Treiberbasierte Planung

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Ob ein Unternehmen erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Zentral dabei sind Einflussfaktoren, die sich unmittelbar auf die Kosten oder die Geschäftssituation auswirken. Solche Einflussfaktoren werden als Unternehmens- oder Geschäftstreiber bezeichnet. Um auf die immer volatileren Märkte besser und schneller reagieren zu können, gewinnt die treiberbasierte Planung an Bedeutung. Als Bestandteil der operativen Planung werden bei einer treiberbasierten Planung die wichtigsten internen und externen Einflussgrössen identifiziert und darauf der Fokus gelegt. Eine entsprechende Software hilft, mit den vorhandenen Daten mögliche Szenarien zu simulieren. Mit der Unterstützung softwarebasierter Programme und den wichtigsten Einflussfaktoren, gestaltet sich die Planung dadurch effizienter und schneller (Barkalov, 2015, S. 41-55; Rieg, 2015, S. 94-96).

Definition treiberbasierte Planung

Die treiberbasierte Planung ist eine Vorgehensweise im Bereich der Budgetierung und Planung. Im Gegensatz zu anderen Planungsansätzen setzt die treiberbasierte Planung stärker auf die Ursache-Wirkungsbeziehungen des Geschäftsmodells. Im Sinne einer rollierenden Planung erlaubt die Analyse der Wechselwirkungen und Abhängigkeiten, verschiedene Szenarien zu entwickeln und diese schnell anzupassen (Rieg, 2015, S. 95). Diese Treibermodelle basieren auf multidimensionalen und mathematischen Beziehungen, welche kausale Ursachen zwischen einer Kennzahl und den wichtigsten Hebeln eines Geschäftsmodells beschreiben (Hagl et al., 2018, S. 26).

Begriffsdefinition Treiber

Abb. 1: Treiber nach Branchen (eigene Darstellung in Anlehnung an Barkalov, 2015, S.46)

Jedes Unternehmen (sowohl produzierende als auch Dienstleistungsunternehmen) generiert im Verlaufe der Produktion Kosten. Diese Kosten können je nach Branche und Unternehmung zwar stark voneinander abweichen, dennoch lassen sich bei jedem Unternehmen die verschiedenen Kostentreiber identifizieren. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen internen sowie externen Treibern. Während interne Kostentreiber (Bsp. Image, Bekanntheitsgrad einer Marke) durch das Unternehmen beeinflusst und justiert werden können, ist dies bei externen Treibern (Bsp. Rohstoffkosten, politische Sanktionen) kaum oder gar nicht möglich (Barkalov, 2015, S. 41). In einem weiteren Schritt wird zwischen branchenübergreifenden, branchen- und unternehmensspezifischen Treibern unterschieden. Während sich die internen sowie externen Treiber somit durch die «Beeinflussbarkeit» unterscheiden, unterscheiden sich die letzteren Treiber vor allem durch die individuelle Situation eines jeden Unternehmens (Barkalov, 2015, S. 41). Nicht alle Kostentreiber eines Unternehmens sind schlussendlich für die treiberbasierte Planung relevant. Viel wichtiger ist die konkrete Bestimmung der wichtigsten Kostentreiber. In Abbildung 1 werden die wichtigsten Treiber pro Branche dargestellt. Je nach individueller Marktposition und Kostenstruktur eines Unternehmens, können diese aber abweichen und sind somit nicht als fest zu betrachten (Barkalov, 2015, S. 41).

Identifikation der Kerntreiber

Die Identifikation der unternehmensspezifischen Treiber ist keine leichte Aufgabe und viele Unternehmen kennen ihre unternehmensspezifischen Treiber nicht (Barkalov, 2015, S. 45). Um die relevanten Treiber zu identifizieren, sollte auf eigene empirische Daten sowie die Sachlogik des Geschäftsmodells geachtet werden (Rieg, 2015, S. 94). Unternehmen müssen sich auf die wichtigsten Treiber fokussieren und sollten sich nicht in der Fülle an Einflussfaktoren verlieren. Die Anzahl der benötigten Treiber ist je nach Unternehmen individuell festzulegen. Ein grober Richtwert läge zwischen drei und maximal 15 Treibern (Barkalov, 2015, S. 47). Es gilt eine klare Unterscheidung zwischen Zielen und Treibern zu machen. Ziele können beispielsweise gewisse Grössen sein wie ein bestimmter Umsatz oder Gewinn. Treiber sind die massgeblichen Faktoren, welche die genannten Grössen letztlich beeinflussen. (Barkalov, 2015, S. 54).

