Zero-Based Budgeting

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Geprüft: Positiv beurteilt

Das Zero-Based Budgeting (ZBB) ist ein Budgetierungsverfahren, in welchem das Budget ausgehend vom Wert Null (zero base) erarbeitet wird (Behrens & Feuerlohn, 2018, S. 557) und so jeder neue Budgetpunkt neu begründet werden soll (Sure, 2009, S. 159). Im Gegensatz zur traditionellen Budgetierung werden die Werte der Vorjahresperiode beim ZBB nicht miteinbezogen (Rieg, 2015, S. 47). Dies hat zum Ziel, Gemeinkosten möglichst tief zu halten, damit mehr finanzielle Mittel für andere, wichtiger erscheinende Leistungsbereiche zur Verfügung stehen (Sure, 2009, S. 158).

Ziele des Zero-Based Budgetings

«Das ZBB hat die Zielsetzung, Leistungen zu überprüfen, die Gemeinkosten zu senken und im Sinne operativer und strategischer Ziele umzuverteilen» (Horváth et al., 2020, S. 152). Das Zero-Based Budgeting dient ganz allgemein zur Verschlankung des Budgets, indem die Gemeinkosten durch kritische Betrachtung gesenkt werden. Die damit freiwerdenden finanziellen Mittel können dann auf strategisch und operativ wichtiger erscheinende Positionen verteilt werden. So wird eine Fokussierung auf den operativen Erfolg und die langfristigen Ziele erreicht (Fiedler & Gräf, 2014, S. 295). Die neu allozierten Mittel aus der Verschlankung der Gemeinkosten können nun auf Positionen verteilt werden, welche einen grösseren Kundennutzen bringen und so auch langfristig den Unternehmenserfolg gewährleisten (Friedl et al., 2017, S. 531). Um das zu erreichen, sollten sämtliche Hierarchiestufen im Budgeterstellungsprozess involviert werden. Das Zero-Based Budget lebt also davon, dass die Informationen zur neuen Budgeterstellung im Bottom-Up Verfahren von allen Hierarchiestufen gesammelt werden. So wird die Akzeptanz des neuen Budgets vor allem von den unteren Hierarchiestufen gesteigert, da es nahe an den realen Bedürfnissen erstellt wird und die Kostenbeurteilung durch die direkt betroffenen Personen vorgenommen wird (Friedl et al., 2017, S. 531). Im Grundsatz hat das Zero-Based Budgeting das gleiche Ziel wie die Gemeinkostenwertanalyse, jedoch geht das ZBB noch einen Schritt weiter, in dem von „null“ gestartet wird.

Vorgehen

Es gibt verschiedene Verfahren und Methoden, wie ein Zero-Based Budget erstellt werden kann. Für die Erläuterung des Vorgehens in diesem Kapitel wird im Anschluss zum grössten Teil das Modell nach Horváth et al. (2020, S. 153-155) verwendet. Die untenstehende Tabelle bietet eine Übersicht zu allen Schritten, welche nachfolgend detailliert erläutert werden.

Vorbereitung
Schritt 1 - Teambildung und Schulung Mitarbeitende
Phase I
Schritt 2 - Definierung der Entscheidungseinheiten
Schritt 3 - IST-Analyse Leistungen und Aktivitäten
Schritt 4 - Ermittlung Kostensenkungspotenziale
Schritt 5 - Erstellung Entscheidungspakete
Schritt 6 - Rangfolge Entscheidungspakete
Schritt 7 - Entscheidung Management und Budgetschnitt
Phase II
Schritt 8 - Festlegung der Umsetzungsmassnahmen
Schritt 9 - Controlling

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Horváth et al., 2020, S. 153


Vorbereitung – Schritt 1

Als erster Schritt werden ZBB-Teams gebildet, welche sich aus den Mitarbeitenden einer Abteilung zusammensetzen. Diese führen dann für ihren Bereich eine IST-Analyse durch und definieren die Analyseziele (Horváth et al., 2020, S. 153). Ebenfalls erfolgt in diesem Schritt die Information und Schulung der restlichen Mitarbeitenden zu der Vorgehensweise dieser Budgetierungsmethode (Friedl et al., 2017, S. 531).

