Business Analytics
Business Analytics gewinnt für Controllerinnen und Controller durch Big Data und durch das schnell ändernde Unternehmensumfeld ständig an Bedeutung und wird deshalb von immer mehr Unternehmen eingesetzt (Nam, Lee & Lee, 2019a, S. 411; Nam, Lee & Lee, 2019b, S. 233; Cao & Duan, 2017, S. 874). Business Analytics, respektive dessen Analyse- und Auswertungsmethoden, soll einem Unternehmen zu einer besseren Leistungserbringung verhelfen, durch Technik bei Entscheidungen unterstützen und allgemein neue Erkenntnisse bringen (Keimer, Zorn, Gisler & Fallegger, 2017, S. 827).
Definition und Begriffsabgrenzung
«Business Analytics (BA) beschreibt die Anwendung mathematischer und statistischer Methoden zur Gewinnung neuer Erkenntnisse über das Geschäft» (Ereth & Kemper, 2016, S. 458). Dabei werden klassische Verfahren, welche vorhandene Daten analysieren, mit dem Einsatz von neuen Technologien ergänzt, um Zukunftsvoraussagen zu machen und Handlungsempfehlungen zu geben (Derwisch, Iffert, Fuchs & Bange, 2016, S. 480).
Es werden interne sowie externe Daten extrahiert, aufbereitet und harmonisiert und mithilfe technischer Hilfsmittel ausgewertet und visualisiert. Damit werden die Planungen und Entscheide der Unternehmen unterstützt (Ereth & Kemper, 2016, S. 458).
Business Analytics steht eng mit dem Begriff Business Intelligence (BI) in Verbindung. Business Intelligence (BI) basiert auf bereits vorhandenen Daten und wiedergibt vergangene Geschäftsfälle. Business Analytics fokussiert sich auf die Analyse in Echtzeit und auf die Frage «Was wird zukünftig sein?» (Eggert, 2018, S. 20). Somit steht bei Business Analytics der künftige Einsatz der Datenauswertung im Mittelpunkt (Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 9). Zudem richtet sich Business Analytics stärker auf eine quantitative, methodenorientierte Analyse der Datenbestände. Business Analytics wird als Ergänzung zu Business Intelligence verstanden. Aus diesem Grund wird auch oft der Begriff Business Intelligence und Analytics (BIA) verwendet (Ereth & Kemper, 2016, S. 458–459). Die Abbildung 1 zeigt die Bandbreite der Analysen von Business Intelligence und Analytics. Dabei ist zu erkennen, wie Business Analytics als Erweiterung von Business Intelligence verstanden wird. In der diagnostischen Analyse besteht sogar eine Überschneidung der beiden Ansätze.
Ziele
Die Kernaufgabe des Controllings besteht darin, die Entscheidungsträger mit Informationen zu versorgen. Dabei werden sie von folgenden aktuellen Entwicklungen beeinflusst:
- immer grössere Datenmengen
- grosse Flexibilität aufgrund starken Wettbewerbsdrucks
- unterjährige und rollierende Planungs- und Steuerungszyklen
Dabei ergeben sich etliche Herausforderung, welche mit einer adäquaten Nutzung von Business Analytics in Wettbewerbsvorteile umgewandelt werden können (Derwisch et al., 2016, S. 481). Business Analytics hilft den Controllerinnen und Controllern frühzeitig Trends und Gefahren zu erkennen, sodass das Management genug Zeit zum Handeln hat (Möller, Federmann, Pieper & Knezevic, 2016, S. 509). Weiter kann es die Unternehmensleistung steigern, Prozesse verbessern und Kosten reduzieren (Ajah & Nweke, 2019, 6. Kapitel; Cao & Duan, 2017, S. 874; Derwisch et al., 2016, S. 480). Es entstehen ebenfalls neue Geschäftsmodelle, indem unter anderem Marktnischen aufgespürt, neue Produkte und Dienstleistungen entdeckt oder Optimierungsmöglichkeiten freigelegt werden (Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 9; Acito & Khatri, 2014, S. 566).
