiel ist der Unterseite (LINK zur Unterseite) beschrieben.


Lern- und Praxismaterialien

Aufgaben Fallstudien

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Baumhoff, H., Dücker, R. & Köhler, S. (2010). Besteuerung, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen. Wiesbaden: Gabler.
  • Brähler, G. (2010). Internationales Steuerrecht. Wiesbaden: Gabler.
  • Ewert, R. & Wagenhofer, A. (2008). Interne Unternehmensrechnung. Berlin Heideberg: Springer.
  • Metz, A. (2011). Internationale Transferpreissetzung und der "European Code of Conduct“. München: Grin.
  • Pfaff, D. & Stefani, U. (2006). Verrechnungspreise im Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis. Universität Zürich.
  • Stocker, R. & Studer, C. (2009). Bestimmung von Verrechnungspreisen. Ausgewählte Aspekte der schweizerischen Praxis. Der Schweizer Treuhänder, 5 (2009), S. 368-393.
  • Weber, J. & Schäffer, J. (2011). Einführung in das Controlling. Stuttgart: Schäffer-Poeschl.

Weiterführende Literatur