Aktienbasierte Vergütungssysteme

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Geprüft: Positiv beurteilt

Unter einem aktienbasierten Vergütungssystem wird eine kapitalmarktorientierte, leistungsgerechte Vergütung von Führungskräften und Mitarbeitenden verstanden, welche als Anreiz für eine langfristige und nachhaltige Wertschaffung des Managements dient (König, 2015, S. 45). Diese Eigenkapitalinstrumente werden grösstenteils von börsenkotierten Unternehmen eingesetzt. Neben einem fixen Bestandteil der Vergütung werden zusätzlich eine oder mehrere variable Vergütungen eingesetzt, welche zur Incentivierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienen sollen (Senn & Pedergnana, 2010, S. 23).

Ziele von aktienbasierten Vergütungssystemen

Damit die folgenden Ziele eines aktienbasierten Vergütungssystems erreicht werden können, ist zuerst der Ursprung der gesamten Vergütungsthematik zu klären. Im Zentrum steht der wissenschaftliche Ansatz des Prinzipal-Agenten-Problems, der die grundlegenden Annahmen zur Vergütungsthematik darlegt.

Beseitigung von Interessenkonflikten

Zwischen den Aktionären und dem Management einer Publikumsgesellschaft besteht ein Konfliktpotential, welches in der Literatur als Prinzipal-Agenten-Problem definiert wird. Die Aktionäre (Eigentümer einer Unternehmung) fungieren als Auftraggeber (Prinzipale), die die Unternehmensführung einer Unternehmensleitung, den sogenannten Beauftragten (Agenten), überlassen. Grundsätzlich sind die Mitglieder der Unternehmensleitung verpflichtet, die Interessen der Eigentümer zu verfolgen. Jedoch stehen die eigenen Interessen, wie beispielsweise allzu grosse unternehmerische Anstrengungen zu vermeiden, in Konflikt mit denen der Aktionäre. Um diesen Interessenskonflikt und der hinzukommenden Informationsasymmetrie zu begegnen, haben die Aktionäre grosses Interesse daran, klare Vorgaben an die Unternehmensleitung, effiziente Kontrollen sowie geeignete Anreizstrukturen, wie zum Beispiel Aktienoptionspläne, zu schaffen (Meyer & Barmettler, 2013, S. 693). Demnach ist das grundsätzliche Ziel eines aktienbasierten Vergütungssystems in einer dezentral organisierten Unternehmung, die Interessenkonflikte so gut wie möglich zu eliminieren, damit im besten Fall alle Organisationsmitglieder dieselben Ziele verfolgen und den Aktionärsinteressen gerecht werden.

Steigerung der extrinsischen Motivation

Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter kann sowohl extrinsisch, als auch intrinsisch motiviert werden. Während die intrinsische Motivation durch den Mitarbeitenden selbst bestimmt wird, kann mit monetären Anreizen die extrinsische Motivation gesteigert werden.

Die Idee aktienbasierter Vergütungssysteme beruht auf der Annahme, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer durch materielle Anreize motivierbar ist. Das Ziel, die Einzelleistung des Mitarbeitenden möglichst exakt mit dem Unternehmenserfolg zu verknüpfen, steht dabei im Vordergrund. Die Anbindung der Vergütungen an bestimmte Unternehmensziele soll eine möglichst langfristige Verhaltenssteuerung im Interesse des Unternehmens herbeiführen (König, 2005, S. 42).

Verbesserung der Unternehmensergebnisse

Eine höhere Motivation führt tendenziell zu einer höheren Leistung (Hofmann, Maucher, Kotula, & Kreienbrink, 2014, S. 149). Die aktienbasierte Vergütung kann in engem Zusammenhang mit dem operativen Geschäftserfolg stehen. Der Hauptgedanke der aktienbasierten Vergütung liegt darin, dass die Höhe der Vergütung steigt, wenn sich das Unternehmen gut entwickelt und im Gegenzug die Vergütung sinken kann, wenn die gewünschten Ergebnisse nicht erreicht werden (Weissenrieder, 2014, S. 16). Somit kann das Verhalten der Mitarbeitenden beeinflusst und gleichzeitig gesteuert werden (Wadewitz, 2015, S. 9).