Im Wesentlichen bestehen drei Ansätze bzw. Methoden zur Identifikation von Kerntreibern (Barkalov, 2015, S. 59). Unabhängig davon, welcher Ansatz gewählt wird, müssen die Treiber regelmässig überprüft werden. Einen bestimmten Zeitabstand gibt es dabei jedoch nicht. Die Perioden sind dabei unter anderem von der Phase des Unternehmens abhängig. Während ein Start-Up häufiger die Treiber wechselt und ausprobiert, werden etablierte Unternehmen diese in grösseren Abständen prüfen (Barkalov, 2015, S. 62).

Werttreiberanalyse

Abb. 2: Vorgehen Werttreiberanalyse (eigene Darstellung in Anlehnung an Barkalov, 2015, S. 60)

In einem ersten Schritt wird bei der Werttreiberanalyse zwischen quantitativen und qualitativen Werttreibern unterschieden. Bei der qualitativen Betrachtung stehen die Chancen und Risiken der Geschäftstätigkeit in den verschiedenen Unternehmensbereichen im Mittelpunkt. Bei der quantitativen Analyse hingegen wird sich vor allem mit Gewinn und Verlust sowie Bilanzzahlen befasst (Barkalov, 2015, S. 60). Werttreiberbäume werden mithilfe eines Top-Down-Ansatzes erstellt. Dies beginnt mit dem Ergebnisartikel (Ebene 1) und zerlegt ihn entsprechend der beteiligten Treiber. Treiber werden zunächst auf der Grundlage von Expertenschätzungen ausgewählt und kontinuierlich validiert und angepasst, bis nachhaltige Beziehungen hergestellt sind (Liermann & Stegmann, 2019, S. 102). Der grösste Vorteil liegt dabei im strukturierten und transparenten Vorgehen sowie der logischen Verknüpfung zwischen den Unternehmensebenen. Die Methode ist hilfreich dabei, die identifizierten Treiber mit Kennzahlen zu verbinden und diese in der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung zu verankern. Ein Nachteil der Werttreiberanalyse ist die Komplexität. Weiter sind die Ergebnisse oft durch vergangene Werte sowie Subjektivität beeinflusst (Barkalov, 2015, S. 60).

Abb. 3: Share of Voice Methode - Beispiel (eigene Darstellung in Anlehnung an Barkalov, 2015, S. 61)

Social Media Analytics Approach

Die Share of Voice-Methode basiert auf der Analyse von Themen bzw. Faktoren, welche innerhalb des Unternehmens am meisten diskutiert werden und somit die grösste Aufmerksamkeit erhalten (Barkalov, 2015, S. 60). Durch diesen Ansatz wird ein umfassendes Bild geschaffen, wobei die Meinungen in Expertengruppen oder nach Rollen bzw. Ebenen strukturiert werden können. Dieses Bild lässt sich dabei leicht auf die Kunden und die Branche ausweisen und spiegelt somit die aktuellen Herausforderungen wider. Die Interessensgruppen können dabei jedoch das Bild stark verzerren. Weiter kann die Informationsbeschaffung eine Schwierigkeit darstellen, da Betriebsräte den Zugriff auf Kommunikationswege wie E-Mail-Verkehr oder Meeting-Protokolle erschweren (Abwehrhaltung) (Barkalov, 2015, S. 60-61).

Big Data Analytics Approach

Bei der Big Data-Methode werden historische Daten in grossem Umfang analysiert. Dies beinhaltet sowohl vergangene Marktdaten als auch zukünftige Trends. Dabei handelt es sich um ein «lernendes Modell», welches auf der Analyse von Big Data (Daten von den letzten 10-15 Jahren) beruht. Die Kerneinflussfaktoren können so auf zukünftige Unternehmensziele abgeleitet werden und damit ein konkreter Zusammenhang zur Strategie eines Unternehmens hergestellt werden (Barkalov, 2015, S. 61). Der Vorteil dieser Herangehensweise liegt darin, dass eine gewisse Objektivität vorhanden ist und die Daten von den Meinungen einzelner Personen unabhängig sind. Damit eine statistische Relevanz jedoch gewährleistet ist, müssen genügend Daten vorhanden sein (Barkalov, 2015, S. 61).

Einführung der treiberbasierten Planung

Will ein Unternehmen von einer traditionellen Planung neu auf eine treiberbasierte Planung umsteigen, müssen einige Punkte besonders beachtet werden. In der untenstehenden Tabelle sollen die notwendigen Bedingungen, respektive Unterschiede zwischen den beiden Planungsvarianten dargestellt werden.

