Leistungsmessung bei Revenue-Centern
Die Leistungsmessung ist beim Revenue-Center, verglichen mit der Leistungsmessung anderer Center-Typen, wesentlich uneinheitlicher und unklarer definiert. Diese Tatsache ist darauf zurückzuführen, dass in der Literatur unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, wie weitreichend die Kompetenzen sowie Verantwortungsbereiche des Managements in einem Revenue-Center ausgestaltet sein sollen. Daraus resultiert eine uneinheitliche Definition der Leistungsmessung.
Unterschiedliche Auffassungen in der Theorie
Nachfolgend werden unterschiedliche Auffassungen über die Kompetenzen und Verantwortungen sowie über die Leistungsmessung beim Revenue-Center dargestellt:
- Gemäss Ewert & Wagenhofer (2014) verantwortet ein Revenue-Center lediglich die Erlös-, nicht aber die Kostenseite. Die verursachten Kosten werden in der Standardkostenrechnung berücksichtigt, da diese für Erlössteigerungsaktivitäten bekannt sein müssen. Weiter halten sie fest, dass im Marketingbereich selten ein Revenue-Center in reiner Form vorzufinden ist. Dies begründen sie damit, dass die verursachten Kosten in die Verantwortlichkeitsbereiche jener Personen fallen, die wiederum vom Erlös profitieren (S. 393).
- Bea & Göbel (2006) nennen als primäre Messgrösse eines Revenue-Centers den Erlös. Als Beispiel nennen sie das Erreichen eines Mindesterlöses bei gegebenem Absatzprogramm. Weiter wird erwähnt, dass das Management eines Revenue-Centers die Wahl der absatzpolitischen Instrumente, bei gegebenem Absatzprogramm, selbst treffen kann (S. 384).
- Nach Merchant & Van der Stede (2012) ist das Management eines Revenue-Centers in erster Linie für den Umsatz verantwortlich. Allerdings erwähnen sie weiter, dass es besonders im Vertriebsbereich üblich ist, das Management für gewisse Kosten verantwortlich zu machen. In diesem Fall sprechen sie von einem Net Revenue-Center. Dabei erinnert die Verantwortung für Kosten und Umsatz stark an ein Profit-Center. Die Trennung dieser beiden Center-Typen wird dadurch begründet, dass in einem Revenue-Center keine Gewinnkalkulation durchgeführt wird mit einer Gegenüberstellung von Output und Input. Somit kann das Revenue-Center nicht mit den Herstellungskosten der verkauften Produkte oder Dienstleistungen belastet werden (S. 265).
- Nach Gladen (2014) muss ein Revenue-Center Verantwortung für die Erlösseite übernehmen, sofern sein Management Entscheidungen über Verkaufsvolumen und -mix treffen kann. Sollte zu diesen Kompetenzen auch die Festlegung des Preises zählen, trägt das Management zudem die Verantwortung für einen Gewinnbeitrag (Deckungsbeitrag). Ist dies der Fall, werden die Kosten über Standardkosten miteinbezogen. Die Leistungsmessung erfolgt auf diese Weise über Abweichungsanalysen (S. 184).
- Gemäss Weilenmann (1989) ist das Management eines Revenue-Centers für das physische Verkaufsvolumen, den Verkaufsmix sowie die Kosten seines Bereichs verantwortlich, sofern die Preise zentral festgelegt werden. Sollte es jedoch den Preis selber bestimmen können, verantwortet es zusätzlich auch einen Gewinnbeitrag (Deckungsbeitrag). Für Weilenmann ist das primäre Instrument zur Leistungsmessung die Analyse der Erlösabweichungen (S. 4).
- Gemäss Kaplan (2006) ist ein Revenue-Center verantwortlich für den Verkauf von Fertigprodukten oder Dienstleistungen. Diese werden von Cost-Centern, beziehungsweise Service-Centern produziert. Die Leistung wird anhand des Bruttoumsatzes gemessen, weil das Revenue-Center bezüglich Preisfestlegung und Rabatten eingeschränkt ist (S. 2).