Phase I – Schritt 2

Zentral für das Erstellen eines Budgetplans nach der ZBB-Methode ist das Definieren von Entscheidungseinheiten (engl. Decision-Units). Eine Entscheidungseinheit kann beispielsweise eine Abteilung, ein Projekt oder auch eine einzelne Aktivität darstellen (Khan, 2019, S. 207). Horváth et al. (2020) definieren eine Entscheidungseinheit als eine Summe von Aktivitäten. Ebenfalls kann sie eine Kostenstelle oder ein Teil von ihr sein (S. 153). Die operativen Leitenden der Entscheidungseinheiten definieren ihre auszuführenden Aktivitäten, ordnen die Kosten den Aktivitäten zu und definieren die Leistungsempfänger (Horváth et al., 2020, S. 153).

Phase I – Schritt 3

In diesem Schritt werden die Leistungen und Aktivitäten der entsprechenden Entscheidungseinheiten untersucht (Friedl et al., 2017, S. 531). Jede Leistung wird genaustens auf deren Notwendigkeit und Möglichkeit zu zukünftigen Kosteneinsparungen überprüft (Friedl et al., 2017, S. 531). Gleichzeitig werden in dieser Phase verschiedene Leistungsniveaus anhand der Menge und der Qualität jeder Entscheidungseinheit bestimmt. Die festgelegten Leistungsniveaus definieren, wie die Leistungen in Zukunft erledigt werden sollen (Horváth et al., 2020, S. 153). Grundsätzlich werden für eine Entscheidungseinheit drei Leistungsniveaus festgelegt, die mit entsprechenden Kosten verbunden sind (Horváth et al., 2020, S. 153).

  • Leistungsniveau 1 – niedrig: Beim niedrigsten Leistungsniveau wird die Aufgabe gerade noch erledigt. Es wird nur der minimale Arbeitsablauf erreicht. Häufig befindet sich dieses Niveau unter der standardisierten Vorgehensweise des Unternehmens (Khan, 2019, S. 208).
  • Leistungsniveau 2 – mittel: Das mittlere Niveau stellt den aktuellen Stand der Vorgehensweisen im Unternehmen dar. Die Teilprozesse und Aktivitäten innerhalb der Entscheidungseinheit werden mit den IST-Arbeitsabläufen erledigt (Horváth et al., 2020, S. 153).
  • Leistungsniveau 3 – hoch: Das höchste Niveau stellt ein überdurchschnittliches Level dar. Das Arbeitsergebnis geht über den bisherigen Standard hinaus. Dies führt dazu, dass dann auch mehr Mitarbeitende und Mittel benötigt werden, als es bisher in der Entscheidungseinheit der Fall war (Stelling, 2009, S. 251).

Phase I - Schritt 4

Dieser Schritt ist durch die Kostensenkungspotenziale bestimmt. Ziel ist es, für jedes Leistungsniveau kostengünstigere Alternativen zu finden (Horváth et al., 2020, S. 153).

Phase I – Schritt 5

Im 5. Schritt werden die vielen Informationen einer Entscheidungseinheit zu einem Entscheidungspaket (engl. Decision-Package) verdichtet. Es enthält die wichtigsten Informationen über die Leistungsniveaus und bildet die Entscheidungsvorlage für die nächsthöhere Managementstufe (Horváth et al., 2020, S. 153 - 154).

Abb. 1: Beispiel für ein Entscheidungspaket (eigene Darstellung)


Abbildung 1 zeigt anschaulich ein solches Entscheidungspaket. Die Abteilungsleitenden im Marketing planen eine Werbekampagne für das Jahr 2022 in Europa. Die einzelnen Aktivitäten der Entscheidungseinheit haben die Abteilungsleitenden mit den Kategorien Material, Personal und Design zusammengefasst. Jeder dieser Kategorien sind entsprechende Kosten zugerechnet. Dabei haben die Abteilungsleitenden ebenfalls die drei Leistungsniveaus für die Werbekampagne erstellt. Ausserdem haben sie den erwarteten Nutzen dieser Kampagne in Geldeinheiten ausgedrückt, um das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Bereichsleitenden darzulegen.

