Konzern-Deckungsbeitragsrechnung
Für einen Konzern ist es von zentraler Bedeutung, konsolidierte und nachvollziehbare Informationen bei betriebswirtschaftlichen Entscheidungen zu besitzen. Mit Hilfe einer Konzern-Deckungsbeitragsrechnung ist es möglich, die effektiven Deckungsbeiträge für den Gesamtkonzern zu ermitteln. Dadurch wird die Kostentransparenz erhöht (Müller, 1998, S. 172-173). Die Begriffe konsolidierte Deckungsbeitragsrechnung und Konzern-DB werden in der Praxis als Synonyme für die Konzern-Deckungsbeitragsrechnung verwendet.
Ausgangslage
Die Optimierung des Konzernergebnisses sowie der Konzerngedanke müssen im Vordergrund stehen und verfolgt werden. Dies ist wichtiger als das lokale Ergebnis einzelner Konzerngesellschaften. Mittels der konsolidierten Deckungsbeitragsrechnung können Fehlentscheidungen vermieden werden, da die Rechnung Transparenz über die Erfolgsquellen liefert. Liegt der Fokus auf lokal erzielten Deckungsbeiträgen einzelner Konzernbetriebe, kann dies zu Fehlentscheidungen und einer Verschlechterung des Konzernergebnisses führen (Kraus, 2010, S. 152). Die lokalen Deckungsbeiträge beruhen oft auf internen Verrechnungspreisen und geben daher ein verzerrtes Bild der Kostenstruktur wieder.
Problematik der Verrechnungspreise
Für den Tausch von Güter und Dienstleistungen werden innerhalb eines Konzerns Verrechnungspreise festgelegt und es fallen in der Folge in den einzelnen Unternehmenseinheiten verschiedene Gewinne an (Trachsel & Gysler, 2012, S. 415). Aus Konzernsicht enthalten die Umsätze zwischen den einzelnen Konzerngesellschaften nicht realisierte Erlöse und Gewinne (Zwischen-Deckungsbeiträge), die beim empfangenden Konzernbetrieb als variable Kosten in Erscheinung treten. Dadurch können falsche Vorstellungen von Erfolgsquellen hervorgerufen und Fehlentscheidungen getroffen werden (Pfaff, 2008, S. 3-5).
Die Problematik der Transformation von fixen in variable Kosten wird anhand von Vollkosten als Verrechnungspreis sowie am Beispiel Vollkosten plus Gewinnaufschlag als Verrechnungspreis aufgezeigt. In Konzernen ist die Kostenaufschlagsmethode weit verbreitet. So kann die Verrechnung von Fix- oder Gemeinkosten zu einer Verschleierung der Kostenstruktur führen.
Dazu kommt es, wenn die Verrechnungspreise in komplexen Verbundbeziehungen auf der nächsten Wertschöpfungsstufe zu Einzel- oder variablen Kosten werden. Der Verrechnungspreis wird pro Mengen/Leistungseinheit oder für einen gesamten Auftrag festgelegt. Daher erscheinen aus Sicht des abnehmenden Bereichs alle Kosten der bezogenen Leistung aufgrund des Einstandspreises als variabel oder als direkt zurechenbar (Pfaff, 2008, S. 3). Wiederholt sich dieser Vorgang über mehrere Konzerngesellschaften, werden immer mehr Fixkosten zu variablen Kosten. Schlussendlich sind die Ergebnisse aus der Deckungsbeitragsrechnung des letzten Betriebs in der Wertschöpfungskette für die Kosten- und Gewinnsteuerung nicht mehr verwendbar. Sie liefern ein verzerrtes Bild der Kostenstruktur (Müller, 1998, S. 173).
Die Kostenaufschlagsmethode wird verwendet, weil für viele interne Leistungen kein genügend externer Markt vorhanden ist, um marktbasierte Verrechnungspreise als objektiven Verrechnungspreis festzulegen. Aus diesem Grund stützt man sich auf kostenbasierte Verrechnungspreise. Um die Problematik der Umwandlung von fixen zu variablen Kosten zu vermeiden, müssen die einzelnen Kostenkomponenten gemäss ihren Kostentreibern weiterverrechnet werden. Konkret werden je Einheit nur die variablen Kosten weiterverrechnet, während die fixen Kosten als fester Betrag monatlich oder jährlich vergütet werden (Trachsel & Gysler, 2012, S. 415-418).