- Pérez (2008) bezeichnet den Erlösumfang als Mess- und Steuerungsgrösse. Dies bedeutet, dass einzig die vorgegebenen Erlöse erreicht werden müssen (S. 34).
Aus den beschriebenen unterschiedlichen Ansätzen kristallisiert sich heraus, dass die Leistungsmessung grundsätzlich anhand des Umsatzes, eines Deckungsbeitrags, einer Balanced Scorecard oder mit Hilfe einer Abweichungsanalyse erfolgen soll.
Leistungsmessung anhand des Umsatzes
Aufgrund der direkten Beziehung des Revenue-Centers zum Absatzmarkt ist es naheliegend, das Revenue-Center anhand des Umsatzes zu messen. Es hat in der Regel keine direkte Beziehung zum Beschaffungsmarkt, sondern bezieht seine zu verkaufenden Produkte oder Dienstleistungen von konzerninternen Gesellschaften (Weilenmann, 1989, S. 4). Da das primäre Ziel im Absatz liegt, werden die Kosten vernachlässigt und lediglich die Erreichung eines vorgegebenen Umsatzzieles analysiert und gemessen. Die Leistungsmessung anhand des Umsatzes ist beim Revenue-Center gewissermassen Standard und ohne grössere Probleme möglich. Es ist sinnvoll und ratsam, eine verfeinerte Unterteilung in Umsatztotal, Umsatzwachstum, Umsatz pro Kunde, Region oder Produkt vorzunehmen. Auf diese Weise erhält das Management aussagekräftigere Informationen für zukünftige Entscheide. Atkinson, Kaplan, Matsumura & Young (2012) erwähnen hierzu, dass es üblich ist, die dem Revenue-Center zurechenbaren Kosten zu subtrahieren, um den tatsächlichen Nettoumsatz eruieren zu können (S. 495). Da sich der Umsatz aus der Multiplikation von Preis und Menge ergibt, muss beachtet werden, auf welche Variablen das Management Einfluss nehmen kann. Sofern es keinen Einfluss auf den Preis hat, verantwortet es gemäss Meissner (2000) lediglich das physisch realisierte Verkaufsvolumen (S. 107). Demzufolge kann die Leistung anhand der Absatzzahlen sowie anhand des Umsatzes, respektive anhand des Umsatzes pro Kunde, gemessen werden. Hat das Management hingegen eine Einwirkungsmöglichkeit auf den Preis, so wird es gemäss Weilenmann (1989) anhand des Betriebsgewinns und Bruttogewinns gemessen (S. 4).
Leistungsmessung anhand eines Deckungsbeitrages
Sofern das Management eines Revenue-Centers den Verkaufspreis frei gestalten kann, trägt es die Verantwortung für einen Deckungsbeitrag (Weilenmann, 1989, S. 4). Gemäss Gladen (2014) werden dann die Kosten über die Standardkostenrechnung miteinbezogen (S. 184). Dank der Deckungsbeitragsrechnung können unter anderem Entscheide über make or buy sowie über eine Preisuntergrenze fundiert gefällt werden. Die eruierten Daten bezüglich make or buy müssen mit dem konzerninternen Cost-Center abgesprochen werden, da das Revenue-Center selbst keine Waren produziert. Im Vertrieb ist es üblich, die Verkäufer mittels einer Provision, basierend auf dem erzielten Umsatz, zu entschädigen. Zudem statten Verkäufer den Kunden Besuche ab und machen deshalb Reise- und Spesenrückerstattungen geltend. Die so anfallenden Kosten können direkt dem Revenue-Center zugerechnet werden. Obwohl das Management des Revenue-Centers dadurch sowohl für Umsätze als auch für gewisse Kosten verantwortlich ist, kann es nicht als Profit-Center-Management, sondern als Management eines Net Revenue-Center bezeichnet werden (Merchant & Van der Stede, 2012, S. 265). Auch Weuster (2010) greift die Überschneidungen zum Konzept des Profit-Centers auf und spricht in diesem Zusammenhang von einer Übergangsform zum Profit-Center (S. 156).
