Marktbasierte Verrechnungspreise

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Eine Methode zur Bewertung von innerbetrieblichen Leistungen sind die marktbasierten Verrechnungspreise. Dabei werden die Verrechnungspreise basierend auf einer vergleichbaren, am externen Markt beziehbaren Leistung aufgrund von Angebot und Nachfrage bestimmt (Ossadnik, 2009, S. 247-248; Weber & Schäffer, 2014, S. 216, 227). Die marktbasierte Verrechnungspreismethode besagt, dass die Preise, welche zwischen verbundenen Unternehmen für Lieferung und Leistung verrechnet werden, den Preisen entsprechen müssen, die unabhängige Unternehmen unter sonst gleichen Marktbedingungen vereinbart hätten (Dawid & Dorner, 2013, S. 137). In der Praxis ist die Verwendung marktbasierter Verrechnungspreise stark verbreitet (Martini, 2007, S. 20). Die breite Akzeptanz entsteht vor allem wegen der optimalen Umsetzung der Lenkungs- und Erfolgsermittlungsfunktion von Verrechnungspreisen. Es müssen allerdings auch einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit die markbasierte Verrechnungspreismethode aus betriebswirtschaftlicher Sicht geeignet umgesetzt werden kann. Falls dies nicht der Fall ist, wird oft auf kostenbasierte Verrechnungspreise zurückgegriffen (Weber & Schäffer, 2014, S. 216, 227).

Ziel und Zweck

Beim Einsatz von Marktpreisen wird der Markpreismechanismus laut Ossadnik (2009) auf Unternehmen und Konzerne übertragen (S. 248). Das heisst, es soll sich jeder einzelne Bereich (Division) wie ein selbstständig am Markt tätiges Unternehmen verhalten (Fischer, Möller & Schulze, 2012, S. 453). Ziel dabei ist eine Simulation des Marktes und somit eine unabhängige Bewertung der transferierten Leistung. Dabei orientieren sich die einzelnen Sparten oder Divisio-nen an den durch Angebot und Nachfrage auf einem externen Markt zustande gekommenen Preis (Ossadnik, 2009, S. 248).

Voraussetzungen

Die Marktpreise sind an einen vollkommenen Markt geknüpft, welcher gemäss Coenenberg, Fischer und Günther (2012) einige Voraussetzungen erfüllen sollte (S. 719). Es muss ein externer Markt vorhanden sein und zwar mit einem einheitlichen Preis für die entsprechenden Produkte. Nur so können diese Preise als Verrechnungspreise übernommen werden. Die beziehenden und liefernden dezentralen Unternehmensbereiche müssen eigenständigen Marktzugang haben (Ossadnik, 2009, S. 247-248). Heuer (2011) nennt als weitere Voraussetzungen, dass die extern gehandelten Produkte die intern produzierten Leistungen ersetzen könnten. Ausserdem muss der Marktpreis beständig sein (S. 212). Darüber hinaus dürfen die Marktpreise nicht durch Angebots- und Nachfrageverhalten der einzelnen Bereiche beeinflussbar sein. Das heisst, der Marktpreis sollte zur jeweiligen Entscheidung passen. Eine kurzfristige Preisgestaltung beispielsweise in Form einer Kampfansage eines Konkurrenten darf die Suche nach einer länger dauernden Beziehung nicht beeinträchtigen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 576; Fischer et al., 2012, S. 453-454). Rechnerich erfassbare Synergieeffekte, die bei externer Lieferung bzw. externen Bezug entfallen, müssen berücksichtigt werden (modifizierter Marktpreis Link zum Eintrag weiter unten). Des Weiteren dürfen keine nicht rechnerisch erfassbaren Verbundvorteile bestehen (beispielsweise mindere Qualität, Unsicherheit der Belie-ferung, Gefahr des Geheimnisverlustes etc.) (Coenenberg et al., 2012, S. 719). Für Ewert und Wagenhofer (2014) ist deshalb klar, dass je besser diese Voraussetzungen gegeben sind und je vollkommener der Markt für ein Gut beziehungsweise eine Leistung ist, desto besser eignet sich der Marktpreis als Verrechnungspreis (S. 576).

Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich, welche entscheidet beziehungsweise beurteilt, in welchen Fällen ein marktbasierter Verrechnungspreis die Lenkungsfunktion erfüllen kann (Ossadnik, 2009, S. 248). Ist eine konkrete Markpreisfindung zu aufwändig oder ist die Voraussetzung des vollkommenen Marktes nicht ausreichend gegeben, greift man oft auf kostenorientiere Verrechnungspreise zurück (Weber & Schäffer, 2014, S. 216).