Funktionen der Konzern-Deckungsbeitragsrechnung |
Die Konzern-Deckungsbeitragsrechnung hilft die Problematik des obigen Kapitels zu vermeiden. Da Verrechnungspreise fakturiert werden müssen, ist parallel jeweils die Konzern-Deckungsbeitragsrechnung zu betrachten, welche die Deckungsbeitragsentstehung für den Konzern als Ganzes zeigt (Berger-Vogel & Rieder, 2013, S. 10). Folgende Entscheidungssituationen sind nur mittels Konzern-Deckungsbeitragsrechnung zu lösen:
- Produktportfolioentscheidungen: Der Konzern muss entscheiden, welche Produkte weiterhin verkauft und welche Produkte aus dem Sortiment genommen werden sollen. Dazu muss er den Konzern-Deckungsbeitrag der verschiedenen Produkte vergleichen (Becker & Deleker, 2010, S. 243-262).
- Gewinnmaximierender Absatz- und Produktionsplan bei Kapazitätsengpässen: Ein Konzern mit einem Kapazitätsengpass muss entscheiden, welche Produkte produziert oder welche Aufträge angenommen werden sollen. Dazu muss er den konsolidierten relativen Deckungsbeitrag (Deckungsbeitrag pro Engpasseinheit) der verschiedenen Produkte oder Aufträge vergleichen (Becker & Deleker, 2010, S. 243-262).
- Make-or-Buy-Entscheidungen: Der Konzern muss entscheiden, ob eine Leistung selber erbracht oder käuflich erworben werden soll. Er muss die fixen Kosten auf Konzernebene kennen, denn diese Kosten fallen auch bei einem Fremdbezug an (Trachsel & Gysler, 2012, S. 416).
- Bestimmung der Preisuntergrenzen: Für die Bestimmung der Preisuntergrenze müssen die konsolidierten variablen Kosten bekannt sein. Da in den verkaufenden Geschäftseinheiten die variablen Kosten höher sind als auf Konzernebene, muss eine Konzern-Deckungsbeitragsrechnung erstellt werden (Becker & Deleker, 2010, S. 243-262).
Anhand der gemeinsamen Orientierung am Konzernergebnis lässt sich das Zielsystem einheitlich und konsistent darstellen, was zwischen allen Unternehmen innerhalb eines Konzerns zu einem gemeinsamen Profitabilitätsziel führt (Kraus, 2010, S. 152). Ein Manager der Tochtergesellschaft sollte nicht nur für das eigene Betriebsergebnis verantwortlich sein, sondern ebenfalls für alle Deckungsbeiträge, die er mit der Organisationseinheit für andere Konzerngesellschaften generiert. An diesen Deckungsbeiträgen sollte sich das Anreizsystem in dezentralen Unternehmenseinheiten orientieren (Rieder, 2010, S. 13).
Ermittlung der Konzern-Deckungsbeitragsrechnung
Für die Ermittlung der Konzern-Deckungsbeitragsrechnung werden konsolidierte Zahlen benötigt. Dadurch wird die Gewinnabschöpfung der einzelnen Stufen und damit die Wirkung der Verrechnungspreise eliminiert (Rieder, 2010, S. 16). Die Konzern-Deckungsbeitragsrechnung muss die gesamte Wertkette vom Rohstoff bis zur Lieferung an den Endkunden abbilden können. Somit muss mindestens die Zentrale von allen Artikeln oder Aufträgen den Konzern-DB kennen (Berger-Vogel & Rieder, 2013, S. 10).
Rieder (2010) beschreibt, dass der Deckungsbeitrag 1 die einzig international definierte Deckungsbeitragsgrösse ist (S. 3). Abbildung 1 zeigt die Berechnung des Deckungsbeitrages 1.
Der konsolidierte Deckungsbeitrag entsteht aus der Differenz des relevanten Konzernaussenumsatzes und den relevanten Konzernkosten. Bei der Ermittlung des relevanten Konzernaussenumsatzes werden diejenigen Umsätze berücksichtigt, die durch konzernexterne Kunden entstanden sind. Bei der Ermittlung der für den Konzern-Deckungsbeitrag relevanten Kosten werden diejenigen Aufwände berücksichtigt, die für Umsätze von konzernexternen Unternehmen entstanden sind (Weiblen, Wenzel & Schnell, 2010, S. 225). Ist die Wertschöpfung von Produkten auf mehrere Unternehmenseinheiten eines Konzerns verteilt, muss die vollständige Kosten- und Erlösstruktur dieser Produkte bekannt sein (Müller, 1998, S. 173). Für die Berechnung ist eine einheitliche Rechnungsmethode und Systematik aller Deckungsbeitragsrechnungen einer Wertschöpfungskette bedeutend (Weiblen et al., 2010, S. 225).