Leistungsmessung anhand der Balanced Scorecard |
Es ist empfehlenswert, eine Balanced Scorecard auf Stufe des Revenue-Centers zu führen, da die Verfolgung der Umsatzziele auf kurze Frist ebenfalls andere Variablen beeinflusst. Zudem sollten neben finanziellen Kennzahlen auch nicht-finanzielle Kennzahlen verwendet werden, welche beispielsweise die Höhe der Kundenzufriedenheit messen. Dadurch erhält das Management eine ganzheitliche Sicht (Arnaboldi, Azzone, & Giorgino, 2014, S. 124). Dank der Balanced Scorecard wird innerhalb der Unternehmung eine kundenorientierte Kultur geschaffen (Kaplan, 2006, S. 4).
Kritische Würdigung
Aus Sicht der Autoren macht die Ausgestaltung einer organisatorischen Einheit als reines Revenue-Center, welches ausschliesslich am Umsatz gemessen wird, wenig Sinn. Diese Auffassung wird von Kinney, Raiborn und Poznanski (2011) gestützt, da sie der Meinung sind, dass reine Revenue-Center in der Praxis kaum existieren (S. 509). In jedem vertriebsorientierten Bereich fallen Kosten an. Aus diesem Grund ist es nicht praxisnah, die Kosten zu vernachlässigen. Diese Ansicht teilen Kaplan und Atkinson (2014), denn wenn das Management des Revenue-Centers nur anhand der Umsatzzahlen gemessen wird, kann dies einige negative Folgen für das Gesamtunternehmen mit sich bringen. Das Management könnte nämlich dazu motiviert werden, die Preise zu senken, um so den Gesamtumsatz zu erhöhen, übermässige Geldbeträge für Werbung auszugeben oder vorwiegend Produkte zu verkaufen, die eine kleine Gewinnmarge haben (S. 295).
Lern- und Praxismaterialen
Aufgaben |
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Quellen
- Arnaboldi, M., Azzone, G. & Giorgino, M. (2015). Performance Measurement and Management for Engineers. Heidelberg: Elsevier.
- Atkinson, A. A., Kaplan, R. S., Matsumura, E.M. & Young, S.M. (2012). Management Accounting. Information for decision making and strategy execution. Edinburgh: Pearson.
- Bea, F. X. & Göbel, E. (2006). Organisation. Theorie und Gestaltung (3. Aufl.). Stuttgart: Lucius & Lucius.
- Ewert, R. & Wagenhofer, A. (2014). Interne Unternehmensrechnung (8. Aufl.). Berlin: Springer.
- Gladen, W. (2014). Performance Measurement. Controlling mit Kennzahlen (6. Aufl.). Wiesbaden: Verlag Dr. Th. Gabler/GWV Fachverlage GmbH.
- Kaplan, R. S. (2006). The Demise of Cost and Profit Centers. Harvard Business School, Working Paper, No. 07–030.
- Kaplan, R. S. & Atkinson, A. A. (2014). Advanced Management Accounting (3rd Ed.). Harlow: Pearson Education Limited.
- Kinney, M. R., Raiborn, C. A. & Poznanski, P. J. (2011). Cost Accounting: Foundations and Evolutions. Nashville: Southwestern.
- Meissner, H. (2000). Center-Konzepte: Ein integrierter theoretischer Bezugsrahmen. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.
- Merchant, K. A. & Van der Stede, W. A. (2012). Management Control Systems. Performance Measurement, Evaluation and Incentives (3rd Ed.). Harlow, UK: Prentice Hall.
- Pérez, N. M. (2008). Service Center Organisation. Neue Formen der Steuerung von internen Dienstleistungen unter besonderer Berücksichtigung von Shared Services. Wiesbaden: Gabler.
- Weilenmann, P. (1989). Dezentrale Führung: Leistungsbeurteilung und Verrechnungspreise. Der Schweizer Treuhänder, 3/89, S. 77-84.
- Weuster, A. (2010). Unternehmensorganisation. Organisationsprojekte - Aufbaustrukturen (4. Aufl.). Mering: Rainer Hampp.
Autoren
Fabienne Huber