Phase I – Schritt 6

Die Entscheidungspakete erhalten noch vor der Weiterleitung an die nächsthöher gelegene Managementstufe eine Rangordnung. Durch eine Analyse und einen Vergleich der Kosten-Nutzen-Verhältnisse der einzelnen Entscheidungspakete untereinander, wird die Rangfolge festgelegt. Die Orientierung an den Unternehmenszielen definiert, welche Entscheidungspakete wichtiger sind als andere und demzufolge priorisiert werden sollen. Dann erfolgt die Weiterleitung an die nächste Hierarchiestufe. Dies wiederholt sich so oft, bis die Unternehmensleitung die endgültige Rangordnung festlegt (Horváth et al., 2020, S. 154).

Abb. 2: Rangordnung von Entscheidungspaketen (eigene Darstellung in Anlehnung an Khan, 2019, S. 209)


Abbildung 2 zeigt, wie dieser Prozess aussieht. Auf der untersten Ebene entscheiden die jeweiligen Abteilungsleitenden, welche Entscheidungspakete (hier mit Ent.-Paket abgekürzt) die höchste Priorität haben. Die Bereichsleitenden analysieren diese Rangordnung und bilden eine eigene Reihenfolge mit den Entscheidungspaketen aller Abteilungen. Diese Reihenfolge wird dann an die Unternehmensleitenden weitergegeben, die dann die endgültige Entscheidung zur Rangordnung der Entscheidungspakete vornimmt.

Phase I – Schritt 7

Sobald die Geschäftsleitung die Reihenfolge der Entscheidungspakete für das Unternehmen festgelegt hat, erfolgt der Budgetschnitt (Horváth et al., 2020, S. 155). Es liegt nahe, dass das Unternehmen nicht jedes Paket der einzelnen Abteilungen finanzieren kann. Daher setzt die Unternehmensleitung einen Budgetschnitt an, mit dem definiert wird, welche Pakete momentan oder auf Dauer nicht finanziert werden (Horváth et al., 2020, S. 155). Der Budgetschnitt wird in Abbildung 2 visualisiert. Die Pakete W1 und A2 weisen im Vergleich zu den anderen Paketen ein geringeres Kosten-Nutzen-Verhältnis auf und liegen nicht mehr im Bereich, welcher von der Firma finanziert werden kann.

Phase II – Schritt 8

Nachdem im Schritt 7 mit dem Budgetschnitt der eigentliche Budgetierungsprozess abgeschlossen ist, werden im Schritt 8 die Massnahmen festgelegt, welche die beschlossenen und zu finanzierenden Pakete in die Tat umsetzen sollen (Horváth et al., 2020, S. 155).

Phase II – Schritt 9

Im letzten Schritt wird die Einhaltung des Budgets durch das Controlling überprüft und Abweichungen werden der Geschäftsleitung gemeldet (Preissler, 2020, S. 63).

Einer der grössten Unterschiede des Zero-Based Budgetings zu anderen Budgetierungsarten ist die Entscheidungsfindung. Beim Zero-Based Budgeting wird erst während der Erstellung des Budgets entschieden, welche Aktivitäten und Projekte finanziert werden. Bei den meisten anderen Budgetierungsarten werden die Entscheidungen bereits vor Beginn des Budgetierungsprozesses getroffen.