Traditionelle Planung Treiberbasierte Planung
Reporting

Diverse Reportingberichte, welche in verschiedenen Zyklen an das Management übermittelt werden. Meist handelt es sich um Kennzahlenberichte sowie deren Entwicklung.

Reduktion der Daten auf die wesentlichen Wertetreiber und deren direkten Folgen (Eckwertplanung).

Planungszyklen
  • Budgetplanung oftmals 12 Monate
  • Taktische Planungen bis zum 3. oder 5. Folgejahr
  • Forecast-Planungen bis zum Jahresende
  • Ereignisorientierte Budgetplanung über 12 Monate
  • Rollierende Forecasts in kürzeren Planungszyklen
Planungsprozess

Meist ein fest vordefinierter Planungsprozess, welcher aus verschiedenen Teilplanungselementen besteht.

Fokussierung auf diejenigen Elemente des Planungsprozesses welche einen merklichen Einfluss auf die Planung und Prognose haben.

IT-Systeme

Meist reicht Microsoft Excel aus, um die grundlegenden Berechnungen durchzuführen.

Durch die steigende Komplexität und zur besseren visuellen Abbildung der verschiedenen Verknüpfungen sind professionelle BI-Systeme sowie spezialisierte Software-Lösungen von Vorteil.

Erstellung eines Treiberbaums

Abb. 4: Treiberbaum als Beispiel (Isbruch et al., 2016, S. 75)

Da die treiberbasierte Planung im Gegensatz zu der traditionellen Planung meist (je nach Unternehmensorganisation) komplexer ist, empfiehlt es sich die identifizierten Treiber anhand eines Treiberbaums darzustellen (Schäffer & Weber, 2016, S. 9-15). Durch Treiberbäume können die wesentlichen Treiber sowie deren Ursache-Wirkung Beziehung grundlegend und übersichtlich analysiert werden (Schäffer & Weber, 2016, S. 10-11). In Abbildung 4 soll ein einfacher Treiberbaum, welcher in dieser Form bei einem Unternehmen angewendet werden könnte, illustriert werden.

Wie Abbildung 4 aufzeigt, ist die Darstellung der verschiedenen Unternehmenstreiber anhand eines Treiberbaums eine sinnvolle Variante, um die Ursache-Wirkung Beziehung zwischen den verschiedenen Treibern und etwaigen Kennzahlen zu analysieren und zu verstehen. Jedoch ist ebenfalls zu beachten, dass Treiberbäume gerade in grossen Unternehmungen teilweise sehr komplex und in diesem Sinne unübersehbar werden können und in diesem Zusammenhang eher kontraproduktiv wirken (Schäffer & Weber, 2016, S. 15).

Herausforderungen

Folgende Herausforderungen haben sich herausgestellt bei der Umsetzung der treiberbasierten Planung (Liermann & Stegmann, 2019, S. 104):

1. Ableitung und Bestimmung objektiver kausaler Beziehungen
In der treiberbasierten Planung im Finanzsektor fehlt es oft an klaren kausalen Beziehungen und Branchenstandards. Stattdessen stützt man sich auf Expertenschätzungen und vernachlässigt die objektive Validierung nicht-intuitiver Treiber. Dies liegt vor allem an der Komplexität der Methoden und dem Mangel an automatisierten Tools und Daten. Dies führt dazu, dass wichtige Treiber nicht erkannt werden, was spätere Abweichungsanalysen erschwert (Liermann & Stegmann, 2019, S. 104).

2. Operationalisierung: Granularität und Anzahl der Treiber
Bei der Gestaltung von Werttreiberbäumen in der mittelfristigen Planung ist es wichtig, die praktische Umsetzbarkeit zu berücksichtigen. Die Verwaltung der Treiber erfolgt oft manuell, da keine vollautomatische Planung existiert. Eine hohe Anzahl von Treibern erhöht die Planungskomplexität und den Aufwand, was die Akzeptanz ausserhalb des Planungsteams beeinträchtigen kann. Es besteht also ein Balanceakt zwischen der Granularität der Werttreiberbäume, dem Planungsaufwand und der Akzeptanz der Planer (Liermann & Stegmann, 2019, S. 104).

3. Kenntnis der Treiber im Vergleich zur Fähigkeit, die Treiber zu planen/vorauszusagen
Bei der Identifizierung von Treibern für die Planung ist es wichtig, nicht nur ihre Bedeutung für das Ergebnis zu berücksichtigen, sondern auch ihre tatsächliche Vorhersagbarkeit zu prüfen. Ein Beispiel dafür ist die Internetverfügbarkeit, die sich auf digitale Geschäftsmodelle und den Vertriebskanal für Direktbanken auswirken kann. Allerdings ist die genaue Vorhersage der Internetverfügbarkeit in den nächsten Jahren schwer, insbesondere wenn es sich um externe Treiber handelt. Daher sollte die Vorhersagbarkeit bei der Integration zusätzlicher Treiber in Betracht gezogen werden (Liermann & Stegmann, 2019, S. 105).