Das Ziel von Business Analytics ist es, einen positiven Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg zu erlangen. Mithilfe von datenbasierten, analytischen Methoden soll die Entscheidungsfindung in Unternehmen unterstützt werden. Damit wird auf Business Analytics als Schnittstelle hingewiesen, welche Konzepte aus beiden Bereichen «Betriebswirtschaft» und «Data Science» beinhaltet (Mehanna, Tatzel & Vogel, 2018, S. 38–39). Data Science verknüpft dabei die Bereiche Statistik und künstliche Intelligenz mit dem Software- und Data-Engineering sowie einer passenden Visualisierung und Kommunikation (Mehanna, Tatzel & Vogel, 2016, S. 502). Business Analytics ist dann am stärksten ausgereift und somit am effektivsten, wenn ein Kreislauf von Wissensfund und -nutzung entstanden ist (Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 16).
Hinter der Analyse der Daten und dem Erkennen von Mustern liegen Algorithmen. Durch das Machine Learning liegt ein weiteres Ziel darin, diese Algorithmen stetig zu verbessern. Dank der Abgleichung zwischen Prognose und eingetroffener Realität lernen die Algorithmen ständig dazu und verbessern sich (Buschbacher, 2016, S. 41).
Data Analytics
Es gibt verschiedene Kategorien von Business Analytics. Diese unterscheiden sich nach Anwendungszweck, Geschwindigkeit und Art der Auswertung. Eine Trennung ist nicht immer klar möglich, da die Gebiete oft überlappend sind (Derwisch et al., 2016, S. 481).
- Die OLAP-Analyse (Online Analytical Processing) ist eine multidimensionale Ad-hoc-Auswertung von Geschäftsdaten (Ereth & Kemper, 2016, S. 259).
- Die Mengenorientierte Analyse untersucht die verschiedenen Attribute der Daten und fasst Gemeinsamkeiten in Gruppen zusammen (Derwisch et al., 2016, S. 481).
- Die Visuelle Analyse beziehungsweise Visual Analytics kombiniert die computergestützte Datenauswertung mit den kognitiven Fähigkeiten der Menschen, indem beispielsweise Datenströme zweidimensional dargestellt werden und so den Menschen helfen, Muster zu erkennen (Ereth & Kemper, 2016, S. 460).
- Advanced Analytics befasst sich mit Handlungsempfehlungen. Durch Mustererkennung und einem stetigen Lernprozess versuchen die Programme genaue Prognosen und entsprechende Handlungsempfehlungen zu formulieren (Derwisch et al., 2016, S. 481–482).
- Unter Real-Time Analyse fällt die Gegenwartsanalyse. Dabei werden Datenströme in Echtzeit analysiert, um laufende Veränderungen aufzuzeigen. Dadurch sollen Unternehmen so schnell wie möglich auf Veränderungen reagieren können (Derwisch et al., 2016, S. 481).
- Die Graphenbasierte Analyse stellt gewisse Daten und Zusammenhänge in Form von Graphen anstelle von Tabellen und Listen dar. Beispielsweise prognostizieren Crawl Charts die kumulierten Aufträge und Umsätze mehrerer Quartale (Möller et al., 2016, S. 511).
- Die Textanalyse bzw. Text Mining sucht Strukturen und Zusammenhänge aus verschiedenen Texten wie E-Mails oder Blogs. Es können nicht nur Namen oder Orte, sondern auch Sinnzusammenhänge erkannt werden (Buschbacher, 2016, S. 43).
Einsatzgebiete
Verschiedene Bereiche wie Marketing, Finanzen, Unternehmensumwelt, Supply Chain Management und Human Resources Management nutzen Business Analytics (Hodeghatta & Nayak, 2016, Kapitel 1.4.2; Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 13; Trkman, McCormack, Valdares de Oliveira & Bronzo Ladeira, 2010, S. 323). Im Folgenden wird jedoch nur auf den Bereich des Controllings, somit den Finanzbereich eingegangen. Im Finanzbereich, auch «Digital Finance» genannt, wollen Unternehmen unter anderem die Budgetierung, Planung, Kostenanalyse und -optimierung sowie Rabatt- und Preisanalyse durch Business Analytics vornehmen (Chamoni & Glulchowski, 2017, S. 14; Bange, Grosser & Janoschek, 2015, S. 23). Auch die Bereiche Kreditausfall, Geldwäscherei, Umsatz- und Gewinnprognose sowie die «Auswirkungen der Finanzberichte auf Aktienkurse, Kapitalkosten und andere wirtschaftliche Faktoren» sind mögliche Analysen im Finanzbereich (Acito & Khatri, 2014, S. 569, eigene Übersetzung).