Unternehmen mit einer aktienbasierten Vergütung verzeichnen in der Regel einen höheren Erfolg (Filbert, Gohm & Rapp, online). Aus diesem Grund spricht man auch zunehmend von einem nachhaltigen Vergütungsmanagement (Weissenrieder, 2014, S. 118). Der Deutsche Corporate Covernance Kodex DCGK empfiehlt sogar, dass Aufsichtsräte neben einem regulären Lohn eine erfolgsorientierte Entlohnung erhalten sollen, da diese dem Unternehmen nachhaltig zur Erfolgsorientierung dient (Aurenz, 2009, S. 98).

Ein weiterer Aspekt hinsichtlich des Unternehmenserfolges ist die Einsparung von Personalkosten in wirtschaftlich schlechteren Zeiten, in dem die Ausgaben für Prämien und Entgelte verringert werden. Somit werden Personalkosten flexibilisiert (Weissenrieder, 2014, S. 118).

Verstärkte Unternehmensidentifikation

Angestellte können mittels einer aktienbasierten Entlohnung eine stärkere Bindung und zugleich Identifikation zum Unternehmen entwickeln (Wadewitz, 2015, S. 9). Unternehmer wünschen sich vermehrt, Mitarbeitenden einen Teil des von ihnen geschaffenen Erfolges zurückzugeben (Weissenrieder, 2014, S. 13). Studien zufolge steigt die Zufriedenheit sowie die Produktivität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittels einer aktienbasierten Vergütung an (Anderson, Foley, Gohm, Kramarsch, Neumann, & Wolff, 2014, S. 6).

Anforderungen an aktienbasierte Vergütungssysteme

Struktur Strategie

Für die Implementierung aktienbasierter Vergütungssysteme sollten zuerst folgende Punkte definiert werden:

Zielgruppe

Aktienbasierte Vergütungen sollen im Hinblick auf einen positiven Unternehmenserfolg jedoch nicht nur für Führungskräfte eingeführt werden, sondern möglichst breit im Unternehmen gestreut werden. Dadurch wird der Shareholder-Value-Ansatz gestärkt, die Interessen der Unternehmenseigentümer sollen mit jenen der Führungskräfte und Mitarbeitenden deckungsgleich sein.

Bemessungsgrundlage

Eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige Wirkung einer erfolgsabhängigen Vergütungskomponente ist die konsequente Orientierung an im Voraus definierten Kennzahlen sowie die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Verteilung (Weissenrieder, 2014, S. 120-121). Um ein Performance Measurement durchführen zu können, wird bei aktienbasierten Vergütungssystemen vorausgesetzt, dass das Unternehmen über einen messbaren Aktienkurs verfügt. Zusätzlich beziehen erfolgreiche Unternehmen mehrere Leistungskriterien zur Berechnung der variablen Vergütung mit ein und werden nach der individuellen Leistung bemessen. Eine höhere Komplexität bei der Auswahl der Performance-Kennzahlen erleichtert in der Regel die Verfolgung von nachhaltigeren Zielen und steigert den Unternehmenswert. Eine verständliche Information an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über den Vorgang ist essenziell (Filbert, Rapp & Muntermann, 2013, S. 65).

Bedingungen

Optionen können mit Sperrfristen versehen und an weitere Bedingungen geknüpft werden, sodass eine Aktie erst nach einer Mindestanzahl an Mitarbeitendenjahren gekauft werden kann. Ebenso muss ein Mitarbeitender in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, um zu verhindern, dass Manager nur an kurzfristigen Steigerungen des Aktienkurses interessiert sind und ihre Handlungen nicht nachhaltig ausgelegt sind (Pellens, Crasselt, & Rockholtz, 1998, S. 11).

Rechtliche Rahmenbedingungen

Eine aktienbasierte Entlohnung wird vor allem in börsennotierten Unternehmen als Teil des Lohnes ausbezahlt (Schulz, 2010, S. 4). Die länderspezifischen Gesetze können Elemente der aktienbasierten Vergütungen jedoch verbieten. Unternehmen, welche ihre Finanzzahlen nach dem Rechnungslegungsstandard IFRS aufbereiten, müssen sämtliche Geschäftsvorfälle mit anteilbasierten Vergütungen im Abschluss ausweisen. Dazu gehört auch die Vergütung der Mitarbeitenden mittels Aktien.

Klare Kommunikation

Eine eindeutige Kommunikation von aktienbasierten Vergütungssystemen erhöht im Allgemeinen die Mitarbeiterzufriedenheit und steigert die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen. Einen positiven Effekt auf die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erzeugen innovative Kommunikationsmethoden, wie etwa Image-Videos oder der Einbezug von sozialen Medien. Zusätzlich sollte die Kommunikation bezüglich der steuerlichen Behandlung der LTI-Pläne für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so klar wie möglich ausfallen (Filbert et al., 2013, S. 66).