Aufgrund der vielen Mergers & Acquisitions Transaktionen müssen vermehrt Unternehmen mit verschiedenen Strukturen in eine übereinstimmende Rechnung überführt werden. Deshalb stossen die klassischen Werkzeuge an ihre Grenzen, da Konzern-Deckungsbeiträge eine homogene Informationsverarbeitung über alle Tochtergesellschaften voraussetzen. Eine Möglichkeit bezüglich der Erstellung einer Konzern-Deckungsbeitragsrechnung bieten spezielle Technologien, welche als Business Intelligence zusammengefasst werden. Anhand von OLAP (Online Analytical Processing) können Auswertungen von grossen Datenmengen in Echtzeit erstellt werden. Ein möglicher Ansatz besteht darin, das benötigte Mengen- und Wertgerüst aller Tochterunternehmen in eine spezielle Konzernkostenrechnung zu übernehmen (Oehler & Seufert, S. 2-11).
Kritische Würdigung |
In der Praxis gibt es nur eine geringe Anzahl an realisierten Konzern-Deckungsbeitragsrechnungen. Die Gründe dafür sind folgende (Rieder, 2010, S. 13-16):
- Der Aufwand für die Erstellung der Konzern-Deckungsbeitragsrechnung sei unnötig, da nach aktuellen Rechnungslegungsvorschriften wie IFRS, Swiss GAAP FER, HGB, deutschem Steuerrecht und US GAAP die vollen Herstellkosten mit allen implizierten Umlagen sowieso zu berechnen sind.
- Der Mut, den richtigen Stellen Einblick in die gesamten erarbeiteten Deckungsbeiträge zu gewähren, fehlt oftmals.
- Die Entlohnung der Manager der Tochtergesellschaften richtet sich lediglich nach den jeweiligen Betriebsergebnissen aus. Die Deckungsbeiträge, die der Manager für andere Konzerngesellschaften generiert, werden vollkommen vernachlässigt.
- Die Verrechnungspreise müssen fakturiert werden. Zusätzlich sind sie ein Instrument zur Steueroptimierung. Dadurch muss die Konzern-Deckungsbeitragsrechnung parallel geführt werden.
- Viele Länder kennen die Deckungsbeitragsrechnung nicht, sind jedoch mit der Vollkostenrechnung bestens vertraut.
Lernmaterialen
Aufgaben |
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Quellen
Literaturverzeichnis
- Becker, A. & Deleker, O. (2010). Globale Steuerung mittels Konzernherstellkosten bei Bayer MaterialScience. In R. Gleich, U. Michel, W. Stegmüller & A. Krämmler-Burrak (Hrsg.). Moderne Kosten- und Ergebnissteuerung (S. 243-262). München: Haufe-Lexware.
- Berger-Vogel, M. & Rieder, L. (2013). Fehlentscheidungen durch Umlagen. Controller Magazin, März/April, S. 4-11.
- Kraus, O. (2010). Konsolidierter Deckungsbeitrag als Instrument der Vertriebssteuerung bei KSB. In A. Klein (Hrsg.). Moderne Controlling-Instrumente für Marketing und Vertrieb (S. 147-162). München: Haufe-Lexware.
- Müller, H. (1998). Globale Wertschöpfungsrechnung - Konzern-Kosten- und Deckungsbeitragsmanagement. Controlling Magazin, 3, S. 172-176.
- Nadig, L. (2000). Kostenrechnung als Führungsinstrument. Grundlagen. Zürich: Schulthess.
- Oehler, K. & Seufert, A. (2009). Der Einsatz von Business Intelligence in der Ergebnisrechnung - mehr als nur schnell verdichten. IBM Connections.
- Pfaff, D. (2008). Gefahren der Kostenaufschlagsmethode in Konzernen. Rechnungswesen & Controlling, 2/08, S. 3-5.
- Rieder, L. (2010). Deckungsbeitragsrechnung - lange bekannt, meistens verkannt. St. Gallen: CZSG Controller Zentrum.
- Trachsel, V. & Gysler, T. (2012). Herausforderungen bei der Steuerung dezentraler Organisationen. In C. Lengwiler, L. Nadig & M. Pedergnana (Hrsg.). Management in der Finanzbranche - Finanzmanagement im Unternehmen (S. 405-426). Zug: Verlag IFZ.
- Weiblen, M., Wenzel, A. & Schnell, H. (2010). Value Chain Controlling: Instrumente in unternehmensübergreifenden, globalen Wertschöpfungsketten. In A. Klein (Hrsg.). Controlling-Instrumente für die Konzernsteuerung (S. 232-247). Freiburg: Haufe-Mediengruppe.
Weiterführende Literatur
- Bundi M. (2012). Return on Business Intelligence (RoB). In C. Lengwiler, L. Nadig & M. Pedergnana (Hrsg.). Management in der Finanzbranche - Finanzmanagement im Unternehmen (S. 427-442). Zug: IFZ.
- Rieder, L. & Berger-Vogel, M. (2008). Echte Deckungsbeitragsrechnung contra Ergebnisrechnung nach IFRS. St. Gallen: CZSG Controller Zentrum.
Autoren
Marianne Staub, Achim Wegst, Robert Wenger, Pascal Willisch, Ralph Zöllig