Weiter können bei der Risikoanalyse Simulationen, wie beispielsweise die Monte-Carlo-Simulation, unterstützt und verbessert werden. Somit können Risiken besser quantifiziert und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit genauer gemessen werden (Derwisch et al., 2016, S. 481). Ein weiteres Anwendungsgebiet bilden die dynamischen Key Performance Indicators (KPIs). Dabei werden mit Hilfe von Algorithmen verschiedene Kennzahlen in Zusammenhang gebracht und die wesentlichen Erkenntnisse herausgearbeitet. Sie generieren so aktuellere und tiefere Erkenntnisse (Buschbacher, 2016, S. 43). Durch die Prognose der Kosten- und Umsatzkennzahlen und mithilfe der KPIs können auch Gewinngrössen wie der EBITDA simuliert werden (Mehanna et al., 2016, S. 504). Dies ermöglicht dem Unternehmen eine präzise Szenarioanalyse. So sind mögliche Probleme früher ersichtlich und es kann entsprechend gehandelt werden.
Zudem können durch die grosse Menge an Daten und durch das maschinelle Lernen Unregelmässigkeiten oder optische Abweichungen besser erkannt werden. So können Betrügereien wie beispielsweise abweichende Unterschriften auf Rechnungen oder fragwürdige Kreditkartentransaktionen herausgefiltert werden (Ereth & Kemper, 2016, S. 463). Neue Technologien können zudem die Abnutzung der Maschinen in Echtzeit festhalten und so die genauen Abschreibungen berechnen. Wenn wenig produziert wird, werden auch die Maschinen weniger genutzt und so weniger abgeschrieben. Somit wird der Ertrag in schlechten Zeiten nicht zusätzlich durch hohe Abschreibungen belastet (Buschbacher, 2016, S. 43).
Um die Daten für obengenannte Einsatzbereiche zu analysieren gibt es vier verschiedene Analyseebenen: Descriptive Analytics, Diagnostic Analytics, Predictive Analytics und Prescriptive Analytics (Keimer et al., 2017, S. 830). Diese vier Analyseebenen sind mit den deutschen Begriffen in Abbildung 1 dargestellt. Nachfolgend werden die Analyseebenen genauer beschrieben und mit den Einsatzgebieten im Controlling ergänzt:
- Descriptive Analytics beantwortet, was in der Vergangenheit und der Gegenwart passiert ist (Appelbaum, Kogan, Vasarhelyi & Yan, 2017, S. 32; Lehmann, 2012, S. 10, zit. in Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 4). Zur Datenanalysierung wird unter anderem Data Mining sowie Text Mining genutzt (Seiter, 2017, S. 21, 106). Da diese Ebene jedoch gemäss der Abbildung 1 in den Bereich von Business Intelligence fällt, wird darauf nicht weiter eingegangen.
- Diagnostic Analytics versucht den Grund der Erkenntnisse, welche bei Descriptive Analytics herausgefunden wurden, zu beantworten und kausale Zusammenhänge zu entdecken (Keimer et al., 2017, S. 830). Dies ist mit OLAP-Auswertungen, Assoziations- oder Korrelationsanalysen möglich (Mehanna et al., 2018, S. 40). Beim Controlling wird diese Analyseebene bei der Abweichungsanalyse genutzt (Keimer et al., 2017, S. 830). Diagnostic Analytics wird gemäss Abbildung 1 sowohl im Bereich Business Intelligence wie auch im Bereich Business Analytics eingesetzt.