Vorteile & Nachteile

Vorteile

  • Möglichkeit zur Streichung unwesentlicher Kostenpunkte: Durch den Budgetschnitt werden neue Schwerpunkte im Budgetierungsprozess gesetzt, womit versucht wird, unwesentliche Kosten zu streichen (Ross, 2018, zit. in Woo, 2019).
  • Budget wird auf aktuelle Strategie ausgerichtet: Die Analyse sämtlicher Kostenstellen ohne Zahlen aus der Vergangenheit schafft die Möglichkeit, das Budget auf Leistungen zu verteilen, welche gemäss der aktuellen Strategie als wichtig definiert wurden (Deloitte, 2015, zit. in Woo, 2019).
  • Umverteilung der verfügbaren Mittel kann Unwirtschaftlichkeit minimieren: Durch die Ausrichtung des Budgets auf die aktuelle strategische Stossrichtung, kann eine Umverteilung der finanziellen Mittel auf wichtiger erscheinende Leistungsbereiche geschaffen werden, was Unwirtschaftlichkeiten minimieren kann (Stelling, 2009, S. 252).
  • Erfassung sämtlicher Gemeinkostenbereiche: Die Erstellung eines Zero-Based Budgets ist sehr transparent. Es werden alle Kostenstellen analysiert, was dazu führt, dass sämtliche Gemeinkostenbereiche erfasst werden (Horváth et al., 2020, S. 155).
  • Miteinbezug von Führungskräften und Mitarbeitenden tieferer Hierarchiestufen: Auch Mitarbeitende aus tieferen Hierarchiestufen werden in den Budgetierungsprozess inkludiert, da für die Gewinnung gewisser Kosteninformationen direkte Inputs benötigt werden (Friedl et al., 2017, S. 531).
  • Nicht verwendetes Budget wird am Ende der Budgetperiode nicht einfach "verschwendet": Bei Budgetierungsmöglichkeiten, welche auf Zahlen aus der Vergangenheit basieren, besteht oftmals das Problem, dass Mitarbeitende Ende Jahr den Drang verspüren, noch nicht verwendetes Budget aufzubrauchen. Es wird ansonsten befürchtet, dass das nicht benutzte Budget beim kommenden Budgetierungsjahr gestrichen wird. Als Folge daraus verbraucht ein Unternehmen unnötige Ressourcen, welche unternehmerisch gesehen sicherlich anders eingesetzt werden könnten (Baier, 2008, S. 155).

Nachteile

  • Sehr aufwändiges Verfahren: Jede Kostenstelle wird genaustens auf deren Kosten analysiert, was zu einer sehr lang andauernden Budgeterstellung führt (Behrens & Feuerlohn, 2018, S. 184).
  • Kosteneinsparungen nicht garantiert (hoher Durchführungsaufwand): Es ist nicht garantiert, dass das Budget am Schluss verbessert wird. Beispielsweise können die hohen Kosten für die Durchführung der Umsetzung allfällige Kosteneinsparungen wieder wegmachen (Stelling, 2009, S. 252).
  • Widerstand durch das Personal: Es könnte beispielsweise befürchtet werden, dass durch genauere Betrachtungen der Kostenstruktur gewisse Arbeitsstellen wegrationalisiert würden (Atrill & McLaney, 2015, zit. in Woo, 2019).
  • Rechtfertigungserfordernis begünstigt oft umsatzstärkere Prozesse und Aufgaben: Dies führt dazu, dass beispielsweise Aufgaben in Forschungs- und Entwicklungsprozessen weniger begünstigt werden, da solche Tätigkeitsbereiche auf kurzfristiger Sicht weniger wahrgenommen werden (Sure, 2009, S. 159).

Aktualität

Das ZBB ist nicht gerade als neuer Ansatz bekannt, es entstand bereits in den 1970er Jahren. Jedoch erlebte es zuletzt in den USA ein Comeback durch die Investmentfirma „3G Capital“, welche diese Budgetierungsmethode zur Optimierung von neu akquirierten Unternehmen vorschreibt. Häufig wird das ZBB bei Unternehmen aus der Konsumgüterindustrie eingesetzt, da diese generell über grössere Gemeinkostenblöcke verfügen. Eine Zero-Based Budgetierung ist speziell geeignet bei der Übernahme eines neuen Unternehmens, um die bestehenden Strukturen zu prüfen und allfällige Ineffizienzen zu verbessern. Die Budgetierung mit Hilfe eines Zero-Based Budgets bei 3G Capital führte dazu, dass Unternehmen aus der gleichen Branche ebenfalls anfingen, ZBB Ansätze zu verfolgen (Coyte et al., 2021).

Lern- und Praxismaterialien

Fallstudie Quiz
Fielmann AG - Zero-Based Budgeting Quiz ZBB

Quellen

Weiterführende Literatur

Schwering, A. (2016). Ehrlichkeit in der Budgetierung (A. Schwering, Hrsg.; 1. Aufl.) [E-Book]. Springer Fachmedien Wiesbaden.

Autoren

Alessia Lappert, Corinne von Rotz, David Sreckovic, Michael Knüsel