Auswirkungen auf das Controlling-Rollenprofil

Die Digitalisierung und die damit einhergehende Tendenz im Bereich des Controllings agile Methoden einzusetzen bringt einen starken Wandel des Rollenprofils des Controllers*in mit sich (Schäffer & Weber, 2016, S. 9-15). So bedingt die treiberbasierte Planung, dass ein Controller*in sich zunehmend neue Fähigkeiten aneignen muss. So wird in einem neuen und digitalisierten Umfeld von einem Controller*in gefordert, dass das Denken in Jahreszyklen sich zum Denken in Projektbetrachtung, von der Einzelmassnahme zur Portfoliobetrachtung und vom Denken in Sicherheit in eine Art Trial-and-Error Kultur entwickelt. Zudem sollen sich Controller*innen zunehmend als Business Partner sehen und nicht mehr als reiner «Informationsübermittler» für das Management (Schäffer & Weber, 2016, S. 9-15).

Vor- und Nachteile

Vorteile
Der Einsatz von wesentlichen Treibern als zentrale Planungsgrössen bringt diverse Vorteile mit sich (Barkalov, 2015, S. 47-48).

  • Für die unterschiedlichen Planungsarten entstehen einheitliche Rahmenbedingungen.
  • Die konkreten Annahmen und Prämissen gelten über alle Ebenen des Unternehmens hinweg und werden dementsprechend kommuniziert.
  • Vorgaben und Ziele aus der strategischen Planung werden für alle Bereiche konkretisiert und detailliert dargestellt.
  • Steigerung der Effektivität (steuerungsrelevante Treiber) als auch Effizienz (Planungsaufwand)
  • Schnelle Anpassungen sind aufgrund der Modelllogik möglich. Diese erlaubt, Veränderungen bei den Treibern schnell und einfach zu ergänzen und ein neues Szenario konsistent und automatisiert zu berechnen (Hagl et al., 2018, S.31).

Nachteile

  • Zeitliche Verzögerungen zwischen Einflussfaktor und Zielgrösse können nicht wirklich abgebildet werden. So scheint zum Beispiel eine Senkung der Instandhaltungskosten zunächst einen positiven Einfluss auf den Gewinn zu haben. Bei genauerer Betrachtung wird dies in den Folgejahren jedoch aufgrund geringerer vorbeugender Instandhaltung und Wartung einen negativen Einfluss haben (Rieg, 2015, S. 95).
  • Die treiberbasierte Planung bedarf einer stetigen Prüfung auf Aktualität. Dies bringt Aufwand und Kosten mit sich (Barkalov, 2015, S. 62).

Kritische Würdigung

Die Nutzung eines Top-Down-Ansatzes und die Entwicklung von Werttreiberbäumen helfen, finanzielle Ziele von der Unternehmensebene bis zu einzelnen Planungseinheiten transparent zu übertragen. Dies ermöglicht eine effiziente und zielgerichtete Planung. Die treiberbasierte Planung beruht auf konzeptionellen kausalen Beziehungen, Werttreiberbäumen und einem hierarchischen, sukzessiven Entwicklungsprozess (Barkalov, 2015, S. 65-66).

Allerdings stehen der Umsetzung auch Herausforderungen gegenüber. Die Ableitung objektiver kausaler Beziehungen gestaltet sich schwierig, da oft auf Expertenschätzungen zurückgegriffen wird und die Validierung nicht-intuitiver Treiber aufgrund von Komplexität und fehlenden Ressourcen vernachlässigt wird. Die Operationalisierung der Planung, insbesondere die Balance zwischen Granularität und Akzeptanz, stellt eine weitere Herausforderung dar. Zusätzlich sollte bei der Integration von Treibern die Vorhersagbarkeit, insbesondere bei externen Treibern wie der Internetverfügbarkeit, berücksichtigt werden. Insgesamt bietet die treiberbasierte Planung einen fundierten Rahmen für organisationsweite Zielsetzung und ermöglicht eine detaillierte Analyse der Einflussfaktoren auf die Leistung (Barkalov, 2015, S. 65-66).

Literaturverzeichnis

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudie Aufgaben
Jungfraubahnen Holding AG Fallstudie Quiz - Treiberbasierte Planung
Video

Autoren

Viviane Holzgang, Alessia Immordino, Ivan Lehni, Luca A. Wampfler