Formen von aktienbasierten Vergütungssystemen

Die aktienbasierten Vergütungssysteme können wie folgt systematisiert werden (Schulz, 2010, S. 84):

Reale Eigenkapitalinstrumente Virtuelle Eigenkapitalinstrumente
Aktiencharakter Belegschaftsaktien bzw. Restricted Stocks Virtuelle Aktien bzw. Phantom Stocks
Optionscharakter Reale Aktienoptionen bzw. Stock Options Virtuelle Aktienoptionen bzw. Stock Appreciation Rights
  • Belegschaftsaktien / Restricted Stocks können durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Arbeitgeber zu günstigen Konditionen bezogen werden. Die Aktienbezüger sind dividendenberechtigt und verfügen über ein Stimmrecht. Oftmals wird aber eine Sperrfrist für den Weiterverkauf der Aktien vom Arbeitgeber vorgegeben (Schulz, 2010, S. 83).
  • Reale Aktienoptionen / Stock Options sind Rechte, mit welchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Aktien vom Arbeitgeber zu einem im vornherein vereinbarten Preis beziehen können. Ein allfälliger Aktienbezug muss innert einer festgelegten Frist erfolgen (Pellens et al., 1998, S. 12). Der Bezug der Aktien ist freiwillig. Die Ausübung dieser Rechte ist sinnvoll, wenn der aktuelle Aktienkurs den vereinbarten Preis übersteigt. Durch Aktienoptionen ist das Verlustrisiko für den berechtigten Bezüger auf den Wert der Option beschränkt (Schulz, 2010, S. 84). Wie bei Belegschaftsaktien können Sperrfristen und Bedingungen definiert werden, beispielsweise mit der Voraussetzung des Verbleibes der Aktien im Unternehmen (Pellens et al., 1998, S. 12).
  • Virtuelle Aktien / Phantom Stocks stellen fiktive Aktien dar, welche auf einem Konto zu einem Basispreis pro Bucheinheiten geführt werden. Nach Ablauf der Sperrfrist wird die Differenz aus dem aktuellen Aktienkurs und dem Basispreis plus allfällige Dividenden bar ausbezahlt (Schulz, 2010, S. 83). Im Gegensatz zu den realen Aktienoptionen wird das Verlustrisiko von den Mitarbeitenden getragen.
  • Virtuelle Aktienoptionen / Stock Appreciation Rights sind Rechte, mit welchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb einer festgelegten Frist eine Gehaltszahlung beanspruchen können. Die Höhe der Entlohnung entspricht der Differenz aus dem aktuellen Aktienkurs und dem vereinbarten Basispreis. Wie bei echten Optionen kann eine Sperrfrist vereinbart werden, wodurch die Begünstigten nur dann eine Entlohnung erhalten, wenn sie bis zum Ablauf der Sperrfrist beim Unternehmen angestellt bleiben (Pellens et al., 1998, S. 13).

Herausforderungen von aktienbasierten Vergütungssystemen

Struktur Kultur

In einem dezentral organisierten Unternehmen besteht prinzipiell die Herausforderung, geeignete Anreizstrukturen in Form von Grundsätzen und Regeln als sogenannte Corporate Governance festzulegen. Dabei sollen die Interessen der Eigentümer und die der Unternehmensleitung in Einklang gebracht werden.

Fehlende Langfristigkeit

Aktienoptionspläne werden aufgrund des direkten Bezuges zur Aktienkursentwicklung als durchaus problematisch betrachtet, da ihnen eine kurzfristige Leistungsbeurteilung von Führungskräften unterstellt werden kann. Kritiker bezeichnen die mittels Aktienoptionsplänen geschaffenen Anreizstrukturen als nicht genügend nachhaltig, da sie vorwiegend auf kurzfristige Kurssteigerungen abzielen würden (Gabler Wirtschaftslexikon, online). Nachteile können beispielsweise aus Fehlentscheidungen resultieren, die auf die kurzfristige Erhöhung des Börsenkurses abzielen. Damit verbunden sind riskantere Entscheidungen, die nicht zwingend höhere Erträge für das Unternehmen einbringen (Lehner, 2003, S. 334-335).