Ermittlung

Die Bestimmung des Verrechnungspreises basiert auf dem Marktpreis des gehandelten Zwischenprodukts (Ossadnik, 2009, S. 247). Laut Martini (2007) kann der marktbasierte Verrechnungspreis anstatt vom Marktpreis des Zwischenprodukts, auch vom Marktpreis des Endprodukts abgeleitet werden (S. 20). Falls dem Unternehmen durch den internen Absatz keinerlei Vor- oder Nachteile entstehen, so ist der Marktpreis identisch mit den internen Opportunitätskosten. Dadurch kann der Marktpreis als Verrechnungspreis übernommen werden (Jost, 2009, S. 365). Trotzdem gibt es nicht viele Situationen, wo externe Marktpreise als optimale Verrechnungspreise angesehen werden. Um eine für das Gesamtunternehmen optimale dezentrale Entscheidung (Lenkungsfunktion) zu treffen, wird also der Verrechnungspreis häufig nicht exakt dem Marktpreis entsprechen. Er dient lediglich zur Ermittlung der Opportunitätskosten und stellt damit eine Entscheidungshilfe dar. Damit wird die Untergrenze des möglichen marktbasierten Verrechnungspreises bestimmt (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 581). Viele Unternehmungen passen die externen Marktpreise zudem an, sodass die Unterschiede zwischen internem und externem Absatz berücksichtigt werden (Merchant & Van der Stede, 2007, S. 280).

Tatsächlicher Marktpreis

Falls beide Bereiche einen uneingeschränkten externen Markt nutzen können, muss der Verrech-nungspreis sogar gleich dem Marktpreis für das Zwischenprodukt oder der internen Leistung gesetzt werden. Ansonsten würde es zu keinem internen Leistungstransfer kommen. Denn zunächst muss der Verrechnungspreis grösser oder gleich dem Marktpreis sein, damit der leistende Bereich überhaupt interne Abnehmer beliefert. Umgekehrt muss aus Sicht des empfangenden Bereichs der Verrechnungspreis kleiner oder gleich dem Marktpreis sein, damit er sich nicht nur am externen Markt versorgt. Daher ergibt sich Verrechnungspreis gleich Marktpreis. Die Verwendung von Marktpreisen hängt allerdings nicht davon ab, ob die Bereiche den Zwischenproduktemarkt auch tatsächlich nutzen dürfen. Die Unternehmensleitung kann verlangen, dass diese bei Vorhandensein interner Nachfrager oder Anbieter benutzt werden müssen. Umgekehrt kann die Entscheidung auch den Bereichen übergeben werden, wieweit sie auf unternehmensinterne Leistungen zurückgreifen wollen oder nicht. Dadurch soll Wettbewerb ins Unternehmen kommen (Ewert & Wagenhofer, 2014, S. 577).

Praxisbeispiel

Die HeidelbergCement AG zählt zu den führenden Baustoffherstellern der Welt. Dabei ist das Unternehmen in folgende Geschäftsbereiche gegliedert: Zement, Zuschlagsstoffe und Beton, Bauprodukte sowie Konzernservice. Die einzelnen Geschäftsbereiche erbringen gegenseitig Leistungen. Gemäss dem Geschäftsbericht 2009 erzielten die vier Geschäftsbereiche folgende Umsätze mit anderen Geschäftsbereichen (Fischer et al., 2012, S. 453; Geschäftsbericht HeidelbergCement AG, 2009, S. 88-89):

Überschrift 1 Überschrift 2 Überschrift 3
Zement, 712 Mio. EUR Zuschlagsstoffe und Beton, 30 Mio. EUR Zeile 1, Zelle 3
Zeile 2, Zelle 1 Zeile 2, Zelle 2 Zeile 2, Zelle 3

Die Verrechnungspreise wurden auf marktorientierter Basis ermittelt. Dieses Beispiel zeigt, dass auch bei grossen international agierenden Unternehmen diese Verrechnungspreismethode Anwendung findet.

Quellen

Literaturverzeichnis

  • Ewert, R. & Wagenhofer, A. (2008). Interne Unternehmensrechnung (7. Aufl.). Berlin: Springer.
  • Merchant, K.A. & Van der Stede, W.A. (2012). Management Control Systems. Performance Measurement, Evaluation and Incentives (3rd Ed.). Harlow, UK: Prentice Hall.

Weiterführende Literatur

Autoren

Yvonne Merz, Luka Milakovic, Lukas Portmann, Romana Ruoss