- Bei Predictive Analytics wird der Blick in die Zukunft gerichtet. Es geht darum, beispielsweise mittels Predictive Forecasting herauszufinden, was geschehen könnte (Bedeley, Ghoshal, Iyer & Bhadury, 2018, S. 153; Schön, 2016, S. 268). Somit werden mithilfe statistischer Modelle Algorithmen entwickelt, welche Prognosen aufstellen (Keimer et al., 2017, S. 830; Möller et al., 2016, S. 509–510). Zudem kann Visual Analytics bzw. visuelle Analyse zum Einsatz kommen (Ereth & Kemper, 2016, S. 460). Dies zeigt einem Mitarbeitenden im Controlling, wie sich verschiedene Faktoren verändern. Zudem hilft es den Mitarbeitenden, vergangene Ereignisse besser zu verstehen (Möller & Pieper, 2015, S. 42–43). Dabei werden Umsätze, Kosten, Abschreibungen, Mitarbeitereinsatz oder die Warenversorgung vorhergesagt (Buschbacher, 2016, S. 42). Besonders Trends und Eintrittswahrscheinlichkeit sind für Controllerinnen und Controller relevant. Beispiele dafür sind «zu erwartende Erlöse pro Region unter Berücksichtigung interner und externer Faktoren» (Keimer et al., 2017, S. 830) oder die mögliche Umsatzprognose basierend auf den Auftragseingängen (Möller et al., 2016, S. 509–510).
- Bei Prescriptive Analytics soll die Frage beantwortet werden, was geschehen soll (Bedeley et al., 2018, S. 153). Es geht um mögliche Massnahmen zur gewünschten Zielerreichung sowie eine allfällige Automatisierung (Mehanna et al., 2018, S. 41; Keimer et al., 2017, S. 830). Zudem wird aufgezeigt, wie die einzelnen Lösungen das Ergebnis beeinflussen können (Appelbaum et al., 2017, S. 32). Hierzu werden Optimierungen und Simulationen durch verschiedene Algorithmen genutzt (Seiter, 2017, S. 151). Eine kontinuierliche Optimierung kann die Produktivität und Effizienz steigern. Eine automatisierte Auswertung vermag die Reaktionszeit zu verkürzen. Konkrete Beispiele sind unter anderem Optimierungen des Warenbestandes sowie komplexer Produktions-, Lieferanten- und Logistiknetze im Hinblick auf Produktivität oder Kosten (Mehanna et al., 2018, S. 41). Weiter können Unternehmen durch verschiedenste Restriktionen Kosten senken (Keimer et al., 2017, S. 830).
Herausforderungen und Lösungsansätze
Eine der grössten Herausforderungen besteht bei den Mitarbeitenden. Business Analytics erfordert eine umfassende Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen (Buschbacher, 2016, S. 42). Zudem wird Expertenwissen benötigt, welches durch einen Digital Controller oder einen Data Scientist abgedeckt werden kann. Das Kompetenzprofil des Digital Controllers umfasst vertieftes Wissen in digitalen Controlling-Abläufen, wobei die Kompetenzen des Data Scientists stärker in mathematischen und statistischen Aufgaben liegen (Egle & Keimer, 2018, S. 49; Ereth & Kemper, 2016, S. 462).
Auch die Daten an sich sind eine Herausforderung. Beispielsweise ist den Unternehmen oft nicht bewusst, was für interne Daten überhaupt vorhanden sind und welche externen Daten noch erhoben werden sollen und können (Buschbacher, 2016, S. 42). Man spricht hier auch von Big Data. Zudem ist die Qualität der Daten essenziell. Die Daten dürfen nicht veraltet sein und müssen Konformitätsqualität aufweisen. Konformitätsqualität meint, dass sie mit den realen Gegebenheiten korrelieren müssen (Klier & Heinrich, 2016, S. 488–489).
Ein weiterer zentraler Faktor für eine erfolgreiche Nutzung von Business Analytics ist die Auswahl geeigneter Methoden. Jedes Unternehmen ist anders aufgestellt und so werden jeweils unterschiedliche Verfahren benötigt, um präzise Prognosen zu erhalten. Die richtige Auswahl sowie eine korrekte Implementierung der Methoden im Unternehmen sind essenziell (Möller et al., 2016, S. 510).
Bei richtiger Nutzung von Business Analytics stehen den Unternehmen hervorragende Möglichkeiten offen. Dieser Nutzen wird jedoch nur erreicht, wenn die Prognosemodelle täglich im Einsatz und elementar in den Geschäfts- und Entscheidungsprozessen implementiert sind (Chamoni & Gluchowski, 2017, S. 16).
Lern- und Praxismaterialien
Aufgaben |
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Quellen
Literaturverzeichnis
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Autoren
Livia Banholzer, Damian Biderbost, Linda Dillier, Seline Eberle