Während die Aktionäre von einer langfristigen Wertsteigerung ausgehen, kann beim Management die Tendenz zur kurzfristigen Sicht bestehen (Janocha, 2014, S. 25). Das Management kann zum Beispiel Kosteneinsparungen im Bereich der Forschung und Entwicklung vornehmen. Dadurch werden der Cash-Flow und der Unternehmenswert kurzfristig gesteigert. Langfristig gesehen kann dieser Entscheid dem Unternehmen schaden, wenn keine neuen Produkte und Dienstleistungen mehr entwickelt und verkauft werden.

Fehlendes Malus-System

Des Weiteren können für ein Unternehmen Nachteile entstehen, wenn das Aktienoptionsprogramm so ausgestaltet ist, dass das Management nur an den steigenden Aktienkursen beteiligt ist, anstatt sich an den Konsequenzen von steigenden und fallenden Aktienkursen beteiligen zu müssen (Lehner, 2003, S. 334-335).

Das Management (Agenten) profitiert zwar von Aktienkurssteigerungen, jedoch ist dann seine Stellung nicht mehr mit der eines Aktionärs (Prinzipal) vergleichbar, der auch (mittelbar) für Unternehmensverluste einzustehen hat. Als Folge kann sich unternehmerisches Denken nur bedingt entwickeln.

Je weniger eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer finanziell auf die zusätzliche Vergütung angewiesen ist, desto weniger motivierend wirkt die aktienbasierte Vergütung. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer erleidet ausser dem fehlenden Bonus keine Einbussen oder Verluste (König, 2005).

Die konsequente Umsetzung einer symmetrischen Chancen-Risiko-Verteilung mit einem entsprechenden Malus-System findet in der Praxis nur bedingt statt (Senn & Pedergnana, 2010, S. 24).

Fehlende Nachvollziehbarkeit

Ein nicht korrekt funktionierendes aktienbasiertes Vergütungssystem kann unter Umständen Fehlsteuerungsimpulse verursachen. So kann beispielsweise durch eine unterschiedliche Vergütung von Mitarbeitenden eine Unsicherheit in einem Unternehmen entstehen und die jeweilige Höhe der Vergütung ist für den einzelnen Mitarbeitenden nicht mehr nachvollziehbar (Weissenrieder, 2014, S. 213).

Kein Führungsersatz

Ein aktienbasiertes Vergütungssystem ist als eine Steuerungshilfe zu verstehen und führt isoliert betrachtet nicht direkt zu einer Wertschöpfung im Unternehmen. Erst das Zusammenspiel von einer entsprechenden Organisationsstruktur, einem angepassten Führungsstil und einer aktienbasierten Entlohnung führt zu einem nachhaltigen Leistungs- und Vergütungsmanagement (Weissenrieder, 2014, S. 214).

Keine reine Motivationsfunktion

Aktienbasierte Vergütungssysteme sind nicht nur als Motivationshilfe anzusehen, sondern sollen auch eine Handlungsempfehlung für Mitarbeitende darstellen. Grundsätzlich gilt: Je höher eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in der Hierarchiestufe eingeordnet ist, desto wirksamer ist eine Zielvereinbarung mittels aktienbasierter Vergütung (Weissenrieder, 2014, S. 217). Folglich sollte genau überlegt werden, welche Mitarbeitenden in ein aktienbasiertes Vergütungssystem aufgenommen werden sollen und welche nicht.

Fehlender Zusammenhang zwischen Aktienkurs und Managementleistung

Im Rahmen des Performance Measurements wird bei den aktienbasierten Vergütungen davon ausgegangen, dass die Aktienkursentwicklung der Leistung des Managements entspricht (Kluckow, 2014, S. 130). Bekanntlich reagiert der Aktienkurs aber auch auf externe Einflüsse, weshalb die individuelle Leistung anhand des Aktienkurses nicht exakt gemessen werden kann. Lässt sich der Aktienkurs durch die Leistung des Managements nicht oder nur schwach beeinflussen, so werden die Anreizwirkung und somit die Bemühungen des Managements gering sein (Peng & Röell, S. 2).

In einer dezentral geführten Organisation muss demnach geklärt werden, wie stark das Management überhaupt Einfluss auf die Aktienkursentwicklung hat. Wenn der Einfluss nicht oder nur schwach gegeben ist, sollte grundsätzlich geprüft werden, ob der Einsatz eines aktienbasierten Vergütungssystems in diesem Fall überhaupt sinnvoll ist.

Quellen

Autoren

Fabienne Schön, Fabio Scheiwiller, Luzia Stadelmann